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Kein Anspruch auf NRW-Soforthilfe im Eilverfahren wegen privater Existenzgefährdung

VG Köln – Az.: 16 L 787/20 – Beschluss vom 08.05.2020

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 9.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

  Kein Anspruch auf NRW-Soforthilfe im Eilverfahren wegen privater Existenzgefährdung
Symbolfoto: Von Alexander Limbach /Shutterstock.com

Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin im Rahmen des Soforthilfeprogramms des Landes Nordrhein-Westfalen („NRW Soforthilfe 2020“) eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 EUR zu gewähren, wird abgelehnt.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin

vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

Die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch – also das Bestehen des zu sichernden Anspruches (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit einer gerichtlichen Eilentscheidung (Anordnungsgrund) – sind von der Antragstellerin gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.

Der Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz durch Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO hat keinen Erfolg, da die Antragstellerin mit ihrem Rechtsschutzbegehren eine Vorwegnahme der Hauptsache erstrebt und die Voraussetzungen für eine darauf gerichtete einstweilige Anordnung nicht erfüllt sind.

Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO eine Vorwegnahme der Hauptsache der noch nicht erhobenen Klage.

Denn mit der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ins Auge gefassten vorläufigen Gewährung der Soforthilfe verfolgt die Antragstellerin sachlich vollumfänglich dasselbe Ziel wie im Hauptsacheverfahren. Gegen die an die Identität des Streitgegenstandes anknüpfende Annahme einer Vorwegnahme der Hauptsache lässt sich nicht einwenden, dass die Antragstellerin nur eine in zeitlicher Hinsicht beschränkte Vorwegnahme der Hauptsache begehrt und die vorläufige Gewährung der Soforthilfe jederzeit wieder aufgehoben und das gezahlte Geld zurückgefordert werden könnte, wenn in der Hauptsache eine negative Entscheidung erginge. Zwar mag die vorläufige Gewährung der begehrten Soforthilfe als solche beendet werden können. Bereits in der Zwischenzeit bis zur rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung entfaltet eine solche vorläufige Gewährung aber erhebliche Wirkungen, die nicht oder nur teilweise rückgängig gemacht werden können. Denn bei Erlass der beantragten Entscheidung wäre nicht nur die Antragstellerin betroffen, sondern auch andere (potenzielle) Empfänger, die auf Zahlungen aus dem begrenzten Fördermitteltopf angewiesen sind. Aus der Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Mittel ergibt sich, dass bei vorläufiger Gewährung von Fördermitteln an die Antragstellerin im Wege einer einstweiligen Anordnung die an andere zu vergebenden Gelder gekürzt würden und diese unter Umständen in ihrer Existenz bedroht sein könnten. Diese Folgen könnten nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden.

Im Übrigen folgt eine Vorwegnahme der Hauptsache daraus, dass eine Rückforderung der vorläufig gewährten Soforthilfe bei negativem Ausgang des Hauptsacheverfahrens zwar rechtlich möglich, aber möglicherweise tatsächlich nicht Erfolg versprechend wäre. Es ist nicht ersichtlich, wie die Antragstellerin, die sich zur Begründung des Anordnungsgrundes darauf beruft, ohne Gewährung der Soforthilfe einer „Existenzgefährdung“ ausgesetzt zu sein, in der Lage sein soll, die unter dem Vorbehalt der Vorläufigkeit gezahlten, aber sodann verbrauchten Gelder zurückzuzahlen.

Ein auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtetes Rechtsschutzziel widerspricht grundsätzlich der Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes, vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1997 – 11 VR 3/97 – juris; BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1989 – BVerwG 2 ER 301.89, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 15.

Etwas anderes muss im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) allerdings gelten, wenn ohne vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, vgl. BVerwG aaO.

Dies ist dann der Fall, wenn das Recht der Antragstellerin sonst vereitelt würde oder wenn ihr aus sonstigen Gründen eine bloße vorläufige Regelung nicht zumutbar ist, z.B. weil sie Nachteile erleidet, die bei einem Obsiegen in der Hauptsache nicht mehr ausgeglichen werden können. In diesen Fällen ist für den Erlass der einstweiligen Anordnung darüber hinaus vorauszusetzen, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit eines Obsiegens in der Hauptsache besteht. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens muss demnach offensichtlich erfolgreich erscheinen.

Unter Beachtung dieser Grundsätze kann die von der Antragstellerin begehrte einstweilige Anordnung unter Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht kommen.

