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Kaufhaus – Umfang der Verkehrssicherungspflicht

LG Bielefeld – Az.: 4 O 21/15 – Urteil vom 12.04.2017

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.211,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2014 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Aufwendungen, die dieser zukünftig noch für ihr Kassenmitglied C.U. aufgrund des Unfalls vom 31.03.2014 im Ladenlokal der Beklagten entstehen werden, in Höhe von 70 % zu ersetzen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 210,63 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.11.2014 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 60 % und der Beklagten zu 40 % auferlegt.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags, für die Beklagte ohne Sicherheitsleistung. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für die Beklagte vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils durch sie zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Verkehrssicherungspflicht innerhalb eines Kaufhauses
Verkehrssicherungspflicht innerhalb eines Kaufhauses – (Symbolfoto: Von Gorodenkoff/Shutterstock.com)

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche für ihr Kassenmitglied C.U. geltend, welche auf sie nach §§ 116 ff. SGB X übergegangen sind.

Am 31.03.2014 gegen 17:45 Uhr wollte das Kassenmitglied der Klägerin im Modehaus der Beklagten ein Pullover für ihre Tochter kaufen. Ihr Ehemann wartete draußen. Sie sah sich zunächst im Geschäft um und ging dann zu ihrem Mann zurück. Sodann betrat das Kassenmitglied der Klägerin erneut den Laden und wollte mit einem Pullover zur Kasse gehen. Im Gang zur Kasse befand sich ein Schacht im Boden mit den Maßen 2,11 m x 0,8 m, dessen Abdeckung offenstand. Das Kassenmitglied der Klägerin sah nach rechts, wo sich eine Verkäuferin mit dem Chef des Modehauses unterhielt. In der Folge übersah das Kassenmitglied der Klägerin die offene Luke und stürzte in den Schacht. Das Kassenmitglied der Klägerin erlitt eine Fraktur des proximalen Endes des Humerus, eine Luxation des Humerus, Prellungen an der Schulter bzw. am Oberarm, Läsionen des Plexus brachialis und der Rotatorenmanschette, jeweils rechts, sowie eine Fraktur des Innenknöchels, eine traumatische Bandruptur OSG und Fuß, jeweils links. Es wurde nach Erstversorgung durch einen Notarzt mit einem Rettungswagen ins Klinikum C. verbracht, wo es in der Zeit vom 31.03.-28.04.2014 stationär behandelt wurde.

In der Zeit vom 28.04. bis 26.05.2014 erfolgte eine Rehabilitationsmaßnahme in der B.-Klinik V..

Eine weitere unfallbedingte stationäre Behandlung war in der Zeit vom 25.06. bis 02.07.2014 in der Klinik G. in I. erforderlich. Während dieses Aufenthalts wurde dem Kassenmitglied der Klägerin eine Schulterprothese implantiert.

Ferner erfolgte in der Zeit vom 16.07. bis 09.08.2014 eine erneute Rehabilitationsmaßnahme in der U.Klinik Bad T. in W..

Der Klägerin entstanden vorfallbedingte Aufwendungen i.H.v. 20.844,48 EUR.

Das Kassenmitglied wurde nach dem Unfall notärztlich versorgt und mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus verbracht. Hierfür entstanden Kosten i.H.v. 614,40 EUR.

Für die unfallbedingten stationären Behandlungen in der Zeit vom 31.3.-28.04.2014 und 25.06. bis 02.07.2014 entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von insgesamt 12.102,40 EUR.

Für die unfallbedingten Rehabilitationsmaßnahmen in der Zeit vom 28.04. bis 26.05.2014 und 16.07. bis 09.08.2014 entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von insgesamt 7.262,80 EUR.

Darüber hinaus hat sie für weitere Hilfsmittel insgesamt 864,88 EUR aufwenden müssen.

