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Kaufvertrag über Balkonkraftwerk mit Montageverpflichtung – vorvertragliche Aufklärungspflicht

Ein unbrauchbares Balkonkraftwerk sorgt für ein aufsehenerregendes Urteil. Eine Hauseigentümerin wollte grünen Strom erzeugen, doch ihre gekaufte Anlage war wegen veralteter Hauselektrik nicht anzuschließen und damit faktisch wertlos. Es entbrannte ein erbitterter Streit darüber, ob das verkaufende Fachunternehmen vor diesem Kompatibilitätsproblem hätte warnen müssen. Wer trägt also die Verantwortung für den Schaden, wenn der Expertentipp beim Kauf eines vermeintlich simplen Systems fehlt?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 14 S 67/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Lübeck
  • Datum: 21.02.2025
  • Aktenzeichen: 14 S 67/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Zivilrecht, insbesondere Vertrags- und Schadensersatzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Unternehmen, das auf Photovoltaik spezialisiert ist und Do-it-yourself-Pakete für Solaranlagen anbietet. Es forderte die Restzahlung für ein Balkonkraftwerk und vertrat die Ansicht, keine Aufklärungspflicht verletzt zu haben.
  • Beklagte: Die Käuferin des Balkonkraftwerks. Sie verlangte die Rückabwicklung des Vertrages, da die Anlage mit ihrer Hauselektrik nicht kompatibel war und forderte ihre Anzahlung zurück.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Eine Käuferin erwarb von einem Unternehmen für Photovoltaik ein Balkonkraftwerk samt Montage. Bei einem Ortstermin stellte sich heraus, dass die Hauselektrik der Käuferin aus den 1960er Jahren mit der Anlage nicht kompatibel war und eine Nachrüstung hohe Kosten verursachen würde. Das Unternehmen forderte Restzahlung, die Käuferin verlangte die Rückabwicklung des Vertrags.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob das Photovoltaik-Unternehmen seine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt hatte, indem es die Käuferin nicht über die mögliche Inkompatibilität des Balkonkraftwerks mit ihrer Hauselektrik informierte.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht gab der Berufung der Käuferin statt und wies die Klage des Photovoltaik-Unternehmens ab. Das Unternehmen wurde verurteilt, die Anzahlung der Käuferin gegen Rückgabe der Anlage sowie vorgerichtliche Anwaltskosten zurückzuzahlen. Zudem stellte das Gericht den Annahmeverzug des Unternehmens fest.
  • Begründung: Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass das Photovoltaik-Unternehmen seine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt hatte. Als Fachanbieter, der auch Ortstermine durchführte, hätte es die Käuferin auf die mögliche Inkompatibilität der Anlage mit einer älteren Hauselektrik hinweisen müssen. Diese Pflicht wurde nicht erfüllt, was der Käuferin das Recht zur Vertragsauflösung gab.
  • Folgen: Das Unternehmen muss der Käuferin die geleistete Anzahlung und die Anwaltskosten zurückzahlen und die verkaufte Solaranlage auf eigene Kosten zurücknehmen und abbauen. Es trägt außerdem die gesamten Gerichtskosten beider Instanzen. Der Vertrag wird rückabgewickelt.

Der Fall vor Gericht


Balkonkraftwerk nutzlos: Gericht zwingt Verkäufer zur Rücknahme wegen fehlender Warnung

Wer heute überlegt, sich ein Balkonkraftwerk anzuschaffen, stößt auf viele verlockende Angebote. Firmen werben oft mit einfachen „Do-it-yourself-Paketen“, die versprechen, dass jeder ganz einfach eigenen Strom erzeugen kann. Doch was passiert, wenn die hochmoderne Anlage nach dem Kauf gar nicht an das Stromnetz des eigenen Hauses angeschlossen werden kann? Genau mit dieser Frage musste sich das Landgericht Lübeck beschäftigen und klären, wer in einem solchen Fall die Verantwortung trägt: der Käufer oder das verkaufende Fachunternehmen.

Der Traum vom eigenen Strom: Ein Kauf mit unerwarteten Folgen

Balkonkraftwerk mit seinen Solarpanelen auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses
Balkonkraftwerk trifft alte Hauselektrik: Inkompatibilität verhindert Anschluss. Moderne Technik bleibt unbrauchbar. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Eine Hauseigentümerin, nennen wir sie Frau B., wollte die Energiewende in die eigenen Hände nehmen. Sie beauftragte ein Unternehmen, das auf Photovoltaik spezialisiert ist, mit dem Kauf und der Montage einer Mini-Solaranlage für ihr Haus. Das Unternehmen warb auf seiner Internetseite damit, dass seine Lösungen „für jeden geeignet“ seien, „unabhängig von seinen Fähigkeiten oder Erfahrungen im Bereich der Elektrik“. Es versprach zudem, die Kunden bei jedem Schritt zu unterstützen und die „bestmögliche Lösung“ zu finden.

