OLG München, Az.: 23 U 3978/13, Urteil vom 03.04.2014
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 20.09.2013, 1 HK O 544/13, dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, über den bereits vom Landgericht zugesprochenen Betrag hinaus weitere 11.579,83 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.01.2013 zu zahlen.
II. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen. Die Widerklage bleibt abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
IV. Dieses Urteil und das in Ziffer I. genannte Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieser Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im Wege von Klage und Widerklage über wechselseitige Ansprüche aus einem nicht durchgeführten Kaufvertrag. Der Kläger betreibt den gewerblichen Export und Import von Nutzfahrzeugen, der Beklagte ein Gewerbe für Schmierstoffe und Holztransporte.
Unter dem 16.06.2012 schlossen die Parteien einen Vertrag über den Ankauf eines gebrauchten Lkw Mercedes Benz, Typ Actros 33-580, den der Beklagte in seinem Betrieb genutzt hatte, durch den Kläger zu einem Kaufpreis von 60.000,– €. Der Kläger leistete eine Anzahlung von 5.000,– €. Der Restbetrag sollte bei Abholung des Fahrzeugs im Oktober 2012 gezahlt werden (Anlage K 1).
Mit Schreiben vom 19.11.2012 (Anlage K 2) forderte der Kläger den Beklagten auf, eine Rechnung über einen Gesamtpreis von 60.000,– € auszustellen, damit er das Geld auf das Konto des Beklagten überweisen könne, und setzte insoweit eine Frist bis 22.11.2012, bei deren Nichteinhaltung der Kläger den Rücktritt vom Vertrag ankündigte. Der Beklagte erstellte mit Datum vom 20.11.2012 eine Rechnung über 47.600,– € brutto (Anlage K 3) unter Hinweis auf einen Getriebeschaden. Mit Schreiben vom selben Tag (Anlage B 1) setzte der Beklagte dem Kläger eine Frist zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises und Abholung des Fahrzeuges bis 28.11.2012, andernfalls er vom Kaufvertrag zurücktrete.
Mit Schreiben vom 05.12.2012 (Anlage K 4) verwies der Beklagte darauf, dass er dem Kläger aufgrund dessen Schreibens vom 19.11.2012 und einem darauf folgenden Telefongespräch die gewünschte Fahrzeugrechnung habe zukommen lassen und setzte eine allerletzte Frist zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises und Abholung des Fahrzeuges bis 11.12.2012. Mit Schreiben vom 11.12.2012 (Anlage K 5) erklärte der Kläger den Rücktritt vom Vertrag und verlangte die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung. Der Beklagte stellte unter dem 11.12.2012 eine weitere Rechnung über einen Bruttobetrag von 71.400,– € (60.000,– € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer).
Mit Anwaltschreiben vom 19.12.2012 (Anlage K 11) wies der Beklagte den Rücktritt des Klägers zurück und forderte ihn zur Zahlung von 66.400,– € (71.400,– € abzüglich Anzahlung von 5.000,– €) auf. Dem trat der Kläger mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 08.01.2013 (Anlage K 7) entgegen.
Unter dem 17.01.2013 erstellte der Beklagte nunmehr eine Rechnung über einen Bruttobetrag von 60.000,– € (Anlage B 2). Mit Anwaltschreiben vom 30.01.2013 (Anlage B 3) ließ der Beklagte sodann den Rücktritt vom Vertrag erklären. Der Beklagte hat den streitgegenständlichen Lkw zwischenzeitlich anderweitig veräußert.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe den Beklagten mehrfach zur Erstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung aufgefordert und die Abholung hiervon abhängig gemacht. Der Beklagte habe erklärt, er wolle keine Rechnung über den vollen Betrag ausstellen, dies sei auch kein Problem, weil der Lkw sowieso für den arabischen Markt gedacht sei. Der Getriebeschaden sei dem Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages nicht bekannt gewesen. Der Beklagte habe auch telefonisch bestätigt, dass ein solcher tatsächlich nicht vorliege. Der Kläger habe den Lkw bereits an einen Kunden für 62.000 € netto weiter verkaufen können, dieses Geschäft habe aber aufgrund der Weigerung des Beklagten, eine ordnungsgemäße Rechnung auszustellen, nicht durchgeführt werden können. Der Kunde – der Zeuge Ö. – habe aufgrund der Lieferverzögerung Anfang Dezember 2012 seinen Rücktritt von dem bereits mit dem Kläger abgeschlossenen Kaufvertrag (Anlage K 9) erklärt. Dem Kläger sei daher ein Gewinn in Höhe von 11.579,83 € aus der Weiterveräußerung entgangen.