Die Antragstellerin hat nicht wie erforderlich glaubhaft gemacht, dass ihr ohne die begehrte einstweilige Anordnung nicht mehr ausgleichbare Nachteile drohen. Zwar kann dies beispielsweise angenommen werden, wenn ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen gefährdet würde. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der „Soforthilfen NRW 2020“ wäre aber erforderlich, dass die Antragstellerin die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz ihres Unternehmens darlegt. Eine solche Existenzgefährdung hat die Antragstellerin in ihrer eidesstattlichen Versicherung und in ihrem Vorbringen aber nicht dargelegt und damit auch nicht gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht.

Nach dem Sinn und Zweck der „Soforthilfen NRW 2020“ werden diese zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von Unternehmen gewährt und dienen ausschließlich zur Deckung der laufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwendungen des Unternehmens. In einer Gesamtschau der beschlossenen Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen – Kurzarbeitergeld und Erleichterung der Prüfungsvoraussetzung für die Gewährung von ALG II – ergibt sich, dass die Beihilfen aus dem Programm „Soforthilfe NRW 2020“ ausschließlich für bestehende Verbindlichkeiten des Unternehmens gewährt und verwendet werden sollen. In Abgrenzung dazu soll etwa das Gehalt von Mitarbeitern durch das Kurzarbeitergeld gewährt werden und für den persönlichen Lebensunterhalt ALG II beantragt und verwendet werden.

Dieser Sinn und Zweck der „Soforthilfen NRW 2020“ ergibt sich bereits aus der Formulierung im Antragsformular und Ziffer 6.1, 4. Spiegelstrich: „Sonstige Erklärungen des Antragstellers“:

„Ich versichere, dass meine wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt ist, da entweder(…) – die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens zu erfüllen (z. B. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten).“

Außerdem werden die Beihilfen nach den Informationen auf der Homepage des Antragsgegners in dessen Verwaltungspraxis, vgl. https://www.wirtschaft.nrw/nrw-soforthilfe-2020; „Was wird gefördert?“, Abrufdatum 07. Mai 2020, für folgenden Zweck gewährt:

„Die Unternehmen sollen bei der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz und Überbrückung von akuten Finanzierungsengpässen, u.a. für laufende Betriebskosten wie Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten u.ä. sowie den Erhalt von Arbeitsplätzen durch einen Zuschuss unterstützt werden. (Zur Reduzierung von Personalkosten gibt es das Kurzarbeitergeld.)“

Auch auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft „Maßnahmenpaket für Unternehmen gegen die Folgen des Coronavirus“ vom 29. April 2020 (Stand 05. Mai 2020) Ziffer I. 1. findet sich ergänzend dazu folgende Klarstellung:

„Die Soforthilfe deckt nicht die privaten Lebenshaltungskosten (z.B. Miete der Privatwohnung, eigene Krankenversicherungsbeiträge oder Altersvorsorge) ab. In solchen Fällen hilft der von der Bundesregierung beschlossene vereinfachte Zugang zu ALG II (siehe III),“

vgl. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/M-O/massnahmenpaket-fuer-unternehmen-gegen-die-folgen-des-coronavirus.pdf?__blob=publicationFile&v=22, Abrufdatum 07. Mai 2020.

Dies ergibt sich ebenso aus der Homepage des Antragsgegners selbst. Unter Fragen und Antworten: „Wird der Zuschuss aus der Soforthilfe als Einkommen auf die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II angerechnet?“ findet sich folgende Antwort:

„Nein. Die NRW-Soforthilfe hat einen anderen Zweck: sie soll die wirtschaftliche Existenz sichern. Die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II sichern dagegen den Lebensunterhalt und umfassen insbesondere Bedarfe für Ernährung, Kleidung, Hausrat, etc. sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung.“

Können wir Ihnen helfen? Rufen Sie uns an: 02732 791079 und vereinbaren einen Beratungstermin oder fordern Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung online an.

vgl. https://www.wirtschaft.nrw/nrw-soforthilfe-2020; Abrufdatum 07. Mai 2020.

Die Antragstellerin hat vorliegend nicht glaubhaft gemacht, dass eine Existenzgefährdung ihres Unternehmens vorliegt oder sie die Beihilfen für Verbindlichkeiten ihres Unternehmens benötigt, bzw. dass überhaupt Verbindlichkeiten des Unternehmens bestehen. Vielmehr hat sie ausschließlich geltend gemacht, ihre private Existenz sei bedroht. Denn sie benötige die Beihilfen zur Deckung ihres privaten Lebensunterhalts, namentlich für die Miete für ihre private Wohnung in Höhe von 355,00 Euro, ihre Krankenversicherung in Höhe von 195,35 Euro, ihre Studiengebühren sowie weitere Lebenshaltungskosten. Hierauf bezieht sich auch die abgegebene eidesstattliche Versicherung. Für diese privaten Verbindlichkeiten und den Lebensunterhalt ist nach der dargestellten Systematik ALG II zu beantragen.

