AG Wiesloch, Az.: 2 C 67/13, Urteil vom 15.08.2013
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 5.000,00 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 05.04.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin macht eine Regressforderung aus einem Verkehrsunfall gegen ihren Versicherungsnehmer geltend.
Die Klägerin war und ist der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer des Fahrzeugs des Beklagten, dessen Halter und Fahrer der Beklagte war.
Zwischen den Parteien besteht ein Kraftfahrt-Versicherungsvertrag, dem die AKB mit Stand 01.08.2008 zugrunde liegen. Dort ist unter Ziff. E.1.3 geregelt:
„Aufklärungspflicht
Sie sind verpflichtet, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadenereignisses dienen kann. Dies bedeutet insbesondere, dass Sie unsere Fragen zu den Umständen des Schadenereignisses wahrheitsgemäß und vollständig beantworten müssen und den Unfallort nicht verlassen dürfen, und die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.“
Unter lit.E.7. heißt es:
„Haben Sie Aufklärungs- und Schadenminderungspflicht nach E.1.3 und E.1.4 vorsätzlich und in besonders schwerwiegender Weise verletzt, insbesondere bei unerlaubtem Entfernen vom Unfallort, unterlassener Hilfeleistung, bewusst wahrheitswidrigen Angaben uns gegenüber, erweitert sich die Leistungsfreiheit auf einen Betrag in Höhe von höchstens EUR 5.000,00.“
Am 20.04.2012 kam es gegen 13:45 Uhr in Heidelberg an der Kreuzung Kirschner Straße/Im …….zu einem Verkehrsunfall, bei dem die Rollerfahrerin…. stürzte. Frau . befuhr dabei die bevorrechtigte Straße, der Beklagte befuhr die untergeordnete Straße. Wegen Unfallflucht in Zusammenhang mit diesem Unfallereignis wurde der Beklagte durch Strafbefehl des Amtsgerichts Heidelberg rechtskräftig verurteilt. Die Klägerin hat aufgrund des Unfalls Schadenersatz in Höhe von 10.129,74 EUR an Frau D. bezahlt.
Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe die Vorfahrt der Rollerfahrerin missachtet, weshalb diese gebremst habe und gestürzt sei.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte habe sich seiner Feststellungspflicht besonders dreist entzogen. Trotz Aufforderung der Unfallzeugin S. auszusteigen und zu helfen, habe er dies nicht getan mit dem Hinweis schwerbehindert zu sein. Anschließend sei er davongefahren. Von der Polizei zu Hause aufgesucht, habe sich der Beklagte geweigert, seine Personalien und Führerscheindaten anzugeben. Auch die Fahrereigenschaft habe er nicht aufklären wollen. Der Beklagte habe sich arglistig verhalten.
Die Klägerin beantragt zuletzt: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 5.000,00 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 15.11.2012 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt zuletzt, die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, er habe vor der Kreuzung ordnungsgemäß angehalten. Die Rollerfahrerin habe witterungsbedingt die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren und sei deswegen gestürzt. Der Roller sei ca. 10,8 Meter vom Fahrzeug des Beklagten entfernt gelegen. Da ihn kein Verschulden getroffen habe, sei er davongefahren nachdem er keine Verletzungen der Rollerfahrerin habe feststellen können. Er sei nicht schwerbehindert, dürfe aber wegen eines kardiologischen Gutachtens nicht schwer heben. Der Beklagte habe sich am selben Tag und am darauffolgenden Tag mehrmals bei der Polizei gemeldet.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Verhandlungsprotokoll nebst Anlagen, die Beiakten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D. und S.. Die Akte des AG Heidelberg 7 Cs 502 Js 10913/12 war beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat Erfolg.
1. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten aus §§ 7 Abs.1, 18 Abs.1 StVG, 249 ff., 426 BGB i.V.m. den vereinbarten AKB.
Bei einem durch den Beklagten allein verschuldeten Verkehrsunfall wurde die Zeugin D. an Gesundheit und Eigentum geschädigt. Der Beklagte entfernte sich unerlaubt vom Unfallort und hat auch nachträglich nicht die erforderlichen Feststellungen ermöglicht. Die Klägerin als Haftpflichtversicherung des Beklagten und damit Gesamtschuldnerin mit ihm musste hierfür mehr als 10.000,- EUR Schadenersatz leisten. Im Innenverhältnis der Gesamtschuldner hat der Beklagte aufgrund einer Obliegenheitsverletzung bei der Schadensabwicklung den Schaden in Höhe von 5.000,- EUR zu tragen. Die Klägerin wurde im Innenverhältnis von ihrer Leistungspflicht in dieser Höhe frei.
Das ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme und dem unstreitigen Sachverhalt. Nach Angaben der Zeugin D. war der Beklagte vor ihr auf die Straße gefahren und hat ihr die Vorfahrt genommen. Nachdem sie deswegen gebremst hat, ist sie auf nasser Straße ausgerutscht und gestürzt. Auch nach Angaben der Zeugin S. stand der Beklagte unmittelbar nach dem Unfall ein gutes Stück auf der Straße. Das Gericht hält die Angaben der Zeuginnen für glaubhaft, die Zeuginnen für glaubwürdig. Ihre Aussagen waren konsistent und stimmten mit ihren Angaben bei der Polizei überein. Auch waren sie im Wesentlichen widerspruchsfrei. Aufgrund des persönlichen Eindrucks von den Zeuginnen geht das Gericht davon aus, dass sie die Wahrheit gesagt haben.
Übereinstimmend haben die Zeuginnen auch angegeben, dass sich der Beklagte nach dem Unfall geweigert hat auszusteigen. Die Zeugin S. habe ihm gegenüber geäußert, dass ihm wegen seiner Frechheit der Führerschein zu nehmen sei. Daraufhin wäre er davon gefahren mit dem Bemerken, ihm nehme niemand den Führerschein weg.
Der Beklagte hat auch nachträglich nicht die erforderlichen Feststellungen ermöglicht. Die vom Beklagten behaupteten nachträglichen Meldungen bei der Polizei sind in der Strafakte nicht dokumentiert. Allerdings ist dort vermerkt, dass der Beklagte beim Eintreffen der Polizei bei ihm zu Hause keine Personalien angegeben hat und auch keine Führerscheindaten. Auch hat er sich nicht geäußert, ob er das Fahrzeug gefahren war. Während des gesamten Strafverfahrens hat sich der Beklagte nicht zur Sache geäußert. Das Gericht schenkt den Behauptungen des Beklagten deshalb keinen Glauben.
Das Verhalten des Beklagten ist als besonders schwerwiegende Obliegenheitspflichtverletzung einzuordnen, da der Beklagte den Unfallort verlassen hat, obwohl ihm noch gesagt wurde, er solle aussteigen. Das Verlassen des Unfallortes erfolgte auch nicht, weil er ein Verschulden nicht einsehen konnte, sondern allein, weil er negative Folgen im Hinblick auf seinen Führerschein befürchtete. Davon ist das Gericht aufgrund der Angaben der Zeuginnen bzgl. der Reaktion des Beklagten am Unfallort überzeugt. Er handelte damit vorsätzlich und wollte gerade keine Feststellungen ermöglichen.
2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs.1, 286 Abs.1 BGB. Verzugszinsen waren erst ab Zustellung des Mahnbescheides zuzuerkennen. Ein früherer Verzug wurde nicht dargetan.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2. Nr.1 BGB.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §709 ZPO.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs.2 GKG.