Der Kläger hat in I. Instanz beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.000,– € nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.12.2012 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 11.579,83 nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.01.2013 zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen, der Kläger sei mehrfach aufgefordert worden, das Fahrzeug abzuholen. Er habe um einen Aufschub wegen finanzieller Probleme gebeten, sei dann telefonisch nicht mehr erreichbar gewesen.
Zwischen den Parteien sei zunächst telefonisch vereinbart worden, dass eine Rechnung über 40.000,– € gestellt werde, später dann, ebenfalls telefonisch, dass die Rechnung über 60.000.- € zzgl. USt lauten solle. Jedenfalls sei der Kläger wegen der Frage der Rechnungstellung nicht berechtigt gewesen, vom Vertrag zurückzutreten.
Der Beklagte hat behauptet, er habe den Lkw lediglich für 35.700,– € weiterveräußern können, so dass ihm ein Schaden von 19.300,– € entstanden sei. Diesen hat der Beklagte im Wege der Widerklage geltend gemacht und beantragt:
Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, an den Beklagten und Widerkläger 19.300,– € zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit.
Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt.
Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 ZPO Bezug genommen wird, hat nach Beweisaufnahme den Beklagten zur Rückzahlung der vom Kläger geleisteten Anzahlung nebst Zinsen verurteilt, Klage und Widerklage im Übrigen dagegen abgewiesen. Der Kläger könne infolge des erklärten Rücktritts keinen Schadensersatzanspruch geltend machen, da die Erstellung einer ordnungsgemäßen, den Anforderungen des § 14 UStG genügenden Rechnung lediglich eine Nebenpflicht des Verkäufers darstellen. Dem Beklagten habe jedoch ebenfalls kein Rücktrittsrecht zugestanden, da sich der Kläger hinsichtlich der Kaufpreiszahlung und der Abholung des Lkw auf ein Zurückbehaltungsrecht mangels ordnungsgemäßer Rechnungstellung durch den Beklagten habe berufen können. Die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass die Parteien die Erstellung einer Rechnung abweichend vom vereinbarten Kaufpreis vereinbart hätten.
Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien im Wege der Berufung und verfolgten ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiter.
Der Kläger rügt insbesondere, das Landgericht habe das Versäumnis des Beklagten, eine ordnungsgemäße Rechnung zu erstellen, zu Unrecht als unwesentliche Nebenpflichtverletzung angesehen. Gerade im kaufmännischen Verkehr sei der Käufer – insbesondere zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs – auf eine den Anforderungen des § 14 UStG genügende Rechnung angewiesen.
Der Kläger beantragt daher, unter Abänderung des am 20.09.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Landshut, 1 HK O 544/13, den Beklagten zur Zahlung weiterer 11.579,83 € nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.01.2013 zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung des Klägers sowie weiter:
1. Das Urteil des Landgerichts Landshut vom 20.09.2013 – 1 HK O 533/13 – wird aufgehoben, soweit der Beklagte zur Zahlung von 5.000,– € nebst Zinsen verurteilt wurde, die Klage wird insgesamt abgewiesen.
