OLG Hamm – Az.: I-32 SA 12/18 – Beschluss vom 29.05.2018
Zuständig ist das Landgericht Bonn.
Gründe
I.
Mit ihrer zunächst beim Landgericht Paderborn erhobenen Klage begehrt die Klägerin in der Hauptsache die Minderung eines Kaufpreises aus einem Immobilienkaufvertrag sowie die Feststellung der Erstattungspflicht der Beklagten hinsichtlich weitergehender Sanierungsaufwände. Zur Begründung trägt sie in groben Zügen Folgendes vor:
Sie habe von der Beklagten eine im Bezirk des Landgerichts Paderborn gelegene Eigentumswohnung erworben. Im Vorfeld des Abschlusses des Kaufvertrags habe sie von der eingeschalteten Maklerin die Informationen erhalten, dass das Dach aus den neunziger Jahren stamme und „wahrscheinlich“ nicht asbestverseucht sei. Auf weitere Nachfrage sei gegenüber ihrem Ehemann erklärt worden „Das kann kein Asbest sein.“ Später habe sich herausgestellt, dass das Dach 40-50 Jahre alt und asbestverseucht sei. Die voraussichtlich auf sie entfallenden Kosten der Dachsanierung macht die Klägerin als Minderung geltend. Zum Feststellungsantrag führt sie aus, dass die bislang veranschlagten Sanierungskosten naturgemäß erheblich unscharf seien und sich der Minderwert des Kaufgegenstands erst nach Durchführung und Abrechnung der Dachsanierung werde feststellen lassen.
Mit Klagezustellung hat das Landgericht Paderborn darauf hingewiesen, dass zur Zuständigkeit des angerufenen Gerichts weder vorgetragen noch diese sonst ersichtlich sei. Daraufhin hat die Klägerin die Verweisung an das Landgericht Bonn, den allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten, beantragt. Mit Beschluss vom 15.03.2018 hat sich das Landgericht Paderborn für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Bonn verwiesen.
Mit Beschluss vom 06.04.2018 hat sich das Landgericht Bonn für örtlich unzuständig erklärt und die Sache dem Senat vorgelegt. Zur Begründung führt es aus, dass seine ursprüngliche Zuständigkeit durch die anderweitige Gerichtswahl der Klägerin entfallen sei. Die Verweisung durch das Landgericht Paderborn sei nicht bindend, da sie objektiv willkürlich sei. Das Landgericht Paderborn sei gem. § 29 ZPO als Gericht am Ort der Immobilie zuständig. Diese Zuständigkeit liege auf der Hand, entsprechend sei in Paderborn ja auch das selbständige Beweisverfahren durchgeführt worden.
Im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren vor dem Senat hat sich die Klägerin die Begründung des Landgerichts Bonn zu eigen gemacht. Der Beklagte hat erklärt, keine Stellungnahme zu beabsichtigen.
II.
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Verschiedene ordentliche Gerichte, die Landgerichte Paderborn und Bonn haben sich jeweils für unzuständig erklärt. Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung berufen, da das im Verhältnis zu beiden Gerichten nächst höhere Gericht der Bundesgerichtshof wäre und das im hiesigen Bezirk befindliche Landgericht Paderborn als erstes mit der Sache befasst war.
Zuständig ist das Landgericht Bonn.
Dies folgt bereits aus dem gem. § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO bindenden Verweisungsbeschluss des Landgerichts Paderborn. Umstände, die ausnahmsweise die Bindungswirkung dieses Beschlusses entfallen lassen könnten, sind nicht ersichtlich. Unbeachtlich ist ein solcher Beschluss nur dann, wenn er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder wenn er schwere offensichtliche Rechtsmängel aufweist oder gar jeder Rechtsgrundlage entbehrt und aus diesen Gründen objektiv willkürlich ist. Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend nicht zu erkennen.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts Bonn liegt der Gerichtsstand des Erfüllungsort bei dem hier geltend gemachten Anspruch auf Kaufpreisminderung nicht „selbstverständlich“ am Standort der Immobilie. Der Erfüllungsort bei kaufvertraglicher Gewährleistung wird in der obergerichtlichen Praxis je nach dem, welches Gewährleistungsrecht verfolgt wird, unterschiedlich angeknüpft: Für die Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrags oder Schadensersatzansprüche wird für die Bestimmung des Erfüllungsorts häufig auf die Belegenheit des Grundstücks abgestellt (vgl. z.B. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.08.2014 – 11 SV 74/14 – zitiert nach juris, dort Tz. 7 mwN). Hingegen wird als Erfüllungsort für die Minderung eines Kaufpreisanspruchs aus einem Immobiliengeschäft regelmäßig der (Wohn-) Sitz des Verkäufers bestimmt (vgl. Senat, Beschl. v. 29.05.2017 – 32 SA 30/17 – zitiert nach juris, dort Tz. 6 m.w.N.). Geht man mit der letztgenannten Auffassung davon aus, dass für die von der Klägerin geltend gemachte Minderung kein Erfüllungsort in Paderborn besteht, konnte der allgemeine Gerichtsstand beim Landgericht Bonn nicht durch die Wahl des unzuständigen Landgerichts Paderborn entfallen. Schließlich führt die Durchführung des vorgeschalteten selbständigen Beweisverfahrens beim Landgericht Paderborn nicht dazu, dass dieses auch für die Hauptsache zuständig wäre.