Um sicherzugehen, dass alles passt, führte ein Mitarbeiter des Solar-Unternehmens vor dem Vertragsabschluss sogar einen Termin direkt bei Frau B. vor Ort durch. Daraufhin schlossen die beiden Parteien einen Vertrag. Frau B. leistete eine Anzahlung von rund 470 Euro. Das Problem zeigte sich jedoch erst später: Das Haus von Frau B. stammte aus den 1960er-Jahren und seine gesamte Hauselektrik war mit dem neuen Balkonkraftwerk nicht kompatibel. Die Anlage konnte also gar nicht in Betrieb genommen werden. Eine Umrüstung der Elektrik wäre zwar möglich gewesen, hätte aber unverhältnismäßige Kosten von etwa 50.000 Euro verursacht – ein Vielfaches des Preises für das Kraftwerk selbst.

Das Solar-Unternehmen bestand trotzdem auf der Zahlung des restlichen Kaufpreises von rund 815 Euro. Frau B. sah das anders. Sie fühlte sich getäuscht und verlangte, den gesamten Vertrag rückgängig zu machen und ihre Anzahlung zurückzuerhalten. Da eine Einigung scheiterte, zog das Unternehmen vor Gericht, um sein Geld einzuklagen. Frau B. reagierte mit einer sogenannten Widerklage, einem juristischen Mittel, bei dem der Beklagte im selben Verfahren eigene Ansprüche gegen den Kläger geltend macht. Sie forderte also ihrerseits die Rückzahlung ihrer Anzahlung.

Zwei Gerichte, zwei Meinungen: Der Weg durch die Instanzen

Das erste zuständige Gericht, das Amtsgericht Schwarzenbek, gab dem Solar-Unternehmen recht. Die Richter dort meinten, der Kaufvertrag sei gültig. Die Anlage selbst sei ja nicht kaputt, also liege kein Mangel an der Sache vor. Eine besondere Beratungspflicht zur Hauselektrik der Kundin habe das Unternehmen nicht gehabt. Es sei schließlich kein Elektrikerbetrieb und müsse nicht ungefragt auf mögliche Probleme in der Sphäre der Kundin hinweisen. Frau B. hätte also zahlen müssen.

Mit diesem Ergebnis wollte sich Frau B. nicht zufriedengeben und legte Berufung ein. Das bedeutet, sie bat das nächsthöhere Gericht, das Landgericht Lübeck, den Fall noch einmal zu überprüfen. Sie argumentierte, dass sie sich gerade weil sie sich an eine Fachfirma gewandt und sogar einen höheren Preis in Kauf genommen hatte, auf deren Expertise verlassen habe. Ein Fachmann hätte wissen müssen, dass die Elektrik eines so alten Hauses ein Problem darstellen könnte und sie darauf hinweisen müssen.

Die Kernfrage: Wann muss ein Verkäufer vor dem Kauf warnen?

Das Landgericht Lübeck stand nun vor einer entscheidenden Frage: Hatte das Solar-Unternehmen eine Pflicht verletzt, Frau B. schon vor dem Vertragsschluss über mögliche Risiken aufzuklären? Juristen sprechen hier von einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten. Aber was bedeutet das genau?

Stellen Sie sich vor, Sie kaufen in einem Fachgeschäft eine spezielle Software für Ihren Computer. Sie erklären dem Verkäufer, dass Sie ein sehr altes Betriebssystem nutzen. Der Verkäufer weiß, dass die Software darauf nicht laufen wird, sagt aber nichts. Sie kaufen die Software und stellen zu Hause fest, dass sie unbrauchbar ist. Hier hätte der Verkäufer eine Aufklärungspflicht gehabt. Er hätte Sie warnen müssen. Ein solches Vertrauensverhältnis entsteht schon bei den Vertragsverhandlungen, also bevor überhaupt eine Unterschrift geleistet wurde. Das Gesetz will damit sicherstellen, dass niemand durch das Verschweigen wichtiger Informationen zum Abschluss eines für ihn sinnlosen Vertrages verleitet wird.

Genau das musste das Gericht hier prüfen: Hatte das Solar-Unternehmen durch sein Auftreten und die Beratung vor Ort ein besonderes Vertrauen erweckt, das eine solche Warnpflicht begründete?

Das Urteil: Eine klare Entscheidung zugunsten der Käuferin

Das Landgericht Lübeck kam zu einem völlig anderen Ergebnis als die erste Instanz. Es wies die Klage des Solar-Unternehmens komplett ab und gab stattdessen der Widerklage von Frau B. statt.

Die Entscheidung im Detail:

  1. Das Solar-Unternehmen bekommt den restlichen Kaufpreis nicht.
  2. Es muss Frau B. ihre Anzahlung von 469,41 Euro zurückzahlen.
  3. Zusätzlich muss es einen Teil ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von rund 160 Euro erstatten.
  4. Diese Rückzahlung erfolgt allerdings nur „Zug-um-Zug“ gegen den Rückbau und die Rückgabe der Solaranlage. Das heißt, beide Seiten müssen ihre Leistung gleichzeitig austauschen.
  5. Das Gericht stellte außerdem fest, dass sich das Unternehmen seit dem 1. Oktober 2023 im sogenannten Annahmeverzug befindet. Das bedeutet, es hat die von Frau B. angebotene Rücknahme der Anlage zu Unrecht verweigert.