2. Das Urteil des Landgerichts Landshut – 1 HK O 533/13 – vom 20.09.2013 wird aufgehoben, soweit die Widerklage abgewiesen wurde.
Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, an den Beklagten und Widerkläger 19.300,- € zu bezahlen, nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung des Beklagten.
Der Beklagte macht im Berufungsverfahren insbesondere geltend, das Landgericht habe es zu Unrecht als nicht erwiesen erachtet, dass die Parteien eine Rechnungsstellung entsprechend der Rechnung vom 20.11.2012 vereinbart hatten. Das Landgericht hätte insbesondere die vom Beklagten angebotenen Zeugen dazu vernehmen müssen, dass der Beklagte mehrfach vergeblich versucht habe, den Kläger zu erreichen. Der Kläger habe sich mit der Zahlung des Kaufpreises und Abholung des Fahrzeugs in Verzug befunden. Für den 23.11.2012 sei bereits ein konkreter Abholungstermin vereinbart gewesen, den der Kläger aber nicht eingehalten habe. Hierzu werde zum Beweis die Zeugin M. angeboten. Erst im Berufungsverfahren habe sich herausgestellt, dass die Zeugin selbst mit dem Kläger telefoniert habe.
Im Übrigen verkenne das Landgericht, dass der Beklagte zur Rechnungstellung erst bei Angebot des Klägers zur Zahlung verpflichtet gewesen wäre. Letztlich habe der Kläger auch nach korrekter Rechnungstellung nicht gezahlt.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschrift vom 13.02.2014 (Blatt 156/163 d.A.) Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die uneidliche Einvernahme des Zeugen Ö. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 13.02.2014 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg und führt in Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des vom Kläger geltend gemachten entgangenen Gewinns. Die zulässige Berufung des Beklagten dagegen bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht zur Rückzahlung der vom Kläger geleisteten Anzahlung nebst Zinsen verurteilt und die Widerklage abgewiesen.
1. Der Kläger kann die von ihm geleistete Anzahlung von 5.000,– € nach §§ 323, 346 BGB zurückverlangen. Er ist mit seiner Erklärung vom 11.12.2012 (Anlage K 5) wirksam von dem mit dem Beklagten geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten.
1.1. Der Kläger war nach § 323 Abs. 1 BGB zum Rücktritt berechtigt.
1.1.1. Dem Beklagten oblag als Verkäufer gegenüber dem Kläger die Nebenleistungspflicht, eine den Anforderungen des § 14 UStG genügende Rechnung zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.1988, VIII ZR 64/87, juris Tz. 9; Beschluss vom 08.03.2005, VIII ZB 3/04). Für die Anwendbarkeit des § 323 Abs. 1 BGB ist nicht erforderlich, dass es sich um eine im Gegenseitigkeitsverhältnis (Synallagma) stehende Pflicht handelt (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 323 Rz. 10). Dafür spricht der Wortlaut der Vorschrift und der in der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers (BT-Drs. 14/6040, Seite 183). Soweit in der Literatur eine abweichende Auffassung vertreten wird (MünchKomm BGB/Ernst, 6. Aufl., § 323 Rz. 13), wird der Gläubiger bei Verletzung einer Nebenleistungspflicht auf die Geltendmachung von Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280, 281 BGB verwiesen, was vorliegend zum selben Ergebnis führt (vgl. dazu unten unter Ziffer 2.).
1.1.2. Die Pflicht zur Rechnungstellung wurde bereits mit Abschluss des Kaufvertrages fällig. Die in § 14 Abs. 2 UStG normierten Höchstfristen für die Rechnungstellung regeln nicht die Fälligkeit im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer. Nach § 271 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger die Leistung grundsätzlich sofort verlangen. Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus den besonderen Umständen des Falles, etwa der Natur des Schuldverhältnisses, der Verkehrssitte oder der Art der geschuldeten Leistung.
