Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Urteil zur Balance von Datenschutzrechten und richterlicher Unabhängigkeit
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Voraussetzungen müssen für eine erfolgreiche Datenschutzklage gegen Social Media Unternehmen erfüllt sein?
- Wie kann ich nachweisen, dass meine persönlichen Daten unrechtmäßig zu Werbezwecken verwendet wurden?
- Wann besteht Anspruch auf Schadensersatz bei Datenschutzverstößen durch Social Media Plattformen?
- Welchen Einfluss haben Entscheidungen von Datenschutzbehörden auf zivilrechtliche Klagen?
- Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich bei Ablehnung meiner Auskunftsansprüche durch Social Media Betreiber?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Ingolstadt
- Datum: 07.06.2024
- Aktenzeichen: 31 O 617/23
- Verfahrensart: Klageverfahren wegen behaupteter Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)
- Rechtsbereiche: Datenschutzrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Klagepartei, eine Nutzerin der Plattformen der Beklagten. Sie beansprucht Auskunft, Schadensersatz und Unterlassung aufgrund von vermeintlichen DSGVO-Verstößen.
- Beklagte: Die Beklagte, ein Unternehmen mit Sitz in Dublin, das die betreffenden Plattformen betreibt. Sie widerspricht den Ansprüchen des Klägers und hält die Datenverarbeitung für rechtmäßig.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klagepartei verlangt von der Beklagten Auskunft über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten, Schadensersatz von 1.500 EUR und die Unterlassung der weiteren Verarbeitung ihrer Daten zu Werbezwecken. Sie behauptet, dass die Beklagte ihre Daten ohne wirksame Zustimmung für individualisierte Werbung verwendet hat.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage ist, ob die Beklagte gegen die DSGVO verstoßen hat, indem sie Personenbezogene Daten des Klägers zu Werbezwecken verarbeitete und dadurch ein Anspruch auf Auskunft, Schadensersatz und Unterlassung besteht.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- Begründung: Der Auskunftsanspruch des Klägers wurde abgelehnt, da die Beklagte ihrer Auskunftspflicht durch ein vorheriges Schreiben nachgekommen sei und keine personenbezogenen Daten an Dritte weitergegeben habe. Der Anspruch auf Schadensersatz wurde abgelehnt, da der Kläger keinen konkreten Schaden nachweisen konnte und die bloße Unzufriedenheit mit dem Geschäftsmodell der Beklagten keinen immateriellen Schaden darstellt. Für den Löschungsantrag fehlte ein hinreichend konkreter Vortrag zu den angeblich verarbeiteten Daten.
- Folgen: Der Kläger muss die Kosten des Verfahrens tragen. Die Entscheidung verdeutlicht, dass DSGVO-Schadenersatzansprüche konkrete Nachweise für den Schaden erfordern und dass Zivilgerichte nicht an die Entscheidungen von Datenschutzbehörden gebunden sind. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 110% des zu vollstreckenden Betrags.
Urteil zur Balance von Datenschutzrechten und richterlicher Unabhängigkeit
Die rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Datenschutzrechts sind komplex und oft von Spannungen geprägt. Im Kern steht die Herausforderung, individuelle Datenschutzrechte zu wahren, während gleichzeitig die richterliche Unabhängigkeit der Zivilgerichte gesichert werden muss. Die EU-Datenschutzgrundverordnung stellt zwar klare Anforderungen, doch die Bindungsfreiheit der Zivilgerichte gegenüber den Entscheidungen von Datenschutzbehörden bleibt ein umstrittenes Thema. Diese Divergenz wirft Fragen auf hinsichtlich der rechtlichen Nachvollziehbarkeit und der Einhaltung von Datenschutzrichtlinien.
In einem kürzlich ergangenen Urteil wurden grundlegende Prinzipien zur gerichtlichen Überprüfung von Entscheidungen der Datenschutzbehörden behandelt. Dieses Urteil beleuchtet die Balance zwischen Rechtsprechung und den Aufsichtsfunktionen der Datenschutzbehörden und wird im Folgenden näher analysiert.
