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Kein Anspruch von Gymnasiallehrern auf gleichberechtigte Impfung gegen Coronavirus

Verwaltungsgericht des Saarlandes – Aktenzeichen:   6 L 295/21 – Beschluss vom 29.03.2021

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 5000 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag, mit dem der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, ihm in der gleichen Reihenfolge und unter den gleichen Voraussetzungen, die für Personen mit hoher Priorität nach § 3 Abs. 1 Nr. 9 CoronaImpfV gelten, einen Termin für die Erlangung einer Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 zuzuteilen, ist zwar statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er ist jedoch unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellenden vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach Satz 2 der Vorschrift auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend darf das Gericht dabei grundsätzlich nur die zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes notwendigen Maßnahmen anordnen. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO dient prinzipiell einer vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; dem Antragstellenden soll regelmäßig nicht bereits das gewährt werden, was er grundsätzlich in einem Hauptsacheverfahren erstreiten muss. Soweit – wie hier mit der vom Antragsteller begehrten vorrangigen Impfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 – mit der Entscheidung im Eilrechtsschutzverfahren eine Vorwegnahme der Hauptsache verbunden ist, kann einem Eilantrag nach § 123 Abs. 1 VwGO nur stattgegeben werden, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG unabweisbar ist. Dies setzt neben einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der (gedachten) Hauptsache schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile im Falle eines Zuwartens voraus.

Vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 25.10.1988, 2 BvR 745/88, NJW 1989, 827; ferner Kopp/Schenke, 26. Aufl. 2020, § 123 Rz. 14, m.w.N.

Dies zugrunde gelegt bleibt der Antrag ohne Erfolg.

Zunächst kann das Bestehen des geltend gemachten Anordnungsanspruchs, nämlich in der gleichen Reihenfolge und unter den gleichen Voraussetzungen, die für Personen mit hoher Priorität nach § 3 Abs. 1 Nr. 9 CoronaImpfV gelten, einen Termin für eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 zu erhalten, nicht mit dem für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit bejaht werden.

Klarzustellen ist, dass sich ein solcher Anspruch keinesfalls auf die CoronaImpfV vom 10.3.2021 stützen lässt. Diese sieht unter § 3 Abs. 1 Nr. 9 vor, dass Personen, die in Kinderbetreuungseinrichtungen, in der Kindertagespflege, in Grundschulen, Sonderschulen oder Förderschulen tätig sind, zu der Gruppe der Personen zählen, die mit hoher Priorität eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus beanspruchen können. Hierzu zählt der Antragsteller als Gymnasiallehrer ersichtlich nicht. Als solcher unterfällt er der Regelung des § 4 Abs. 1 Nr. 8 CoronaImpfV, die Personen erfasst, die in Einrichtungen und Diensten der Kinder- und Jugendhilfe und in Schulen, die nicht von § 3 Abs. 1 Nr. 9 CoronaImpfV erfasst sind, tätig sind. Angehörige dieser Gruppe haben einen Anspruch auf Schutzimpfung nur mit erhöhter Priorität. Diese Vorschriften sind angesichts ihres eindeutigen Wortlauts und des aus ihrer Systematik ersichtlichen Fehlens einer Regelungslücke weder einer erweiternden Auslegung noch einer Analogie zu Gunsten einer – nach Ansicht des Antragstellers von Verfassungs wegen gebotenen – gleichbehandelnden Einbeziehung auch anderer Lehrer in die (u.a.) für Grundschullehrer geltende Regelung zugänglich.

Allerdings hat der Antragsteller die Frage aufgeworfen, ob die CoronaImpfV insgesamt wegen Verstoßes gegen den Parlamentsvorbehalt oder jedenfalls teilweise, nämlich soweit sie die hohe Priorisierung von Grundschullehrern unter Ausschluss aller anderen Lehrer an allgemeinbildenden Schulen enthält, verfassungswidrig ist. Bejahendenfalls würde dies infolge der Pflicht der Verwaltungsgerichte zur Inzidentkontrolle untergesetzlicher Normen – wie der CoronaImpfV – auf ihre Verfassungsmäßigkeit zur Folge haben, dass die Verordnung im konkreten Einzelfall unangewendet bleiben müsste. Dies wiederum könnte ungeachtet der einer Einbeziehung aller Lehrer in die Gruppe der Impfberechtigten mit hoher Priorität entgegenstehenden Bundesverordnungsregelung, die die Länder gemäß Art. 83 GG beim Normvollzug grundsätzlich einhalten müssen, im konkreten Einzelfall die Möglichkeit eröffnen, einen Anspruch gegen den Antragsgegner auf eine gleichbehandelnde Impfung verfassungsunmittelbar zu begründen.

All dies kann indes auf sich beruhen. Das Gericht vermag nämlich auch einen verfassungsunmittelbaren Anspruch des Antragstellers auf gleiche Priorisierung wie sie Grundschullehrern zukommt, die nach der Planung des Antragsgegners zu Beginn der Osterferien geimpft werden sollen, nicht mit dem für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlich hohen Grad an Gewissheit zu erkennen.

Ein Anspruch aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG auf gleiche Teilhabe an der Coronaimpfung, die der Staat entsprechend seiner Schutzpflicht grundsätzlich allen gemäß § 1 Abs. 1 CoronaImpfV genannten Personen anbietet, kann nur im Rahmen des Möglichen erfüllt bzw. eingefordert werden. Der für den Teilhabeanspruch geltende Vorbehalt des Möglichen erfordert bei begrenzten Kapazitäten unter Gleichheitsgesichtspunkten sachgerechte Gründe für eine Beschränkung des Anspruchs. Ihre praktische Ausgestaltung obliegt dabei der Verwaltung, der insoweit eine Einschätzungsprärogative und ein weiter Gestaltungsspielraum zuzuerkennen sind.Das gilt gerade vor dem Hintergrund der in Bezug auf die Corona-Pandemie erforderlichen Beurteilung komplexer Gefahrenlagen.

Vgl. VG Saarlouis, Beschluss vom 18.2.2021, 6 L 90/21, n. v.; VG Hamburg, Beschluss vom 04.02.2021, 19 E 373/21, VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25.01.2021, 20 L 79/21, sowie VG Hannover, Beschluss vom 25.01.2021, 15 B 269/21, zitiert nach juris

Dementsprechend kann der Antragsteller zur Geltendmachung seines Teilhabeanspruchs lediglich verlangen, dass die derzeit noch begrenzt vorhandenen Impfstoffkapazitäten nach sachgerechten Maßstäben verteilt werden. Dem genügt die vom Antragsgegner vorgesehene Impfreihenfolge.

Ungeachtet der beachtlichen Argumente, die der Antragsteller für eine Vergleichbarkeit der Situation von Grundschullehrern und der Situation von Lehrern an anderen allgemeinbildenden Schulen angeführt hat, lassen sich für die Höherpriorisierung von Grundschullehrern Gründe finden, die deren Impfvorrang nachvollziehbar und als von sachlichen Gründen getragen erscheinen lassen.

Dies gilt zunächst für die für die Differenzierung zwischen den von § 3 Abs. 1 Nr. 9 CoronaImpfV und von § 4 Abs. 1 Nr. 8 CoronaImpfV erfassten Berufsgruppen gegebene Begründung, wonach es im Berufsalltag der höher priorisierten Einrichtungen, so auch der Grundschulen, Schwierigkeiten gebe, die Abstandsregeln umzusetzen.

vgl. Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit Begründung zur 1. Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung vom 24.2.2021, S.6, abrufbar unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C/Coronavirus/Verordnungen/RefE_1._AEndVO_zur_CoronaImpfV.pdf

Zwar ist dem Antragsteller insoweit im Ansatz darin beizupflichten, dass es bei Einhaltung der im Musterhygieneplan für alle Schulformen gleichermaßen vorgesehenen Schutzmaßnahmen hinsichtlich des Infektionsrisikos von Grundschullehrern und Lehrern an weiterführenden allgemeinbildenden Schulen keine relevanten Unterschiede geben dürfte. Dies entspricht auch der Einschätzung der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO),

vgl. Beschluss zur 2. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung in: Epidemiologisches Bulletin vom 4.2.2021

die nach Auswertung entsprechender Studien – ohne Differenzierung zwischen Kindertagesstätten, Grundschulen und weiterführenden Schulen – zu dem Ergebnis kommt, dass Lehrer in Schulen und Personal in Kindertagesstätten bei Einhaltung von basalen Hygienemaßnahmen ein nur geringes Ansteckungsrisiko durch Kontakte zu potentiell infizierten Kindern haben.

Vgl. Epidemiologisches Bulletin, S. 48

Festzuhalten ist indes, dass dies auch nach der STIKO nur unter der Voraussetzung gilt, dass die grundlegenden Hygienemaßnahmen auch tatsächlich eingehalten werden. An die Fähigkeit von Kindern zur Einhaltung der Hygieneregeln knüpft die vorgenannte Begründung aber gerade an. Dies erscheint nicht sachwidrig. In der Tat steigen zum einen Einsichtsfähigkeit und Umsicht von Kindern tendenziell mit zunehmendem Alter. Zum anderen erscheint es nach allgemeiner Lebenserfahrung auch nachvollziehbar, dass Grundschulkinder, insbesondere zu Beginn ihrer Schullaufbahn, im Vergleich zu Schülern einer weiterführenden Schule zuweilen mehr Zuwendung und Nähe benötigen – und zwar nicht, weil die Lehrer diese Nähe im „pädagogischen Setting“ herstellen würden, sondern weil die Kinder sie beispielsweise wegen kleinerer Verletzungen oder sonstiger Betrübnisse situativ für sich einfordern.

Auch dem zweiten für die Änderung der Coronavirus-Impfverordnung angeführten Begründungselement lässt sich ein plausibler Grund entnehmen, der geeignet ist, die vom Antragsgegner vorgenommene Höherpriorisierung der in § 3 Abs. 1 Nr. 9 CoronaImpfV genannten Beschäftigten auch im Vergleich zwischen Grundschullehrern und Lehrern an weiterführenden Schulen zu rechtfertigen.

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Bezüglich der Höherpriorisierung von Personen, die in Kindertageseinrichtungen, in der Kindertagespflege oder in Grund-, Sonder- und Förderschulen tätig sind, heißt es in der Begründung zur Ersten Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung: „Dies soll eine zügige und sichere Umsetzung der Öffnungsstrategien der Länder im Hinblick auf die Kinderbetreuungseinrichtungen und Grund-, Sonder- und Förderschulen ermöglichen. Kinder und Jugendliche sind ebenso wie ihre Eltern besonders von den Einschränkungen betroffen. Dies betrifft insbesondere kleinere Kinder. Um ihre Bildung und Zukunft zu gewährleisten, haben Öffnungen im Betreuungs- und Bildungsbereich Priorität.“

Vgl. Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit Begründung zur Ersten Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung vom 24.2.2021, S.6, a.a.O.

Obgleich diese Begründung in vielerlei Hinsicht auch für den Bildungsbereich: „weiterführende Schule“ Geltung beanspruchen kann, hat der Verordnungsgeber mit der besonderen Betroffenheit kleinerer Kinder einen relevanten Unterschied hervorgehoben. Dieser ist geeignet, die Differenzierung zwischen Lehrern an Schulen je nach Alter der Schüler zu tragen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dem Erziehungs- und Bildungsbereich für kleinere Kinder eine besondere, erhöhte Wichtigkeit beizumessen. In der Vorschulerziehung und im Grundschulbereich werden die Grundlagen für alle im späteren Schulleben erforderlichen Kompetenzen gelegt. Unterbrechungen dieser frühen Erziehungsleistungen können weitreichende Folgen für die darauf aufbauende spätere Ausbildung und auf die Chancengleichheit aller Kinder haben. Hier spielt auch eine Rolle, dass ein Ausfall des strukturierten Lernens im Präsenzunterricht bei Grundschülern, die zu Beginn noch nicht einmal lesen können, noch schwieriger durch Fernangebote aufgefangen werden kann, als bei größeren Schülern. Dies hat zugleich zur Folge, dass Grundschüler beim Homeschooling noch stärker als Schüler weiterführender Schulen auf die Unterstützung aus dem Elternhaus angewiesen sind – und damit auch die Eltern von kleineren Kindern stärker belastet werden, als Eltern von größeren Schülern, die mit zunehmendem Alter über mehr Selbstständigkeit verfügen. Überhaupt müssen Kinder im Grundschulalter tagsüber in größerem Umfang betreut werden, als größere Kinder, so dass eine Schließung der Grundschulen, die ansonsten diese Betreuungsaufgabe vormittags übernehmen, sich auf den Alltag, insbesondere den Berufsalltag, der betroffenen Eltern besonders stark auswirken. Im Raum steht schließlich auch, dass kleinere Kinder im Vergleich zu größeren Kindern und Jugendlichen hinsichtlich der sozialen Folgen der Pandemie besonders vulnerabel sein könnten.

Demgegenüber kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg darauf berufen, dass Lehrer an weiterführenden Schulen, namentlich an Gymnasien, trotz der womöglich leichteren Implementierung der Hygieneregeln bei größeren Schülern sogar einer höheren Infektionsgefahr als Grundschullehrer unterliegen würden, weil weiterführende Schulen häufig mehr Schüler hätten, in weiterführenden Schulen das Fachlehrerprinzip gelte, weiterführende Schulen ein größeres Einzugsgebiet als Grundschulen aufwiesen, Schüler von weiterführenden Schulen häufiger mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule kämen und nach den Grundannahmen des Robert-Koch-Instituts Kinder und jüngere Jugendliche weniger infektiös seien als Schüler, die sich, wie ältere Schüler an einer weiterführenden Schule, dem Erwachsenenalter näherten. Wie dargelegt findet die Höherpriorisierung von Beschäftigten in Erziehungseinrichtungen für kleinere Kinder ihre Begründung nicht allein in einer für diesen Personenkreis gesehenen erhöhten Infektionsgefahr.

Dass es grundsätzlich zulässig ist, die Priorisierung nicht allein an Gesundheits- bzw. Infektionsgefahren auszurichten, liegt auf der Hand. Bereits im Beschluss der STIKO zur COVID-19-Impfempfehlung ist als eines der Impfziele die Aufrechterhaltung staatlicher Funktionen und des öffentlichen Lebens genannt.

Vgl. Epidemiologisches Bulletin, S. 37

In der CoronaImpfV finden sich dementsprechend auch an verschiedener Stelle Priorisierungen, die (auch) mit der Bedeutung der dort genannten Personen für das öffentliche Leben begründet sind. Dies gilt nicht zuletzt für die Priorisierung von Anspruchsberechtigten auf eine Schutzimpfung mit erhöhter Priorität, wie sie etwa gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 8 CoronaImpfV auch für Lehrer an weiterführenden Schulen gilt. Wie bereits dargelegt sieht die STIKO ausweislich ihrer Impfempfehlung für diese Personengruppe nur ein geringes Ansteckungsrisiko durch Kontakte zu potentiell infizierten Kindern.

Vgl. Epidemiologisches Bulletin, S. 48

Die dennoch getroffene Einstufung dieser Personengruppe in Stufe 4 der Impfempfehlung findet folgerichtig ihre Rechtfertigung in erster Linie in der von der STIKO hervorgehobenen besonderen gesellschaftlichen Relevanz des Schul- und Kindertagesstättenbetriebs.

Vgl. Epidemiologisches Bulletin, Ziff. 10.2.3, S. 47 f.; S. 61

Gleichermaßen ist nichts dagegen zu erinnern, dass die Unterscheidung in der Impfreihenfolge zwischen Erziehern in Kindertagesstätten und Grundschullehrern auf der einen Seite und der sonstigen Lehrer auf der anderen Seite keine Stütze in den STIKO-Empfehlungen selbst findet. Dort werden zwar Erzieher von Kindertagesstätten und die Lehrer aller Schulformen sowohl mit Blick auf das ihnen geltende Infektionsrisiko, als auch mit Blick auf ihre gesellschaftliche Relevanz einheitlich eingeschätzt und wird eine die Aufnahme in Stufe 4 des Implementierungsplans für die gesamte Gruppe empfohlen.

Vgl. Epidemiologisches Bulletin, S. 47 f.; S. 61

Die Impfempfehlungen der STIKO sind als solche indessen nicht rechtlich bindend und lassen den maßgeblichen Entscheidungsträgern Raum für Abweichungen, vorausgesetzt diese sind nicht willkürlich und es gibt hierfür sachliche Gründe. Der Antragsgegner kann aber, wie dargelegt, nachvollziehbare Sachgründe für die geplante Impfreihenfolge anführen.