Ob der Verkäufer die Erstellung bzw. Aushändigung der Rechnung ggf. nur Zug um Zug gegen Zahlung bzw. Abholung der Kaufsache bewirken muss, muss hier nicht entschieden werden. Denn allein das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB schließt den Rücktritt nach § 323 BGB nicht aus, das Zurückbehaltungsrecht muss geltend gemacht worden sein (vgl. Palandt/Grüneberg a.a.O., § 323 Rz. 11). Der Beklagte hat sich jedoch hinsichtlich der angeforderten Rechnung gegenüber dem Kläger auf kein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB berufen. Er hat vielmehr auf die Aufforderung des Klägers vom 19.11.2012 (Anlage K 2) hin, die auch eine den Anforderungen des § 323 Abs. 1 BGB entsprechende Fristsetzung enthielt, eine Rechnung unter dem 20.11.2012 über einen Bruttobetrag von 47.600,– € übersandt, die nicht dem tatsächlich vereinbarten Kaufpreis entsprach. Auch die unter dem 11.12.2012 erstellte Rechnung über einen Bruttobetrag von 71.400,– € (Anlage K 6) entsprach nicht den vertraglichen Vereinbarungen. Denn die bei einem Verkauf anfallende Umsatzsteuer ist beim Fehlen gegenteiliger Vereinbarungen grundsätzlich ein unselbständiger Bestandteil des vereinbarten Kaufpreises. Die angefallene Umsatzsteuer ist aus dem Bruttobetrag herauszurechnen und in der Rechnung nach § 14 Abs. 1 UStG gesondert auszuweisen (BGH, Urteil vom 24.02.1988, VIII ZR 64/87, Juris Tz. 11).
Der Beklagte hat die ihm obliegende Nebenleistungspflicht also trotz Aufforderung nicht frist- und vertragsgemäß erfüllt. Da die übersandten Rechnungen inhaltlich nicht der vertraglichen Vereinbarung und der Aufforderung des Klägers vom 19.11.2012 entsprachen, musste der Kläger den Beklagten auch nicht erneut zur Übersendung einer – nunmehr ordnungsgemäßen – Rechnung auffordern, bevor er vom Vertrag zurücktreten konnte (vgl. Palandt/Grüneberg a.a.O., § 323 Rz. 16).
1.1.3. Der Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, eine von den Vorgaben des Kaufvertrages vom 16.06.2012 abweichende Rechnungstellung sei zwischen den Parteien vereinbart worden. Der Beklagte hat nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen eine Einigung zwischen den Parteien hinsichtlich einer Rechnungstellung gemäß Anlage K 3 (= Anlage B 1) über 47.600,00 € brutto oder gemäß Anlage K 6 über 71.400.- € brutto nicht nachweisen können. Diese Feststellungen sind vom Senat seiner Entscheidung zugrundezulegen, da der Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt hat, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der insoweit getroffenen Feststellung des Landgerichts im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO begründen würden.
Das Landgericht hat die Aussagen der Zeugen E. und Z. als nicht ausreichend erachtet, um die von der Beklagtenseite behauptete Vereinbarungen zu bestätigen. Da das Landgericht auch explizit auf die Aussage des Zeugen Josef E. Bezug nimmt, der sich – entsprechend dem Beweisangebot des Beklagten – ausschließlich zur Frage der Vereinbarung einer Rechnung über 71.400.- € brutto geäußert hat (Sitzungsniederschrift vom 10.07.2013 S. 5 f, Bl. 70 f d.A.), ergibt sich aus den Entscheidungsgründen mit hinreichender Deutlichkeit, dass das Landgericht auch die Behauptungen des Beklagten zu dieser Vereinbarung als nicht erwiesen erachtete und nicht lediglich den Vortrag des Beklagten zur Vereinbarung einer Rechnung über 47.600.- € brutto, zu der der Zeuge Z. aussagte (Sitzungsniederschrift vom 10.07.2013 S. 4, Bl. 69 f d.A.).