Der Fall vor Gericht

Ein Nutzer sozialer Medien scheiterte vor dem Landgericht Ingolstadt mit seiner Klage gegen einen Plattformbetreiber wegen angeblicher Datenschutzverstöße. Der Kläger hatte Auskunft über seine personenbezogenen Daten, Schadensersatz in Höhe von 1.500 Euro sowie die Löschung seiner zu Werbezwecken verarbeiteten Daten gefordert.
Unzureichende Darlegung der persönlichen Daten
Der Kläger gab an, für die Registrierung auf den Plattformen persönliche Daten wie Namen, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum und Geschlecht bereitgestellt zu haben. Das Gericht bemängelte jedoch, dass er nicht konkret darlegte, welche Daten tatsächlich übermittelt wurden. Wie das Gericht ausführte, sei gerichtsbekannt, dass Nutzer sich häufig mit fiktiven Daten oder Aliasnamen anmelden, da keine Verifikation stattfindet.
Auskunftserteilung bereits erfolgt
Die Beklagte hatte dem Kläger bereits am 10. Mai 2023 mitgeteilt, dass sie keine personenbezogenen Daten an Werbetreibende weitergibt, sofern keine Erlaubnis vorliegt. In ihrer Datenrichtlinie erläuterte sie, dass Werbetreibende lediglich aggregierte statistische Daten über Nutzergruppen erhalten, die mit Werbeanzeigen interagieren. Damit sah das Gericht die Auskunftspflicht nach Art. 15 DSGVO als erfüllt an.
Kein Anspruch auf Schadensersatz
Der geforderte Schadensersatz wurde abgelehnt, da der Kläger nach Ansicht des Gerichts weder einen konkreten Schaden noch die Weitergabe seiner Daten nachweisen konnte. Das Gericht betonte, dass die Beweislast für einen immateriellen Schaden beim Kläger liege. Das vom Kläger vorgebrachte „Unwohlsein“ bezüglich personalisierter Werbung reiche nicht aus, zumal er später der Nutzung seiner Daten zustimmte, statt ein werbefreies Abonnement zu wählen.
Werbebasiertes Geschäftsmodell rechtmäßig
Das Gericht stellte klar, dass das werbebasierte Geschäftsmodell der kostenlosen Plattformen weder ehrenrührig noch verboten sei. Ähnlich wie bei kostenlosen Zeitungen oder privaten TV-Sendern ermögliche die Werbefinanzierung ein kostenloses Angebot für Nutzer. Der Kläger habe die Wahl, die Dienste nicht zu nutzen oder für ein werbefreies Angebot zu bezahlen.
Datenschutzbehördliche Entscheidungen nicht bindend
Eine Entscheidung der irischen Datenschutzbehörde, die die Datenverarbeitung der Beklagten als rechtswidrig einstufte, hatte für das Gericht keine bindende Wirkung. Das Gericht betonte, es müsse die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch eigenständig prüfen. Zudem habe Art. 82 DSGVO keine Straffunktion, sondern diene ausschließlich dem Ausgleich tatsächlich entstandener Schäden.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Das Urteil stellt klar, dass bei Klagen wegen DSGVO-Verstößen die betroffene Person konkret nachweisen muss, welche ihrer Daten wie verarbeitet wurden und welcher Schaden dadurch entstanden ist. Ein bloßes Unwohlsein wegen personalisierter Werbung reicht für Schadensersatz nicht aus. Das werbebasierte Geschäftsmodell kostenloser Online-Plattformen ist grundsätzlich rechtmäßig, solange keine identifizierbaren Nutzerdaten an Werbetreibende weitergegeben werden.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie sich durch personalisierte Werbung in sozialen Medien gestört fühlen, haben Sie grundsätzlich drei Optionen: Sie können die Plattform weiter kostenfrei mit Werbung nutzen, zu einem werbefreien Bezahlmodell wechseln oder den Dienst nicht mehr verwenden. Für erfolgreiche Klagen wegen Datenschutzverstößen müssen Sie künftig genau dokumentieren, welche Ihrer persönlichen Daten wie verwendet wurden und welcher konkrete Schaden Ihnen dadurch entstanden ist. Ein subjektives Störgefühl durch Werbung begründet keinen Schadensersatzanspruch. Bevor Sie rechtliche Schritte einleiten, sollten Sie prüfen, ob die Plattform tatsächlich Ihre identifizierbaren Daten an Dritte weitergibt oder nur anonymisierte Nutzerstatistiken für Werbezwecke verwendet.