Nicht außer Acht bleiben kann schließlich, dass die Grenze zwischen Personen im Betreuungs- und Bildungsbereich mit Anspruch auf eine Coronaimpfung mit hoher Priorität gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 9 CoronaImpfV und solchen mit Anspruch auf eine Coronaimpfung mit lediglich erhöhter Priorität gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 8 CoronaImpfV nicht primär zwischen Grundschullehrern und anderen Lehrern verläuft, sondern Grundschulen vielmehr dem Bereich der Kinderbetreuungseinrichtungen, der Kindertagespflegestätten, der Sonderschulen und der Förderschulen zugeordnet worden sind. Dies erscheint zwar nicht willkürlich, weil die Entwicklung von Kindern fließend verläuft und Schüler einer Grundschule jedenfalls zu Beginn ihrer Schulzeit häufig noch Kindergartenkindern gleichen. Jedoch ist dem Antragsteller darin beizupflichten, dass Grundschulen, anders als andere der in § 3 Abs. 1 Nr. 9 CoronaImpfV genannten Einrichtungen, die – je nach Ausgestaltung – oft auch pflegerische Tätigkeiten anbieten müssen, innerhalb der Gruppenbildung des § 3 Abs. 1 Nr. 9 CoronaImpfV sicherlich den mit den damit typischerweise einhergehenden Abgrenzungsfragen verbundenen Grenzbereich ausmachen. Dass der Antragsgegner – der Wertung der CoronaImpfV folgend – die Grundschulen bei den Kinderbetreuungseinrichtungen, der Kindertagespflegestätten, den Sonderschulen und den Förderschulen verortet, obgleich sie in mancherlei Hinsicht auch mit weiterführenden Schulen, die ja auch die Klassen der Sekundarstufe 1 umfassen, vergleichbar sind, und sie von daher denkbarerweise auch dem Bereich des § 4 Abs. 1 Nr. 8 CoronaImpfV hätten zugeschlagen werden können, ist von seiner Einschätzungsprärogative und seinem Gestaltungsspielraum gedeckt. Dass einer anderen Berufsgruppe hieraus ein Anspruch auf eine weitere Verschiebung der Grenzlinie unter Berufung auf den (gerade) noch erfassten Grenzbereich zuwächst, erscheint jedenfalls unter den Bedingungen der Mangelverwaltung zweifelhaft. Der für die Festlegung einer Impfreihenfolge erforderlichen Gruppenbildung kommt zentral auch die Funktion zu, die Anzahl der bevorzugt zu impfenden Personen zu begrenzen. Dies hat in Zeiten des Mangels besondere Wichtigkeit und spricht für eine restriktive Handhabung, weil jede Priorisierungsentscheidung notwendig mit einer Zurückstellung anderer Personen verbunden ist, die womöglich ein vergleichbar hohes Bedürfnis nach einer baldigen Impfung haben.

Ausgehend von diesem rechtlichen Befund sind für den Antragsteller auch keine schweren und unzumutbaren Nachteile durch ein weiteres Zuwarten erkennbar.

Zwar lässt sich die mit dem Unterliegen in vorliegendem Verfahren verbundene zeitliche Verzögerung bei der Coronaimpfung nachträglich nicht mehr beseitigen. Jedoch hat der Antragsteller keine schweren und unzumutbaren Nachteile für die Zeit bis zu seinem nach § 4 Abs. 1 Nr. 8 CoronaImpfV regulär vorgesehenen Impftermin dargetan. Dass er an ernsten gesundheitlichen Problemen leiden würde, steht nicht in Rede. Ebenso ist nicht dargetan, dass er einem unzumutbar hohen Ansteckungsrisiko unterworfen wäre. Insoweit ist wiederum auf die bereits zitierte Risikoeinschätzung abzustellen, die die STIKO ausweislich ihrer Impfempfehlung für Erzieher und Lehrer vorgenommen hat und die für diese Berufsgruppen bei Einhaltung der basalen Hygienemaßnahmen nur ein geringes Ansteckungsrisiko sieht. Dass diese Risikoeinschätzung in der Sache unzutreffend wäre, hat der Antragsteller, der sich maßgeblich auf einen Vergleich von Gymnasiallehrern mit Grundschullehrern bezogen hat, nicht behauptet. Auch ist nicht dargetan oder ansonsten erkennbar, dass der für Schulen geltende Musterhygieneplan die von der STIKO für erforderlich gehaltenen basalen Hygienemaßnahmen nicht gewährleisten würde. Hinzu kommt, dass die Teststrategie an saarländischen Schulen, nach der Schüler und Lehrer zweimal wöchentlich auf das Coronavirus (schnell)getestet werden, das Risiko weiter verringert. Insgesamt stellt sich das Ansteckungsrisiko des Antragstellers letztlich nicht wirklich gravierender dar, als das vieler anderer Personen, die, ebenso wie Lehrer, nicht in der Lage sind, am Arbeitsplatz den Kontakt mit oft auch vielen, anderen Menschen zu vermeiden.

Ein Zuwarten ist dem Antragsteller vor allen Dingen aber auch deswegen zuzumuten, weil jede vorgezogene Impfung einen anderen Impfwilligen zurücktreten lässt; mithin eine vorrangige Impfung des Antragstellers womöglich eine Person verdrängen würde, die vielleicht sogar ein höheres individuelles Gesundheitsrisiko aufweist. Dies wiederum ist diesen Personen nicht zumutbar, weil dem Antragsteller nach der oben dargelegten Vorausbeurteilung der materiellen Rechtslage ein Anspruch auf gleiche Priorisierung wie Grundschullehrern aller Voraussicht nach in der Sache nicht zukommt. Dies gilt zumal die Personen, die auf der Warteliste nach hinten rücken müssten, zu den aktuell Impfberechtigten gehören, die entweder § 2 CoronaImpfV oder § 3 CoronaImpfV unterfallen und für deren baldige Impfung es dementsprechend gewichtige Gründe gibt. In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass eine zeitliche Zurückdrängung der Impfung dieser Personen in einer relevanten Größenordnung zu befürchten steht, auch wenn die Entscheidung des vorliegenden Eilverfahrens nur zwischen den Beteiligten wirkt und damit nur einen Einzelfall betrifft. Bei dem vorliegenden Eilverfahren handelt es sich eingestandenermaßen um ein Musterverfahren. Damit steht nicht nur die Impfung von Gymnasiallehrern, deren Anzahl der Antragsteller mit 2100 angegeben hat, sondern auch die Impfung der Lehrer an sonstigen weiterführenden Schulen in Rede. Die Anzahl der saarländischen Lehrer beläuft sich nach Angaben des statistischen Bundesamts – allerdings unter Einschluss der Grundschullehrer – auf insgesamt 8359.

Nach alldem ist der Antrag zurückzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 3 GKG. Da der Eilantrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt, ist eine Reduzierung des Streitwerts für das Eilverfahren in Anlehnung an Ziff. 1.5. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 nicht veranlasst.

4.

Sächsisches Oberverwaltungsgericht – Az.: 3 B 65/21 – Beschluss vom 30.03.2021

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin verfolgt mit ihrem Eilantrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO im Haupt- und Hilfsbegehren zusammengefasst zuletzt das Ziel, § 4 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 (Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – SächsCoronaSchVO) vom 5. März 2021 (SächsGVBl. S. 287) einstweilen außer Vollzug zu setzen, der die Untersagung der Öffnung von Einkaufszentren, Einzel- und Großhandel sowie Ladengeschäften mit Kundenverkehr regelt. Die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung hat – soweit hier streitgegenständlich – nachfolgenden Wortlaut:

„§ 4 Schließung von Einrichtungen und Angeboten

(1) Untersagt ist die Öffnung von Einkaufszentren, Einzel- und Großhandel sowie Ladengeschäften mit Kundenverkehr. Erlaubt ist nur die Öffnung von folgenden Geschäften und Märkten des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung: Lebensmittelhandel, Tierbedarf, Getränkemärkte, Abhol- und Lieferdienste, Apotheken, Drogerien, Sanitätshäuser, Orthopädieschuhtechniker, Bestatter, Optiker, Hörgeräteakustiker, Sparkassen und Banken, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons und Ladengeschäfte des Zeitungsverkaufs, Buchläden, Tankstellen, Wertstoffhöfe, Kfz- und Fahrradwerkstätten sowie einschlägige Ersatzteilverkaufsstellen, Großhandel beschränkt auf Gewerbetreibende, Baumschulen, Gartenbau- und Floristikbetriebe, Gartenmärkte und Blumengeschäfte sowie Baumärkte. (…)

(3) Von dem Verbot nach Absatz 1 und 2 sind das Betreten und Arbeiten durch Betreiber und Beschäftigte sowie Prüfer nicht erfasst. (…)

§ 5 Einrichtungen, Betriebe und Angebote mit Hygienekonzept und Kontaktdatenerhebung

(1) Die nicht nach § 4 Absatz 1 und 2 geschlossenen Geschäfte, Einrichtungen, Betriebe und Angebote sowie die Nominierungsveranstaltungen von Parteien und Wählervereinigungen sind unter Einhaltung der Hygieneregelungen nach den Absätzen 2 bis 4d sowie der Kontaktdatenerhebung nach Absatz 6 zulässig. (…)

(2) In Groß- und Einzelhandelsgeschäften sowie Läden mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 qm darf sich nicht mehr als ein Kunde pro zehn qm Verkaufsfläche aufhalten. Bei Groß- und Einzelhandelsgeschäften sowie Läden mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 qm darf sich insgesamt auf einer Fläche von 800 qm höchstens ein Kunde pro zehn qm Verkaufsfläche und auf der 800 qm übersteigenden Fläche höchstens ein Kunde pro 20 qm Verkaufsfläche aufhalten. Für Einkaufszentren ist für die Berechnung nach den Sätzen 1 und 2 die jeweilige Gesamtverkaufsfläche anzusetzen. Durch ein mit eigenem oder beauftragtem Personal abgesichertes Einlassmanagement müssen Einkaufszentren und Geschäfte verhindern, dass es im Innenbereich von Einkaufspassagen oder Einkaufszentren zu Schlangenbildungen kommt. Die zulässige Höchstkundenzahl, welche gleichzeitig anwesend sein darf, ist im Eingangsbereich sichtbar auszuweisen. (…)

(6) Personenbezogene Daten zur Nachverfolgung von Infektionen sind durch Veranstalter und Betreiber von Einrichtungen, Behörden und Gerichten, Angeboten und Betrieben die nicht nach § 4 Absatz 1 und 2 verboten sind, zu verarbeiten; ausgenommen sind Berufsgeheimnisträger nach § 53 Absatz 1 der Strafprozessordnung, der Bereich von Groß- und Einzelhandelsgeschäften, Läden und Verkaufsständen sowie bei Lieferung und Abholung von mitnahmefähigen Speisen und Getränken. Zu diesem Zweck sind folgende personenbezogene Daten zu verarbeiten: Name, Telefonnummer oder E-Mail-Adresse und Postleitzahl der Besucher sowie Zeitraum und Ort des Besuchs. Es ist sicherzustellen, dass eine Kenntnisnahme der erfassten Daten durch Unbefugte ausgeschlossen ist. Die Daten dürfen nur zum Zweck der Aushändigung an die für die Erhebung der Daten zuständigen Behörden verarbeitet werden und sind vier Wochen nach der Erhebung zu löschen. Auf Anforderung sind die verarbeiteten Daten an diese zu übermitteln; eine Verarbeitung zu anderen Zwecken als der Kontaktnachverfolgung ist unzulässig. Die Daten sind unverzüglich zu löschen oder zu vernichten, sobald diese für die Kontaktnachverfolgung nicht mehr benötigt werden.

(7) Wird eine digitale Erhebung von Kontaktdaten nach Absatz 6 vorgesehen, ist zusätzlich

1. eine analoge Erhebung von Kontaktdaten der Besucherin oder des Besuchers und

2. eine barrierefreie Datenerhebung

zu ermöglichen. (…)

§ 8 Maßnahmen der kommunalen Behörden bei Unterschreitung des Sieben-Tage-Inzidenzwertes von 100

(1) Wird der Sieben-Tage-Inzidenzwert von 100 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner im Freistaat Sachsen und im jeweiligen Landkreis oder in der Kreisfreien Stadt an fünf Tagen in Folge unterschritten, kann der Landkreis oder die Kreisfreie Stadt

1. abweichend von § 4 Absatz 1 die Öffnung von geschlossenen Einrichtungen des Einzel- und Großhandels und Ladengeschäfte mit Kundenverkehr für höchstens eine Kundin oder einen Kunden pro angefangene 40 qm Verkaufsfläche nach vorheriger Terminbuchung für einen fest begrenzten Zeitraum mit Dokumentation für die Kontaktnachverfolgung, (…)

zulassen. Unterstützungsbedürftige Personen und Minderjährige bleiben bei der Berechnung nach Satz 1 Nummer 1 unberücksichtigt. (…)

§ 8a Maßnahmen der kommunalen Behörden bei Unterschreitung des Sieben-Tage-Inzidenzwertes von 50

(1) Wird der Sieben-Tage-Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner im Freistaat Sachsen und im jeweiligen Landkreis oder in der Kreisfreien Stadt an fünf Tagen in Folge unterschritten, kann der Landkreis oder die Kreisfreie Stadt

1. abweichend von § 4 Absatz 1 die Öffnung von geschlossenen Einrichtungen des Einzel- und Großhandels und Ladengeschäften mit Kundenverkehr entsprechend den Maßgaben gemäß § 5 Absatz 2, (…)

zulassen. (…)

§ 8c Rückfallregelung

(1) Wird der Sieben-Tage-Inzidenzwert von 100 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner im Landkreis oder in der Kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten, sind die Maßnahmen nach §§ 8 und 8b ab dem zweiten darauffolgenden Werktag durch den Landkreis oder die Kreisfreie Stadt aufzuheben. (…)

(3) Wird der Sieben-Tage-Inzidenzwert von 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner im Landkreis oder in der Kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten, sind die Maßnahmen nach § 8a Absatz 1 ab dem zweiten darauffolgenden Werktag, soweit diese erlassen wurden, aufzuheben. In diesem Fall gilt § 8 Absatz 1. (…)

§ 8f Inzidenzwerte

(1) Maßgeblich für die Inzidenzwerte nach § 5a Absatz 8 und §§ 8 bis 8e sind die veröffentlichten Zahlen des tagesaktuellen Lageberichts des Robert Koch-Instituts. Die oberste Landesgesundheitsbehörde und die zuständige kommunale Behörde gibt das Erreichen des jeweiligen Inzidenzwertes nach Satz 1 öffentlich bekannt. Die zuständige kommunale Behörde hat die Anordnung der auf den Landkreis oder die Kreisfreie Stadt bezogenen Maßnahmen öffentlich bekannt zu geben.

(2) Abweichende Maßnahmen nach den §§ 8 bis 8c sind nicht zulässig, wenn das festgelegte Maximum an belegten Krankenhausbetten an durch mit COVID-19 Erkrankten in der Normalstation von 1300 Betten im Freistaat Sachsen überschritten wird. Liegen die Voraussetzungen des Satz 1 vor, sind die Maßnahmen gemäß §§ 8 bis 8c durch den Landkreis oder die Kreisfreie Stadt aufzuheben. Die oberste Landesgesundheitsbehörde gibt das Erreichen des Maximalwerts nach Satz 1 bekannt. Sie informiert die Staatsregierung, wenn eine Prognose ergibt, dass der Maximalwert innerhalb der folgenden 14 Tage erreicht wird. (…)

§ 12 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 8. März 2021 in Kraft.

(2) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 31. März 2021 außer Kraft.“

Die Antragstellerin betreibt auf dem Gebiet des Freistaats Sachsen einen Elektronikfachmarkt.

Sie trägt mit Schriftsatz vom 26. Februar 2021 im Wesentlichen vor:

Die Muttergesellschaft, der Konzern, betreibe über 400 Elektronik-Fachmärkte in ganz Deutschland mit rund 30.000 Arbeitsplätzen, davon allein rund 830 in Sachsen. Deutschlandweit seien allein im Januar Umsatzeinbußen von 350 Mio € gegenüber dem Vorjahresmonat hinzunehmen gewesen, seit Mitte Dezember beliefen sich die Umsatzeinbußen insgesamt auf über 650 Mio €. Allein für den vorbezeichneten Markt, die Antragstellerin, ergäben sich bis zum jetzigen Zeitpunkt Umsatzeinbußen von knapp . Die Orientierung an sich immer wieder ändernden Inzidenzwerten lasse keine weiteren Öffnungsschritte erkennen. Hieraus ergebe sich auch eine Inkonsistenz des jüngst beschlossenen Vorgehens. Es wäre eine Vielzahl flankierender Maßnahmen denkbar gewesen, die bei frühzeitiger und konsequenter Umsetzung dazu beigetragen hätten, den jetzigen Zustand zu vermeiden. Dies gelte insbesondere für die Ausstattung der Gesundheitsämter. Der wiederholte, jeweils mehrere Wochen einfach verlängerte Shutdown funktioniere als Strategieersatz. Es sei nach wie vor nicht belegt, dass gerade der Einzelhandel überhaupt kausal und relevant zum Infektionsgeschehen beitrage. Die Ursachen seien im letzten Sommer nachweisbar etwa auf private Feiern oder unzureichende Hygienebedingungen in den fleischverarbeitenden Betrieben zurückzuführen. Es gebe keinerlei belastbare Grundlage für die Annahme, eine Öffnung der Einzelhandelsgeschäfte führe zu einem steigenden Infektionsgeschehen. Entgegen der Auffassung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts stelle dies gerade keine tragfähige Grundlage für Betriebsschließungen dar. Diese Unklarheiten stünden in diametralem Gegensatz zu den erkennbaren massiven Folgen für die Betroffenen. Die staatlichen Unterstützungszahlungen genügten schlicht nicht, um (auch nur) einem Bruchteil der Betriebe eine tragfähige Zukunftsperspektive zu ermöglichen. Sie stünden dem Konzern im Übrigen nicht zur Verfügung, da sie wegen ihres Jahresumsatzes aus den gegenwärtigen Antragskriterien für die Überbrückungshilfe III herausfalle. Angesichts der hohen Umsatzeinbußen werde aber deutlich, dass die Überbrückungshilfe in ihrem Fall nicht ernsthaft als Rechtfertigung für die Betriebsuntersagungen herangezogen werden könne. Das in der Diskussion um die Betriebsschließungen häufig erwähnte Kurzarbeitergeld decke lediglich Teile der Personalkosten ab. Eine auf Bund-Länder-Ebene angekündigte Öffnungsstrategie sei nicht umgesetzt. Warum Hygienekonzepte bei einem körpernahen Gewerbebetrieb genügen sollten, bei Geschäften wie dem ihrigen allerdings nicht, sei nicht nachvollziehbar. Je weniger der Staat nachvollziehbare Maßnahmen ergriffe, desto weniger seien die weitreichenden Grundrechtseingriffe vertretbar. Die Gerichte müssten die Verhältnismäßigkeit der Corona-Schutzmaßnahmen auf allen Ebenen bei deutlich erhöhter Kontrolldichte überprüfen. Es unterbleibe eine entsprechende Gesamtabwägung. Mit einer pauschalierend-abstrakten Abwägung „Geld gegen Leben“ machten es sich Verordnungsgeber sowie Rechtsprechung zu einfach.