Warum das Gericht so entschied: Das Gewicht der Expertenberatung

Die Begründung des Gerichts ist für viele Verbraucher von großer Bedeutung und lässt sich Schritt für Schritt nachvollziehen. Der zentrale Punkt war die Verletzung der bereits erwähnten vorvertraglichen Aufklärungspflicht.

Mehr als nur ein Verkäufer im Baumarkt

Das Gericht machte einen entscheidenden Unterschied: Das Solar-Unternehmen war nicht einfach nur ein Händler, der ein Produkt aus dem Regal verkauft, so wie in einem Baumarkt oder bei einem Discounter. Durch sein Auftreten als Spezialist für Energielösungen, seine Werbeversprechen und vor allem durch den Beratungstermin vor Ort bei Frau B. hat es den Eindruck erweckt, ein besonderer Experte zu sein. Ein Kunde, der sich an eine solche Fachfirma wendet, darf nach Ansicht der Richter mehr erwarten als nur die Übergabe einer Ware. Er darf eine kompetente Beratung erwarten, die wesentliche Aspekte für die Funktionsfähigkeit des Produkts umfasst.

Der entscheidende Fehler: Kein Hinweis auf das Kompatibilitätsrisiko

Für das Gericht war klar: Ein durchschnittlicher Verbraucher hat keine Ahnung von den elektrotechnischen Anforderungen, die ein Balkonkraftwerk an die Hauselektrik stellt. Für Frau B. war es nicht offensichtlich, dass ihr Haus aus den 1960er-Jahren ein Problem darstellen könnte. Für das Fachunternehmen hingegen war dieses Risiko nicht nur bekannt, sondern auch leicht zu erkennen.

Die Richter betonten, dass das Unternehmen dafür kein ausgebildeter Elektriker sein muss. Es hätte nicht die Elektrik von Frau B. prüfen müssen. Seine Pflicht wäre es lediglich gewesen, einen einfachen Hinweis zu geben. Eine simple Warnung wie: „Bitte beachten Sie, dass bei älteren Gebäuden die Hauselektrik möglicherweise nicht mit der Anlage kompatibel ist. Dies sollte vor der Installation von einem Fachelektriker geprüft werden“, hätte ausgereicht. Da dieser Hinweis unterblieb, hat das Unternehmen seine Pflicht verletzt.

Die Folgen des Schweigens: Ein für die Käuferin nutzloser Vertrag

Durch diese Pflichtverletzung ist Frau B. ein Schaden entstanden. Aber welcher Schaden? Sie hat doch eine Solaranlage erhalten. Das Gericht argumentierte hier mit dem juristischen Konzept der Naturalrestitution. Der Schaden von Frau B. bestand darin, dass sie durch das Schweigen des Verkäufers einen Vertrag abgeschlossen hat, den sie bei korrekter Aufklärung niemals unterschrieben hätte. Denn wer kauft schon eine Anlage für viel Geld, die er nicht nutzen kann?

Um diesen Schaden wiedergutzumachen, muss sie so gestellt werden, als hätte sie den Vertrag nie geschlossen. Das bedeutet konkret: Der Vertrag wird rückabgewickelt. Sie gibt die Anlage zurück und erhält im Gegenzug ihr Geld wieder. Der Vertrag ist damit praktisch vom Tisch.

Rückzahlung, Rückbau und die Kosten des Verfahrens

Da der Vertrag aufgrund der Pflichtverletzung rückabgewickelt wurde, war auch die Widerklage von Frau B. erfolgreich. Das Unternehmen hatte ihre Anzahlung ohne rechtlichen Grund erhalten und musste sie daher zurückzahlen. Die Regelung „Zug-um-Zug“ stellt sicher, dass keine Seite einseitig in Vorleistung treten muss.

Auch bei den Anwaltskosten bekam Frau B. teilweise recht. Da das Solar-Unternehmen die Rückabwicklung bereits vor dem Prozess ernsthaft und endgültig verweigert hatte, war es für Frau B. notwendig, einen Anwalt einzuschalten. Die Kosten dafür muss das Unternehmen als Verursacher des Streits teilweise tragen. Am Ende musste das Solar-Unternehmen auch die gesamten Kosten für beide Gerichtsverfahren übernehmen, da es den Rechtsstreit vollständig verloren hatte.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Landgericht Lübeck entschied, dass Fachunternehmen ihre Kunden vor dem Vertragsabschluss über wesentliche Risiken aufklären müssen, die für Laien nicht erkennbar sind. Wer sich als Experte präsentiert und Beratung vor Ort anbietet, muss einfache Warnhinweise geben – etwa dass bei älteren Häusern die Elektrik möglicherweise nicht mit modernen Balkonkraftwerken kompatibel ist. Unterlässt das Unternehmen diese Aufklärung und wird dadurch ein für den Kunden nutzloser Vertrag geschlossen, muss der gesamte Kaufpreis zurückgezahlt werden. Diese Entscheidung stärkt Verbraucher erheblich, da sie sich bei Fachfirmen auf kompetente Beratung verlassen können und bei mangelhafter Aufklärung vom Vertrag zurücktreten dürfen.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind Vorvertragliche Aufklärungspflichten und wann entstehen sie?