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Bei Datenschutzverstößen und unzulässiger Datenweitergabe kommt es auf die präzise Dokumentation und rechtliche Bewertung der Einzelfallumstände an. Unsere erfahrenen Anwälte unterstützen Sie dabei, Ihre persönlichen Rechte im digitalen Raum durchzusetzen und prüfen die Erfolgsaussichten Ihres individuellen Falls. Lassen Sie uns gemeinsam analysieren, ob in Ihrem Fall ein relevanter Datenschutzverstoß vorliegt. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Grundlegende Anspruchsvoraussetzungen
Der zentrale Anspruch auf Schadensersatz bei Datenschutzverstößen ergibt sich aus Art. 82 DSGVO. Für eine erfolgreiche Klage müssen Sie nachweisen können, dass ein Verstoß gegen die DSGVO vorliegt und dadurch ein Schaden entstanden ist.
Nachweis des Schadens
Nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung vom November 2024 reicht bereits der reine Kontrollverlust über personenbezogene Daten aus, um einen immateriellen Schaden zu begründen. Sie müssen dabei keine konkreten negativen Folgen oder einen tatsächlichen Missbrauch Ihrer Daten nachweisen.
Darlegungs- und Beweislast
Die Anforderungen an Ihre Beweisführung sind verhältnismäßig niedrig. Sie müssen zunächst nur zwei Aspekte darlegen:
- Dass das Social Media Unternehmen Ihre Daten verarbeitet hat
- Dass eine Verletzung von DSGVO-Normen vorliegt
Das beklagte Unternehmen muss dann nachweisen, dass es alle Anforderungen der DSGVO angemessen berücksichtigt hat.
Schadenshöhe
Der BGH hat in seiner Grundsatzentscheidung festgelegt, dass allein für den Kontrollverlust über personenbezogene Daten ein Schadensersatz von 100 Euro als angemessen anzusehen ist. Zusätzlich können Sie auch zukünftige Schäden geltend machen, etwa wenn Ihre Daten im Darknet auftauchen und für kriminelle Aktivitäten missbraucht werden.
Wie kann ich nachweisen, dass meine persönlichen Daten unrechtmäßig zu Werbezwecken verwendet wurden?
Bei der unrechtmäßigen Verwendung personenbezogener Daten zu Werbezwecken gilt eine besondere Beweislastverteilung. Das werbende Unternehmen muss nachweisen, dass die Datenverarbeitung rechtmäßig erfolgt ist. Dies ergibt sich aus der Rechenschaftspflicht der DSGVO.
Dokumentation des Werbekontakts
Wenn Sie Werbekontakte erhalten, sollten Sie diese sorgfältig dokumentieren:
- Speichern Sie erhaltene Werbe-E-Mails vollständig ab
- Machen Sie Screenshots von Werbenachrichten
- Notieren Sie bei Telefonwerbung Datum, Uhrzeit und Namen des Anrufers
- Bewahren Sie erhaltene Postwerbung auf
Rechtliche Ausgangssituation
Die Verarbeitung personenbezogener Daten für Werbezwecke ist nur in zwei Fällen zulässig:
- Mit Ihrer ausdrücklichen Einwilligung
- Bei berechtigtem Interesse des Unternehmens unter strengen Voraussetzungen
Durchsetzung Ihrer Rechte
Wenn Sie einen Verstoß vermuten, können Sie:
- Beim werbenden Unternehmen Auskunft über die gespeicherten Daten verlangen. Das Unternehmen muss Ihnen mitteilen, woher es Ihre Daten hat und wie diese verarbeitet werden.