Die von ihr gerügten Vorschriften verstießen gegen höherrangiges Recht, da sie sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG verletzten. Die von ihr beschriebenen Eingriffe seien weder geeignet noch erforderlich. Da die Öffnungsuntersagung einem temporären Berufsausübungsverbot gleichkomme, seien an die Bewertung der dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen auch auf Angemessenheitsebene besonders hohe Anforderungen zu stellen. Das Verhalten des Verordnungsgebers müsse einem strengeren Maßstab unterliegen als noch im Frühjahr oder Sommer des vergangenen Jahres. Die Maßnahme sei ungeeignet, da keine Anhaltspunkte für die Eignung der Einzelhandelsschließungen bestünden. Der notwendige Kausalbeitrag sei bis heute nicht belegt. Solange der Verordnungsgeber ein erhöhtes Infektionsrisiko im Einzelhandel nicht nachweisen könne, sei es ihm auch nicht gestattet, flächendeckende Verbote auszusprechen. Auch für eine mittelbare Risikosteigerung, etwa unter dem Gesichtspunkt eines erhöhten Fahrgastaufkommens im öffentlichen Nahverkehr oder aber des Aufenthalts rund um die Einzelhandelsgeschäfte, fehle es bislang an einer kausal belegbaren Verknüpfung. Auch sei die Übertragungswahrscheinlichkeit im Außenbereich sehr selten. Die herangezogene Erwägung, möglichst viele Menschen aus den Innenstädten fernzuhalten, sei daher keine tragfähige Grundlage für Betriebsschließungen. Zudem befände sich sein Markt in einem Gewerbegebiet am Stadtrand und verfüge über einen großen eigenen Parkplatz.

Der Verordnungsgeber weiche durch weitreichende Ausnahmen für Mischbetriebe das eigene Regelungskonzept auf und konterkariere den beabsichtigten Infektionsschutz. Die Betriebsuntersagung verleihe den Mischsortimentern Auftrieb. Gerade die großen Supermarktketten profitierten hiervon spürbar. Dadurch würden die Kundenströme lediglich in die Geschäfte mit Mischsortiment umgeleitet. Da Kunden sogar mehrere Läden mit Mischsortiment aufsuchten, bis sie das gesuchte Angebot erhielten, würde sich die Zahl der Kontakte dadurch noch einmal steigern. Wer eine neue Waschmaschine oder einen neuen Fernseher benötige, könne darauf nun einmal in der Regel nicht über Monate hinweg warten. Die Öffnung des Einzelhandels unter strengen Hygieneauflagen sei ein milderes, aber ebenso geeignetes Mittel. Sie stimme daher den Ausführungen des Senats hierzu ausdrücklich nicht zu. Auch müssten Fachmärkte zusehen, wie ihre Wettbewerber (Mischbetriebe) jene Waren verkauften, die sie in ihrem geschlossenen Fachmarkt derzeit nicht anbieten dürften. Eine Beschränkung des Verkaufs von Elektronikwaren auch in konkurrierenden Mischbetrieben würde die Intensität des Eingriffs in ihre Grundrechte erkennbar senken.

Die Regelung sei vor allem nicht verhältnismäßig im engeren Sinn. Dies gelte für die Betriebsschließung als solche, erst recht aber in Verbindung mit der gleichzeitigen Zulassung des Verkaufs von Elektronikartikeln durch andere stationäre Einzelhändler. Die vom Senat angeführten Gründe für eine Rechtfertigung der Einschränkungen, nämlich finanzielle Hilfen und die zeitliche Befristung der Maßnahmen, trügen den Eingriff erkennbar nicht. Es handele sich nicht um eine zeitlich begrenzte, sondern um eine dauerhafte Belastung. Die Kurzfristigkeit führe nicht automatisch zur Verhältnismäßigkeit. Zudem würden immer mehr Intensivbetten frei werden. Auch sei die maßgebliche Inzidenz von 50/100.000 Einwohner in Sachsen mittlerweile in greifbare Nähe gerückt. Dies verstoße gegen die Systematik des § 28a Abs. 3 IfSG. Die Zulässigkeit von Warenabholungen führe nur dazu, einige wenige Waren verkaufen zu können. Eine ernsthafte Kompensation könne darin nicht gesehen werden. Durch das Zulassen von Mischbetrieben komme es zu einer erheblichen Verschiebung der Marktanteile.

Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, weil es sich um eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber Geschäften mit Mischsortiment handele. Die vom Senat geäußerte Auffassung, dass die aus dem Gleichheitssatz sich ergebenden Grenzen in der gegenwärtigen Pandemielage weniger streng sein dürften, träfe nicht zu. Denn für eine Rechtfertigung von Anordnungen unter hohem Zeitdruck bestehe in der jetzigen Situation definitiv kein Anlass mehr. Es sei ein durch nichts aufzulösender Widerspruch, einerseits manchen Betrieben wegen ihres Sortiments die Versorgungsfunktion abzusprechen, während andererseits Mischbetrieben unter Hinweis auf deren Versorgungsfunktion der Verkauf ebenjener Waren gestattet werde. Dasselbe gelte für die Öffnung von Fahrschulen, Frisör- und Fußpflegegeschäfte. Es handele sich bei den vorgenommenen Lockerungen um eine sachlich nicht gerechtfertigte Bevorzugung einzelner Wirtschaftssparten. Da die angegriffenen verordnungsrechtlichen Regelungen ersichtlich rechtswidrig seien, zu irreparablen Schäden führten und nicht ernsthaft mehr von einem nur kurz währenden Eingriff gesprochen werden könne, eine kurzfristige Überlastung des Gesundheitssystems aber nicht erkennbar sei, gehe auch eine Interessenabwägung zu ihren Gunsten aus.

Mit weiteren Schriftsätzen vom 18. und 24. März 2021 führt sie auch im Hinblick auf die Erwiderung des Antragsgegners aus: Die mit der Corona-Schutzverordnung vom 5. März 2021 vorgenommenen vorsichtigen Lockerungen führten weiterhin zu tiefgreifenden Beschränkungen bei der Ausübung ihres Gewerbebetriebs und neuen Ungleichbehandlungen. Zwar sei es bei einer Inzidenz von weniger als 100 möglich, den Markt gemäß der sog. „Click- and-Meet“-Regelung (Terminbuchung) wieder zu eröffnen. Für viele andere Märkte ihrer Gruppe gelte dies wegen der höheren Inzidenzzahlen jedoch nicht. Auch stelle das System der Terminbuchung nach wie vor eine erhebliche Einschränkung der wirtschaftlichen Tätigkeit dar. Denn die Anzahl der gleichzeitig anwesenden Kunden dürfe eine bestimmte Verkaufsfläche nicht übersteigen. Hierauf hätten u. a. das Oberverwaltungsgericht Saarlouis (Beschl. v. 10. März 2021 – 2 B 58/21 -) sowie Verwaltungsgerichte verwiesen. Das Termingeschäft sei bei großen Einzelhändlern nicht massengeschäftstauglich. Der damit verbundene logistische Aufwand sei enorm. Auch die Zugangsbegrenzung auf eine Person/40 qm führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung. Auch jetzt wöge der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit immer noch schwer. Nachdem so viele Einzelhändler und Dienstleister von den Beschränkungen ausgenommen seien, werde den übrigen ein unzulässiges Sonderopfer abverlangt. Es entstünden neue Ungleichbehandlungen durch Zulassung von Blumengeschäften, Garten- und Baumärkten sowie Buchhandlungen. Die Vorgehensweise des Verordnungsgebers sei willkürlich. Auch bei Küchengeräten und Elektronik könne es zu einem unabweisbaren Bedarf kommen. Die Schwelle für privilegierungswürdige Geschäfte der Grundversorgung sei durch den Verordnungsgeber mittlerweile derart weit herabgesetzt worden, dass sich mit diesem Kriterium nicht mehr die Beschränkung des restlichen Einzelhandels begründen lasse. Die unkritische Übernahme des pauschalen Kontaktreduzierungsansatzes als legitime Zielsetzung des Verordnungsgebers könne nach über einem Jahr der Pandemie nicht mehr genügen. Die Einschätzungsprärogative des Verordnungsgebers sei durch den Wissenszuwachs eingeschränkt. Die reine Inzidenzwertbetrachtung sei ungeeignet. Durch die Ausweitung von Testungen würden zwangsläufig mehr positive Testergebnisse festgestellt werden. Die Zahl der freien Intensivbetten habe sich auf einem von der Belastungsgrenze ein gutes Stück entfernten Niveau stabilisiert. Aufgrund differenzierter Kausalitätsbetrachtungen lasse sich der Einzelhandel nicht mehr als Infektionsfaktor ausmachen. Es sei unverhältnismäßig, dauerhaft an einem Schutzkonzept festzuhalten, das wirksame oder sogar wirksamere Maßnahmen mit geringerer Beeinträchtigung anderer Rechtsgüter ausspare und unreflektiert an anfänglichen Akutmaßnahmen festhalte. Auch die vorgesehene Aufhebung der Begrenzung der Überbrückungshilfe III auf Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 750 Mio € könne an der fehlenden Angemessenheit der Maßnahme nichts ändern. Zudem werde auf die jüngste Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster (Beschl. v. 19. März 2021 – 13 B 252/21.NE -) verwiesen.

Die Antragstellerin beantragt zuletzt, § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO i. m. V. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sächs-CoronaSchVO vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug zu setzen, hilfsweise § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug zu setzen, soweit Verkaufsstellen mit gemischtem Sortiment gestattet wird, auch solche Waren zu vertreiben, die nicht zum typischen Kernsortiment des täglichen Bedarfs und der Grundversorgung der in § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO genannten Einrichtungen zählen, höchst hilfsweise § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug zu setzen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er trägt mit Schriftsatz vom 6. März 2021vor: Die von der Antragstellerin angesprochenen Rechtsfragen seien vom Senat im Wesentlichen bereits in mehreren, in jüngster Zeit ergangenen Entscheidungen geprüft und verneint worden. Die angegriffene Verordnungsregelung sei formell und auch materiell rechtmäßig.

Die Voraussetzungen der § 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 28a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 IfSG seien erfüllt. Die Infektionslage habe sich – sowohl im ganzen Bundesgebiet als auch im Freistaat Sachsen – nicht unter den nach § 28 Abs. 3 Satz 5 ff. IfSG besonders relevanten Schwellenwert von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner und sieben Tagen gesenkt. Im Übrigen sei in der Rechtsprechung die Schließung des nicht-privilegierten Einzelhandels trotz eines in diesem Land seinerzeit seit wenigen Tagen erfolgten geringfügigen Sinkens des landesweiten Inzidenzwertes unter die genannte Schwelle (vgl. zu ihr § 28a Abs. 3 Satz 10 IfSG) gebilligt worden (Hinweis auf VGH BW, Beschl. v. 18. Februar 2021 – 1 S 398/21 -).

Kein Anspruch von Gymnasiallehrern auf gleichberechtigte Impfung gegen Coronavirus
(Symbolfoto: Von Halfpoint/Shutterstock.com)

Diese Bestimmungen des Bundesgesetzes seien auch materiell verfassungsgemäß. Soweit die Antragstellerin in der Sache eine mangelnde Entschädigungsregelung in dem Bundesgesetz rüge, bedürfe dies keiner weiteren Erörterung. Denn selbst wenn derartige Rügen vom Grundsatz her oder in Einzelfällen berechtigt wären, was bestritten werde, würde dies nicht zu einer Beanstandung des Gesetzes als tragfähige Rechtsgrundlage für die landesrechtlichen Infektionsschutzmaßnahmen führen. Vielmehr könne dies allenfalls eine entsprechende Nachbesserungspflicht des Bundesgesetzgebers auslösen, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum vorgezogenen Atomausstieg (BVerfG, Urt. v. 6. Dezember 2016, BVerfGE 143, 246) für die dort gegebenen speziellen Fallgestaltungen ausgesprochen habe. Nicht dagegen würde hierdurch die Rechtsgültigkeit der Maßnahme selbst berührt. Insbesondere könnte mit einer solchen Begründung nicht verlangt werden, die Maßnahme aufzuheben und damit die Infektionsgefahren hinzunehmen, die hierdurch entstehen würden. Erst recht gelte dies im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes.

Die Geschäftsschließung sei auch nicht unverhältnismäßig. Sie sei zur Infektionsbekämpfung geeignet; dass kein Kausalitätsnachweis im positiven Sinne zwischen bestimmten Arten von Betrieben und einer Infektionsverbreitung möglich sei, ändere daran nichts. Demgegenüber stellten auch Maßnahmen wie Hygienekonzepte kein hinreichendes und damit milderes Mittel dar; die Geschäftsschließung sei daher zur Pandemiebekämpfung auch erforderlich. Die Maßnahme sei trotz ihrer gravierenden Auswirkungen auf die Berufsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 19 Abs. 3 GG/Art. 37 Abs. 3 SächsVerf i. V. m. Art. 12 Abs. 1 GG/Art. 28 Abs. 1 SächsVerf und – soweit man ihn durch Art. 14 Abs. 1 GG/Art. 31 Abs. 1 SächsVerf geschützt ansehen wollte – auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin auch nicht im engeren Sinn unverhältnismäßig. Dies gelte auch mit Rücksicht darauf, dass es sich vorliegend nicht um die erstmalige Geschäftsschließung, sondern um die Fortführung der im Freistaat Sachsen seit dem 14. Dezember 2020 andauernden handele und dass die Antragstellerin bereits im Frühjahr 2020 eine entsprechende Maßnahme erdulden musste. Der Antragstellerin sei die Nutzung ihres Online-Versandgeschäfts ebenso möglich wie – soweit sie dies für zweckmäßig erachte – die Abholung von vorbestellten Waren im Verfahren des „click and collect“.

Die angegriffene Verordnungsbestimmung verletze auch nicht das Gleichbehandlungsgebot der Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 18 Abs. 1 SächsVerf.

Das Kernsortiment der Antragstellerin zähle nicht zur Grundversorgung oder zum täglichen Bedarf im Sinne der angegriffenen Verordnung. Es bestehe nach der Rechtsprechung des Senats eine weitere Einschätzungsprärogative des Antragsgegners bei der Umschreibung des Kreises der in § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO genannten Geschäfte, die er sachgerecht und abschließend genutzt habe. Darüber hinaus habe der Senat zu Recht darauf hingewiesen, dass durch die Zulassung von Mischbetrieben Umsetzungsproblemen vorgebeugt werden solle. Auch habe er unterstrichen, dass durch den Verkauf des gesamten Sortiments in den in Bezug genommenen Geschäften und Märkten nur in verhältnismäßig geringem Maß zusätzliche Mobilität und hierdurch zusätzliche infektionsträchtige Kontakte entstünden. Es bestehe daher weder eine Verpflichtung des Antragsgegners, das Angebot von Mischsortimenten durch Anordnung von Absperrmaßnahmen zu verhindern, noch, den betreffenden Geschäften ein Gewerbe- oder Sortimentsausweitungsverbot aufzulegen. Auch die von der Antragstellerin gerügte Ungleichheit im Hinblick auf die Öffnung von Frisörgeschäften, Fußpflegeeinrichtungen sowie Fahrschulen greife nicht durch.

Den angegriffenen Verordnungen hafte ein entscheidungserheblicher Mangel auch nicht deshalb an, weil Betriebe von der Größe desjenigen der Antragstellerin wegen Überschreitung einer in entsprechenden Regelungen des Bundes vorgesehenen Umsatzobergrenze möglicherweise nicht in den Genuss von Entschädigungen gelangten. Soweit darin ein rechtsbedeutsamer Gleichheitsverstoß läge – was bestritten werde -, sei es Sache der Antragstellerin, sich gegenüber den diese Entschädigung gewährenden Bundesstellen entsprechend zur Wehr zu setzen. Demgegenüber treffe den Verordnungsgeber Sachsen für diese Regelungen keine rechtliche Verantwortung und könne dies auch nicht auf die Rechtsgültigkeit der hier in Rede stehenden Verordnungsregelungen durchschlagen. Jedenfalls falle auch eine Folgenabwägung zulasten der Antragstellerin aus.

II.

Der Antrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 24 Abs. 1 SächsJG statthaft. Danach entscheidet das Sächsische Oberverwaltungsgericht über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Dazu gehören Verordnungen der Staatsregierung. Der Senat entscheidet gemäß § 24 Abs. 2 SächsJG hierüber in der Besetzung von fünf Berufsrichtern.

Der Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig.

Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, wenn ein in der Hauptsache gestellter oder noch zu stellender Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO voraussichtlich zulässig ist (vgl. hierzu Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 387) und die für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 47 Abs. 6 VwGO vorliegen. Beides ist hier der Fall.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da sie geltend machen kann, in ihren Rechten verletzt zu sein. Sie kann sich auf eine mögliche Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG stützen. Sie ist als Betreiberin eines Elektronikfachmarkts von den in § 4 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 8a Abs. 1 Nr. 1, § 8c SächsCoronaSchVO angeordneten Öffnungs- und Betriebsuntersagungen bzw. -beschränkungen betroffen.

Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist allerdings weder im Haupt– noch in den Hilfsanträgen begründet.

Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Oberverwaltungsgericht die Anwendung der Verordnung des Antragsgegners vorübergehend außer Vollzug setzen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Da sich der Wortlaut der Vorschrift an § 32 BVerfGG anlehnt, sind die vom Bundesverfassungsgericht hierzu entwickelten Grundsätze (BVerfG, Beschl. v. 8. November 1985 – 1 BvR 1290/85 -, juris Rn. 10, und v. 8. November 1994 – 1 BvR 1814/94 -, juris Rn. 21) auch bei § 47 Abs. 6 VwGO heranzuziehen. Als Entscheidungsmaßstab dienen die Erfolgsaussichten eines anhängigen oder möglicherweise nachfolgenden Hauptsacheverfahrens. Ergibt die Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht geboten. Ist hingegen voraussichtlich von einem Erfolg des Normenkontrollantrags auszugehen, wird die angegriffene Norm einstweilen außer Vollzug zu setzen sein, wenn der (weitere) Vollzug der angegriffenen Norm bis zum Ergehen einer Hauptsacheentscheidung Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Erweisen sich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, eine Hauptsache aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, einem anhängigen oder möglicherweise nachfolgenden Normenkontrollantrag aber der Erfolg zu versagen wäre. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (SächsOVG, Beschl. v. 15. April 2020 – 3 B 114/20 -, juris Rn. 11 und Beschl. v. 15. März 2018 – 3 B 82/18 -, juris Rn. 16 m. w. N.). Mit diesen Voraussetzungen stellt § 47 Abs. 6 VwGO an die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Norm erheblich strengere Anforderungen als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (BVerwG, Beschl. v. 18. Mai 1998 – 4 VR 2.98 -, juris Rn. 3).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung von § 4 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SächsCoronaSchVO abzulehnen, da die Prüfung nicht ergibt, dass die angegriffene Vorschrift im Normenkontrollverfahren voraussichtlich nicht standhalten wird. Auch eine Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin aus.

1. Dass sich die Verordnung voraussichtlich auf eine den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG genügende parlamentsgesetzliche Verordnungsermächtigung stützen kann, hat der Senat mit Beschluss vom 2. Februar 2021 (- 3 B 8/21 -, juris Rn. 28 ff. m. w. N.) festgestellt.

2. Dies gilt auch im Hinblick auf die Voraussetzungen von § 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 28a Abs. 1 Nr. 14, Abs. 3 und Abs. 6 IfSG.

a) Zur gegenwärtigen Infektionslage hat der Senat in seinem Beschluss vom 17. März 2021 (- 3 B 53/21 -, juris Rn. 16 ff.) anhand der Erkenntnisse und Bewertungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) Folgendes festgestellt:

„Es ist nach wie vor eine hohe Anzahl an Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten. Das RKI schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland insgesamt weiterhin als sehr hoch ein. Die Inzidenz der letzten sieben Tage liegt – Stand 15. März 2021 – deutschlandweit bei 84 Fällen pro 100.000 Einwohner (EW). In Sachsen liegt diese nunmehr wieder deutlich über der Gesamtinzidenz. Aktuell weisen 327 von 412 Kreisen eine hohe Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 50 auf. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt in 124 Kreisen bei mehr als 100 Fällen/100.000 EW, davon in sechs Kreisen bei mehr als 250 Fällen/100.000 EW. Die sieben-Tage-Inzidenz bei Personen zwischen 60-79 Jahren liegt aktuell bei 52 und bei Personen, die 80 Jahre oder älter sind, bei 54 Fällen/100.000 EW. Die Sieben-Tage-Inzidenz nimmt insbesondere in den Altersgruppen <60 Jahre, Kinder eingeschlossen, zu. Nachdem es in Deutschland im vierten Quartal 2020 zu einem starken Anstieg der Fallzahlen gekommen war, war auch die Zahl der auf Intensivstationen behandelten Personen und die Anzahl der Todesfälle bis Ende Dezember 2020 stark angestiegen. Schwere Erkrankungen an COVID-19, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, betreffen dabei auch Menschen unter 60 Jahren. Bei der überwiegenden Zahl der Fälle verläuft die Erkrankung mild. Die Wahrscheinlichkeit für schwere und auch tödliche Krankheitsverläufe nimmt mit zunehmendem Alter und bei bestehenden Vorerkrankungen zu. Das individuelle Risiko, schwer zu erkranken, kann anhand der epidemiologischen/statistischen Daten nicht abgeleitet werden. So kann es auch ohne bekannte Vorerkrankungen und bei jungen Menschen zu schweren bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen kommen. Langzeitfolgen können auch nach leichten Verläufen auftreten. Seit Jahresbeginn waren die Fallzahlen in Deutschland und die Zahl schwerer, intensivpflichtiger Erkrankungen langsam rückläufig. Nunmehr steigen Sieben-Tage-Inzidenz und Fallzahlen insgesamt im Bundesgebiet seit Mitte Februar tendenziell wieder an. In den letzten Tagen hat sich der Anstieg der Fallzahlen beschleunigt. Das Risiko einer weiteren starken Zunahme der Fallzahlen ist deutlich erhöht. Aktuell kann oft kein konkretes Infektionsumfeld ermittelt werden. Die hohen bundesweiten Fallzahlen werden durch zumeist diffuse Geschehen mit zahlreichen Häufungen insbesondere in privaten Haushalten, zunehmend auch in Kitas, Schulen und im beruflichen Umfeld verursacht.

Am 11. März 2021 befanden sich 2.759 COVID-19-Fälle in intensivmedizinischer Behandlung. Insgesamt wurden 24.209 Intensivbetten (Low- und High-Care) für Erwachsene als betreibbar gemeldet, wovon 20.564 (85%) belegt waren. 3.645 (15%) Erwachsenen-ITS-Betten werden als aktuell frei und betreibbar angegeben. In den meisten Bundesländern setzt sich der zuvor kontinuierliche Rückgang der COVID-19-Fallzahlen auf Intensivstationen nicht weiter fort, sondern die ITS-Belegung mit COVID-19-Fällen stagniert aktuell auf einem Plateau. Ein Drittel der Bundesländer verzeichnet sogar wieder einen leichten Anstieg. Die Belastung des Gesundheitssystems hängt maßgeblich von der regionalen Verbreitung der Infektionen, den hauptsächlich betroffenen Bevölkerungsgruppen, den vorhandenen Kapazitäten und den eingeleiteten Gegenmaßnahmen (z.B. Isolierung, Quarantäne, physische Distanzierung) ab. Sie ist aktuell in weiten Teilen Deutschlands nach wie vor angespannt und kann sehr schnell wieder zunehmen, so dass das öffentliche Gesundheitswesen und die Einrichtungen für die stationäre medizinische Versorgung örtlich überlastet werden. Da die verfügbaren Impfstoffe einen hohen Schutz vor der Entwicklung einer COVID-19-Erkrankung bieten, wird voraussichtlich mit steigenden Impfquoten auch eine Entlastung des Gesundheitssystems einhergehen.

Auch in Deutschland sind seit Dezember 2020 Infektionen mit besorgniserregenden Virusvarianten nachgewiesen worden, speziell der Variante B.1.1.7. Die bisher vorliegenden Daten und Analysen zeigen, dass sich der Anteil der Virusvariante B.1.1.7 in den letzten Wochen deutlich erhöht hat. Es ist mit einer weiteren Erhöhung des Anteils auf über 50% der Virusvariante B.1.1.7 zu rechnen, wie dies in den letzten Wochen bereits aus anderen europäischen Ländern berichtet wurde. Das ist besorgniserregend, weil B.1.1.7 nach bisherigen Erkenntnissen ansteckender ist und vermutlich etwas schwerere Krankheitsverläufe verursacht als andere Varianten.

Effektive und sichere Impfstoffe stehen seit Ende 2020 zur Verfügung, aber noch nicht in ausreichenden Mengen. Sie werden aktuell vorrangig den besonders gefährdeten Gruppen angeboten. Es wird erwartet, dass in den nächsten Wochen allen besonders gefährdeten Menschen ein Impfangebot gemacht und damit bereits ein Effekt auf die Zahl der auf Intensivstationen behandelten Personen und Todesfällen erzielt werden kann. Bislang wurden insgesamt 6.712.195 Personen mindestens einmal (Impfquote 8.1 %) und 2.951.692 zwei Mal (Impfquote 3,5 %) gegen COVID-19 geimpft. Das Paul-Ehrlich-Institut hat am 15. März 2021 die vorübergehende Aussetzung der Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff empfohlen. Hinweise auf eine substantiell verringerte Wirksamkeit der zugelassenen Impfstoffe gegen die Variante B.1.1.7 gibt es bislang nicht. Ob und in welchem Maße die neuen Varianten B.1.351 und P.1 die Wirksamkeit der verfügbaren Impfstoffe beeinträchtigen, ist derzeit noch nicht sicher abzuschätzen.

Die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und erst wenige Therapieansätze haben sich in klinischen Studien als wirksam erwiesen.

Zur Übertragbarkeit von SARS-CoV-2 ist der wissenschaftliche Erkenntnisstand des RKI weiterhin der, dass diese Erkrankung grundsätzlich leicht von Mensch zu Mensch übertragbar ist. Das Infektionsrisiko ist stark vom individuellen Verhalten (AHA+L-Regel: Abstand halten, Hygiene beachten, Alltag mit Masken und regelmäßiges Lüften), vom Impfstatus, von der regionalen Verbreitung und von den Lebensbedingungen (Verhältnissen) abhängig. Hierbei spielen Kontakte in Risikosituationen und deren Dauer (wie z.B. langer face-to-face Kontakt) eine besondere Rolle. Dies gilt auch bei Kontakten mit Familienangehörigen oder Freunden außerhalb des eigenen Haushalts und im beruflichen Umfeld. Die besorgniserregenden Virusvarianten B.1.1.7, B.1.351 und P1 sind nach Untersuchungen aus dem Vereinigten Königreich und Südafrika und gemäß Einschätzung des ECDC noch leichter von Mensch zu Mensch übertragbar. Masken stellen einen wichtigen Schutz vor einer Übertragung durch Tröpfchen bei einem engen Kontakt dar. Wenn der Mindestabstand von 1,5 m ohne Maske unterschritten wird, z. B. wenn Gruppen von Personen an einem Tisch sitzen oder bei größeren Menschenansammlungen, besteht auch im Freien ein erhöhtes Übertragungsrisiko. Bei SARS-CoV-2 spielt die unbemerkte Übertragung über Aerosole eine besondere Rolle. Die Aerosolausscheidung steigt bei lautem Sprechen, Singen oder Lachen stark an. In Innenräumen steigt hierdurch das Risiko einer Übertragung deutlich, auch über einen größeren Abstand als 1,5 m. Im Alltag können Masken die Freisetzung von Aerosolen reduzieren, aber nicht sicher vor einer Ansteckung auf diesem Weg schützen. Regelmäßiges intensives Lüften führt zu einer Reduktion der infektiösen Aerosole und ist daher ein wichtiger Bestandteil der Schutzmaßnahmen. In welchem Maß die verfügbaren Impfstoffe nicht nur vor der Erkrankung schützen, sondern auch einen Effekt auf die Übertragung des Erregers haben, ist noch nicht abschließend geklärt. Es liegen aber zunehmend Daten vor, die darauf hinweisen, dass die Impfung auch das Risiko einer Übertragung reduziert, diese aber nicht vollständig blockiert (zum Ganzen: Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 [COVID-19] vom 11. und vom 16. März 2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Maerz_2021/2021-03-11-de.pdf?__blob=publicationFile und https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Maerz_2021/2021-03-16-de.pdf?__blob=publicationFile, und Risikobewertung zu COVID-19 vom 26. Februar 2021, 2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, abgerufen am 12. März 2021).

Für den Freistaat Sachsen waren – Stand 17. März 2021 – in den letzten sieben Tagen 4.441 neue Fälle zu verzeichnen. Der Inzidenzwert für den gesamten Freistaat betrug 109 Fälle je 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen (RKI, COVID-19: Fallzahlen in Deutschland und weltweit, Fallzahlen in Deutschland, Stand: 17. März 2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html). Dabei weisen nunmehr wieder alle Landkreise und kreisfreien Städte Inzidenzwerte von über 50 je 100.000 Einwohner, hiervon vier Landkreise Inzidenzwerte von über 100 und ein weiterer Landkreis einen Inzidenzwert von 342 auf (RKI, COVID-19-Dashboard, https://www.rki.de/DE/Home/homepage_node.html, Stand: 12. März 2021). Die Inzidenzwerte Sachsen zeigen dabei seit Ende Februar wieder eine stetig leicht und in den letzten Tagen erheblich steigende Tendenz (https://www.coronavirus.sachsen.de/infektionsfaelle-in-sachsen-4151.html#a-8996).

In Sachsen sind ca. 1.500 Intensivbetten vorhanden. Davon sind derzeit – Stand 17. März 2021 – noch etwa 350 Intensivbetten frei. Der Anteil der COVID-19-Patienten an der Gesamtzahl der Intensivbetten beträgt in Sachsen 13,55 %. Von diesen 203 aktuell intensivmedizinisch behandelten Patienten müssen 110 invasiv beatmet werden (https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/kartenansichten, Stand: 17. März 2021).“

b) Angesichts dieser Infektionslage und der weiterhin für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland sehr hohen Gefährdungslage sind die zuständigen Behörden weiterhin zum Handeln verpflichtet. Hierzu hat der Senat in seinem Beschluss vom 17. März 2021 (- 3 B 53/21 -) Folgendes ausgeführt, woran er festhält:

„Es dürfen einerseits weiterhin Maßnahmen ergriffen werden, um die Infektionszahlen auf ein Maß zu reduzieren, mit dem die personell aufgestockten Gesundheitsämter die Kontaktnachverfolgung verlässlich und zeitnah durchführen können, sowie andererseits weiterhin Maßnahmen erfolgen, um auch die Ausbreitung des Virus und seiner Varianten in Sachsen möglichst so weit zu verzögern, bis jedem Bürger ein verlässliches Impfangebot gemacht werden kann (vgl. Beschluss vom 2. Februar 2021 – 3 B 8/21 -, juris Rn. 36 ff. m. w. N.).

Da nach dem Vorgesagten in allen sächsischen Landkreisen ferner der Schwellenwert von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen – teilweise weiterhin massiv – überschritten wird, sind umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen (§ 28a Abs. 3 Satz 5 IfSG). Weil diese Situation in Landkreisen bundes- und landesweit gegeben ist, sind bundes- und landesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben (§ 28a Abs. 3 Satz 9 und Satz 10 IfSG). Soweit in diesem Zusammenhang vermehrt bezweifelt wird, inwieweit der bundesgesetzlich festgelegte Schwellenwert von 50 Neu-infektionen je 100.000 Einwohner weiterhin von Sachgründen getragen ist, vermag der Senat im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angesichts der hohen Volatilität der aktuellen Pandemieentwicklung und des Fehlens einer verlässlichen und eindeutigen wissenschaftlichen Erkenntnislage zur gegenwärtig eingetretenen Situation nicht zu erkennen, dass der parlamentarische Bundesgesetzgeber die ihm auch im Rahmen seiner ihm in tatsächlicher Hinsicht zukommenden Einschätzungsprärogative bei der Bewertung der Gefahrenlage (BVerfG, Beschl. vom 13. Mai 2020 – 1 BvR 1021/20 -, juris Rn. 10; SächsOVG, Beschl. v. 11. November 2020 – 3 B 357/20 -, juris Rn. 41) obliegende Pflicht zur Beobachtung, Überprüfung und Nachbesserung (vgl. BVerfG, Urt. v. 19. September 2018 – 2 BvF 1/15 -, BVerfGE 150, 1, juris Rn. 174 ff.) seiner Regelungen (bereits) verletzt hätte. Die gegenwärtige Lage der Pandemie ist einerseits zwar durch die fortschreitende Durchimpfung der besonders vulnerablen Gruppen und eine verstärkte Verfügbarkeit von Schnell- und Selbsttests, andererseits aber auch durch die schnelle Zunahme der Verbreitung risikoträchtigerer und insbesondere deutlich infektiöserer Virusvarianten gekennzeichnet, die in Irland und Portugal bekanntermaßen innerhalb sehr kurzer Zeit zu einem rapiden Anstieg der Infektionszahlen und einer Überlastung des Gesundheitssystems geführt hatten (vgl. https://www.leopoldina.org/presse-1/nachrichten/darstellung-der-entwicklung-des-infektionsgeschehens-in-irland/ und https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_Portugal). Die Notwendigkeit einer Anpassung der Schwellenwerte des § 28a Abs. 3 IfSG kann derzeit angesichts dieser einander gegenläufigen und in den sich letztlich ergebenden Auswirkungen nicht sicher prognostizierbaren Tendenzen weder hinsichtlich der von einer Seite geforderten Erhöhung noch hinsichtlich der von anderer Seite diskutierten Absenkung als evident und völlig unzweifelhaft bezeichnet werden. Auch das RKI empfiehlt weiterhin eine Orientierung an den in § 28a Abs. 3 IfSG normierten Schwellenwerten bei der Einleitung oder Rücknahme von Öffnungsschritten des „Lockdowns“, wenngleich nunmehr ergänzt um weitere Indikatoren (vgl. ControlCOVID, Strategie und Handreichung zur Entwicklung von Stufenkonzepten bis Frühjahr 2021, Stand 18. Februar 2021), wofür § 28a Abs. 3 Satz 4 IfSG („insbesondere“) zudem bereits in der geltenden Fassung auch ohne Weiteres Raum bietet. Besonders schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Schwellenwertregelung des § 28a Abs. 3 IfSG, die diesbezüglich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes allein rechtfertigen könnten (vgl. BayVGH, Beschl. v. 4. April 2007 – 19 CS 07.396 -, juris Rn. 31), sind danach nicht zu erkennen.