Gegen dieses Ergebnis der freien Beweiswürdigung des Landgerichts (§ 286 ZPO) bringt der Beklagte nichts Durchgreifendes vor. Das Landgericht hat nicht verkannt, dass den Zeugen E. und Z. die Behauptungen des Beklagten hinsichtlich einer abweichenden Vereinbarung über die Rechnungstellung bestätigt haben. Beide Zeugen sagten aus, das Telefon des Beklagten sei zwar nicht „laut“ gestellt gewesen, sie hätten bei den jeweiligen Telefonaten lediglich dabeigesessen. Dennoch sahen sich die Zeugen in der Lage, genaue Angaben zum Inhalt der Äußerungen des Klägers und dessen Sprechweise zu machen. Das Landgericht musste aufgrund dieser Aussagen nicht von der Richtigkeit der Behauptungen des Beklagten überzeugt sein. Das Landgericht hat nachvollziehbar begründet, warum die Aussagen der Zeugen für eine entsprechende Überzeugungsbildung nicht ausreichten.
Entgegen der Ansicht des Beklagten musste das Landgericht auch nicht aufgrund allgemeingültiger Denkgesetze oder Erfahrungsgrundsätze zu dem Schluss gelangen, die abweichenden Rechnungstellungen könnten nur im Einverständnis mit dem Kläger erfolgt sein. Hinsichtlich der Rechnung vom 20.11.2012 könnte durchaus der – einseitige – Wunsch des Beklagten nach Verschleierung der tatsächlichen Höhe seiner Einkünfte zum Zwecke der Steuerverkürzung vorgelegen haben (auch nach Aussage des Zeugen Z. kam der Vorschlag einer Rechnung über „40“ vom Beklagten, nicht vom Kläger, Sitzungsniederschrift vom 10.07.2013 S. 4, Bl. 69 d.A.), bezüglich der Rechnung vom 11.12.2012 eine Fehlvorstellung des Beklagten über den nach dem Vertrag geschuldeten Nettokaufpreis. Dass der Beklagte selbst in seinem Schreiben vom 05.12.2012 (Anlage K 4) die von ihm ausgestellte Rechnung vom 20.11.2012 als „die gewünschte Fahrzeugrechnung“ bezeichnete, musste das Landgericht entgegen der Ansicht der Berufung ebenfalls nicht zwingend veranlassen, von der Richtigkeit des Vortrags des Beklagten auszugehen.
Soweit der Beklagte rügt, das Landgericht habe die von ihm angebotenen Zeugen dazu vernehmen müssen, dass er mehrfach vergeblich versucht habe, den Kläger zu erreichen, so ist diese Behauptung für die in Rede stehende Frage einer Vereinbarung zur Rechnungstellung ohne ausschlaggebende Relevanz. Sie kann als richtig unterstellt werden, ohne dass dies zu einer Beweiswürdigung hinsichtlich der angeblichen Vereinbarungen zur Rechnungstellung im Sinne des Beklagten führen müsste. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die insoweit vom Beklagten angebotenen Zeugen nicht gehört hat.
1.1.4. Dem Rücktritt des Klägers steht auch nicht entgegen, dass die Pflichtverletzung des Beklagten im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB unerheblich war.
Die Erheblichkeitsprüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung (BGH NJW 2013, 1365; BGH NJW-RR 2010, 1289). Für die Beurteilung des vorliegenden Falls erscheint bedeutsam, dass im kaufmännischen Geschäftsverkehr die Möglichkeit des Käufers, die anfallende Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzuges geltend zu machen, vom Erhalt einer den Anforderungen des § 14 UStG gerecht werdenden Rechnung abhängig ist. Ohne diese Möglichkeit ist die Durchführung des Kaufvertrages für den Käufer mit einer nicht unerheblichen Mehrbelastung verbunden. Auf der anderen Seite stellt die ordnungsgemäße Rechnungstellung für den Verkäufer keine erhebliche Belastung dar. Bei Abwägung der beiderseitigen berechtigten Interessen erschiene es unbillig, den Käufer darauf zu verweisen, den Kaufvertrag auch ohne ordnungsgemäße Rechnungstellung durchführen zu müssen und die Rechnungstellung ggf. im Klagewege gegenüber dem Verkäufer zu erzwingen bzw. Schadensersatzansprüche gegen den Verkäufer geltend zu machen. Die Verweigerung einer ordnungsgemäßen Rechnungstellung ist bei einem Handelskauf eine hinreichend gewichtige Beeinträchtigung der berechtigten Interessen des Käufers, um einen Rücktritt vom Vertrag zu rechtfertigen.