Vorvertragliche Aufklärungspflichten sind rechtliche Verpflichtungen, die eine Partei (oft der Verkäufer oder Dienstleister) gegenüber einer anderen Partei (meist dem Käufer oder Kunden) hat, bevor ein Vertrag überhaupt abgeschlossen wird. Stellen Sie sich vor, Sie möchten eine Immobilie kaufen oder eine spezielle Dienstleistung beauftragen. Diese Pflichten sorgen dafür, dass Sie als potenzieller Vertragspartner alle wesentlichen Informationen erhalten, die Sie für eine fundierte und sachgerechte Entscheidung benötigen.

Zweck: Schutz vor uninformierten Entscheidungen

Der Hauptzweck dieser Pflichten ist es, Sie als potenzielle Vertragspartnerin oder potenziellen Vertragspartner zu schützen. Es soll verhindert werden, dass Sie einen Vertrag abschließen, der für Sie aufgrund fehlender oder falscher Informationen nutzlos, unpassend oder nachteilig ist. Man möchte, dass Sie eine informierte Entscheidung treffen können und nicht unbewusst ein Risiko eingehen oder etwas erwerben, das Ihren Bedürfnissen nicht entspricht. Zum Beispiel muss ein Verkäufer eines Gebrauchtwagens Sie über ihm bekannte Unfallschäden aufklären, da diese Information für Ihre Kaufentscheidung entscheidend ist.

Wann entstehen diese Pflichten?

Vorvertragliche Aufklärungspflichten entstehen nicht erst in dem Moment, in dem Sie kurz vor der Unterschrift eines Vertrages stehen. Sie beginnen bereits mit der Aufnahme ernsthafter Verhandlungen oder sogar schon mit der Anbahnung eines Geschäfts. Sobald die Parteien einander im Hinblick auf einen möglichen Vertragsabschluss besonderes Vertrauen entgegenbringen, treten diese Schutzpflichten in Kraft. Im deutschen Recht sind diese grundlegenden Prinzipien in den Paragraphen § 311 Absatz 2 und § 241 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verankert. Diese Regelungen besagen, dass die Parteien schon vor Vertragsabschluss eine besondere Sorgfaltspflicht und Rücksicht aufeinander nehmen müssen.

Inhalt der Aufklärungspflichten

Welche Informationen konkret offengelegt werden müssen, hängt stark vom jeweiligen Einzelfall ab. Grundsätzlich müssen alle Informationen mitgeteilt werden, die für die Entscheidung des anderen Vertragspartners erkennbar wesentlich sind. Dazu gehören typischerweise:

  • Wesentliche Eigenschaften des Vertragsgegenstandes oder der Dienstleistung.
  • Bekannte Mängel oder Risiken, die den Wert, die Eignung oder die Nutzbarkeit erheblich mindern könnten.
  • Informationen, die notwendig sind, damit der andere Partner den gewünschten Zweck des Vertrags erreichen kann.

Wenn diese Pflichten verletzt werden, etwa durch das vorsätzliche Verschweigen wichtiger Tatsachen oder die Erteilung falscher Informationen, kann dies zu einem sogenannten Schadensersatzanspruch führen. Das bedeutet, die Person, die nicht ausreichend oder korrekt aufgeklärt wurde, kann einen Ausgleich für den Schaden verlangen, der ihr durch die mangelhafte Aufklärung entstanden ist. Dies soll sicherstellen, dass Sie als Kunde oder Käufer nicht aufgrund unzureichender oder irreführender Informationen benachteiligt werden.


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Wann muss mich eine Fachfirma vor dem Kauf besonders auf Risiken hinweisen?

Wenn Sie sich an eine Fachfirma wenden, um ein Produkt zu kaufen oder eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, dürfen Sie erwarten, dass diese Firma aufgrund ihrer speziellen Kenntnisse und Erfahrungen anders agiert als ein gewöhnlicher Verkäufer. Dieser Unterschied ist entscheidend, wenn es um die Pflicht geht, auf Risiken hinzuweisen.

Erhöhte Aufklärungspflicht für Fachfirmen

Im Gegensatz zu einem allgemeinen Händler, der lediglich auf offensichtliche Mängel oder bekannte Gefahren hinweisen muss, trägt eine Fachfirma eine erhöhte Verantwortung. Dies liegt daran, dass sie über ein spezialisiertes Fachwissen verfügt, das Ihnen als juristischem Laien fehlt. Sie verlassen sich auf diese Expertise. Deshalb muss die Fachfirma Sie über Risiken informieren, die sie aufgrund ihres Fachwissens erkennen kann, die für Sie als Nicht-Fachmann aber nicht offensichtlich sind.

Welche Art von Risiken müssen angesprochen werden?

Die Hinweispflicht einer Fachfirma bezieht sich auf Risiken, die:

  • Aus ihrer Fachexpertise ersichtlich sind: Die Firma muss potenzielle Probleme oder Nachteile erkennen, die mit dem Produkt oder der Dienstleistung zusammenhängen und die sich aus den spezifischen Umständen Ihres Vorhabens ergeben können.
  • Für den Laien nicht erkennbar sind: Es geht nicht um Risiken, die jeder vernünftige Mensch ohne Weiteres erkennen würde (z.B. dass Wasser bei Frost gefriert). Sondern um solche, die nur ein Fachmann aufgrund seiner Ausbildung oder Erfahrung vorhersehen kann.
  • Aus der geplanten Nutzung resultieren können: Wenn Sie der Fachfirma mitteilen, wofür Sie das Produkt oder die Dienstleistung genau nutzen möchten, und die Firma erkennt, dass diese geplante Nutzung bestimmte Risiken birgt, muss sie Sie darauf aufmerksam machen. Dies kann zum Beispiel die Eignung für bestimmte Umgebungen, die Kompatibilität mit bestehenden Systemen oder besondere Wartungsanforderungen betreffen, die zu unerwarteten Kosten oder Problemen führen könnten.

Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie möchten eine neue Heizungsanlage installieren lassen. Ein gewöhnlicher Händler muss Sie vielleicht auf die grundsätzliche Funktion hinweisen. Eine Fachfirma für Heiztechnik muss jedoch prüfen, ob die geplante Anlage für Ihr Haus geeignet ist, ob die vorhandenen Leitungen ausreichen, welche langfristigen Wartungsintervalle oder versteckten Betriebskosten anfallen könnten oder ob bauliche Gegebenheiten ein Risiko darstellen. Erkennt die Firma, dass die gewünschte Anlage beispielsweise zu groß oder zu klein für Ihren Bedarf ist, oder dass sie nur unter bestimmten Bedingungen effizient läuft, muss sie Sie darauf hinweisen.

Kurz gesagt: Eine Fachfirma muss Sie vor Risiken schützen, die Sie selbst nicht erkennen können, weil Ihnen das notwendige Fachwissen fehlt, sie aber für den Fachmann klar ersichtlich sind. Diese besondere Hinweispflicht dient dazu, das Ungleichgewicht im Wissen zwischen Fachleuten und Laien auszugleichen und Sie vor Fehlentscheidungen oder unliebsamen Überraschungen zu bewahren.


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Was kann ich tun, wenn ich ein gekauftes Produkt wegen fehlender Informationen nicht nutzen kann?

Wenn Sie ein gekauftes Produkt aufgrund fehlender wichtiger Informationen – beispielsweise einer Bedienungsanleitung, entscheidender Sicherheitshinweise oder Angaben zur Kompatibilität – nicht bestimmungsgemäß nutzen können, liegt in der Regel ein sogenannter Sachmangel vor. Ein Sachmangel bedeutet, dass die Ware nicht die Beschaffenheit hat, die vertraglich vereinbart wurde, oder sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen ein komplexes Elektrogerät, dessen Funktionen ohne eine Anleitung unmöglich zu bedienen sind. Oder ein Möbelstück, das ohne Aufbauanleitung nicht montiert werden kann.

Der Mangel: Wenn Informationen fehlen

Juristisch betrachtet ist die Lieferung einer Ware ohne die notwendigen Informationen, die für ihre Nutzung unerlässlich sind, gleichbedeutend mit der Lieferung eines fehlerhaften Produkts. Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht vor, dass ein Sachmangel auch dann vorliegt, wenn die Montageanleitung mangelhaft ist oder gänzlich fehlt. Dies gilt sinngemäß für alle wesentlichen Informationen, die das Produkt überhaupt erst nutzbar oder sicher machen.

Die ersten Schritte: Nacherfüllung verlangen

Ihr erster Schritt ist es, vom Verkäufer die sogenannte Nacherfüllung zu verlangen. Das bedeutet, Sie fordern den Verkäufer auf, den Mangel zu beheben. Im Falle fehlender Informationen heißt das: Der Verkäufer muss Ihnen die fehlenden Unterlagen oder Informationen zur Verfügung stellen. Sie können verlangen, dass Ihnen beispielsweise die vollständige Bedienungsanleitung zugesandt wird oder die notwendigen Hinweise anderweitig erbracht werden.

Wichtig dabei ist, dem Verkäufer eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer er die fehlenden Informationen liefern soll. Eine „angemessene Frist“ hängt vom Einzelfall ab; sie sollte dem Verkäufer aber genug Zeit geben, um zu reagieren. Dokumentieren Sie Ihre Aufforderung und die Fristsetzung gut, zum Beispiel durch einen Brief mit Einschreiben oder eine E-Mail mit Lesebestätigung.

Rückabwicklung des Vertrages (Rücktritt)

Sollte der Verkäufer die fehlenden Informationen nicht innerhalb der gesetzten Frist liefern oder eine Nacherfüllung verweigern, können Sie grundsätzlich vom Kaufvertrag zurücktreten. Der Rücktritt vom Vertrag führt zu einer Rückabwicklung:

  • Sie geben das gekaufte Produkt an den Verkäufer zurück.
  • Der Verkäufer muss Ihnen den vollständigen Kaufpreis erstatten.

Ein Rücktritt ist in der Regel nur bei einem erheblichen Mangel möglich. Wenn das Produkt aufgrund der fehlenden Informationen überhaupt nicht genutzt werden kann, ist dieser Schwellenwert meist erreicht. Wenn die fehlenden Informationen lediglich eine kleine Komforteinschränkung darstellen würden, ohne die Nutzung unmöglich zu machen, wäre ein Rücktritt möglicherweise nicht gerechtfertigt.