Die Antragstellerin hat als Unterlegene die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG. Die Kammer legt dabei den vollen Betrag der begehrten Soforthilfe zu Grunde, weil die Antragstellerin die Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.

VG Köln

Az.: 16 L 787/20

Beschluss vom 08.05.2020

 

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 9.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin im Rahmen des Soforthilfeprogramms des Landes Nordrhein-Westfalen („NRW Soforthilfe 2020“) eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 EUR zu gewähren, wird abgelehnt.

Der Antrag bleibt ohne Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin

 

vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

Die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch – also das Bestehen des zu sichernden Anspruches (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit einer gerichtlichen Eilentscheidung (Anordnungsgrund) – sind von der Antragstellerin gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.

Der Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz durch Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO hat keinen Erfolg, da die Antragstellerin mit ihrem Rechtsschutzbegehren eine Vorwegnahme der Hauptsache erstrebt und die Voraussetzungen für eine darauf gerichtete einstweilige Anordnung nicht erfüllt sind.

Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO eine Vorwegnahme der Hauptsache der noch nicht erhobenen Klage.

Denn mit der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ins Auge gefassten vorläufigen Gewährung der Soforthilfe verfolgt die Antragstellerin sachlich vollumfänglich dasselbe Ziel wie im Hauptsacheverfahren. Gegen die an die Identität des Streitgegenstandes anknüpfende Annahme einer Vorwegnahme der Hauptsache lässt sich nicht einwenden, dass die Antragstellerin nur eine in zeitlicher Hinsicht beschränkte Vorwegnahme der Hauptsache begehrt und die vorläufige Gewährung der Soforthilfe jederzeit wieder aufgehoben und das gezahlte Geld zurückgefordert werden könnte, wenn in der Hauptsache eine negative Entscheidung erginge. Zwar mag die vorläufige Gewährung der begehrten Soforthilfe als solche beendet werden können. Bereits in der Zwischenzeit bis zur rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung entfaltet eine solche vorläufige Gewährung aber erhebliche Wirkungen, die nicht oder nur teilweise rückgängig gemacht werden können. Denn bei Erlass der beantragten Entscheidung wäre nicht nur die Antragstellerin betroffen, sondern auch andere (potenzielle) Empfänger, die auf Zahlungen aus dem begrenzten Fördermitteltopf angewiesen sind. Aus der Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Mittel ergibt sich, dass bei vorläufiger Gewährung von Fördermitteln an die Antragstellerin im Wege einer einstweiligen Anordnung die an andere zu vergebenden Gelder gekürzt würden und diese unter Umständen in ihrer Existenz bedroht sein könnten. Diese Folgen könnten nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden.

Im Übrigen folgt eine Vorwegnahme der Hauptsache daraus, dass eine Rückforderung der vorläufig gewährten Soforthilfe bei negativem Ausgang des Hauptsacheverfahrens zwar rechtlich möglich, aber möglicherweise tatsächlich nicht Erfolg versprechend wäre. Es ist nicht ersichtlich, wie die Antragstellerin, die sich zur Begründung des Anordnungsgrundes darauf beruft, ohne Gewährung der Soforthilfe einer „Existenzgefährdung“ ausgesetzt zu sein, in der Lage sein soll, die unter dem Vorbehalt der Vorläufigkeit gezahlten, aber sodann verbrauchten Gelder zurückzuzahlen.

Ein auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtetes Rechtsschutzziel widerspricht grundsätzlich der Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes, vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1997 – 11 VR 3/97 – juris; BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1989 – BVerwG 2 ER 301.89, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 15.

Etwas anderes muss im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) allerdings gelten, wenn ohne vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, vgl. BVerwG aaO.

Dies ist dann der Fall, wenn das Recht der Antragstellerin sonst vereitelt würde oder wenn ihr aus sonstigen Gründen eine bloße vorläufige Regelung nicht zumutbar ist, z.B. weil sie Nachteile erleidet, die bei einem Obsiegen in der Hauptsache nicht mehr ausgeglichen werden können. In diesen Fällen ist für den Erlass der einstweiligen Anordnung darüber hinaus vorauszusetzen, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit eines Obsiegens in der Hauptsache besteht. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens muss demnach offensichtlich erfolgreich erscheinen.

Unter Beachtung dieser Grundsätze kann die von der Antragstellerin begehrte einstweilige Anordnung unter Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht kommen.

Die Antragstellerin hat nicht wie erforderlich glaubhaft gemacht, dass ihr ohne die begehrte einstweilige Anordnung nicht mehr ausgleichbare Nachteile drohen. Zwar kann dies beispielsweise angenommen werden, wenn ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen gefährdet würde. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der „Soforthilfen NRW 2020“ wäre aber erforderlich, dass die Antragstellerin die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz ihres Unternehmens darlegt. Eine solche Existenzgefährdung hat die Antragstellerin in ihrer eidesstattlichen Versicherung und in ihrem Vorbringen aber nicht dargelegt und damit auch nicht gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht.

Nach dem Sinn und Zweck der „Soforthilfen NRW 2020“ werden diese zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von Unternehmen gewährt und dienen ausschließlich zur Deckung der laufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwendungen des Unternehmens. In einer Gesamtschau der beschlossenen Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen – Kurzarbeitergeld und Erleichterung der Prüfungsvoraussetzung für die Gewährung von ALG II – ergibt sich, dass die Beihilfen aus dem Programm „Soforthilfe NRW 2020“ ausschließlich für bestehende Verbindlichkeiten des Unternehmens gewährt und verwendet werden sollen. In Abgrenzung dazu soll etwa das Gehalt von Mitarbeitern durch das Kurzarbeitergeld gewährt werden und für den persönlichen Lebensunterhalt ALG II beantragt und verwendet werden.

Dieser Sinn und Zweck der „Soforthilfen NRW 2020“ ergibt sich bereits aus der Formulierung im Antragsformular und Ziffer 6.1, 4. Spiegelstrich: „Sonstige Erklärungen des Antragstellers“:

„Ich versichere, dass meine wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt ist, da entweder(…) – die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens zu erfüllen (z. B. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten).“

Außerdem werden die Beihilfen nach den Informationen auf der Homepage des Antragsgegners in dessen Verwaltungspraxis, vgl. https://www.wirtschaft.nrw/nrw-soforthilfe-2020; „Was wird gefördert?“, Abrufdatum 07. Mai 2020, für folgenden Zweck gewährt:

„Die Unternehmen sollen bei der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz und Überbrückung von akuten Finanzierungsengpässen, u.a. für laufende Betriebskosten wie Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten u.ä. sowie den Erhalt von Arbeitsplätzen durch einen Zuschuss unterstützt werden. (Zur Reduzierung von Personalkosten gibt es das Kurzarbeitergeld.)“

Auch auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft „Maßnahmenpaket für Unternehmen gegen die Folgen des Coronavirus“ vom 29. April 2020 (Stand 05. Mai 2020) Ziffer I. 1. findet sich ergänzend dazu folgende Klarstellung:

„Die Soforthilfe deckt nicht die privaten Lebenshaltungskosten (z.B. Miete der Privatwohnung, eigene Krankenversicherungsbeiträge oder Altersvorsorge) ab. In solchen Fällen hilft der von der Bundesregierung beschlossene vereinfachte Zugang zu ALG II (siehe III),“

vgl. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/M-O/massnahmenpaket-fuer-unternehmen-gegen-die-folgen-des-coronavirus.pdf?__blob=publicationFile&v=22, Abrufdatum 07. Mai 2020.

Dies ergibt sich ebenso aus der Homepage des Antragsgegners selbst. Unter Fragen und Antworten: „Wird der Zuschuss aus der Soforthilfe als Einkommen auf die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II angerechnet?“ findet sich folgende Antwort:

„Nein. Die NRW-Soforthilfe hat einen anderen Zweck: sie soll die wirtschaftliche Existenz sichern. Die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II sichern dagegen den Lebensunterhalt und umfassen insbesondere Bedarfe für Ernährung, Kleidung, Hausrat, etc. sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung.“

vgl. https://www.wirtschaft.nrw/nrw-soforthilfe-2020; Abrufdatum 07. Mai 2020.

Die Antragstellerin hat vorliegend nicht glaubhaft gemacht, dass eine Existenzgefährdung ihres Unternehmens vorliegt oder sie die Beihilfen für Verbindlichkeiten ihres Unternehmens benötigt, bzw. dass überhaupt Verbindlichkeiten des Unternehmens bestehen. Vielmehr hat sie ausschließlich geltend gemacht, ihre private Existenz sei bedroht. Denn sie benötige die Beihilfen zur Deckung ihres privaten Lebensunterhalts, namentlich für die Miete für ihre private Wohnung in Höhe von 355,00 Euro, ihre Krankenversicherung in Höhe von 195,35 Euro, ihre Studiengebühren sowie weitere Lebenshaltungskosten. Hierauf bezieht sich auch die abgegebene eidesstattliche Versicherung. Für diese privaten Verbindlichkeiten und den Lebensunterhalt ist nach der dargestellten Systematik ALG II zu beantragen.

Die Antragstellerin hat als Unterlegene die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG. Die Kammer legt dabei den vollen Betrag der begehrten Soforthilfe zu Grunde, weil die Antragstellerin die Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.

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