Die Klägerin machte ihre Ansprüche mit Ersatzanspruchsberechnungen in Höhe von 21.059,82 EUR gegenüber der Haftpflichtversicherung der Beklagten, der B. Versicherung AG, geltend. Die B.-Versicherung teilte mit Schreiben vom 11.06.2014 mit, dass sie von einem Mitverschulden des Kassenmitglieds der Klägerin von 50 % ausgeht und regulierte dementsprechend 50 % der Aufwendungen der Klägerin. Dieses wurde mit Schreiben vom 16.09.2014 noch einmal bekräftigt. Mit Schreiben vom 13.10.2014 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Versicherung unter Fristsetzung bis zum 07.11.2014 auf, die noch offenen Beträge zu zahlen, sowie mit Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils zu erklären, dass die Beklagte für Folgeschäden eintritt. In der Folge machte die Klägerin weitere 301,09 EUR mit Klageerweiterung vom 25.06.2015, der Beklagten zugegangen am 03.07.2015, geltend.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte mit dem Argument, dass dem Kassenmitglied der Klägerin ein Mitverschulden zur Last falle, nicht durchdringen könne, insbesondere da es sich bei dem Ort des Sturzes um ein Modehaus handele und durch die diversen aufgestellten Waren die Kunden abgelenkt seien. Die Kunden würden auch nicht damit rechnen und müssten dies auch nicht, dass sich während der Öffnungszeiten im Ladenlokal ein offener Schacht befinde. Das Kassenmitglied der Klägerin werde nach wie vor ärztlich behandelt. Es sei damit zu rechnen, dass Folgeoperation erforderlich werden würden, da das Kassenmitglied der Klägerin nach wie vor unter extremen Schmerzen leide. Ferner würden Folgeschäden, wie etwa eine Arthrose, drohen.

Zudem habe das Kassenmitglied der Klägerin nach Abschluss der ersten Rehabilitationsmaßnahme mit einem Taxi nach Hause gebracht werden müssen, wodurch Kosten in Höhe von 91,12 EUR entstanden wären. Zudem habe das Kassenmitglied der Klägerin Aufwendungen für Heilmittel in Höhe von 124,22 EUR gehabt. Zudem seien für die unfallbedingte ambulante Behandlung des Kassenmitglieds der Klägerin in der Zeit vom 26.05. – 03.07.2014 Kosten in Höhe von 301,09 EUR entstanden.

Die Klägerin beantragt deshalb,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 10.831,01 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 10.529,92 EUR seit dem 13.06.2014 und aus 301,09 EUR ab Zustellung der Klageerhöhung zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Aufwendungen, die dieser zukünftig noch für ihr Kassenmitglied C.U. aufgrund des Unfalls vom 31.03.2014 im Ladenlokal der Beklagten entstehen werden, in voller Höhe zu ersetzen,

3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 526,58 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.11.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, dass das Kassenmitglied der Klägerin bei entsprechender Sorgfalt den Sturz habe vermeiden können. Die Luke des Schachtes sei seitlich abgegrenzt gewesen und von einer Mitarbeiterin der Beklagten bewacht worden. Allein aufgrund der beachtlichen Größe des Schachtes habe das Kassenmitglied der Klägerin bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt den Schacht erkennen können.

Es sei daher von einem Mitverschulden des Kassenmitglieds der Klägerin auszugehen, welches mit 50 % anzusetzen sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen U. und M.. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2015, Bl. 134 ff d.A. verwiesen. Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

I.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 4.211,95 EUR aus § 823 I BGB i.V.m. § 116 SGB X gegen die Beklagte.

1.

Der Haftpflichtversicherer der Beklagten hat seine Eintrittspflicht bereits außergerichtlich dem Grunde nach anerkannt.

Die Beklagte hat eine sie treffende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Eine Verkehrssicherungspflicht verpflichtet grundsätzlich denjenigen, der eine Gefahrenlage schafft, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer zu verhindern.

Der Verkehrssicherungspflichtige ist aber nicht gehalten, für alle denkbaren, entfernt liegenden Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge zu treffen. Es genügen diejenigen Vorkehrungen die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung einer Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich sind die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger des betroffenen Verkehrskreises für notwendig und ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren.

Die Verkehrssicherungspflicht innerhalb eines Kaufhauses erstreckt sich unter anderem auch darauf, die Bodenflächen innerhalb der dem Publikumsverkehr gewidmeten Räumen im Rahmen des zumutbaren und möglichen während der Geschäftszeiten frei von Gefahren zu halten.

Die Stand- und Trittsicherheit der Kunden muss auch dann gewährleistet sein, wenn sie sich auf die in den Regalen ausgestellten Waren konzentrieren. In einem Gebäude, in dem ein Gewerbe betrieben wird, sind die Sicherheitsanforderungen wegen der großen Anzahl potenziell Gefährdeter und des persönlichen Nutzens, welchen der Gewerbetreibende aus der Öffnung zieht, besonders hoch. Die Präsentation der Waren ist in derartigen Selbstbedienungsgeschäften nicht unwesentlicher Bestandteil des Vertriebskonzepts. So werden Kunden in der Regel durch Angebotstafeln, Preisangaben, Schaufensterpuppen oder Fotografien der Produkte auf ebendiese aufmerksam gemacht. Der Betreiber muss demnach damit rechnen, dass entsprechend seines Konzeptes die Kunden eben ihre gesteigerte Aufmerksamkeit den zum Verkauf angebotenen Waren widmen. Insofern trifft den Betreiber des Geschäftes eine erhöhte Sorgfaltspflicht dahingehend, die Gänge und Fußböden frei von Gefahren zu halten.