Eine weitere Möglichkeit, wenn der Rücktritt wegen eines unerheblichen Mangels nicht in Betracht kommt, wäre die Minderung des Kaufpreises. Hierbei behalten Sie das Produkt, erhalten aber einen Teil des Kaufpreises zurück. Dies ist jedoch seltener der Fall, wenn das Produkt überhaupt nicht nutzbar ist.

Für Sie bedeutet das, dass Sie bei einem unbrauchbaren Produkt durch fehlende Informationen zunächst das Recht auf die Erbringung dieser Informationen haben. Scheitert dies, ist die Rückgabe des Produkts gegen Erstattung des Kaufpreises eine zentrale Option. Behalten Sie alle Kaufbelege und die Kommunikation mit dem Verkäufer sorgfältig auf.


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Kann ich mich als Käufer immer auf die Beratung einer Fachfirma verlassen?

Grundsätzlich dürfen Sie als Käufer auf die Expertise und die Beratung einer Fachfirma vertrauen. Insbesondere als juristischer Laie, der keine tiefgehenden Fachkenntnisse besitzt, dürfen Sie davon ausgehen, dass ein spezialisiertes Unternehmen Sie richtig und vollständig über Produkte und deren Eignung aufklärt.

Die Vertrauensgrundlage als Käufer

Wenn Sie sich an eine Fachfirma wenden, erwarten Sie zu Recht eine fundierte Auskunft. Dies gilt vor allem bei komplexen Produkten oder wenn eine spezielle Kompatibilität mit anderen Geräten erforderlich ist. Stellen Sie sich vor, Sie kaufen ein neues Heizsystem oder Komponenten für ein Smart-Home-System: Hier können Sie nicht erwarten, dass Sie selbst alle technischen Details und deren Zusammenspiel überblicken. Der Verkäufer, der sich als Fachmann präsentiert, hat in solchen Fällen eine besondere Aufklärungs- und Beratungspflicht.

Wann eine Beratung besonders wichtig ist

Die Pflicht zur Beratung durch die Fachfirma ist besonders ausgeprägt, wenn:

  • Sie als Käufer Ihre spezifischen Bedürfnisse oder den Verwendungszweck des Produkts deutlich gemacht haben (z.B. „Ich brauche einen Drucker, der mit meinem Mac kompatibel ist“).
  • Das Produkt technisch komplex ist und ein Laie die Funktionsweise oder Kompatibilität nicht eigenständig beurteilen kann.
  • Die Fachfirma über spezielles Wissen verfügt, das dem Laien fehlt.

Wenn die Beratung der Fachfirma fehlerhaft ist und Sie darauf vertrauen, kann dies rechtliche Folgen haben. Eine fehlerhafte Beratung kann dazu führen, dass die gekaufte Sache nicht wie erwartet funktioniert oder nicht zum geplanten Zweck eingesetzt werden kann. Juristisch spricht man dann oft von einem Sachmangel, selbst wenn das Produkt an sich unbeschädigt ist. Für Sie bedeutet das, dass das Produkt nicht die Beschaffenheit hat, die Sie aufgrund der Beratung erwarten durften.

Grenzen des Vertrauens

Trotz des Vertrauens in die Fachfirma gibt es auch Grenzen. Wenn eine Information offensichtlich falsch ist oder Sie durch eigene Kenntnis oder offensichtliche Hinweise auf einen Fehler hingewiesen werden müssten, kann Ihr Vertrauen nicht schutzwürdig sein. Es wird jedoch nicht von Ihnen erwartet, dass Sie die Aussagen eines Fachmanns aktiv auf Richtigkeit prüfen oder selbst umfassende technische Analysen durchführen. Die Grundaussage bleibt: Ein Laie darf sich auf die Expertise eines Fachunternehmens verlassen.


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Was bedeutet die Rückabwicklung eines Kaufvertrags und wie läuft das praktisch ab?

Die Rückabwicklung eines Kaufvertrags bedeutet, dass ein geschlossener Vertrag so behandelt wird, als hätte er nie stattgefunden. Ziel ist es, den Zustand wiederherzustellen, der vor dem Vertragsabschluss bestand. Dies ist relevant, wenn ein Vertrag zum Beispiel wegen Mängeln an der Kaufsache, eines Widerrufsrechts oder einer Anfechtung rückgängig gemacht wird.

Das Prinzip der Rückabwicklung

Im Kern der Rückabwicklung steht der Austausch von Leistungen. Das bedeutet:

  • Der Käufer gibt die erhaltene Ware an den Verkäufer zurück.
  • Der Verkäufer erstattet dem Käufer im Gegenzug den gezahlten Kaufpreis.

Dieses Prinzip wird oft als „Zug-um-Zug“ beschrieben. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Buch gekauft, das einen schweren Mangel hat, und wollen es zurückgeben. „Zug-um-Zug“ bedeutet, dass Sie das Buch erst dann an den Verkäufer zurückgeben müssen, wenn dieser bereit ist, Ihnen gleichzeitig den Kaufpreis zu erstatten. Und umgekehrt: Der Verkäufer muss den Kaufpreis erst erstatten, wenn Sie ihm das Buch tatsächlich zurückgeben. Dies schützt beide Seiten davor, ihre Leistung zu erbringen, ohne die Gegenleistung zu erhalten.