Der Senat hat im vorgenannten Beschluss vom 2. Februar 2021 (- 3 B 8/21 -) weiter darauf abgestellt, dass dem Verordnungsgeber ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zukommt, welcher durch die Notwendigkeit der Maßnahme im Einzelfall begrenzt wird. Wenn – wie hier – die Freiheits- und Schutzbedarfe der verschiedenen Grundrechtsträger in unterschiedliche Richtung weisen, haben der Gesetzgeber und auch die von ihm zum Verordnungserlass ermächtigte Exekutive nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von Verfassungs wegen einen Spielraum für den Ausgleich dieser widerstreitenden Grundrechte. Die Abwägungs-entscheidung des Verordnungsgebers muss dabei erkennbar und plausibel vom Prinzip der größtmöglichen Schonung der Grundrechte der von den Freiheits- und Teilhabe-einschränkungen Betroffenen geleitet sein; Unsicherheiten über die Ursachen der Ausbreitung des Coronavirus dürfen nicht ohne Weiteres „im Zweifel“ zu Lasten der Freiheits- und Teilhaberechte aufgelöst werden. Die Zumutung konkreter Einschränkungen bedarf umso mehr der grundrechtssensiblen Rechtfertigung, je unklarer der Beitrag der untersagten Tätigkeit zur Verbreitung des Coronavirus ist und je länger diese Einschränkung dauert (SächsVerfGH, Beschl. v. 11. Februar 2021 – Vf. 14-II-21 [e.A.] -, juris Rn. 31; VerfGH NRW, Beschl. v. 29. Januar 2021 – VerfGH 21/21.VB-3 -, S. 9). Der Verordnungsgeber ist aber auch nicht gehalten, die Gefahr einer (neuerlichen) signifikanten Gefahrerhöhung hinzunehmen, sondern aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sogar prinzipiell zu Maßnahmen des Gesundheits- und Lebensschutzes verpflichtet (SächsVerfGH, Beschl. v. 11. Februar 2021 – Vf. 14-II-21 [e.A.] -, juris Rn. 31; BVerfG, Beschl. v. 11. November 2020 – 1 BvR 2530/20 -, juris Rn. 16 zu Art. 2 Abs. 2 GG; BayVerfGH, Entsch. v. 30. Dezember 2020 – Vf. 96-VII-20 -).

Auch die speziellen Voraussetzungen des § 28a Abs. 1 und Abs. 3 IfSG für Verordnungsregelungen zu besonderen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 sind erfüllt. Es liegt eine vom Bundestag festgestellte (BT-PlPr 19/215, S. 27052C) epidemische Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG vor, weil eine dynamische Ausbreitung dieser bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in der Bundesrepublik Deutschland stattfindet (§ 5 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 IfSG).“

c) Der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung liegt die in der Beratung der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin vom 3. März 2021 beschlossene und damit eine bundesweit abgestimmte Maßnahmekonzeption zugrunde. Zu Inhalt und Bewertung dieser Konzeption hat der Senat in seinem Beschluss vom 17. März 2021 (- 3 B 53/21 -) Folgendes ausgeführt:

„Die Konzeption berücksichtigt als neue Faktoren der pandemischen Lage die zunehmende Menge an Impfstoff und die Verfügbarkeit von Schnell- und Selbsttests in sehr großen Mengen. Die Maßnahmekonzeption legt zugrunde, dass das Impfen eine Reduzierung der schweren Verläufe bewirkt und zudem in dem Maße, in dem zunehmend auch die Personengruppen und Jahrgänge geimpft werden, die viele Kontakte haben, das Impfen auch kontinuierlich immer stärker der Ausbreitung des Virus entgegenwirkt. Schnelltests geben tagesaktuell zusätzliche Sicherheit bei Kontakten. Regelmäßige Testungen können dabei unterstützen, auch Infektionen ohne Krankheitssymptome zu erkennen. Infizierte Personen können so schneller in Quarantäne gebracht und ihre Kontakte besser nachvollzogen werden. Der Effekt ist dabei umso größer, je mehr Bürgerinnen und Bürger sich konsequent an dem Testprogramm beteiligen.

Auch wenn die vulnerabelsten Gruppen bald geimpft sein werden, geht die Maßnahmekonzeption weiterhin davon aus, dass keine beliebigen Neuinfektionsraten toleriert werden können. Wenn die Infektionszahlen erneut exponentiell ansteigen, kann das Gesundheitswesen mit dann jüngeren Patienten schnell wieder an seine Belastungsgrenzen stoßen. Zahlreiche Berichte über COVID-19-Langzeitfolgen („long COVID“) mahnten ebenfalls zur Vorsicht. Bund und Länder sehen aber eine Chance, dass durch die deutliche Ausweitung von Tests und ein Testprogramm in Verbindung mit einer besseren Nachvollziehbarkeit der Kontakte im Falle einer Infektion Öffnungsschritte auch bei höheren sieben-Tage-Inzidenzen mit über 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner möglich werden.

Beschlossen wurde ein gemeinsames Vorgehen von Ländern und Bund bei den Öffnungsschritten nach einheitlichen Maßstäben und ein schnelles und entschiedenes regionales Gegensteuern, sobald die Zahlen aufgrund der verschiedenen COVID19-Virusvarianten in einer Region wieder hochschnellen, um erneute bundesweit gültige Beschränkungen zu vermeiden.

In einem „Vierklang“ aus Impfen, Testen, Kontaktnachvollziehung und Öffnungen wurde beschlossen, die Möglichkeiten der Einbeziehung niedergelassener Ärztinnen und Ärzte bei den Impfungen weiterzuentwickeln und ab Ende März/Anfang April die haus- und fachärztlichen Praxen umfassend in die Impfkampagne einzubinden. Auch Betriebsärztinnen und Betriebsärzte und die Unternehmen sollen im Laufe des zweiten Quartals verstärkt in die Impfkampagne eingebunden werden. Die für die Zweitimpfung zurückgehaltenen Dosen sollen noch weiter deutlich reduziert werden. Für stark betroffene Regionen sollen Impfkontingente des jeweiligen Bundeslandes prioritär für Ringimpfungen genutzt werden können. Testkonzepte sollen über wöchentliche Schnelltests einen sicheren Schulbetrieb und eine sichere Kinderbetreuung ermöglichen. Auch die Unternehmen sollen als gesamtgesellschaftlichen Beitrag für einen umfassenden Infektionsschutz ihren in Präsenz Beschäftigten pro Woche das Angebot von mindestens einem kostenlosen Schnelltest machen. Allen asymptomatischen Bürgerinnen und Bürgern wird mindestens einmal pro Woche ein kostenloser Schnelltest ermöglicht.

Im Übrigen bleibt der Grundsatz, Kontakte zu vermeiden, das wesentliche Instrument im Kampf gegen die Pandemie. Gleichzeitig sollen Planungsperspektiven gegeben werden, wie und wann Beschränkungen wieder aufgehoben werden können. Weil diese Perspektive besonders bedeutend für Kinder, Jugendliche und deren Eltern ist, entscheiden die Länder in Eigenverantwortung über die sukzessive Rückkehr der Schülerinnen und Schüler in den Präsenzunterricht (unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen wie etwa Wechselunterricht und Hygienemaßnahmen). Da der Anteil der Virusvarianten an den Infektionen in Deutschland schnell ansteigt, wodurch die Zahl der Neuinfektionen wieder zu steigen beginnt, soll ein erneutes Hochfahren des öffentlichen Lebens vorsichtig erfolgen.

Die Möglichkeit zu privaten Zusammenkünften mit Freunden, Verwandten und Bekannten wird – in Abhängigkeit von der Entwicklung der Inzidenzen – wieder erweitert. Im Übrigen werden die bestehenden Beschlüsse der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder beibehalten. Nachdem erste Öffnungsschritte insbesondere im Bereich der Schulen und Friseure in den Ländern bereits vollzogen wurden, werden nunmehr in einem zweiten Öffnungsschritt im öffentlichen Bereich Buchhandlungen, Blumengeschäfte und Gartenmärkte zukünftig einheitlich in allen Bundesländern dem Einzelhandel des täglichen Bedarfs zugerechnet und können somit mit entsprechenden Hygienekonzepten wieder öffnen. Darüber hinaus können ebenfalls die bisher noch geschlossenen körpernahen Dienstleistungsbetriebe sowie Fahr- und Flugschulen mit entsprechenden Hygienekonzepten wieder öffnen, wobei für die Inanspruchnahme der Dienstleistungen, bei denen nicht dauerhaft eine Maske getragen werden kann, ein tagesaktueller COVID-19-Schnell- oder Selbsttest der Kundin oder des Kunden und ein Testkonzept für das Personal Voraussetzung ist. In einem dritten Öffnungsschritt kann ein Land in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen den Einzelhandel, Museen, Galerien, zoologische und botanische Gärten sowie Gedenkstätten wieder öffnen und kontaktfreien Sport in kleinen Gruppen im Außenbereich zulassen, bei sieben-Tage-Inzidenzen von über 50 und unter 100 Neuinfektionen aber nur mit weiteren Einschränkungen, insbesondere nur für sog. Terminshopping-Angebote. Mit den benachbarten Gebieten mit höheren Inzidenzen sind gemeinsame Absprachen zu treffen, um eine länderübergreifende Inanspruchnahme der geöffneten Angebote möglichst zu vermeiden. Steigt die sieben-Tage-Inzidenz in dem Land oder der Region auf über 100, treten die Regelungen, die bis zum 7. März 2021 gegolten haben, wieder in Kraft (Notbremse). Ein vierter Öffnungsschritt kann in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen erfolgen, wenn sich die sieben-Tage-Inzidenz nach dem dritten Öffnungsschritt in dem Land oder der Region 14 Tage lang nicht verschlechtert hat. Dies betrifft die Öffnung der Außengastronomie, die Öffnung von Theatern, Konzert- und Opernhäusern sowie Kinos, kontaktfreien Sport im Innenbereich, Kontaktsport im Außenbereich, auch insoweit – je nach Inzidenzwert – ggf. mit Einschränkungen wie der Anforderung einer Terminbuchung oder eines tagesaktuellen Selbsttests. Ein weiterer fünfter Öffnungsschritt kann – wiederum in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen – erfolgen, wenn sich die sieben-Tage-Inzidenz nach dem vierten Öffnungsschritt in dem Land oder der Region 14 Tage lang nicht verschlechtert hat. Dies betrifft dann – je nach Inzidenz – Freizeitveranstaltungen mit bis zu 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Außenbereich, Sport in Innen- und Außenräumen sowie den Verzicht auf Beschränkungen für den Einzelhandel.

Die Verpflichtung der Arbeitgeber, nach Möglichkeit eine Tätigkeit im Homeoffice anzubieten, wird verlängert.

Darüber hinaus wurde beschlossen, die existierenden Hilfsprogramme zu verlängern und für Unternehmen, die hiervon bislang nicht profitieren konnten, zu erweitern.

Nach dieser Maßnahmekonzeption werden damit nun – in Abhängigkeit von einem Unterschreiten einer Inzidenz von 100 – von den Öffnungsuntersagungen und sonstigen Kontaktbeschränkungsmaßnahmen, mittels derer bislang die Reduktion von Kontakten erfolgt ist, sozial und gesellschaftlich besonders gravierende Beschränkungen der Freiheits- und Teilhaberechte wie die Schulschließungen für die Sekundarstufe und die Begrenzung der privaten Kontakte auf eine haushaltsfremde Person zurückgenommen. Im Übrigen enthält das Konzept eine gestufte Öffnungskonzeption für zahlreiche weitere bislang untersagte Betriebe und Angebote, die „Ob“ und „Wie“ der Öffnung vom Erreichen und der Stabilität zunächst v. a. der Inzidenzwerte 50 bzw. 100 abhängig macht und ein schnelles Rückfallen auf die Regelungen des „Lockdown“ bei einem Überschreiten der Inzidenz von 100 vorsieht. Begleitet wird dies durch eine angestrebte sehr breite Infektionsermittlung mittels zum Teil freiwilliger, zum Teil verpflichtender (mindestens) wöchentlicher Tests für die gesamte Bevölkerung, insbesondere in den Schulen und Unternehmen.

Dieses Konzept verfolgt dabei ersichtlich das Ziel einer größtmöglichen Schonung der Grundrechte der von den Freiheits- und Teilhabeeinschränkungen Betroffenen, indem in der bestehenden volatilen Pandemielage trotz der evidenten Risiken einer Ausbreitung infektiöserer Virusvarianten deutliche Öffnungsschritte bereits oberhalb einer Inzidenz von 50 unter Erprobung der noch unsicheren Realisierbarkeit und Effektivität breiter Testungen unternommen werden, obwohl schon die im Februar 2021 unternommenen ersten Öffnungsschritte aus dem „Lockdown“ dazu geführt hatten, dass die Ausbreitung von SARS-CoV-2 im Bundesgebiet und im Freistaat Sachsen nicht mehr abnahm, sondern stagnierte und sodann wieder stieg. Der Verordnungsgeber nimmt damit nun erhebliche Unsicherheiten über die tatsächliche Beherrschbarkeit der Ausbreitung des Coronavirus mittels breiter Testungen zugunsten einer Aufhebung oder Verringerung der Beschränkungen von Freiheits- und Teilhaberechten in Kauf.

Dass er ein stufenweises Vorgehen wählt, welches ihm die Möglichkeit gibt, die Auswirkungen einzelner Öffnungsmaßnahmen zunächst zu beobachten, bevor weitere Schritte folgen, ist hierbei angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten bezüglich der weiteren Entwicklung der Pandemielage und der nach den Pandemieverläufen in Irland und Portugal evidenten Gefahren einer überaus schnellen Ausbreitung infektiöserer Virusvarianten, insbesondere der Virusvariante B.1.1.7, nicht zu beanstanden. Es entspricht im Übrigen auch den Empfehlungen des RKI, bei der De-Eskalation vorsichtig und langsam vorzugehen (RKI, ControlCOVID Strategie und Handreichung zur Entwicklung von Stufenkonzepten bis Frühjahr 2021, Stand 18. Februar 2021, S. 3). Es handelt sich daher nicht um eine willkürliche, sondern um eine von sachlichen Erwägungen getragene Entscheidung, gestufte, an der Entwicklung der Pandemielage ausgerichtete, insgesamt aber noch begrenzte Öffnungsschritte insbesondere für gesellschaftlich und wirtschaftlich besonders bedeutsame Bereiche vorzusehen, an den weitergehenden Beschränkungen für eine Vielzahl der Lebens- und Wirtschaftsbereiche zum Zweck der Kontaktreduzierung aber festzuhalten. Diese Regelungskonzeption steht auch nach wie vor im Einklang mit den Vorgaben des § 28a Abs. 6 Satz 2 und Satz 3 IfSG, wonach bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen sind, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 vereinbar ist (vgl. dazu im Einzelnen SächsOVG, Beschl. v. 7. Januar 2021 – 3 B 424/20 -, juris Rn. 36).

Der Verordnungsgeber ist dabei voraussichtlich auch nicht durch höherrangiges Recht aufgrund der aktuell nicht mehr unmittelbar drohenden Überlastung des Gesundheitssystems darauf verwiesen, nunmehr schnellere und weitere Öffnungsschritte vorzusehen, die eine Kontrolle des Infektionsgeschehens nicht mehr erwarten und eine exponentielle Zunahme der Infektionen besorgen lassen, und erst nach einem erneuten erheblichen Anstieg der Auslastung der Krankenhäuser und Intensivstationen zu – dann notwendig wieder deutlich tiefgreifenderen – Kontaktbeschränkungsmaßnahmen zurückzukehren. Mit der Regelung des § 28a Abs. 3 Satz 11 IfSG, der auch nach einer Unterschreitung eines in den Sätzen 5 und 6 genannten Schwellenwertes die Aufrechterhaltung der in Bezug auf den jeweiligen Schwellenwert genannten Schutzmaßnahmen erlaubt, soweit und solange dies zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erforderlich ist, macht bereits das Bundesgesetz deutlich, dass es mit dem Willen des parlamentarischen Gesetzgebers in Einklang steht, keinen solchen Jo-Jo-Effekt von aufeinander folgenden exponentiellen Epidemiewellen und massiven Kontaktbeschränkungsmaßnahmen zuzulassen. Ein solches Vorgehen ist auch nicht in gleicher Weise zur Pandemiebekämpfung geeignet. Die gegenwärtige volatile Pandemielage ist durch die neuen Faktoren einer fortschreitenden Impfung, der zwar einerseits breiter als vormals verfügbaren Tests aber einer andererseits in ihrer Effektivität noch nicht verlässlich beurteilbaren Teststrategie, sowie deutlich infektiöserer Virusvarianten gekennzeichnet. Für die Auswirkungen von Maßnahmen und Strategien in dieser neuen Situation existieren weder eindeutige wissenschaftliche Erkenntnisse noch Erfahrungswerte. Da Hospitalisierungen und Einweisungen auf die Intensivstationen (ITS) erst mit einem zeitlichen Verzug nach der Infektion erfolgen und somit der Infektionsentwicklung ohnehin stets hinterherlaufen, und da auch Kontaktbeschränkungsmaßnahmen erfahrungsgemäß erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zu wirken beginnen, ist es – allzumal angesichts der in Irland und Portugal zu verzeichnenden rasanten Pandemieentwicklungen im Rahmen der Ausbreitung der Virusvariante B.1.1.7 (vgl. https://www.leopoldina.org/presse-1/nachrichten/darstellung-der-entwicklung-des-infektionsgeschehens-in-irland/ und https://de.wikipedia.org/wiki/COVID-19-Pandemie_in_Portugal) – nicht evident und zweifelsfrei, dass es dem Verordnungsgeber möglich ist, eine exponentielle Ausbreitung des Virus so gesteuert zuzulassen, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems sicher vermieden wird. Ohnehin liegt der Anteil der COVID-ITS Fälle an der ITS-Kapazität im Freistaat Sachsen noch über 12 % und damit über dem Schwellenwert, den das RKI für die Einleitung von Lockerungsmaßnahmen empfiehlt (RKI, Control-COVID, a. a. O., S. 6). Eine bloße Fokussierung auf eine Vermeidung der Überlastung des Gesundheitssystems vernachlässigt zudem zu Unrecht, dass dies nur einer der Aspekte ist, unter dem in der gegenwärtigen Pandemielage besondere Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung drohen. Ein weiterer wesentlicher Gesichtspunkt sind hingegen die Folgen der bislang nicht hinreichend behandelbaren Erkrankung COVID-19 selbst, die auch jenseits der mittlerweile zu einem hohen Anteil geimpften Hochrisikogruppen mit einer zwar geringeren, aber gleichwohl signifikanten statistischen Häufigkeit zu tödlichen Verläufen und gravierenden gesundheitlichen Folgeschäden führt. Allzumal angesichts der in wenigen Monaten in Aussicht stehenden „Durchimpfung“ der Bevölkerung stellt es ebenfalls ein legitimes Ziel des Verordnungsgebers dar, hohe Pandemiewellen auch in der nicht zur Hochrisikogruppe zählenden Bevölkerung zu verhindern, weil auch dort eine massive Verbreitung des Virus letztlich unweigerlich eine entsprechend quantitativ hohe Anzahl von Todesfällen und erheblichen gesundheitlichen Folgeschäden nach sich zieht, die bei einer erfolgreichen Begrenzung der Pandemie bis zur „Durchimpfung“ wohl vermeidbar wären. Es ist schließlich auch nicht evident und eindeutig, dass epidemiologisch verfrühte Öffnungen mit dem dann absehbar eintretenden „Jojo-Effekt“ milder und grundrechtsschonender gegenüber einem zeitlich zwar verzögerten, dafür aber prognostisch nachhaltigeren Öffnungsschritt sind. Denn auch der Nachvollzug von Öffnungen und Schließungen ist für die Betriebe und Einrichtungen mit einem zum Teil erheblichen Aufwand verbunden, der sich bei nur kurzen Phasen einer Öffnung kaum lohnen dürfte. Auch insoweit ist daher dem Verordnungsgeber ein Einschätzungsspielraum eröffnet, dessen Grenzen hier nicht überschritten sein dürften und der daher nicht durch die eigene Wertung des Gerichts ersetzt werden kann.“

Mit dem Beschluss der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin vom 22. März 2021 wird die bisherige Strategie der Eindämmung grundsätzlich fortgeführt. Eine strenge Eindämmung des Infektionsgeschehens in den nächsten Wochen soll hiernach zu einer früheren Rückkehr zur Normalität und zu insgesamt kürzeren Beschränkungen führen. Sie sei aus gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Gründen geboten. Zukünftige Öffnungsschritte hingen maßgeblich von der konsequenten Testung der Bürgerinnen und Bürger ab. Angesichts dieser Lage bedürfe es konsequenter Maßnahmen. Insbesondere Kontakte in Innenräumen müssen aufgrund der dort erhöhten Infektionsgefahr weitestgehend vermieden oder mit umfassenden Schutzmaßnahmen wie dem verpflichtenden Tragen von Masken mit hoher Schutzwirkung und der Nutzung von Schnelltests verbunden werden. Um das Übergreifen von Infektionen aus Regionen mit höheren Inzidenzen in Regionen mit niedrigeren Inzidenzen weitestgehend einzudämmen, müsse auch die Mobilität weiterhin eingeschränkt und auf das absolut Notwendige reduziert werden (vgl.: Die Bundesregierung.de, Aktuelles).

d. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 23. März 2021 (- 3 B 78/21 -, veröffentl. in der Entscheidungsdatenbank des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts; z. Veröffntl. bei Juris vorgesehen) festgestellt:

„Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Einwände der Antragstellerin fest. Eine andere Bewertung folgt auch nicht aus dem Hinweis der Antragstellerin auf die zunächst infolge des „Lockdowns“ deutlich gesunkenen Infektionszahlen. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner evident und nach jeder Betrachtungsweise bestehende Öffnungsmöglichkeiten eindeutig nicht ausgeschöpft und so seinen Einschätzungsspielraum überschritten hätte, bestehen nach dem oben Gesagten offensichtlich nicht. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Die Inzidenz im Freistaat Sachsen lag auch bei Erlass der angegriffenen Verordnung noch deutlich über dem in § 28 Abs. 3 Satz 5 IfSG geregelten Schwellenwert von 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner (vgl. RKI, Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 [COVID-19] vom 3. März 2021). Bereits mit den – vor Erlass der angegriffenen Verordnungen vorgenommenen – ersten Öffnungsschritten konnte die Ausbreitung des Coronavirus im Gebiet des Freistaates Sachsen zudem nicht mehr verringert werden, sondern nahm diese vielmehr schon wieder leicht zu. Nach den aktuell eingeführten Öffnungsschritten zeigt sich nunmehr wieder mehr und mehr bundes- und sachsenweit ein schnelleres Ansteigen der Virusverbreitung, das den Beginn eines erneuten exponentiellen Wachstums zu markieren droht.

Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin ferner auf eine Unzumutbarkeit der Maßnahmen wegen eines Versagens des Staates bei der Beschaffung von Impfstoffen, fehlender Teststrategien sowie auf eine unzureichende Aufklärung milderer zur Verfügung stehender Mittel. Ihre pauschale Behauptung von diesbezüglichen Versäumnissen lässt bereits nicht substantiiert erkennen, bei welchen konkreten Entscheidungen unter Berücksichtigung des ex ante-Kenntnisstandes der Einschätzungsspielraum für die Ausgestaltung und Konkretisierung der Schutzpflicht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in welcher konkreten, unvertretbaren Art und Weise gehandhabt worden sein soll, bzw. welche verfügbaren Informationen und Erkenntnismöglichkeiten konkret in unvertretbarer Weise nicht ausgeschöpft worden sein sollen (vgl. zu den Maßstäben für die gerichtliche Kontrolle normgeberischer Beurteilungsspielräume etwa: BVerfG, Urt. v. 19. September 2018 – 2 BvF 1/15 -, BVerfGE 150, 1, Rn. 171 ff.; Urt. v. 26. Februar 2020 – 2 BvR 2347/15 -, BVerfGE 153, 182, juris Rn. 237 ff.; Urt. v. 24. Oktober 2002 – 2 BvF 1/01 -, BVerfGE 106, 62, juris Rn. 344 ff.). Ob der gesetzgeberische Regelungsspielraum überschritten wurde, ist grundsätzlich aus einer ex-ante-Perspektive im Hinblick auf die verfügbaren Informationen und Erkenntnismöglichkeiten zu beurteilen. Die Prognose wird nicht dadurch ungültig und verfassungswidrig, dass sie sich im Nachhinein als falsch erweist, wenngleich ein grob unzutreffendes Ergebnis ein Indiz für die Ungültigkeit einer Prognose sein kann (BVerfG, Urt. v. 19. September 2018 – 2 BvF 1/15 -, BVerfGE 150, 1, juris Rn. 174). Ein schlichter Schluss vom tatsächlichen Eintreten einer unerwünschten Entwicklung oder von einer besseren Bewältigung einzelner Herausforderungen der Pandemie in anderen Staaten auf eine bereits ex-ante unvertretbare Ausgestaltung von Schutzmaßnahmen ist daher nicht statthaft. Soweit es den Vorwurf einer fehlenden Aufklärung von Alternativen zum „Lockdown“ anbelangt, ist im Übrigen nun in § 8g SächsCoronaSchVO die Zulassung von Modellprojekten zur Untersuchung der Entwicklung des Infektionsgeschehens, der Erprobung von Corona-Testkonzepten und von digitalen Systemen zur datenschutzkonformen Verarbeitung von personenbezogenen Daten und ihrer Übermittlung an das Gesundheitsamt ausdrücklich vorgesehen. Die von der Antragstellerin behaupteten Mängel früherer Entscheidungen zur Schutzkonzeption in der Pandemie sind zudem nicht mehr ad hoc revidierbar; die Schutzpflicht des Antragsgegners für Leben und Gesundheit der Bevölkerung besteht aber gleichwohl fort. Dass unter diesen Umständen selbst ein Vorliegen der von der Antragstellerin behaupteten Konzeptionsmängel überhaupt dazu führen würde, dass die Infektionsschutzbehörden nunmehr grundrechtlich gehalten wären, dem weiteren Geschehen seinen Lauf zu lassen und auf grundrechtsbeschränkende Maßnahmen auch dann zu verzichten, wenn sie für eine Verhinderung der Pandemieausbreitung und für die Vermeidung gravierender Schäden für Leben und Gesundheit der Bevölkerung zwingend notwendig sind, lässt sich ebenfalls nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit feststellen (ablehnend bereits SächsOVG, Beschl. vom 11. November 2020 – 3 B 357/20 -, juris Rn. 45; NdsOVG, Beschl. v. 6. November 2020 – 13 MN 433/20 -, Rn. 50 f. juris).

§ 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG sieht ferner die Schließung oder Beschränkung von Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel als eine mögliche notwendige Schutzmaßnahme i. S. d. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 ausdrücklich vor. Die in § 4 Abs. 1 Satz 1 SächsCoronaSchVO angeordnete grundsätzliche Schließung des Textileinzelhandels sowie die Anknüpfung von Öffnungsmöglichkeiten nach §§ 8 bis 8c SächsCoronaSchVO an die aktuelle epidemische Lage und die Einhaltung spezifischer infektionsschutzrechtlicher Vorkehrungen sind nach alledem voraussichtlich von der Verordnungsermächtigung gedeckt. Die Geltungsdauer der Sächsischen Corona-Schutzverordnung vom 5. März 2021 beschränkt sich ferner nach ihrem § 12 Abs. 1 und 2 auf weniger als vier Wochen und überschreitet den von § 28a Abs. 5 Satz 2 IfSG vorgegebenen Regelgeltungszeitraum nicht.

3. Diese angegriffenen Maßnahmen sind voraussichtlich auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden. Sie beschränkt die Antragstellerin insbesondere nicht unzulässiger Weise in ihren Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG.

a) § 4 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 8a Abs. 1 Nr. 1 und § 8c Abs. 1 SächsCoronaSchVO bewirken, dass der Textileinzelhandel im Freistaat Sachsen, weil er nicht zu den nach § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO privilegierten Geschäften und Märkten des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung zählt, derzeit weiterhin Ladengeschäfte grundsätzlich nicht öffnen darf. Da der Sieben-Tage-Inzidenzwert im Freistaat Sachsen bei Inkrafttreten der Verordnung zwar den Schwellenwert von 100 (§ 8 Abs. 1 SächsCoronaSchVO), nicht aber den von 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner (§ 8a Abs. 1 SächsCoronaSchVO) unterschritt, konnten nur nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SächsCoronaSchVO diejenigen Landkreise und Kreisfreien Städte, die ihrerseits den Schwellenwert von 100 ebenfalls unterschritten, eine Öffnungsbefugnis mit der Folge erteilen, dass die Öffnung von geschlossenen Einrichtungen des Einzel- und Großhandels und Ladengeschäften mit Kundenverkehr für höchstens eine Kundin oder einen Kunden pro angefangene 40 m² Verkaufsfläche nach vorheriger Terminbuchung für einen fest begrenzten Zeitraum mit Dokumentation für die Kontaktnachverfolgung erlaubt ist. Hingegen war es ihnen nicht möglich, eine Öffnungsbefugnis nach § 8a Abs. 1 Nr. 1 SächsCoronaSchVO entsprechend den Maßgaben des § 5 Abs. 2 SächsCoronaSchVO für den privilegierten Einzelhandel zu erteilen, auch wenn im betreffenden Kreis- oder Stadtgebiet selbst die Inzidenzschwelle von 50 unterschritten wurde. Demgegenüber ist der nach § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO privilegierte Einzel- und Großhandel zur Öffnung von Geschäften und Märkten weiterhin mit der Maßgabe berechtigt, dass sich in Geschäften und Läden mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 m² nicht mehr als ein Kunde pro zehn m² Verkaufsfläche sowie in Geschäften und Läden mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 m² auf einer Fläche von 800 m² höchstens ein Kunde pro zehn m² Verkaufsfläche und auf der 800 m² übersteigenden Fläche höchstens ein Kunde pro 20 m² Verkaufsfläche aufhalten darf (§ 5 Abs. 2 SächsCoronaSchVO).

Soweit der Sieben-Tage-Inzidenzwert von 100 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner in den jeweiligen Landkreisen oder in der Kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen zwischenzeitlich bereits wieder überschritten wurde, war die erteilte Öffnungsbefugnis gemäß § 8c Abs. 1 SächsCoronaSchVO zudem auch bereits ab dem zweiten darauffolgenden Werktag durch den Landkreis oder die Kreisfreie Stadt wieder aufzuheben. Aktuell ist auch für keinen Landkreis und keine Kreisfreie Stadt mehr ein Inzidenzwert von unter 50 zu verzeichnen.“

Mit Stand 26. März 2021 ist flächendeckend ein weiterer Anstieg der Infektionszahlen zu beobachten (vgl. sachsen.de, Coronavirus in Sachsen, Infektionsfälle in Sachsen): Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 167,3. Die Belegung der Krankenhausbetten an dem Geschäftsort der Antragstellerin lag am 25. März 2021 bei 63% (vgl. sachsen.de, Coronavirus in Sachsen, Infektionsfälle in Sachsen, Entwicklung der Bettenbelegung durch COVID19-Patienten in den sächsischen Krankenhäusern). Daher ist von einer volatilen Gesundheitslage auszugehen, auch wenn es derzeit noch nicht zu einer Überlastung der Krankenhäuser und zu einem erneuten erheblichen Anstieg der Sterbezahlen gekommen ist.

3. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sind Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit mit Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sind und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigen den Gründe die Grenze der Zumutbarkeit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) noch gewahrt wird (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 14. Januar 2015 – 1 BvR 931/12 -, juris Rn. 53 ff.; Beschl. v. 11. Februar 1992 – 1 BvR 1531/90 -, juris Rn. 56). Ein Gesetz ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann. Es ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können. Bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit steht dem Gesetz- und Verordnungsgeber ein weiter Beurteilungsspielraum (Einschätzungsprärogative) zu. Infolge dieses Beurteilungsspielraums können Maßnahmen, die der Gesetzgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Abwehr von Gefahren für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen indessen weniger belasten (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 26. März 2007 – 1 BvR 2228/02 -, juris Rn. 42 m. w. N.).

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7. Februar 2012 – 1 BvL 14/07 -, juris Rn. 40; Beschl. v. 15. Juli 1998 – 1 BvR 1554/89 u. a. -, juris Rn. 63). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18. Juli 2012 – 1 BvL 16/11 -, juris Rn. 30; Beschl. v. 21. Juni 2011 – 1 BvR 2035/07 – juris Rn. 65; Beschl. v. 21. Juli 2010 – 1 BvR 611/07 u. a. -, juris Rn. 79). Hieraus folgt, dass die sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde bei Regelungen eines dynamischen Infektionsgeschehens weniger streng sind (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17. April 2020 – 11 S 22/20 -, juris Rn. 25; SächsOVG, Beschl. v. 7. Januar 2021 a. a. O. Rn. 66). Auch kann eine strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26. März 2020 – 5 Bs 48/20 -, juris Rn. 13). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin vorgetragenen Tatsache, dass das Infektionsgeschehen nunmehr bereits seit einem Jahr andauert, da der Verordnungsgeber wegen der volatilen Infektionslage auch weiterhin teilweise kurzfristig Gegenmaßnahmen ergreifen und nicht nur regionale Unterschiede, sondern auch die sich schnell ändernden sonstigen Belange wie etwa die Versorgungslage und wirtschaftliche Fragen heranzuziehen hat, wie nachfolgend ausgeführt wird.

Die sachliche Rechtfertigung der in der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung angeordneten Maßnahmen ist nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen. Kollidierende Grundrechtspositionen sind in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (BVerfG, Beschl. v. 30. Januar 2020 – 2 BvR 1005/18 -, juris Rn. 34, und v. 6. November 2019 – 1 BvR 16/13 -, juris Rn. 76 m. w. N.). Daher sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa die wirtschaftlichen und existentiellen Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und Bürger, aber auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter Tätigkeiten und Bereiche. Dies entspricht auch der parlamentsgesetzlichen Vorgabe des § 28a Abs. 6 Satz 2 IfSG, bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vereinbar ist.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Entscheidung des Verordnungsgebers, bestimmte Lebensbereiche und damit zusammenhängende Betriebe stark einzuschränken, auf dem Zusammenspiel einer Vielzahl je für sich kontingenter Maßnahmen beruht, durch das namentlich im Bereich der Kontaktbeschränkungen eine hinreichende Reduktion potentieller Übertragungssituationen erreicht werden soll und auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit indes ein vollständiger, „perfekter“ Kontaktausschluss nicht bewirkt werden soll und kann, so dass gewisse Unschärfen und Inkonsistenzen unvermeidliche Folge der verfassungsrechtlich vorgegebenen Verhältnismäßigkeitsabwägung sind (SächsVerfGH, Beschl. v. 11. Februar 2021 – Vf. 14-II-21 [e.A.] -, juris Rn. 31; zum Vorstehenden SächsOVG, Beschl. v. 23. März 2021 a. a. O. Rn. 34 ff.).

4. Gemessen an diesen Grundsätzen erweisen sich die angeordnete Schließung des Elektronikfachhandels und die Ausgestaltung des Öffnungsvorbehalts voraussichtlich als verhältnismäßig.

4.1 Der Senat hat bisher bezüglich der angeordneten Schließungen von Einrichtungen und Angeboten, die den nicht als gesellschaftlich prioritär eingeordneten Bereichen zugerechnet wurden, darauf abgestellt, dass die angeordneten Schließungen nicht willkürlich, sondern insgesamt von sachlichen Gründen getragen sind (vgl. zu Betriebsschließungen für körpernahe Dienstleistungen SächsOVG, Beschl. v. 11. November 2020 – 3 B 357/20 -, juris Rn. 47; zu Aus- und Fortbildungseinrichtungen, Freibädern und Hallenbädern, Anlagen und Einrichtungen des Freizeit- und Amateursportbetriebs, Freizeit- und Vergnügungsparks, Messen, Tagungen und Kongresse, und Gastronomiebetrieben SächsOVG, Beschl. v. 17. November 2020 – 3 B 350/20 -, juris Rn. 35 ff.; zu Fitnessstudios SächsOVG, Beschl. v. 9. Dezember 2020 – 3 B 381/20 -, juris Rn. 30).

Der Senat ist hierbei davon ausgegangen, dass die Maßnahmen das legitime Ziel einer Vermeidung der Weiterverbreitung des Virus SARS-CoV-2 mittels einer Reduktion der physisch-sozialen Kontakte zu anderen Menschen als den Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolutes Minimum und der Wahrung des nötigen Mindestabstands zu anderen Personen (§ 1 Abs. 1 SächsCoronaSchVO) verfolgen und geeignet, erforderlich und aus epidemiologischen Gründen auch verhältnismäßig im engeren Sinne sind. Auf die diesbezüglichen ausführlichen Ausführungen wird verwiesen.

Der Senat hat in dem vorbezeichneten Beschluss v. 23. März 2021 (a. a. O. Rn. 43 ff.) auf Folgendes abgestellt:

„Diese Überlegungen gelten auch für hier angegriffene Schließung des Textileinzelhandels. Denn auch diese Geschäfte müssen nicht den gesellschaftlich prioritär eingeordneten Bereichen zugerechnet werden. Auch durch sie würden zudem im Fall ihrer Öffnung Ansammlungen von Menschen hervorgerufen sowie zusätzliche Kontaktmöglichkeiten auf dem Weg zu und vom Geschäft geschaffen, denen auch mit dem Hygienekonzept der Antragstellerin nicht begegnet werden könnte.

Die angeordneten Schließungen sind insbesondere geeignet, Kontakte zwischen Menschen zu reduzieren, um weitere Infektionen mit dem hochansteckenden Virus SARS-CoV-2 und seinen Mutationen einzudämmen und damit den Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens und insbesondere der Krankenhäuser zur Behandlung schwer- und schwerstkranker Menschen sicherzustellen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Da es insbesondere auch in Geschäften und Läden des Einzelhandels typischerweise üblich ist, dass sich mit den Angestellten wie auch den Kunden Menschen für einen gewissen Zeitraum gemeinsam in einem geschlossenen Raum aufhalten, handelt es sich bei der Untersagung derartiger Tätigkeiten um eine zur Kontaktvermeidung geeignete Anordnung. Zudem werden auch Kontaktmöglichkeiten verhindert, die auf dem Weg zum und vom Geschäft der Antragstellerin stattfinden können. Da kein weniger belastender Eingriff bei gleicher Eignung vorliegt, ist die angeordnete Schließung auch erforderlich.

Soweit die Antragstellerin auf ihr Hygienekonzept als alternatives Mittel der Infektionsvermeidung verweist, ist dies wegen der wesentlichen Rolle einer Übertragung von SARS-CoV-2 über Aerosole nicht in gleicher Weise zur Vermeidung der Weiterverbreitung der Infektionen geeignet wie die Schließung ihres Geschäfts (vgl. dazu im Einzelnen: SächsOVG, Beschl. v. 14. Januar 2021 – 3 B 442/20 -, juris Rn. 36). Das Ziel der angefochtenen Maßnahme als Teil des „Lockdowns“ besteht zudem vor allem auch darin, durch zahlreiche Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass die Zahl der Sozialkontakte weitgehend reduziert wird, um auf diese Weise Infektionsgefahren, die bei Sozialkontakten bestehen, zu vermeiden. Den Maßnahmen zur beabsichtigten Reduzierung von Kontakten sind auch Maßnahmen zur gezielten Reduktion von Mobilität zuzurechnen (SächsVerfGH, Beschl. v. 11. Februar 2021 – Vf. 14-II-21 [e.A.] -, juris Rn. 31). Eine Anordnung, Einzelhandelsgeschäfte – wie auch zahlreiche andere Betriebe und Angebote – grundsätzlich zu schließen, ist zweifellos geeignet, dieses Ziel zu fördern. Denn sie beseitigt Anreize, mit anderen Menschen – in den Geschäften, Betrieben und Einrichtungen aber auch bereits auf dem Weg dorthin etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln – zusammenzukommen. Dass eine umfangreiche Reduzierung der Anlässe für Sozialkontakte zu einer spürbaren Reduzierung des Infektionsgeschehens beiträgt, haben die bisherigen Erfahrungen mit den Lockdown-Maßnahmen gezeigt (vgl. VGH BW, Beschl. v. 18. Februar 2021 – 1 S 398/21 -, juris Rn. 74).

Die Eignung der angefochtenen Bestimmungen wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass Untersuchungen ergeben haben, dass die Infektionsgefährdung der Beschäftigten des Einzelhandels im Jahr 2020 etwas unterhalb der durchschnittlichen Infektionsgefährdung der Gesamtbevölkerung gelegen hat (Mayer/Dieterich, ARP 2021, 55). Dies sagt bereits nichts über die Infektionsgefährdung der Kunden bei einer Gesamtbetrachtung ihrer durch das Einkaufen bzw. durch „Shoppen“ ausgelösten Mobilität aus. Es kommt hinzu, dass auch die Infektionsgefährdung für die Gesamtbevölkerung im Herbst und Winter 2020 bekanntermaßen ein Ausmaß erreicht hatte, das mit einem exponentiellen Wachstum der Infektionsverbreitung und einer im Freistaat Sachsen unmittelbar bevorstehenden Überlastung des Gesundheitssystems einherging. Dass sich die Gefahrenlage für Beschäftigte des Einzelhandels insoweit geringfügig besser dargestellt haben mag, ist danach offensichtlich schon gar nicht gleichbedeutend damit, dass sie sich tatsächlich auf einem Niveau bewegt hätte, welches als Beitrag für die Entwicklung der Pandemie unkritisch ist. Zwar dürfen Unsicherheiten über die Ursachen der Ausbreitung des Coronavirus nicht ohne Weiteres „im Zweifel“ zu Lasten der Freiheits- und Teilhaberechte aufgelöst werden (SächsVerfGH, Beschl. v. 25. Februar 2021 – Vf. 19-IV-21 [e.A.] -, juris Rn. 20). Es entspricht aber wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass sich unbemerkte Übertragungen von SARS-CoV-2 über Aerosole vor allem in Innenräumen, wozu Geschäfte und Läden zählen, vollziehen können, wogegen auch das Einhalten von Abstand und das Tragen von Masken keinen vollständigen Schutz bietet (RKI, Risikobewertung zu COVID-19 vom 26. Februar 2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, abgerufen am 12. März 2021). Da zudem die Ursache von Infektionen mit dem Coronavirus derzeit in der Vielzahl der Fälle nach wie vor nicht festzustellen ist, sind umfassend angelegte Maßnahmen zur generellen Reduzierung von Kontakten geeignet im oben genannten Sinn. Denn die mit der angegriffenen Maßnahme bewirkte Reduzierung von Kontakten kann der Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus entgegenwirken. Hingegen hat sich die zunächst im Herbst 2020 verfolgte Konzeption einer Konzentration von Maßnahmen auf die festgestellten sog. Pandemietreiber bei gleichzeitiger Einhaltung von Hygienekonzepten in anderen Bereichen – jedenfalls unter den Rahmenbedingungen der kälteren Jahreszeit – evident nicht als ausreichend effektiv erwiesen, die Ausbreitung der Pandemie zu beherrschen und einen exponentiellen Anstieg der Infektionen zu verhindern. Auch das RKI geht zwar von einem niedrigen individuellen Infektionsrisiko im Einzelhandel und einem niedrigen Anteil des Einzelhandels am gesamten Transmissionsgeschehen aus, empfiehlt aber bei hohen Inzidenzen oberhalb des Schwellenwerts von 50 und bei einer hohen Belastung des Gesundheitssystems ebenfalls dessen Schließung (vgl. RKI, ControlCOVID, a. a. O., Intensitäts-Stufenkonzept). Der Antragsgegner hat den ihm bei der Beurteilung der Eignung einer Maßnahme zustehenden Beurteilungsspielraum daher angesichts des dargestellten aktuellen Stands des Infektionsgeschehens sowie der wissenschaftlichen Fachdiskussion aller Voraussicht nach nicht überschritten (vgl. VGH BW, Beschl. v. 18. Februar 2021 – 1 S 398/21 -, juris Rn. 75).

Es erscheint auch nicht unvertretbar, dass der Verordnungsgeber nicht ausschließlich regional abgestufte, unmittelbar kraft Verordnungsrechts eintretende Öffnungen für den Einzelhandel als milderes, gleich geeignetes Mittel angesehen und geregelt hat. Insoweit ist zunächst die Kritik der Antragstellerin, die Verordnungsregelungen seien – unter Verstoß gegen § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG – pauschal und ohne regionalen Bezug zum jeweiligen Infektionsgeschehen ausgestaltet, ersichtlich unzutreffend. Die § 5a Abs. 8, §§ 8 bis 8c SächsCoronaSchVO regeln wesentliche Öffnungsschritte aus dem „Lockdown“ und eine entsprechende Rückfallregelung regional bezogen auf die Inzidenzwerte im jeweiligen Landkreis oder in der Kreisfreien Stadt. Auf der Grundlage dieser Regelungen haben sich – in Abhängigkeit von der regionalen Inzidenz – im Übrigen auch tatsächlich unterschiedliche Möglichkeiten für das Einleiten und Beibehalten von Öffnungsschritten für die einzelnen Landkreise und Kreisfreien Städte des Freistaates Sachsen ergeben. Dass der Verordnungsgeber die Voraussetzungen für das erste Einleiten von Öffnungsschritten nach den §§ 8 bis 8b SächsCoronaSchVO nicht ausschließlich an die regionalen Inzidenzwerte knüpft, sondern darüber hinaus zusätzlich auch an die Entwicklung im gesamten Bundesland (sog. doppelte Inzidenz), ändert hieran nichts. Diese Ausgestaltung der Öffnungsvoraussetzungen ist auch in der Sache schon deshalb nicht offensichtlich willkürlich oder unvertretbar, weil der Freistaat Sachsen kein großes Flächenland ist, in dessen Teilen sich völlig unterschiedliche, voneinander unabhängige Entwicklungen der Epidemielage zeigen. Eine solche Rückkopplung von Öffnungsschritten mit den Indikatoren nicht nur einzelner, sondern der überwiegenden Anzahl der Landkreise wird zudem auch durch das RKI in seiner Handreichung zur Entwicklung von Stufenkonzepten empfohlen (RKI, ControlCOVID Strategie und Handreichung zur Entwicklung von Stufenkonzepten bis Frühjahr 2021, Stand 18. Februar 2021, S. 4). Dass der Verordnungsgeber mit dieser gewählten Öffnungskonzeption seinen Regelungsspielraum überschritten hätte, lässt sich danach nicht feststellen. Der Verordnungsgeber hat ein ausschließliches Anknüpfen an das jeweilige regionale Geschehen auch geprüft und seine Entscheidung gegen ein solches Vorgehen in der Begründung zu den §§ 8 und 8a der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung – nachvollziehbar – unter Verweis darauf begründet, dass Lockerungen nicht losgelöst vom übrigen Infektionsgeschehen im Freistaat Sachsen erfolgen sollen, wofür der im bundesweiten Vergleich nach wie vor überdurchschnittlich hohe Inzidenzwert des Freistaates Sachsen Anlass gebe.

Der von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang weiter begehrte abstrakt-generelle normative Öffnungs-Automatismus ohne Entscheidungsmöglichkeit der Kreisebene ist schließlich offensichtlich nicht in gleicher Weise zur Pandemiebekämpfung geeignet, weil er die Berücksichtigung möglicher wesentlicher regionaler Besonderheiten für das Einleiten von Öffnungsschritten unmöglich machen würde, die eine zielgenauere und damit effektivere Ausgestaltung der Schutzmaßnahmen erlaubt. Dies gilt z. B. für das etwaige Vorliegen einzelner nur begrenzter und beherrschter Ausbrüche einerseits, eine besondere Belastungssituation des regionalen Gesundheitssystems oder das Bestehen einer Sogwirkung von Öffnungsschritten auf umliegende Landkreise mit höheren Inzidenzen (etwa „Einkaufstourismus“) andererseits.

Es ist ferner auch keine noch feinere Stufung der Inzidenzen und Öffnungsschritte kraft höherrangigen Rechts geboten. Auch dies obliegt vielmehr dem Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers, der sich im Übrigen bereits mit der gewählten Anzahl der Stufen Kritik hinsichtlich der Verständlichkeit des Konzepts ausgesetzt sieht.

Die Antragstellerin kann sich ebenso nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihrer Einschätzung nach eine Öffnung des Einzelhandels unter der Maßgabe einer Kombination der Hygienekonzepte mit Selbsttests besser zur Pandemiebekämpfung geeignet sei, dass ein kontrolliertes Umfeld für Begegnungen im Einzelhandel sich hierfür besser eigne und dass die Einbeziehung noch anderer Wirtschaftsbereiche in den „Lockdown“ geboten sei. Die Bewertung dieser Alternativen und die Entscheidung für oder gegen diese unterliegen gleichfalls der Einschätzungsprärogative und dem Regelungsspielraum des Verordnungsgebers. Evident und nach jeder Betrachtungsweise vorzugswürdig gegenüber der gewählten Konzeption erscheinen sie nicht. Die Privilegierung sonstiger Betriebsstätten der gewerblichen Wirtschaft gegenüber dem Einzel- und Großhandel rechtfertigt sich hierbei daraus, dass der Verordnungsgeber diesen wirtschaftlichen Bereichen für die Allgemeinheit eine besondere Bedeutung beilegen durfte (§ 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG). Überdies unterliegt auch die Öffnung dieser Bereiche über die Anordnung von Heimarbeits-Lösungen und Testpflichten (§ 3a SächsCoronaSchVO) besonderen Beschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 22. Dezember 2020 – 3 B 438/20 -, juris Rn. 56).

Die Prüfung ergibt schließlich auch nicht, dass die Ausgestaltung der Öffnungsmöglichkeit des § 8a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SächsCoronaSchVO durch die Beschränkung auf ein „Termin-Shopping“ und eine Begrenzung auf 40 m² pro Kunde voraussichtlich nicht zur Pandemiebekämpfung geeignet sind. Es ist vielmehr zu erwarten, dass die Notwendigkeit einer vorherigen Terminvereinbarung und die zusätzliche Kundenbegrenzung verhindern können, dass nach der Öffnung des Einzelhandels eine Vielzahl von Menschen einen „Shoppingbummel“ mit der entsprechenden großen Anzahl von infektionsträchtigen Kontakten unternimmt. Die Beschränkungen erscheinen geeignet, dafür zu sorgen, dass sich die Bevölkerung – jenseits der Deckung des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung – nur dann zum Einkaufen begibt, wenn vorher ein Termin vereinbart wurde, und dass sie hierbei auch nur zielgerichtet diejenigen Geschäfte aufsucht, für die das der Fall ist. Sie können damit das Zusammentreffen vieler Menschen in Warteschlangen vor den Läden und in den Einkaufszonen beim „Shoppingbummel“ verhindern oder zumindest verringern. Die zusätzliche Begrenzung der statthaften Kundenanzahl je Verkaufsfläche verhindert zudem noch besser infektionsträchtige Kontakte im Geschäft selbst. Dass der Verordnungsgeber diesbezüglich mit § 5 Abs. 2 SächsCoronaSchVO geringere Anforderungen an die privilegierten Geschäfte zur Deckung des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung des § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO stellt, ist hierbei nicht Ausdruck dessen, dass die Verordnungsgeber schon mit den Maßgaben des § 5 Abs. 2 SächsCoronaSchVO keine Infektionsgefahr mehr sähe, sondern vielmehr Ausdruck und Ergebnis der Abwägung zwischen dem Ziel der Verringerung der Infektionsgefahren einerseits und den negativen Auswirkungen weitergehender Beschränkungen auf die besonders bedeutsame Gewährleistung von Grundversorgung und Deckung des täglichen Bedarfs der Allgemeinheit andererseits (§ 28a Abs. 6 Satz 2 IfSG). Weil der Verordnungsgeber – wie ausgeführt – die angeordneten Maßnahmen nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen hat, sondern auch ihre sonstigen Auswirkungen berücksichtigen darf, kann und darf diese Abwägung jedoch bei Geschäften, die – wie der Textileinzelhandel – nachvollziehbar nicht der priorisierten Deckung des täglichen Bedarfs und der Grundversorgung zugeordnet werden, anders ausfallen (a. A. OVG Saarland, Beschl. v. 9. März 2021 – 2 B 58/21 -, juris).