- Der Datenverarbeitung zu Werbezwecken widersprechen. Das Unternehmen muss dann die Verarbeitung Ihrer Daten für Werbezwecke unverzüglich einstellen.
- Bei fortgesetzten Verstößen können Sie Schadensersatz geltend machen. Die Gerichte sprechen bei nachgewiesenen Verstößen Entschädigungen zu, beispielsweise 5.000 Euro bei Verletzung von Betroffenenrechten.
Die unrechtmäßige Werbung per E-Mail ist besonders streng reguliert. Wenn Sie keine Einwilligung erteilt haben, liegt automatisch ein Verstoß vor. Bei E-Mail-Adressen muss allerdings ein Personenbezug bestehen, damit die datenschutzrechtlichen Regelungen greifen.
Ein Anspruch auf Schadensersatz bei Datenschutzverstößen durch Social Media Plattformen besteht bereits dann, wenn Sie die Kontrolle über Ihre personenbezogenen Daten verlieren. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Sie dabei weder einen konkreten Missbrauch Ihrer Daten noch zusätzliche spürbare negative Folgen nachweisen.
Voraussetzungen für den Schadensersatzanspruch
Wenn Sie einen Schadensersatzanspruch geltend machen möchten, müssen Sie lediglich nachweisen, dass Sie von einem Datenschutzvorfall betroffen waren. Der Anspruch basiert auf Artikel 82 Abs. 1 DSGVO, wonach Ihnen Schadensersatz zusteht, wenn durch einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung ein materieller oder Immaterieller Schaden entstanden ist.
Höhe des Schadensersatzes
Bei einem reinen Kontrollverlust über Ihre Daten können Sie mit einer Entschädigung von etwa 100 Euro rechnen. Dieser Betrag kann höher ausfallen, wenn zusätzliche Beeinträchtigungen wie psychische Belastungen hinzukommen.
Durchsetzung des Anspruchs
Wenn Sie von einem Datenleck betroffen sind, können Sie Ihre Ansprüche bis zum 31. Dezember 2024 geltend machen. Die betroffene Plattform muss dabei beweisen, dass ihre Schutzmaßnahmen angemessen waren. Gelingt dieser Beweis nicht, liegt ein Datenschutzverstoß vor, der Ihren Anspruch begründet.
Welchen Einfluss haben Entscheidungen von Datenschutzbehörden auf zivilrechtliche Klagen?
Die DSGVO enthält keine spezifischen Bestimmungen zur Bindungswirkung zwischen behördlichen Entscheidungen und zivilgerichtlichen Verfahren.
Verhältnis zwischen Behörden und Zivilgerichten
Bei Datenschutzverletzungen stehen zwei parallele Wege zur Verfügung: die Beschwerde bei der Datenschutzbehörde und der zivilrechtliche Rechtsweg. Die Zivilgerichte sind in ihrer Entscheidungsfindung grundsätzlich unabhängig von den Entscheidungen der Datenschutzbehörden.
Bindungswirkung von Verwaltungsentscheidungen
Eine gesetzliche Bindungswirkung der Zivilgerichte an Verwaltungsentscheidungen existiert nicht. Bei Strafverfügungen wird eine Bindungswirkung verneint, da Betroffene diese oft aus praktischen Gründen unangefochten lassen. Bei schwerwiegenden Verwaltungsstrafen nach der DSGVO könnte hingegen eine Bindungswirkung angenommen werden.