Praktischer Ablauf der Rückabwicklung

Der konkrete Ablauf der Rückabwicklung hängt von der jeweiligen Situation ab, folgt aber in der Regel diesen Schritten:

  1. Erklärung der Rückabwicklung: Zuerst muss eine der Parteien (meist der Käufer) klar mitteilen, dass sie den Vertrag rückgängig machen möchte. Dies kann zum Beispiel durch eine Widerrufserklärung bei Online-Käufen oder eine Rücktrittserklärung bei mangelhafter Ware geschehen.
  2. Rücksendung der Ware: Der Käufer sendet die gekaufte Ware an den Verkäufer zurück. Dabei ist oft zu beachten, wer die Kosten für die Rücksendung trägt. Bei einem Widerruf trägt diese Kosten in der Regel der Käufer, bei einem Rücktritt wegen Mängeln oft der Verkäufer.
  3. Erstattung des Kaufpreises: Sobald der Verkäufer die Ware zurückerhalten hat, muss er den gezahlten Kaufpreis an den Käufer zurückzahlen. Dies geschieht in der Regel auf demselben Zahlungsweg, der für den Kauf verwendet wurde (z.B. Überweisung, PayPal).
  4. Besonderheiten und Ausgleich:
    • Nutzungsersatz: Hat der Käufer die Ware in der Zwischenzeit genutzt (z.B. ein Auto gefahren), kann der Verkäufer unter Umständen einen Ausgleich für diese Nutzung verlangen. Das ist ein Betrag, der den Wert der Nutzung darstellt.
    • Wertminderung: Wenn die Ware durch den Käufer über die bloße Prüfung hinaus beschädigt wurde oder ihr Wert anderweitig gemindert ist, kann der Verkäufer einen Abzug vom Kaufpreis für diese Wertminderung machen. Dies gilt insbesondere, wenn die Beschädigung nicht durch den ursprünglichen Mangel verursacht wurde.

Die Rückabwicklung stellt sicher, dass keiner der Vertragspartner durch das Scheitern des Vertrags einen ungerechtfertigten Vorteil oder Nachteil erleidet.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Vorvertragliche Aufklärungspflichten

Vorvertragliche Aufklärungspflichten sind gesetzliche Pflichten, die eine Partei – häufig der Verkäufer oder Dienstleister – hat, bevor ein Vertrag zustande kommt. Sie müssen den potenziellen Vertragspartner über alle wesentlichen Umstände informieren, die für dessen Entscheidungsfindung wichtig sind. Diese Pflichten ergeben sich aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB und schützen davor, dass jemand durch fehlende oder falsche Informationen einen nachteiligen Vertrag abschließt. Im vorliegenden Fall mussten die Experten des Solar-Unternehmens Frau B. vor Vertragsabschluss auf das Risiko der Inkompatibilität mit ihrer alten Hauselektrik hinweisen.

Beispiel: Wenn Sie ein Auto kaufen und der Händler weiß von einem versteckten Motorschaden, muss er Sie darüber informieren, bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben.

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Widerklage

Eine Widerklage ist ein Gegenanspruch, den der Beklagte im gleichen Gerichtsverfahren gegen den Kläger geltend macht. Sie dient dazu, mehrere Ansprüche in einem Verfahren zu bündeln und so Zeit und Kosten zu sparen. Im beschriebenen Fall reichte Frau B. eine Widerklage ein, um zugleich mit der Klage des Solar-Unternehmens auf Rückzahlung ihrer geleisteten Anzahlung zu verzichten. Dadurch konnte sie ihre Ansprüche direkt im Verfahren durchsetzen.

Beispiel: Wenn jemand Sie auf Geldzahlung verklagt, Sie aber seinerseits Geld für eine Leistung zurückfordern, können Sie eine Widerklage erheben, um zu erreichen, dass beide Ansprüche gemeinsam entschieden werden.

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Annahmeverzug

Annahmeverzug liegt vor, wenn eine Partei eine ihr angebotene Leistung nicht annimmt, ohne dass dafür ein berechtigter Grund besteht. In diesem Fall gilt die Leistung als erbracht, auch wenn sie nicht tatsächlich übergeben wurde, und der Leistende kann weitere rechtliche Schritte einleiten. Das Landgericht stellte fest, dass das Solar-Unternehmen sich im Annahmeverzug befand, weil es die von Frau B. angebotene Rücknahme der Solaranlage ungerechtfertigt ablehnte.

Beispiel: Wenn Sie einem Handwerker anbieten, ein defektes Gerät zurückzugeben, er aber die Annahme verweigert, befindet er sich im Annahmeverzug.

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Sachmangel

Ein Sachmangel liegt vor, wenn die gekaufte Sache nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich nicht für die übliche oder ausdrücklich zugesagte Verwendung eignet. Dabei kann ein Mangel auch darin bestehen, dass notwendige Informationen oder Eigenschaften fehlen, ohne die eine Nutzung ausgeschlossen ist. Im hier dargestellten Fall war die Solaranlage wegen fehlender Kompatibilität mit der Hauselektrik mangelhaft, obwohl sie technisch einwandfrei war.

Beispiel: Wenn Sie einen Fernseher kaufen, der aufgrund fehlender Bedienungsanleitung nicht eingerichtet werden kann, liegt ein Sachmangel vor.

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Rückabwicklung

Die Rückabwicklung eines Kaufvertrags bedeutet, dass der Vertrag so behandelt wird, als sei er nie abgeschlossen worden. Dazu gibt der Käufer die erhaltene Ware zurück, und der Verkäufer erstattet den Kaufpreis. Dieses gegenseitige Zurückgeben von Leistungen nennt man auch „Zug-um-Zug“. Die Rückabwicklung wird insbesondere dann angewandt, wenn ein erheblicher Mangel vorliegt oder die vorvertraglichen Aufklärungspflichten verletzt wurden, wie es im Fall von Frau B. geschah.

Beispiel: Sie kaufen ein Fahrrad, das sich als unfahrbar erweist, und geben es zurück, während der Händler Ihnen Ihr Geld erstattet; beide Seiten erfüllen ihre ursprünglichen Verpflichtungen rückwirkend.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB und § 280 Abs. 1 BGB: Diese Paragraphen regeln die sogenannte „culpa in contrahendo“, also die Haftung für Pflichtverletzungen, die schon vor dem eigentlichen Vertragsabschluss entstehen. Sobald Parteien in Vertragsverhandlungen treten, entsteht ein besonderes Vertrauensverhältnis, das gegenseitige Rücksichtnahme und Aufklärung erfordert. Wird eine solche Pflicht verletzt und entsteht dadurch ein Schaden, kann die geschädigte Partei Schadensersatz verlangen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Solar-Unternehmen hat als Fachbetrieb die vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt, indem es Frau B. nicht auf das Risiko der Inkompatibilität der Hauselektrik hingewiesen hat, wodurch ihr ein Schaden entstand.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 433, 434 BGB und § 437 BGB: Diese Paragraphen bilden die Grundlage des Kaufvertragsrechts in Deutschland. Sie legen fest, welche Pflichten Käufer und Verkäufer haben, insbesondere die Pflicht des Verkäufers, eine mangelfreie Sache zu liefern. Eine Sache ist mangelhaft, wenn sie nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat oder sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet. Liegt ein solcher Sachmangel vor, stehen dem Käufer Gewährleistungsrechte zu, wie Nachlieferung, Minderung oder Rücktritt. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht prüfte, ob die Anlage einen Sachmangel aufwies, verneinte dies aber, da die Anlage an sich funktionstüchtig war. Die Unbrauchbarkeit resultierte aus der fehlenden Kompatibilität mit dem Haus der Käuferin.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere § 249 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph beschreibt das Grundprinzip des deutschen Schadensersatzrechts, die sogenannte Naturalrestitution. Das bedeutet, der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis (hier: die Pflichtverletzung) nicht eingetreten wäre. Der Schaden wird primär durch Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands behoben, nicht unbedingt durch Geld. Wenn das nicht möglich oder unverhältnismäßig ist, kann der Geschädigte auch eine Geldentschädigung verlangen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau B.s Schaden bestand darin, einen für sie nutzlosen Vertrag geschlossen zu haben. Durch die Naturalrestitution musste das Unternehmen sie so stellen, als hätte sie diesen Vertrag nie abgeschlossen, was zur Rückabwicklung führte.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere § 323 Abs. 1 BGB und § 346 Abs. 1 BGB: Diese Paragraphen regeln das Recht zum Rücktritt vom Vertrag wegen einer Pflichtverletzung und die damit verbundenen Rechtsfolgen. Ein Rücktritt wandelt den Vertrag in ein sogenanntes Rückgewährschuldverhältnis um, bei dem die bereits empfangenen Leistungen (z.B. Ware und Geld) von beiden Seiten zurückzugeben sind. Dies geschieht in der Regel „Zug-um-Zug“, das heißt, beide Parteien müssen ihre Rückgabe gleichzeitig anbieten. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Da das Solar-Unternehmen seine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt hatte, konnte Frau B. vom Vertrag zurücktreten. Dies führte dazu, dass beide Seiten ihre Leistungen – die Solaranlage und die Anzahlung – Zug-um-Zug zurückgeben mussten.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 293 BGB und § 294 BGB: Diese Paragraphen beschreiben den Annahmeverzug des Gläubigers. Ein Gläubiger gerät in Annahmeverzug, wenn er eine ihm ordnungsgemäß angebotene Leistung nicht annimmt. Dies hat zur Folge, dass der Schuldner in seiner Haftung für die Sache erleichtert wird und der Gläubiger im Zweifel die Kosten trägt, die durch seine Weigerung entstehen. → Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte fest, dass sich das Solar-Unternehmen im Annahmeverzug befand, da es die von Frau B. angebotene Rücknahme der Solaranlage zu Unrecht verweigerte.

Das vorliegende Urteil


LG Lübeck – Az.: 14 S 67/24 – Urteil vom 21.02.2025


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