Die angeordnete grundsätzliche Schließung unter beschränkten Öffnungsoptionen ist voraussichtlich auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinn. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin ist zwar gravierend. Er wird aber dadurch abgemildert, dass sich ihr nunmehr in Abhängigkeit von der regionalen Epidemieentwicklung mehr oder weniger beschränkte Öffnungsmöglichkeiten dartun. Darüber hinaus verfügt sie weiterhin über die Möglichkeit, ihr Sortiment im Onlinehandel und über Click & Collect-Angebote zu vertreiben. In die Abwägung ist auf der anderen Seite zudem ebenso einzustellen, dass bei einem ungehinderten Fortgang der Ausbreitung der Infektionen das durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Recht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit einer sehr großen Anzahl von Menschen, zu dessen Schutz der Staat verpflichtet ist, in massiver Weise beeinträchtigt werden würde. Das sächsische Gesundheitssystem befindet sich trotz der zunächst rückläufigen Infektionszahlen immer noch oberhalb der Belastungsgrenze, ab der das RKI Lockerungsmaßnahmen für vertretbar erachtet. Das Infektionsgeschehen weitet sich im Freistaat Sachsen bereits wieder sichtlich und in den letzten Tagen mit hoher Geschwindigkeit aus. Sollte es aufgrund der Virusmutation in kurzer Zeit zu einem starken Fortschreiten des Infektionsgeschehens komme, wäre wieder unmittelbar zu befürchten, dass an COVID-19 Erkrankte wie auch andere Patienten, die insbesondere eine intensivmedizinische Behandlung benötigen, nicht mehr die bestmögliche medizinische Behandlung erhalten können oder eine Triage durchzuführen sein wird. Zum Schutz der danach akut und in hohem Maße bedrohten Güter von Leben und körperlicher Unversehrtheit der Bevölkerung sind auch erhebliche Grundrechtseingriffe und hierunter voraussichtlich auch die hier in Rede stehenden Geschäftsschließungen verhältnismäßig. Dies entspricht, wie ausgeführt, auch der Wertung des Bundesgesetzgebers in § 28a Abs. 6 IfSG. Demgegenüber ist die angegriffene Betriebsschließung zeitlich auf einen begrenzten Zeitraum befristet, auch wenn man die Möglichkeit in Rechnung stellt, dass sich das Pandemiegeschehen nicht schon während des Geltungszeitraums der Verordnung von ca. vier Wochen in einem solch starken Maß abschwächt, dass die Maßnahmen dann wegfallen können. Zudem wird der Eingriff in die Grundrechte der Einzelhandelsunternehmen durch die seitens des Bundes zugesagten finanziellen Unterstützungsmaßnahmen abgemildert. Es lässt sich im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch nicht feststellen, dass die Unterstützungsmöglichkeiten für die von den infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen betroffenen Unternehmen völlig hinter dem zurückbleiben, was diese in der gegebenen Situation von der Allgemeinheit vernünftigerweise an Hilfestellung oder „Entschädigung“ erwarten können (vgl. m. w. N. zum offenen Streitstand zu diesem Problemkreis Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2020 – 3 B 438/20 -, juris Rn. 51 und Beschl. v. 4. März 2021 – 3 B 33/21 -, Rn. 30; BayVGH, Beschl. v. 15. Februar 2021 – 20 NE 21.406 -, juris Rn. 15 f.).

d) Auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG liegt voraussichtlich nicht vor.

Soweit die Antragstellerin meint, dass sie öffnen dürfe, weil die in ihren Geschäften angebotenen Textilien zur Grundversorgung oder dem täglichen Bedarf gehören würden, überzeugt das nicht. Es entspricht nämlich nicht dem Regelungskonzept der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung, dass sämtliche Geschäfte der Grundversorgung und des täglichen Bedarfs zur Öffnung befugt sind. Indem der Verordnungsgeber in § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO eine abschließende Aufzählung der zur Öffnung befugten Geschäfte vorgenommen hat, hat er zu erkennen gegeben, dass er innerhalb des Bereichs der Geschäfte des täglichen Bedarfs eine weitere Priorisierung vorgenommen hat. Der Senat hat in dem bereits benannten Beschluss vom 2. Februar 2021 (a. a. O.) dazu im Weiteren ausgeführt:

„Andernfalls hätte er normsystematisch mit einer beispielhaften Aufzählung oder einem Auffangtatbestand arbeiten müssen, wie dies etwa der Bayrische Verordnungsgeber getan hat. Ein derartiges Vorgehen des Sächsischen Verordnungsgebers ist im Rahmen der durch Art. 3 Abs. 1 GG vorgegebenen Grenzen in rechtlicher Hinsicht auch nicht zu beanstanden. Die vorgenommene Differenzierung ist nämlich nicht willkürlich, sondern auch ausweislich der allgemeinen Normbegründung von der sachlichen Überlegung getragen, dass eine weitestgehend mögliche Kontaktreduzierung bei Aufrechterhaltung der lebensnotwendigen Versorgung erfolgen soll. Hierbei sind mehrere Regelungskonzepte denkbar, soweit es um Waren des täglichen Bedarfs geht, welche typischerweise nicht nur in speziellen Fachgeschäften angeboten werden, sondern auch bei Anbietern von Mischsortimenten erhältlich sind. So wäre es denkbar, zur weitestgehend möglichen Beschränkung der Bewegung der Bevölkerung sämtliche Fachgeschäfte zu schließen. Dies hätte dann aber eine gewisse Ballung der Bevölkerung bei den Anbietern von Mischsortimenten zur Folge, welche dem Ziel des Infektionsschutzes abträglich sein könnte. Der Antragsgegner hat sich auch nicht für dieses Regelungsmodell entschieden, was bereits der Umstand zeigt, dass Getränkemärkte zur Öffnung befugt sind, obwohl in jedem Supermarkt auch Getränke zum Verkauf stehen. Dem Regelungskonzept liegt stattdessen die Überlegung zugrunde, dass die Kundenströme für von jedem Bürger nachgefragte Produkte entzerrt werden sollen, indem für diese Bereiche (Lebensmittelhandel, Getränkeversorgung, Drogerien) die Öffnung der entsprechenden Fachgeschäfte erlaubt wurde. Da dies dem vom Verordnungsgeber zur Begründung seiner Maßnahmen angegebenen Ziel der Kontaktvermeidung entspricht, indem so eine Ballung der Menschen in Supermärkten vermieden wird, handelt es sich um ein vom Normziel getragenes sachliches Regelungskonzept. Dagegen kann man auch nicht mit Erfolg einwenden, dass etwa die zur Öffnung befugten Sanitätshäuser keine – gemessen an der Gesamtbevölkerung – signifikante Versorgungsaufgabe wahrnehmen. Diesen ist ebenso wie den Optikern und Hörgeräteakustikern gemeinsam, dass sie einen speziellen unabweisbaren Bedarf befriedigen, der auch von großen Supermärkten regelmäßig nicht bedient werden kann. Dies trifft auch auf die weiteren in § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO genannten Gewerbe zu. Auch für den Tierbedarf wird man dies wohl noch annehmen können, wenn man die Vielfältigkeit der in Deutschland gehaltenen Haustiere bedenkt, deren ggf. benötigtes Spezialfutter in Supermärkten nicht vorhanden sein dürfte.“

Der Umstand, dass Friseurbetriebe nach § 4 Abs. 2 Nr. 23 Buchst. b Sächs-CoronaSchVO nunmehr wieder von der Schließung ausgenommen sind, stellt ebenfalls keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG dar. Der Senat hat hierzu in seinem Beschluss vom 26. November 2020 (- 3 B 354/20 -, juris Rn. 34) Folgendes ausgeführt:

„Ein sachlicher Differenzierungsgrund liegt in dem Umstand, dass der Friseurbesuch in aller Regel der Körperhygiene dient. Dabei ist vor allem auch an die ältere Bevölkerung zu denken, welche teilweise wegen körperlicher Gebrechen nicht mehr selbständig dazu in der Lage ist, sich die Haare zu waschen und zu frisieren. Unabhängig davon ist der Friseurbesuch aber auch deswegen für alle Bevölkerungsschichten unaufschiebbar, weil Haare wachsen und einer regelmäßigen Pflege bedürfen. … Vor diesem Hintergrund ist die Bewertung des Normgebers, dass der Friseurbesuch Bestandteil der Grundversorgung der Bevölkerung ist, nicht zu beanstanden und stellt einen ausreichenden sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung dar. Dass Friseure grundsätzlich auch weitere Tätigkeiten anbieten, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen. Es handelt sich dabei um über den regulären Friseurbesuch hinausgehende Zusatzleistungen, welche die Grundversorgungsrelevanz im Übrigen nicht in Frage stellen. Es erscheint vor dem Hintergrund des Gebots der Normenklarheit und Bestimmtheit auch nicht aus Gründen der Gleichstellung erforderlich, dass der Verordnungsgeber für den Bereich der erlaubten Dienstleistungen konkret vorgibt, welche Leistungen erbracht werden dürfen. Dazu wäre nämlich regelmäßig ein vertiefter Einblick in die von den einzelnen Gewerben angebotenen Dienstleistungen erforderlich, was angesichts der Komplexität der Normgebung nicht leistbar und auch nicht erforderlich erscheint. Zudem würde es für den Bürger als Rechtsanwender auch zunehmend undurchsichtiger, welche Leistungen im Einzelnen erlaubt sind. Dies gilt insbesondere auch in Hinblick auf die beschränkte Gültigkeitsdauer der angeordneten Maßnahmen.“

Hieran hält der Senat fest.

Der Senat hat es schließlich auch in der vergleichbaren Situation erster schrittweiser Lockerungen des „Lockdowns“ im Frühjahr 2020 nicht als Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber anderen Geschäften des Einzelhandels erachtet, dass der Verordnungsgeber Baumärkte, Gartenmärkte und den Buchhandel zu den privilegierten Geschäften der Grundversorgung gezählt hat, und hat hierbei darauf verwiesen, dass viele Menschen derzeit ohne Arbeit oder in Kurzarbeit sind und Zeit haben, zu renovieren und – gerade jetzt im Frühjahr – zum Beispiel ihren Garten zu bepflanzen, sowie dass die Öffnung von Geschäften des Buchhandels für die Bildung (Schule, Studium etc.), aber auch zur Berufsausübung von Bedeutung ist (SächsOVG, Beschl. v. 29. April 2020 – 3 B 144/20 -, juris Rn. 55). Diese Erwägungen beanspruchen auch derzeit Geltung. Soweit dies in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt wird (vgl. BayVGH, Beschl. v. 27. April 2020 – 20 NE 20.793 -, juris Rn. 38), muss eine Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, in dem auch der Instanzenzug zum Bundesverwaltungsgericht eröffnet ist; ein Verfassungsverstoß ist insoweit jedenfalls nicht offensichtlich.“

Der Senat weist darauf hin, dass die in den §§ 8 ff. SächsCoronaSchVO vorgesehenen Öffnungsmöglichkeiten nicht im Ermessen der zuständigen Behörde stehen. Die Verwendung des Begriffs „kann“ dürfte kein Hinweis auf eine im Ermessen stehende Entscheidung, sondern darauf sein, dass von den in § 4 SächsCoronaSchVO geregelten Verboten abgewichen werden darf, wenn die in den §§ 8 ff. SächsCoronaSchVIO geregelten Vorgaben, die auf einer Analyse der Gefährdungssituation durch den Verordnungsgeber beruhen, erfüllt sind (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 40 Rn. 31 ff. m. w. N.). Jedenfalls dürfte sich angesichts der tiefgreifenden Beeinträchtigung von Grundrechten der Ladeninhaber und der Betreiber der von § 4 SächsCoronaSchVO erfassten Einrichtungen wie auch ihrer Kunden ein dahingehenden Ermessen ohne weiteres auf Null reduziert haben.

4.2 Sowohl die gegen die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gerichteten Rügen der Antragstellerin als auch die Rüge einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung und damit eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz führen, soweit sie nicht bereits in den vorbezeichneten Entscheidungen der Sache nach gewürdigt worden sind, zu keiner Änderung der vorgenannten Rechtsprechung.

a) Bei der Betrachtung der die Antragstellerin treffenden Folgen ist nicht auf den Mutterkonzern abzustellen, den wegen der Vielzahl an unterschiedlichen Landesregelungen auch Maßnahmen unterschiedlichster Eingriffstiefe treffen, sondern auf die in L. ansässige Antragstellerin. Dort wird das von § 8 SächsCoronaSchVO geregelte System beschränkter Öffnungen von Einrichtungen des Einzel- und Großhandels und Ladengeschäfte praktiziert.

b) Die oben aufgeführten Überlegungen gelten bis zu einer Veränderung der Situation durch die flächendeckende Einführung von Tests und die beschleunigte Impfung fort. Denn bis dahin lassen sich Infektionen weitgehend nur durch eine Verringerung von Kontakten vermeiden. Die dabei vom Verordnungsgeber vorgenommene Differenzierung zwischen Ladengeschäften, die öffnen dürfen, und solchen, die sich dem Regime beschränkter Öffnungsmöglichkeiten gemäß §§ 8 ff. SächsCoronaSchVO unterwerfen müssen, sind gemäß den obigen Ausführungen rechtlich nicht zu beanstanden. Dass, wie die Antragstellerin moniert, die Schwelle für eine Privilegierung immer mehr sinke, mag teilweise zutreffen. Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass Leistungen, die für einen gewissen Zeitraum in der Bevölkerung noch nicht zwingend benötigt wurden (Fahrschulen, Frisör), ab einer längeren Zeitspanne zwingend erbracht werden müssen, um zu vermeiden, dass es zu unzumutbaren Beeinträchtigungen kommt.

c) Eine unzulässige Beeinträchtigung der Grundrechte der Antragstellerin durch eine sachlich nicht gerechtfertigte Besserstellung sogenannter Mischbetriebe ist nicht erkennbar.

Insbesondere erscheint die von der Antragstellerin befürchtete möglicherweise dauerhafte Abwanderung der Kunden dem Senat nicht plausibel. Denn auch wenn einige Einzelhandelsunternehmen die Palette von Waren, die zum Stammsortiment der Antragstellerin gehören, erweitert haben sollten, so ist doch davon auszugehen, dass abgesehen von weniger teuren oder technisch nicht anspruchsvollen Elektrogeräten Kunden, die eine größere Investition etwa für einen Fernseher oder eine Waschmaschine planen, den Kauf nicht in einem Ladengeschäft vornehmen, wo es (wegen der Regel, dass nicht mehr als 49 % solcher Waren in einem Mischbetreib angeboten werden dürfen) nicht nur an einer hinreichenden Auswahl fehlt, sondern insbesondere auch deshalb, weil nicht genug geschultes Personal zur Verfügung stehen dürfte, das den Kunden beraten und seine Kaufentscheidung vorbereiten könnte. Angesichts der Tatsache, dass schon bisher kaum Verkaufspersonal für eine qualifizierte Kundenberatung vorhanden und ansonsten mit der Kassenabfertigung und mit dem Auffüllen der Regale ausgelastet war, erscheint es schlicht unrealistisch, dass in den Mischbetrieben – unter der Maßgabe sich schnell ändernder Bedingungen – kurzfristig eine Qualifizierung des vorhandenen Personals oder eine nennenswerte Einstellung zusätzlichen qualifizierten Personals vorgenommen worden sein könnte.

Eine unzulässige Ungleichbehandlung ist auch nicht darin zu erkennen, dass Kunden, die etwa eine neue Waschmaschine, einen neuen Fernseher, ein Smartphone oder einen Computer benötigen, im Gegensatz zu anderen vom Verordnungsgeber in § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO für unverzichtbar erklärten Geschäften und Märkten des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung ihren unaufschiebbaren Kauf nicht in einem Geschäft wie dem der Antragstellerin vornehmen können. Denn die Antragstellerin kann – wie aufgezeigt – an ihrem Geschäftsort unter der Maßgabe des § 8 SächsCoronaSchVO für solche Kunden eine Einkaufsmöglichkeit vorsehen.

d) Schließlich folgt auch aus dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 19. März 2021 – 13 B 252/21.NE -, juris) nichts Anderes. Denn das Gericht hat die in dem dortigen § 11 Abs. 3 CoronaVV NW 12 enthaltenen Regelungen, die denen in den §§ 8 ff. SächsCoronaSchVO teilweise ähneln, für verhältnismäßig erachtet, weil sie grundsätzlich geeignet sind, Infektionsrisiken zu verringern. Desgleichen hat es die Maßnahmen für erforderlich und angemessen erachtet (a. a. O. Rn. 32 ff.). Ob die in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SächsCoronaSchVO vorgesehene Begrenzung der Kundenzahl pro angefangene 40 qm Verkaufsfläche gegen das Gleichbehandlungsgebot verstößt oder nicht (so OVG NRW, a. a. O. Rn. 85 ff.), kann offenbleiben, da sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag nicht gegen diese Regelung wendet.

5. Auch bei einer Folgenabwägung überwiegen die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen die gegenläufigen Interessen nicht.

Die von der Antragstellerin angegriffene Norm bewirkt zwar weiterhin einen gravierenden Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Die Antragstellerin hat zudem eine erhebliche wirtschaftliche Belastung durch die Infektionsschutzmaßnahmen nachvollziehbar dargetan. Andererseits währt dieser Eingriff in zeitlicher Hinsicht, auch wenn die Antragstellerin bereits im Frühjahr 2020 eine Betriebsschließung hinnehmen musste, die aktuelle Betriebsschließung bereits drei Monate andauerte und auch nach dem 31. März 2021 eine unbeschränkte Öffnung nicht sicher erscheint, insgesamt nur verhältnismäßig kurz. Ihre Folgen werden zudem durch die nun in Abhängigkeit von der regionalen Pandemieentwicklung bestehenden, wenngleich weiterhin erheblich beschränkten Öffnungsmöglichkeiten und den möglichen Vertrieb ihrer Waren durch den Onlinehandel und über Click & Collect-Angebote abgemildert. Zudem besteht für die Antragstellerin die Aussicht, dass die für die Bekämpfung der Pandemie erbrachten Opfer nunmehr voraussichtlich durch Ausgleichszahlungen teilweise kompensiert werden. Die danach verbleibenden wirtschaftlichen und grundrechtlich geschützten Interessen der Antragstellerin überwiegen, auch wenn sie sehr erheblich sind, nicht gegenüber dem Interesse am Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), welche angesichts des derzeitigen Infektionsgeschehens in überaus hohem Maße gefährdet sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11. November 2020 – 1 BvR 2530/20 -, juris Rn. 13 ff.; SächsVerfGH, Beschl. v. 25. Februar 2021 – Vf. 19-IV-21 [e. A.] -, juris; BbgVerfG, Beschl. v. 11. Dezember 2020 – 21/20 EA -, juris Rn. 17 ff.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG. Da die angegriffene Regelung mit Ablauf des 31. März 2021 außer Kraft tritt, zielt der Antrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, sodass eine Reduzierung des Streitwerts für das Eilverfahren nicht veranlasst ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

 

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