Soweit das LG München II in seinem Urteil vom 01.06.2006, 8 S 652/06, die Auffassung vertritt, bei der Rechnungstellung handele es sich um eine unerhebliche Nebenpflicht, die gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB nicht zum Rücktritt berechtige, wird dies im Urteil nicht näher begründet. Insbesondere bleibt offen, ob es sich in dem vom Landgericht zu entscheidenden Fall um einen Handelskauf handelte.
1.1.5. Das Rücktrittsrecht des Klägers ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil ihm selbst mangelnde Vertragstreue vorzuwerfen wäre (vgl. zu dieser Voraussetzung Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 323 Rz. 29). Der Beklagte beruft sich insoweit darauf, dass sich der Kläger seinerseits mit der Zahlung des Kaufpreises und der Abholung des Lkw in Verzug befunden habe. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Kläger hatte in seinem Schreiben vom 19.11.2012 die Überweisung des (Rest-) Kaufpreises in Aussicht gestellt, dies jedoch von der Übersendung einer ordnungsgemäßen Rechnung abhängig gemacht. Durch die Ausübung dieses ihm zustehenden Zurückbehaltungsrechts (vgl. BGH, Beschluss vom 08.03.2005, VIII ZB 3/04, Juris Tz. 6) befand er sich zum Zeitpunkt seiner Rücktrittserklärung nicht im Zahlungsverzug. Dass er den Lkw nicht abholte, bevor ihm eine ordnungsgemäße Rechnung übersandt oder zumindest deren Übergabe bei Abholung angekündigt worden war, stellt ebenfalls keine Vertragsuntreue dar, die einem Rücktritt des Klägers entgegenstehen würde. Ob sich der Kläger mit der Entgegennahme des Lkw in Annahmeverzug befand, ist hier letztlich nicht entscheidend, weil ein Fall des § 323 Abs. 6 BGB nicht vorliegt. Denn der hier den Kläger zum Rücktritt berechtigende Umstand (keine ordnungsgemäße Rechnungstellung) ist vom Beklagten als Schuldner zu vertreten. Im Übrigen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte dem Kläger den Lkw vor Zahlung des Restkaufpreises ausgehändigt hätte. Diese Zahlung hielt der Kläger jedoch berechtigterweise zurück.
Vor diesem Hintergrund stünde dem Rücktritt des Klägers auch nicht entgegen, wenn er tatsächlich – wie vom Beklagten erstmals in II. Instanz behauptet – einen ursprünglich für den 23.11.2012 vereinbarten Abholungstermin nicht eingehalten hätte. Im Übrigen hat der Beklagte nicht hinreichend dargetan, warum er dieses Vorbringen nicht bereits im ersten Rechtszug geltend gemacht hat, so dass er hiermit nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht zugelassen werden kann. Die Zeugin M. musste daher vom Senat nicht vernommen werden.
1.2. Infolge des wirksamen Rücktritts sind die bereits ausgetauschten Leistungen nach § 346 BGB zurückzugewähren, so dass der Kläger die Rückzahlung der von ihm geleisteten Anzahlung verlangen kann.