Vorliegend hat sich eine geöffnete Kellerluke in unmittelbarer Nähe zu weiteren Kleiderständern befunden. Aus diesem Grund musste die Beklagte notwendigerweise Vorkehrungen treffen, um die Aufmerksamkeit der Kunden auf die Gefahrenstelle zu lenken. Dies hat sie jedoch nicht in ausreichender Weise getan. Die hierfür abgestellte Mitarbeiterin M. befand sich im Zeitpunkt des Sturzes nach eigener Aussage in der mündlichen Verhandlung mit dem Rücken zu der Kellerluke gewandt. Sie konnte im Zeitpunkt des Sturzes also gerade nicht auf die Gefahrenstelle aufmerksam machen. Die Beklagte hat diese Säumnis zu vertreten und ist dem Grunde nach deshalb zum Ersatz des hieraus entstandenen Schadens verpflichtet.

2.

Dem Kassenmitglied der Klägerin ist jedoch ein Mitverschulden i.H.v. 30 % anzurechnen.

Unter Berücksichtigung der Erwartungshaltung eines vorsichtigen und besonnenen Kunden, konnte grundsätzlich nicht damit gerechnet werden, dass sich in der Verkaufsfläche des Modehauses der Beklagten eine geöffnete Bodenluke befindet. Vielmehr durfte ein Kunde damit rechnen, dass falls es eine derartige Luke gebe, er auf die Gefahren dieser auch aufmerksam gemacht werden würde.

Bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte das Kassenmitglied der Klägerin die offene Bodenluke allerdings erkennen können. Das dunkle Loch der offenen Luke hob sich deutlich von dem hellen Bodenbelag des Kaufhauses ab und war groß genug, um es zu sehen und als Gefahrenquelle einstufen zu können.

Ein Mitverschulden des Kassenmitglieds der Klägerin i.H.v. 50 % kann entgegen der Ansicht der Beklagten jedoch nicht dadurch angenommen werden. So ist zu berücksichtigen, dass eben nicht eine Situation vorlag, welche mit einem zu Fuß gehen auf einer öffentlichen Straße zu vergleichen wäre und auch ein Fußgänger von seiner Umgebung abgelenkt werde und deshalb nicht ununterbrochen auf den Fußboden guckt. Entscheidend ist, dass die Ablenkung der Kunden innerhalb eines Selbstbedienungsladens für Mode gerade durch den Betreiber des Geschäftes bezweckt und gewollt ist. Es soll die Aufmerksamkeit auf etwaig ausgestellte Produkte gelenkt werden.

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Der Beklagten ist allerdings zuzustimmen, dass ihr nicht auferlegt werden kann, sämtliche Gefahren auszuschließen. Dennoch stellt eine geöffnete Bodenluke eine ungewöhnliche, nicht zu erwartende Erscheinung in einem für den Verkehr geöffneten Geschäftslokal dar. Ähnlich eines Treppenabganges wäre hier für einen Kunden mit Absperrungen seitens des Betreibers des Modegeschäfts zu rechnen. Für die sich in dem Modegeschäft aufhaltenden Kunden stellt ein derartiges Hindernis gerade kein zu erwartendes Risiko dar. Auf der anderen Seite ist aber dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich der Sturz zwar in einem Modehaus ereignete, dass Kassenmitglied der Klägerin aber nach eigener Aussage nicht unmittelbar aufgrund des Betrachtens der ausliegenden Waren abgelenkt war. Die Ablenkung resultierte vielmehr daraus, dass die Zeugin U. auf die Zeugin M. im Zeitpunkt des Sturzes schaute und dadurch die sich vor ihr befindende Bodenluke nicht erkannte.

Hierbei ist dann wiederum aber dennoch in die Abwägung mit einzubeziehen, dass in einem Modegeschäft nicht damit zu rechnen ist, dass sich mitten auf der Verkaufsfläche in unmittelbarer Nähe zu den Kleiderständern ein Schacht auftut.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme, in welcher das Kassenmitglied der Klägerin C.U. und die zur Absicherung der Gefahrenstelle abgestellte Mitarbeiterin M. zu dem Vorfall befragt wurden, steht für das Gericht der Sachverhalt dergestalt fest, dass das Kassenmitglied der Klägerin zwar frontal auf die geöffnete Bodenluke zulief, diese aber zu keinem Zeitpunkt gesehen hat und die Luke zum Zeitpunkt des Sturzes in keiner Weise abgesichert war.

Das Kassenmitglied der Klägerin war nach eigener Aussage dergestalt abgelenkt, dass sie anstatt nach vorne zu blicken, nach rechts blickte, wo sich die zur Absicherung der Gefahrenstelle abgestellte Mitarbeiterin M. in einem Gespräch mit ihrem Chef befand.

Auch die Zeugin M. sagte aus, dass sie die Luke im Zeitpunkt des Hineinstürzens des Kassenmitglieds der Klägerin nicht beaufsichtigt hatte, sondern im Gespräch mit ihrem Chef war. Auch wurde das Kassenmitglied der Klägerin entgegen des Vortrags der Beklagten nicht vorher auf die Bodenluke aufmerksam gemacht oder gar unmittelbar vor dem Sturz noch gewarnt. Dieses konnte die Zeugin M. gerade nicht bestätigen.

Dadurch, dass das Kassenmitglied der Klägerin die Bodenluke aufgrund der farblichen Absetzungen aufgrund des dunklen Loches im Vergleich zu den hellen Bodenplatten des Modegeschäftes und der Größe von 2 m x 0,8 m bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte sehen müssen, andererseits allerdings von der extra dafür abgestellten Mitarbeiterin der Beklagten nicht gewarnt wurde, die Mitarbeiterin auch zum Zeitpunkt des Sturzes die Luke nicht überwachte und man während der Öffnungszeiten eines Ladenlokals nicht mit einer derartigen Schachtöffnung zu rechnen braucht, geht das Gericht nach einer Gesamtabwägung des Für und Wider von einem Mitverschulden von 30 % seitens des Kassenmitglieds der Klägerin aus.

3.

Die Beklagte hat daher neben den bereits durch ihren Haftpflichtversicherer gezahlten 10.529,92 EUR entsprechend einer Haftungsquote von 70 % noch weitere 4.211,95 EUR zu zahlen.

Die entstandenen Kosten aufgrund des Sturzereignisses sind in Höhe von 20.844,48 EUR unstreitig.

Hinsichtlich der klageerhöhend geltend gemachten 301,09 EUR ist die Klägerin beweisfällig geblieben. Diese Kosten waren nicht in der Kostenaufstellung, auf welche der Haftpflichtversicherer der Beklagten einen Betrag in Höhe von 50 % der Gesamtforderung leistete, enthalten, sodass nicht davon ausgegangen werden konnte, dass diese Kosten von einem Anerkenntnis dem Grunde nach umfasst seien sollten. Im Übrigen hat die Klägerin die geltend gemachten Kosten aufgrund fehlenden Beweisantritts nicht beweisen können.

Bezüglich der dem Grunde nach bestrittenen Kosten für eine Taxifahrt und Lymphdrainagen erkannte der Haftpflichtversicherer der Beklagten mit Schreiben vom 11.06.2014 seine generelle Eintrittsverpflichtung in Höhe von 50 % an.

Die Klägerin stellte dem Haftpflichtversicherer eine Kostenaufstellung in einer Gesamthöhe von 21.059,82 EUR, in welcher die Kosten für die Taxifahrt und die Lymphdrainagen enthalten waren. Der Haftpflichtversicherer der Beklagten hatte anerkannt, dass er zu 50 % für den entstandenen Schaden einzustehen hatte. Aufgrund der Kostenaufstellung zahlte der Haftpflichtversicherer eben diese 50 % der aufgestellten Kosten. Hieraus ist zu schließen, dass dieser auch anerkannte, für jede einzelne Position in der Kostenaufstellung in Höhe von 50 % zahlungsverpflichtet zu sein und somit auch für die bestrittenen Positionen, sodass die Beklagte nunmehr nicht mehr damit gehört werden konnte, dass diese Kostenpositionen nicht auf das Sturzereignis zurückzuführen waren.

Bezüglich der weiterhin bestrittenen Kostenhöhe von insgesamt 215,34 EUR für eine Taxifahrt und Lymphdrainagen schätzt das Gericht gem. § 287 Abs.1 ZPO aufgrund der vorgelegten Unterlagen in den Anlagen K 8 und K 10, dass diese Kosten für eine Taxifahrt von V. nach Bielefeld und für die verordneten Lymphdrainagen zwischen dem 06.06 und 23.06.2014 angemessen sind.

4.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr.3, 288 Abs. 1 BGB.

Das Schreiben des Haftpflichtversicherers der Beklagten vom 11.06.2014 kann noch nicht als endgültige Erfüllungsverweigerung in Bezug auf die nicht gezahlten 50 % des seitens der Klägerin eingeforderten Betrages angesehen werden, sodass der Haftpflichtversicherer der Beklagten am 13.06.2014 die Leistung nicht bereits endgültig verweigert hatte. An die Annahme einer endgültigen Leistungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen, weshalb sich in diesem Fall ergibt, dass das Schreiben vom 11.06.2014 nicht als „das letzte Wort“ des Haftpflichtversicherers anzusehen war.

Das Schreiben erweckt nicht den Anschein einer Verhandlungsaufforderung, kann allerdings aufgrund der Darstellung der eigenen Rechtsauffassung des Haftpflichtversicherers der Beklagten auch so zu verstehen sein, dass dieser nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht bereit ist, mehr als einen Betrag entsprechend einer Haftungsquote von 50 % zu zahlen, jedoch entgegenstehende Auffassungen zulässt.

Dieses wird dadurch unterstützt, dass in dem weiteren Schreiben des Haftpflichtversicherers der Beklagten vom 16.09.2014 noch einmal bekräftigt wird, dass an dem Mitverschuldenseinwand festgehalten wird. Dieses ist hier als endgültige Leistungsverweigerung anzusehen, sodass der Zinsanspruch ab dem 17.09.2014 gegeben ist.

Aus dem Schreiben wird ersichtlich, dass sich vorher auf weitergehende Gespräche eingelassen werden sollte und die ursprünglich anerkannte Zahlungsverpflichtung in Höhe von 50 % seitens des Haftpflichtversicherers der Beklagten erst zu diesem Zeitpunkt nicht mehr verhandelbar war.

II.

Der Feststellungsantrag ist entsprechend der Haftungsquote zulässig und begründet.

Das Bestreiten der vorgetragenen möglichen Folgeschäden musste das Gericht im Rahmen der Prüfung des erforderlichen Feststellungsinteresses nicht zur Einholung eines Sachverständigengutachtens bezüglich der Folgeschäden veranlassen. Geht es wie im vorliegenden Fall um den Ersatz eines erst künftig befürchteten Schadens aufgrund einer bereits eingetretenen Rechtsgutverletzung, besteht das Feststellungsinteresse hinsichtlich eines solchen Schadensersatzanspruches, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts besteht.

Dabei reicht es aus, wenn künftige Schadensfolgen- wenn auch nur entfernt- möglich sind, ihre Art und ihr Umfang, sogar ihr Eintritt aber noch ungewiss sind. Auf die Wahrscheinlichkeit weiterer Schäden kommt es nicht an.

Im Streitfall erscheint es aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme, in welcher das Kassenmitglied der Klägerin zur Überzeugung des Gerichts ihre weitergehenden Beeinträchtigungen aufgrund des Sturzes dergestalt vortrug, dass durch den Sturz bedingt ihr Schultergelenk erheblich in Mitleidenschaft gezogen wurde, vier Bänder im Bein gerissen waren und sie ein künstliches Schultergelenk durch eine Operation bekommen habe, zumindest möglich, dass es künftig zu weiteren Schäden kommt.

Der Feststellungsantrag ist auch begründet, da die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs vorliegen. Die durch den aufgrund einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bedingten Sturz im Modehaus der Beklagten verursachten Schäden des Kassenmitglieds der Klägerin können zu weiteren Schäden führen. Auch im Rahmen der Begründetheit ist keine gewisse Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts zu verlangen. Denn der Gegenstand einer Feststellungsklage ist hier gerade ein befürchteter, aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbarer Folgeschaden aus der Verletzung der Gesundheit als deliktsrechtlich durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes absolutes Rechtsgut.

III.

Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs.1 BGB. Die Beklagte befand sich hier seit dem 08.11.2014 in Verzug. Sie ist zum Ersatz des durch den Verzug entstandenen Schadens verpflichtet. Die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten war entsprechend der ausgeurteilten Quote anzupassen, sodass ein Zahlungsanspruch in Höhe von 210,63 EUR verbleibt.

Dass die Kosten in Höhe von insgesamt 526,58 EUR entstanden sind und auch gezahlt wurden ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den durch die Klägerin eingereichten Anlagen K 15 und K 16. Ein Zusammenhang der Zahlung von 4863,13 EUR in der Anlage K 16 zu der gestellten Rechnung Nr. 1400696 in der Anlage K 15 kann dergestalt hergestellt werden, dass auch in der beleglosen Buchung auf dem Kontoauszug der Sparkasse Bielefeld in der Anlage K 16 diese Rechnungsnummer aufgeführt ist.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 13.831,01 EUR festgesetzt.

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