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Kein Recht auf „rechts vor links“ Vorfahrt auf öffentlichen Parkplätzen

Jedem Autofahrer ist die Regelung geläufig, dass es im Fall einer fehlenden anderslautenden Vorfahrtsregelung die grundsätzliche „rechts vor links“ Regelung gibt. Der Gedankengang, dass es sich bei öffentlichen Parkplätzen ähnlich verhält, ist dementsprechend naheliegend. Dieser Gedankengang ist jedoch oftmals falsch, wie jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Urteil bekräftigte. Der Fall, der dem BGH vorlag, betraf einen Unfall zwischen zwei Fahrzeugen, die sich auf einem öffentlichen Parkplatz bewegten. Der Kläger machte geltend, dass er im Recht sei, weil er sich an die „rechts vor links“ Regelung gehalten hätte.

Der BGH entschied jedoch, dass diese Regelung nicht auf öffentliche Parkplätzen automatisch anzuwenden ist. Auf Parkplätzen, auf denen keine spezifische Vorfahrt festgelegt ist, gilt im Allgemeinen nicht das Prinzip „rechts vor links“. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat festgestellt, dass die „rechts vor links“-Regel in Parkplätzen nur in Ausnahmefällen gilt. Dies trifft nur dann zu, wenn die Fahrspuren einen „eindeutigen Straßencharakter“ aufweisen, d.h. wenn sie deutlich für die Zu- und Abfahrt und den fließenden Verkehr ausgelegt sind.

Wenn Parkplätze keine Vorfahrtsregelung ausweisen, gibt es nicht automatisch „rechts vor links“

Rechts vor Links Regel auf Parkplätzen auf den Prüfstand
BGH-Urteil zur Regelung der Vorfahrt auf öffentlichen Parkplätzen – Die Regel „rechts vor links“ gilt auf Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrtsregelung nicht. Das geht aus einem BGH-Urteil hervor. Autofahrer sollten Rücksicht aufeinander nehmen und sich jeweils auf die Vorfahrt verständigen. (Symbolfoto: hxdbzxy/Shutterstock.com)

Auf vielen Parkplätzen ist das Schild zu lesen, dass die Straßenverkehrsordnung (StVO) auf dem entsprechenden Platz zur Geltung kommt. In derartigen Fällen kann ein Autofahrer davon ausgehen, dass die „rechts vor links“ Regelung auch zum Einsatz kommt. Fakt ist jedoch, dass es sich bei einem derartigen Schild um eine sogenannte extra Vorfahrtsregelung handelt, auf welche der Parkplatzbetreiber mit dem Schild deutlich hinweist. Sollte ein derartiger Hinweis jedoch nicht vorhanden sein, so gilt dem reinen Grundsatz nach nicht automatisch die gängige Vorfahrtsregelung. Dieser Grundsatz wurde nunmehr höchstrichterlich mit Urteil geklärt. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, dass sich der BGH mit dieser Frage beschäftigt hat.

Der BGH unterstrich mit seinem Urteil die Ansicht, dass die gegenseitige Rücksichtnahme der Autofahrer die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer erheblich mehr gewährleiste. Dementsprechend ist eine gegenseitige Verständigung der jeweiligen Autofahrer untereinander unerlässlich. Dies ist der wesentliche Kontext des Urteils von dem BGH vom 22. November 2022 (Aktenzeichen ZR 344/21).

Der zugrundeliegende Fall

Wie bei jeder Entscheidung des BGH ging auch diesem Urteil zunächst ein Fall voraus, welcher entschieden werden musste. Zwei Autofahrer aus dem Norden, genauer gesagt aus der Hansestadt Lübeck, kollidierten auf einem Parkplatz eines Baumarktes in dem Kreuzungsbereich miteinander. Der Grund für die Kollision lag in dem Umstand, dass sich beide Autofahrer aufgrund eines vor Ort parkenden Sattelzuges nicht gegenseitig und zeitig genug sehen konnten. Derjenige Autofahrer, welcher die Klage einreichte, befuhr den Kreuzungsbereich von der rechten Seite aus und war überzeugt, dass er Vorfahrt hatte. Aufgrund dieser Ansicht vertrat der Autofahrer auch die Meinung, dass er keinerlei Haftung für den aufgetretenen Schaden würde übernehmen müssen.

Die Vorinstanzen hatten bereits eine Entscheidung getroffen

In den Vorinstanzen zu der BGH-Entscheidung gab es bereits die richterlichen Urteilssprüche, dass gem. § 17 Abs. 1 sowie Abs. 2 StVG (Straßenverkehrsgesetz) die Haftungsquote 70:30 im Sinne des Klägers zur Anwendung kommen müsste. Der Grund für diese Quotenregelung lag jedoch nicht in dem Umstand, dass ein Verstoß gegen den § 8 StVO vorliegen würde. Dieser Paragraf regelt die Vorfahrt an Einmündungen sowie Kreuzungen dahin gehend, dass der von rechts einfahrende Verkehrsteilnehmer Vorfahrt gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern hat. Die Vorinstanzen wendeten die Quotenregelung aufgrund des Umstandes an, dass die Gegenseite des Klägers in einem als unübersichtlich geltenden Bereich mit einer überhöhten Geschwindigkeit unterwegs gewesen ist.

Bei der Entscheidungsfindung wurden seitens der Gerichte die Vorfahrtsregelung „rechts vor links“ nicht primär behandelt. Vielmehr spielte die Vorfahrtsregelung eine eher untergeordnete Rolle.

Parkplätze mit Fahrbahnen stellen keine Straßen dar

Mit seiner Entscheidung bekräftigte der BGH bereits die Entscheidung, welche von dem Berufungsgericht getroffen wurde. Die StVO komme zwar dem reinen Grundsatz nach auch für als privat geltende Parkplätze in Betracht, allerdings setzt dies die Zugänglichkeit des Parkplatzes für die Allgemeinheit voraus. Dies ist im Fall des Baumarktparkplatzes eindeutig der Fall gewesen. Die grundsätzliche Anwendung der entsprechenden Vorfahrtsregelung „rechts vor links“ im Sinne des § 8 StVO sei jedoch nicht relevant, da die entsprechenden Fahrgassen des Parkplatzes nicht als Kreuzung deklariert sind. Dementsprechend ist das Gebot der unmittelbaren sowie auch mittelbaren gegenseitigen Rücksichtnahme gem. § 1 Abs. 2 StVO als höherwertig anzusiedeln. Der BGH betonte dabei nochmals, dass das Wesen einer Kreuzung darin liege, dass zwei Fahrbahnen einander kreuzen.

Der BGH erläutert das Wesen der Straßen

Bei einer Straße handelt es sich rechtlich betrachtet um die Art von Fahrbahn, welche für einen fließenden Verkehr sorge. Dementsprechend ist der Verkehr darauf ausgelegt, dass sämtliche Verkehrsteilnehmer ungehindert sowie auch zügig die Straßenstrecke zurücklegen können. Bei dem vorliegenden Fall handelte es sich jedoch um einen Baumarktparkplatz, bei dem die Fahrbahn eben jenes Wesen der Straße nicht innehabe. Vielmehr dienen die Fahrbahnen auf einem Parkplatz laut Ansicht des BGH auch dem Be- sowie Entladen von Fahrzeugen sowie dem Rangieren. Es muss dabei ebenfalls berücksichtigt werden, dass auf den Fahrbahnen eines öffentlichen Parkplatzes auch Fußgänger auf dem Weg zu ihrem Ziel unterwegs seien. Dieser Umstand steht jedoch dem Wesen der Straße, das zügige Vorankommen, eindeutig entgegen.

Bedingt durch den Umstand, dass die Fahrbahnen eines öffentlichen Parkplatzes von verschiedenen Verkehrsteilnehmern genutzt werden, ist laut Ansicht des BGH eine strenge Vorfahrtregelauslegung wie bei einer öffentlichen Straße nicht zwingend erforderlich.

Es wird ein Umdenken erforderlich

Bei zahllosen Autofahrern erfordert die ständige Rechtsprechung des BGH nunmehr ein Umdenken. Es ist zwar davon auszugehen, dass viele Autofahrer auch weiterhin auf öffentlichen Parkplätzen von einer bestehenden „rechts vor links“ Vorfahrtsregelung ausgehen werden, allerdings ist diese nicht immer auch automatisch gegeben. Dieser Umstand wurde von den Richtern des BGH nochmals ausdrücklich betont. Der Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme und des vorausschauenden Fahrens im Sinne der gebotenen Situation ist weitaus höher anzusehen als die gängige „rechts vor links“ Regelung. Dies bringt auch den Umstand mit sich, dass ein Autofahrer immer damit rechnen muss, dass der andere Verkehrsteilnehmer von der gängigen Vorfahrtsregelung „rechts vor links“ ausgeht. Dieser Umstand rechtfertigt jedoch nicht, dass sich derjenige Autofahrer, der von der rechten Seite in die Fahrbahn des Parkplatzes einfährt, als privilegiert ansehen darf. Auch dieser Autofahrer muss den Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtnahme beherzigen und auch stets davon ausgehen, dass auf dem öffentlichen Parkplatz die gängige Vorfahrtsregelung keine Gültigkeit hat.

Im Eigeninteresse Rücksicht nehmen

Der vorliegende Fall zeigt deutlich, dass auch ein Autofahrer, der auf einem Parkplatz von der rechten Fahrbahn in eine andere Fahrbahn einbiegt, nicht automatisch von der Haftung eines Verkehrsunfallschadens befreit ist. Diese Denkweise sollte sich schnellstmöglich in den Köpfen der Autofahrer etablieren, auch wenn nahezu jeder Autofahrer die Vorfahrtsregelung „rechts vor links“ in der Fahrschule regelrecht eingebläut bekommt. Auf einem öffentlichen Parkplatz jedoch hat dieser Grundsatz nun einmal nicht immer Geltung. Es kommt vielmehr auf die Gesamtsituation an und darauf, dass beide Verkehrsteilnehmer einen Unfall unter allen Umständen verhindern müssen.

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