1.3. Der vom Landgericht zugesprochene Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB. Der Kläger hatte mit Schreiben vom 11.12.2012 die Rückzahlung der Anzahlung angemahnt und insoweit eine Frist bis zum 14.12.2012 gesetzt (Anlage K 5).
2. Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz des ihm aus der Weiterveräußerung des Lkw entgangenen Gewinns in Höhe von 11.579,83 € nach §§ 325, 281,280 Abs. 1 und Abs. 3 BGB.
2.1. Der Beklagte hat seine fällige Leistungspflicht zur ordnungsgemäßen Rechnungstellung trotz Fristsetzung nicht wie geschuldet erbracht. Die Pflichtverletzung ist von ihm zu vertreten und war auch nicht unerheblich im Sinn des § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB. Insoweit kann auf die Ausführungen oben unter Ziffer 1. verwiesen werden. Damit sind die Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 erfüllt. Dem Anspruch des Klägers kann – wie bereits oben ausgeführt – nicht entgegengehalten werden, dass er selbst vertragsuntreu gewesen wäre. Rücktritt und Schadensersatzverlangen wegen Nichterfüllung können gemäß § 325 BGB kombiniert werden.
2.2. Der Käufer kann im Rahmen der Geltendmachung von Schadensersatz nach der Differenztheorie geltend machen, dass ihm aus einem konkret geplanten Weiterverkauf Gewinn entgangen ist und diesen nach §§ 249, 252 BGB vom Verkäufer ersetzt verlangen (BGH NJW 1979, 812; BGH NJW 1980, 1742).
Der Kläger hat durch die Vorlage des Kaufvertrages vom 29.06.2012 (Anlage K 9, vgl. Sitzungsniederschrift vom 13.02.2014 S. 3, Bl. 158 d.A.) und die Aussage des Zeugen Ö. nachgewiesen, dass er den streitgegenständlichen Lkw mit einem Gewinn von 11.579,83 € an den Zeugen Ö. hätte veräußern können. Der Zeuge Ö. hat glaubhaft bestätigt, mit dem Kläger den Kaufvertrag vom 29.06.2012 geschlossen zu haben, der einen Nettopreis von 62.000,– € für das streitgegenständliche Fahrzeug ausweist. Dem steht ein Nettoeinkaufspreis des Klägers von 50.420,17 € gegenüber. Der Senat sieht auch keine Anhaltspunkte dafür, an der persönlichen Glaubwürdigkeit des Zeugen Ö. zu zweifeln.
Ob und wann der Zeuge Ö. seinerseits von dem mit dem Kläger geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten ist, ist für den Bestand des Schadensersatzanspruches des Klägers letztlich ohne entscheidende Bedeutung. Aufgrund des – berechtigten – Rücktritts des Klägers vom Kaufvertrag mit dem Beklagten konnte der Gewinn aus der Weiterveräußerung unabhängig vom Rücktritt des Zeugen Ö. nicht mehr realisiert werden. In der Ausübung des Rücktrittsrechts seitens des Klägers kann auch kein anspruchsminderndes Mitverschulden im Sinne des § 254 BGB gesehen werden.
2.3. Der Zinsanspruch ergibt sich hinsichtlich der Schadensersatzforderung, die keine Entgeltforderung darstellt, aus §§ 286Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
3. Die Widerklage ist unbegründet. Dem Beklagten stehen gegen den Kläger keine Schadensersatzansprüche nach §§ 280, 281 BGB zu. Der Kläger hat sich hinsichtlich der Kaufpreiszahlung bis zur Klärung seines Rücktritts vom Kaufvertrag berechtigterweise auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen (vgl. dazu oben bereits unter Ziffer 1). Als der Beklagte schließlich unter dem 17.01.2013 eine ordnungsgemäße Rechnung erstellte (Anlage B 2), hatte sich der Kläger bereits durch seinen Rücktritt vom Vertrag gelöst, so dass seine Kaufpreisverpflichtung nicht mehr bestand. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch sind daher nicht erfüllt.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO.