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Kfz-Versicherungsvertrag – Rückstufungsschaden

 AG Coburg

Az: 15 C 1469/08

Urteil vom 26.02.2009


1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der Rückstufung eines Kfz-Versicherungsvertrags und um einen Rückstufungsschaden.

Die Klägerin war am 12.10.2007 Versicherungsnehmerin bei der beklagten Haftpflichtversicherungsgesellschaft hinsichtlich ihres PKW, amtl. Kennzeichen: … Die Klägerin war am 12.10.2007 mit diesem Fahrzeug an einem Verkehrsunfall in Hamburg beteiligt, wobei das Fahrzeug des Unfallgegners ein Taxifahrzeug der … mit dem amtl. Kennzeichen: … war. Die Klägerin meldete den Schadenfall noch am Unfalltag des 12.10.2007 telefonisch bei der Beklagten. Dabei gab sie an, der Unfallgegner habe verkehrsbedingt gebremst. Sie sei von hinten aufgefahren (vgl. Aktennotiz des Versicherungssachbearbeiters in Anlage B1). Sodann erreichte die Beklagte das Schreiben der (nunmehrigen) Prozessbevollmächtigten vom 16.11.2007, in welchem darauf aufmerksam gemacht wird, dass die Klägerin „den Unfall nicht verschuldet hat; ganz im Gegenteil, … hat den Unfall verschuldet. (…) dass eine Regulierung von … Kraftfahrzeugschaden in diesem Falle nicht in Frage kommt. (…) Ich spreche Ihnen hiermit ein ausdrückliches Regulierungsverbot aus“ (vgl. Anlage B2). Nach unbestritten gebliebenem Sachvortrag der Beklagten handelt es sich bei … um den damaligen Taxifahrgast, für den sich dessen Berufsgenossenschaft bei der Beklagten meldete und Ansprüche geltend machte. Taxifahrerin sei … gewesen. Dem Schreiben vom 16.11.2007 (Anlage B2) an die Beklagte war beigefügt ein weiteres datumgleiches Schreiben der Prozessbevollmächtigten an die … Versicherung, in welchem für die Klägerin Schadensersatzansprüche angemeldet wurden und zur Unfallschilderung ausgeführt wurde, dass der Unfallgegner auf das Fahrzeug der Mandantin aufgefahren war (vgl. Anlage B3). Mit weiterem Schreiben vom 23.11.2007 sprach der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Beklagten erneut ein „ausdrückliches Regulierungsverbot“ aus. Die Beklagte erbrachte in der Folgezeit gegenüber Anspruchstellern auf das Schadensereignis Entschädigungsleistungen in Höhe von 4.011,40 Euro.

Zum Unfallhergang trägt die Klägerin zuletzt vor, dass der Fahrer (also männlich) des gegnerischen Fahrzeugs sein Fahrzeug ohne erkennbaren Grund ganz plötzlich abgebremst habe, so dass die Klägerin dem Unfallgegner leicht aufgefahren sei. Die Klägerin meint daher, dass die Beklagte in eine Schadensregulierung nicht hätte eintreten dürfen. Zumindest dürfe das Versicherungsvertragsverhältnis der Parteien nicht durch das Schadensereignis vom 12.10.2007 belastet werden und keine Rückstufung beim Schadensfreiheitsrabatt erfolgen. Zudem meint die Klägerin Anspruch auf Feststellung zu haben, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Schaden, der der Klägerin aus der Regulierung entstanden sei, zu ersetzen.

Die Klägerin beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass der Versicherungsvertrag der Klägerin für das bei der Beklagten zum 12.10.2007 versicherte Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … nicht durch ein Schadensereignis vom 12.10.2007 belastet wird und demzufolge keine Rückstufung vorgenommen werden darf.

2. Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Schaden, den der Klägerin aus der Regulierung entstanden ist, zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagte vertritt die Rechtsansicht, dass sie aufgrund der zunächst von der Klägerin telefonisch abgegebenen Schadensschilderung und der weiterhin ihr zugegangenen Unterlagen (wie Anspruchsschreiben gegenüber der gegnerischen Versicherung …) von einer eigenen Eintrittspflicht und Haftung habe ausgehen müssen und deshalb habe regulieren müssen. Demzufolge sei der Versicherungsvertrag durch das Schadensereignis zu belasten. Für den weiterhin gestellten Feststellungsantrag fehle es an jedwedem Sachvortrag der Klägerin zu dem ihr entstandenen Schaden.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Klägerin steht aus dem Versicherungsvertragsverhältnis unter Einbeziehung der AKB kein Anspruch auf eine andere Vertragseinstufung als die von der Beklagten unter Berücksichtigung eines Schadensereignisses vom 12.10.2007 vorgenommene Einstufung zu.

Die Beklagte hat als Pflichtversicherungsgesellschaft, wie dies in § 10 AKB zwischen den Parteien vereinbart ist, begründete Schadensersatzansprüche zu befriedigen und unbegründete abzuwehren. Ein Schadensersatzanspruch bestand vorliegend zumindest dem Grunde nach. Denn selbst wenn unterstellt wird, dass der letzte Sachvortrag der Klägerin richtig ist, wonach diese auf das Fahrzeug vor ihr aufgefahren war, spricht zunächst der Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden. Aus der – unstrittig gebliebenen – telefonischen Schadensschilderung der Klägerin vom 12.10.2007 um 15.45 Uhr (vgl. Schadensnotiz in Anlage B1) soll die Klägerin als Versicherungsnehmerin der Beklagten auf das auf den „angeblich verkehrsbedingt bremsenden“ Anspruchssteller (vorliegend also die Taxigesellschaft) aufgefahren sein. Die Frage, inwieweit ein Ausgleich unter mehreren Eintrittspflichtigen und eine Quotenbildung bei der Schadensverursachung im Raum steht, muss bei dieser anfangs von der Pflichtversicherungsgesellschaft vorzunehmenden Prüfung, inwieweit sie in die Regulierung eintreten muss, nicht beachtet werden. Es reicht also aus, wenn die Beklagte auch nur auf einen Betrag von wenigen Euro aufgrund eines möglichen Mithaftungsanteils von wenigen Prozent gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG in Anspruch genommen wird. Dies ist Ausfluss der Tatsache, dass ein Unfallgeschädigter einen Direktanspruch nicht nur gegenüber der (auch) haftenden Kraftfahrerin selbst, sondern auch gegenüber der Pflichtversicherungsgesellschaft gemäß § 3 PflVG a. F. hat.

Der Beklagten ist insbesondere vorliegend nicht vorzuwerfen, dass sie Schäden, die in Wahrheit nicht entstanden sind oder nicht bestehen, ins Blaue hinein reguliert hätte. Die Beklagte hat – und dies ist ihre Aufgabe im Rahmen des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien – den Sachverhalt aufgeklärt und war zu der Rechtsauffassung gekommen, dem Grunde nach eintrittspflichtig zu sein. Andere Anhaltspunkte hatte die Beklagte bei der Aufnahme der Schadensregulierung nicht, da diese – unstreitig – von dem Auffahren der Klägerin auf das davor befindliche Taxi ausgehen musste. Die im Rahmen der Regulierung von der Beklagten zu leistende Aufklärungsarbeit wurde vorliegend nicht dadurch erleichtert, dass der Beklagten seitens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter dem Datum des 16.11.2007 eine wiederum abweichende Unfallversion mitgeteilt wurde, wonach das gegnerische Fahrzeug „auf das Fahrzeug“ der Klägerin aufgefahren sein soll. Im Rahmen des § 10 AKB steht der Beklagten bei der Schadensregulierung ein weiter Ermessensspielraum zu, wobei Wirtschaftlichkeitsüberlegungen und Gesichtspunkte der Prozessökonomie Berücksichtigung finden können. Die Beklagte als Versicherer muss sich nicht um der Regulierungsbefugnis der Klägerin als Versicherungsnehmer willen verklagen lassen oder nur wegen der Verweigerung der Zustimmung seitens der Versicherungsnehmerin eine Regulierung ablehnen, da sie gegenüber dem Unfallgeschädigten nach § 3 PflVG a. F. dessen Direktanspruch ausgesetzt ist.

Da der Beklagten ein Handeln gegen deren vertragliche Eintrittspflicht nicht zu Last gelegt werden kann, ist die vorgenommene Regulierung dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Wenn aber dem Grunde nach ein Anspruch eines Unfallgeschädigten auf Regulierung (auch nur weniger Euro) zusteht, ist es nicht Ausfluss des Versicherungsvertrags der Parteien, dass die Beklagte bei der Schadensersatzhöhe ohne ernsten Hintergrund und konkrete Informationen Bedenken haben muss oder gar berechtigte Ansprüche „herunterfeilscht“, um der Versicherungsnehmerin zur Rettung deren Schadensfreiheitsrabatts eine eigene billige Schadensersatzübernahme zu ermöglichen.

Was den ferner geltend gemachten Feststellungsantrag anbelangt, wonach die Beklagte verpflichtet werden soll, Schadensersatz an die Klägerin zu leisten, fehlt es an jedwedem Sachvortrag zum Feststellungsinteresse, § 256 ZPO. Es ist auch nicht ersichtlich, welcher Schaden sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach der Klägerin durch die beklagtenseits vorgenommene Schadensregulierung entstanden sein soll, der über den Rückstufungsschaden entsprechend des Klageantrags zu Ziffer 2 hinausgeht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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