Bedeutung für Schadensersatzansprüche
Wenn Sie einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO geltend machen möchten, können Sie diesen unabhängig von einer behördlichen Entscheidung vor den ordentlichen Gerichten einklagen. Die Zivilgerichte prüfen dabei eigenständig: den Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften, den entstandenen Schaden, die Kausalität und das Verschulden.
Beweisführung vor Gericht
Die Beweisführung folgt den Regeln des nationalen Prozessrechts. Wenn Sie als betroffene Person Anhaltspunkte für einen Verstoß vortragen, können die Grundsätze der sekundären Darlegungslast zur Anwendung kommen. Dies bedeutet, dass das Unternehmen detailliert zu den internen Verarbeitungsvorgängen Stellung nehmen muss.
Bei einer Ablehnung Ihres Auskunftsanspruchs durch Social-Media-Plattformen können Sie eine gerichtliche Anordnung nach § 21 Abs. 3 TTDSG erwirken. Dies ist der zentrale Weg zur Durchsetzung Ihrer Rechte.
Voraussetzungen für den Auskunftsanspruch
Der Auskunftsanspruch besteht, wenn durch rechtswidrige Inhalte Ihre absolut geschützten Rechte verletzt wurden. Dies umfasst insbesondere:
- Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
- Beleidigungen oder rufschädigende Äußerungen
- Verletzungen durch Fake-Profile
Umfang der Auskunft
Bei erfolgreicher Durchsetzung müssen die Plattformbetreiber folgende Bestandsdaten offenlegen:
- Name des Nutzers
- E-Mail-Adresse
- Telefonnummer
Gerichtliches Verfahren
Das Bundesverfassungsgericht hat die Möglichkeiten zur Durchsetzung von Auskunftsansprüchen deutlich gestärkt. Wenn die Plattform die Auskunft verweigert, können Sie beim zuständigen Gericht einen Antrag auf Gestattung der Auskunftserteilung stellen.
Bei unklarem Umfang der benötigten Daten ist eine Stufenklage nach § 254 ZPO möglich. Dabei wird zunächst der genaue Umfang der vorhandenen Daten ermittelt, bevor in der zweiten Stufe die eigentliche Herausgabe erfolgt.
Grenzen des Auskunftsanspruchs
Die Plattformen dürfen die Auskunft verweigern, wenn Ihr Antrag offensichtlich unbegründet oder exzessiv ist. Die Schwelle hierfür ist jedoch sehr hoch. Ein Missbrauch liegt beispielsweise vor, wenn Ihnen die geforderten Informationen bereits vollständig vorliegen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Personenbezogene Daten
Alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Dazu gehören Name, Adresse, E-Mail, aber auch Online-Kennungen wie IP-Adressen oder Cookie-IDs. Die Regelungen hierzu finden sich in Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Anders als anonymisierte oder aggregierte Daten ermöglichen personenbezogene Daten einen direkten Rückschluss auf eine bestimmte Person. Beispiel: Die E-Mail-Adresse max.mustermann@email.de ist ein personenbezogenes Datum, während die statistische Aussage „20% der Nutzer sind männlich“ keine personenbezogenen Daten enthält.
Beweislast
Die rechtliche Pflicht einer Partei in einem Gerichtsverfahren, bestimmte Tatsachen zu beweisen. Kann die beweispflichtige Partei den erforderlichen Beweis nicht erbringen, trägt sie die negativen Folgen. Geregelt in § 286 ZPO. Im Zivilprozess muss grundsätzlich jede Partei die für sie günstigen Tatsachen beweisen. Beispiel: Wer Schadensersatz fordert, muss sowohl den Schaden als auch dessen Höhe nachweisen können.
Immaterieller Schaden
Ein nicht-wirtschaftlicher Schaden, der sich nicht in Geld messen lässt, wie beispielsweise seelische Belastungen, Schmerzen oder Rufschädigung. Im Datenschutzrecht nach Art. 82 DSGVO kann auch für immaterielle Schäden Ersatz verlangt werden. Die bloße Befürchtung eines Schadens oder ein unspezifisches „Unwohlsein“ reichen jedoch nicht aus. Beispiel: Eine unrechtmäßige Veröffentlichung privater Fotos kann einen immateriellen Schaden durch die Verletzung der Persönlichkeitsrechte verursachen.
Aggregierte Daten
Zusammengefasste und anonymisierte Datensätze, die keine Rückschlüsse auf einzelne Personen mehr zulassen. Sie werden aus personenbezogenen Daten durch statistische Aufbereitung erstellt. Nach Art. 4 DSGVO fallen sie nicht unter den Schutz personenbezogener Daten. Beispiel: Die Aussage „30% der Nutzer sind zwischen 20-30 Jahre alt“ ist eine aggregierte Information, die keine Identifizierung Einzelner ermöglicht.
Datenschutzbehörde
Unabhängige staatliche Aufsichtsbehörden, die die Einhaltung der Datenschutzgesetze überwachen und bei Verstößen einschreiten können. Ihre Befugnisse sind in Art. 51 ff. DSGVO geregelt. Sie können Bußgelder verhängen und verbindliche Anordnungen treffen. Allerdings sind ihre Entscheidungen für Zivilgerichte nicht automatisch bindend. Diese müssen Sachverhalte eigenständig prüfen und bewerten.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Art. 15 DSGVO: Dieser Artikel regelt das Auskunftsrecht der betroffenen Person über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten. Die betroffene Person hat das Recht, vom Verantwortlichen Informationen darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden, und wenn ja, Auskunft über diese Daten zu erhalten. Im vorliegenden Fall macht der Kläger von diesem Recht Gebrauch und fordert umfassende Informationen über die zu Werbezwecken verarbeiteten Daten, was die Beklag jedoch nicht erfüllt.
- Art. 82 DSGVO: Art. 82 regelt das Recht auf Schadensersatz bei Verstößen gegen die DSGVO. Betroffene Personen haben das Recht, Schadensersatz zu verlangen, wenn ihnen durch eine Verarbeitung, die gegen die Verordnung verstößt, Schaden entsteht. Der Kläger verlangt Schadensersatz in Höhe von 1.500,00 € aufgrund der nicht erteilten Auskunft und der Verwendung seiner Daten zu Werbezwecken, wobei das Gericht feststellt, dass hierfür eine Beweislast zu tragen.
- Art. 6 DSGVO: Dieser Artikel definiert die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten. Eine Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn sie auf einer der im Artikel genannten Rechtsgrundlagen beruht, etwa auf Einwilligung oder berechtigtem Interesse. Im konkreten Fall wird die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung durch die Beklagte in Frage gestellt, da der Kläger behauptet, keine wirksame Zustimmung gegeben zu haben.
- Art. 32 DSGVO: Dieser Artikel behandelt die Sicherheitsmaßnahmen, die bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu ergreifen sind. Es wird gefordert, dass Verantwortliche geeignete technische und organisatorische Maßnahmen treffen, um ein angemessenes Sicherheitsniveau zu gewährleisten. Im vorliegenden Fall spielt die Sicherheit der personenbezogenen Daten des Klägers eine Rolle, da ein Missbrauch und eine unsachgemäße Verarbeitung der Daten seinen Ansprüchen zugrunde liegen.
- Art. 77 DSGVO: Dieser Artikel ordnet das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde an. Betroffene Personen haben das Recht, Beschwerde einzulegen, wenn sie der Ansicht sind, dass die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten gegen die DSGVO verstößt. Der Kläger könnte in diesem Fall auch in Erwägung ziehen, eine Beschwerde gegen die Beklagte einzureichen, falls er keine zufriedenstellende Auskunft oder Rechte durchsetzt, was die Handhabung seiner DATENSCHUTZSORGEN weiter unterstützen würde.
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Das vorliegende Urteil
LG Ingolstadt – Az.: 31 O 617/23 – Endurteil vom 07.06.2024
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz