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Kindergeburt – Behandlungsfehler – Schmerzensgeld und Schadensersatz


Landgericht Kleve

Az.: 2 O 370/01

Urteil vom 09.02.2005


Tenor

Die Beklagten zu 1) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.000,00 EUR (in Buchstaben: vierhunderttausend Euro) nebst 4 % Zinsen seit dem 02.05.2000 zu zahlen.

Die Beklagten zu 1) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 500,00 EUR (in Buchstaben: fünfhundert Euro) seit dem 02.05.2000 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche in Folge der im Krankenhaus der Beklagten zu 1) durchgeführten fehlerhaften Behandlung am 20.08.1998 noch entstehenden materiellen und zukünftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht gemäß § 116 SGB X auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist bzw. übergeht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen diese 3/5 und die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner 2/5.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), 4) und 5) trägt die Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 3) tragen diese selbst.

Das Urteil ist für die Klägerin und die Beklagten zu 2), 4) und 5) vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.


Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche aufgrund angeblicher ärztlicher Behandlungsfehler geltend.

Am 18.08.1998 wurde die Mutter der Klägerin von ihrem Gynäkologen wegen Überschreitung des auf den 10.08.1998 errechneten Geburtstermins in das Krankenhaus der Beklagten zu 1) eingewiesen; die dortige Aufnahme der Kindesmutter erfolgte um 8.30 Uhr. Leitender Abteilungsarzt war der Beklagte zu 2), diensthabender Assistenzarzt bei der Geburt der Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, der Beklagte zu 3), diensthabende Hebamme die Beklagte zu 4). Der Beklagte zu 5) ist der nach der Geburt hinzugezogene Kinderarzt.

Nach Durchführung verschiedener Untersuchungen, die keine besondere Auffälligkeit zeigten, wurde die Mutter der Klägerin um 13.30 Uhr auf Station verlegt; sie erhielt wehenfördernde Mittel. Am 19.08.1998 wurden auf Veranlassung des Beklagten zu 2) erfolglos zwei Geburtseinleitungsversuche (um 9.00 Uhr und 14.30 Uhr) durch Einlage von Prostaglandin-Tabletten durchgeführt. Die Mutter der Klägerin wurde mittels CTG überwacht und durch die Beklagte zu 4) betreut. Um 21.00 Uhr kam es zu einem Blasensprung; es ging leicht grünliches Fruchtwasser ab.

Als bei der Kindesmutter stärkere Wehen auftraten, nahm sie auf ihren Wunsch ab 0.15 Uhr am 20.08.1998 in der Geburtswanne ein Entspannungsbad; hiervon hatte der Beklagte zu 3) keine Kenntnis. Gegen 3.30 Uhr verständigte die Beklagte zu 4) den Beklagten zu 3) zur Geburt. Dieser untersuchte die Kindesmutter und nahm bei ihr einen Dammschnitt vor. Da kein Geburtsfortschritt festzustellen war, wurde die Mutter der Klägerin gegen 4.00 Uhr aus der Wanne ins Kreißbett umgelagert; dort schwankte die Herzfrequenz des Kindes zwischen 100 und 170 Schlägen/Minute. Um 4.22 Uhr kam es nach zwei Presswehen zu einer Spontangeburt.

Die Klägerin kam asphyktisch zur Welt; der Beklagte zu 3) saugte sie sofort im Rachenraum ab und gab Sauerstoff. Sie atmete sodann selbständig und bekam eine rosige Hautfarbe. Der pH-Wert des Nabelschnurbluts betrug 6,98; die Apgar-Werte 4/5/7.

Nach der Geburt, gegen 4.30 Uhr, wurde der Beklagte zu 5), der konsiliarisch für die Beklagte zu 1) tätig ist, herbeigerufen; er traf gegen 5.00 Uhr im Krankenhaus ein. Er versorgte die Klägerin auf der Neugeborenenstation, lagerte sie im Inkubator und verabreichte Sauerstoff; er stellte keine Auffälligkeiten fest. Nach etwa 12 Stunden begann die Klägerin zu schreien und zu krampfen. Der Beklagte zu 5) ließ sie in das St.-Antonius-Hospital Kleve verlegen. Dort wurde die Behandlung zunächst in gleicher Weise durchgeführt wie zuvor durch den Beklagten zu 5). Das Verlegungsprotokoll enthält die pH-Wertangabe 7,21. Nach späterer Information über den pH-Wert von 6,98 bei der Geburt wurde die Behandlung umgestellt; die stationäre Behandlung dauerte bis zum 08.10.1998 an. Die dort gestellte Diagnose lautete „Zustand nach schwerem Hirnödem mit ausgeprägter Apnoe- und Krampfneigung“.

In den Folgejahren wurde die Klägerin zahlreiche Male stationär und ambulant behandelt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.03.2000 forderte die Klägerin die Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1) bis 3) zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 400.000 DM und einer Rente von 700 DM auf.

Die Klägerin geht davon aus, den Beklagten zu 2) bis 5) seien grobe Behandlungsfehler unterlaufen; die Beklagte zu 1) hafte nach den Grundsätzen der Organhaftung. Sie trägt vor:

Es hätten sich bereits unmittelbar nach der Aufnahme Auffälligkeiten in den CTG-Aufzeichnungen ergeben. Diese seien nicht bemerkt worden. Die Tragzeitüberschreitung sei nicht überprüft worden und tatsächlich nicht überschritten gewesen. Eine Wassergeburt sei kontraindiziert gewesen; der Beklagte zu 3) hätte unverzüglich eine operativ-vaginale Geburt einleiten müssen. Die Beklagte zu 4) habe den Beklagten zu 3) zu spät herbeigerufen. Der Beklagte zu 2) hätte sich früher über den Zustand der Kindesmutter informieren und die operative Geburt veranlassen müssen. Der Beklagte zu 5) habe die Klägerin nicht ordnungsgemäß versorgt; er hätte insbesondere unverzüglich eine Intensivüberwachung veranlassen müssen.

Die Kindesmutter habe sich nicht gegen die Verlegung ins Kreißbett gewehrt.

Sie, die Klägerin, sei zeitlebens auf intensive pflegerische Betreuung 24 Stunden am Tag angewiesen. Sie könne weder essen, noch sitzen oder stehen. Sie sei hochgradig sehbehindert und könne sich nicht orientieren. Sie leide unter lebensbedrohlichen und sehr schmerzhaften spastischen Krampfanfällen. Sie sei zu 100 % schwerbehindert, liege ständig im Bett und müsse gewickelt werden. Im Mai 2001 sei eine Hüftoperation vorgenommen worden, um die Spastik im Beinbereich zu lindern. Die Klägerin müsse mehrfach wöchentlich durch Ärzte, Logopäden und Heilpädagogen behandelt werden.

Mit der vorliegenden Teilklage hat die Klägerin zunächst die Zahlung eines Schmerzensgeldbetrags von mindestens 400.000 DM und die Zahlung einer Rente, jeweils nebst Zinsen begehrt. Sie beantragt nunmehr, 1) die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes
Schmerzensgeld, mindestens jedoch 400.000 Euro zuzüglich 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.05.2000 zu zahlen.

2a) die Beklagten zu 1) bis 3) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie eine in das Ermessen des Gerichts gestellte monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von mindestens 700 DM, beginnend mit dem 02.05.2000 bis zum 04.10.2001 zu zahlen.

b) die Beklagten zu 1) bis 5) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie eine in das Ermessen des Gerichts gestellte monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von mindestens 1.000 DM ab dem 04.10.2001 zu zahlen.

3) festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche in Folge der im
Krankenhaus der Beklagten zu 1) durchgeführten fehlerhaften Behandlung am 19. und 20.08.1998 noch entstehenden materiellen und zukünftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit ein öffentlichrechtlicher Forderungsübergang nicht stattfindet.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 1) bis 3) tragen vor: Die Untersuchungen, insbesondere die CTG-Aufzeichnungen, hätten bis 3.30 Uhr keine Auffälligkeiten gezeigt. Gegen 3.38 Uhr bis 3.40 Uhr habe der Beklagte zu 3) beschlossen, eine vaginal-operative Entbindung herbeizuführen. Wegen der erheblichen Risiken einer Wassergeburt habe er die Mutter der Klägerin ausdrücklich aufgefordert, die Geburtswanne zu verlassen. Diese habe sich zunächst, unterstützt von der Beklagten zu 4), geweigert; dies sei jedoch -unstreitig – nicht dokumentiert worden. Da er angenommen habe, die Geburt stehe unmittelbar bevor, habe der Beklagte zu 3) den Dammschnitt ausgeführt; dies habe – unstreitig – nicht zu einem Geburtsfortschritt geführt.

Von einer Fetalblutanalyse habe er abgesehen, um die Geburt schnellstmöglich herbeizuführen und keine Zeit zu verlieren. Im Kreißbett habe sich der Befund ergeben, dass die Geburt unmittelbar bevorstehe; daher habe er eine vaginal-operative Entbindung unterlassen.

Er habe den Beklagten zu 5) bei seinem Eintreffen über die Apgarwerte und den pH-Wert informiert und gefragt, ob die Klägerin nicht in eine Kinderklinik verlegt werden solle. Der Beklagte zu 5) habe dies verneint.

Die Beklagten zu 1) bis 3) bestreiten einen Behandlungsfehler der Beklagten zu 2) und 3) und dessen Kausalität für etwaige Beeinträchtigungen. Der Gesundheitszustand der Klägerin, den sie mit Nichtwissen bestreiten, sei allein auf die zeitliche Verzögerung bei der Geburt durch die Kindesmutter und die Beklagte zu 4) zurückzuführen.

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Die Beklagte zu 4) trägt vor: Nachdem die Kindesmutter sich in der Wanne befunden habe, sei eine Unterwassergeburt geplant worden. Bis zur Unterrichtung des Beklagten zu 3) gegen 3.25 Uhr seien keine Auffälligkeiten aufgetreten. Gegen 3.42 Uhr habe der Beklagte zu 3) die Umlagerung der Mutter der Klägerin in das Kreißbett angeordnet, jedoch nicht den Eindruck vermittelt, dass es eilig sei. Die Kindesmutter habe sich zunächst gegen diese Umlagerung gewehrt und wegen andauernder Wehen die Wanne nicht verlassen können. Auch sie, die Beklagte zu 4), habe versucht, die Kindesmutter von der Notwendigkeit einer Umlagerung ins Kreißbett zu überzeugen. Erst um 4.00 Uhr sei diese endgültig aufgefordert worden, die Wanne zu verlassen und dieser Aufforderung gefolgt.

Bei Eintreffen des Beklagten zu 5) habe sie diesem selbst den pH-Wert mitgeteilt.

Sie bestreitet die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin und deren Verursachung durch eine fehlerhafte Behandlung ihrerseits.

Der Beklagte zu 5) bestreitet einen eigenen Behandlungsfehler und trägt vor: Er sei bei seinem Eintreffen nicht über Auffälligkeiten bei der Geburt informiert worden. Vielmehr habe der Beklagte zu 3) erklärt, dass alles unproblematisch verlaufen sei und er der Klägerin Sauerstoff gegeben habe. Er habe nicht die Verlegung in die Kinderklinik angeraten.

Einerseits trägt er vor, der Beklagte zu 3) habe ihm auf seine Frage einen pH-Wert von 7,21 genannt. Andererseits behauptet er, im Kreißsaal sei über den Wert nicht gesprochen worden; er habe erst im November 1999 von dem tatsächlichen Wert von 6,98 aus den Krankenunterlagen erfahren. Bei Kenntnis des tatsächlichen pH-Werts hätte er die sofortige Verlegung der Klägerin auf eine Intensivstation veranlasst.

Er bestreitet die angeblichen Behandlungen und den Gesundheitszustand der Klägerin mit Nichtwissen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die 39

schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Mallmann vom 17.12.2002 (Bl. 363 ff GA) und vom 03.05.2003 (Bl. 417 ff GA) und des Sachverständigen Mühlenberg vom 28.04.2004 (Bl. 528 ff GA) sowie auf das Protokoll der Sitzung vom 19.01.2005 (Bl. 598 ff GA).


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 3) überwiegend begründet; hinsichtlich der Beklagten zu 2), 4) und 5) ist die Klage unbegründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 3) ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie einer Schmerzensgeldrente in tenorierter Höhe zu; auch der Feststellungsantrag ist begründet.

I.

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schmerzensgeld ergibt sich aufgrund einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung im Zusammenhang mit ihrer Geburt aus dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung im Sinne der §§ 823, 847 BGB (a.F.).

a) Dem Beklagten zu 3), der als Geburtshelfer bei der Geburt der Klägerin tätig war, ist ein grober ärztlicher Behandlungsfehler vorzuwerfen, durch den die körperlichen und geistigen Schädigungen der Klägerin verursacht wurden. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest.

(1) Nach den nachvollziehbaren Erläuterungen der Sachverständigen hat der Zeitraum von der Verschlechterung der kindlichen Herztöne und der unzureichenden Überwachung durch CTG um 3.30 Uhr bis zur Entbindung der Klägerin um 4.20 Uhr entschieden zu lang gedauert. Insbesondere der Sachverständige Prof. Dr. XXXX hat ausgeführt, dass bei unzureichender Überwachung des Kindes entweder sofort sicherzustellen ist zu erfahren, wie es dem Kind geht, oder aber sofort zu entbinden ist. Aufgrund der hier unstreitig gegebenen hochpathologischen Herztöne hätte allerdings das Anlegen einer Kopfschwartenelektrode oder eine Blutgasanalyse nur zu einer Zeitverzögerung geführt. Der Sachverständige Prof. Dr. XXXX hat plausibel dargelegt, dass demnach um 3.30 Uhr ein sofortiges Handeln des Geburtshelfers erforderlich war, dass zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden des Kindes die Geburt vorangetrieben werden musste, sei es manuell, durch Saugglocke oder durch Kristellern. Daraus folgt, dass die Mutter der Klägerin – gegebenenfalls erst in einer Wehenpause und mit Hilfe Dritter – die Wanne sofort hätte verlassen müssen. Dafür hatte der verantwortliche Geburtshelfer, mithin der Beklagte zu 3), Sorge zu tragen. Das hat er nicht getan. Unstreitig hat es bis 4.00 Uhr gedauert, bis die Kindesmutter die Geburtswanne verlassen und eine Lagerung im Kreißbett stattgefunden hatte. Auch danach hat der Beklagte zu 3) keine Maßnahmen ergriffen, die die Geburt vorangetrieben hätten. Die Klägerin erblickte erst um 4.22 Uhr das Licht der Welt. Diese übermäßig lange Zeitdauer hat der Beklagte zu 3) zu verantworten.

Der Beklagte zu 3) will die Dringlichkeit der Verlagerung ins Kreißbett durchaus erkannt und adäquat gehandelt haben.

Davon konnte sich die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht überzeugen. Es mag zwar sein, dass der Beklagte zu 3) unmittelbar nach seinem Eintreffen im Kreißsaal angeordnet hat, dass die Kindesmutter die Wanne verlassen soll. Davon berichtet die Kindsmutter in ihrem Geburtsprotokoll (Bl. 609 ff GA); so hat sie den Ablauf auch bei ihrer Anhörung im Termin vom 07.06.2002 (Bl. 324 R GA) geschildert. Auch die Beklagte zu 4) berichtet von einer derartigen Anordnung. Die Kammer kann hingegen nicht feststellen, dass der Beklagte zu 3) den Eltern der Klägerin die Begründung seiner Anordnung auch nur im Ansatz verdeutlicht hat, insbesondere dass der Beklagte zu 3) den Anwesenden erklärt hat, dass bei einem weiter andauernden Verbleib der Kindsmutter in der Wanne gravierende Gesundheitsschäden für das Kind drohen, weil eine Überwachung des Kindes nicht mehr möglich war. Zwar will der Beklagte zu 3) die Mutter mehrfach zum Verlassen der Wanne aufgefordert haben. Er selbst schildert jedoch nicht einmal, aufweiche Art und Weise er die Dringlichkeit der Verlagerung ins Kreißbett zum Ausdruck gebracht haben will.

Vom Beklagten zu 3) wäre in einer Situation, wie er sie behauptet, auch nicht zu verlangen, laut zu werden oder die Kindesmutter einzuschüchtern, wozu er sich nach seiner Darstellung im Schriftsatz vom 21.01.2005 nicht in der Lage sieht. Vom Beklagten zu 3) wäre in einer solchen Situation aber zu erwarten, dass er der Kindsmutter mit eindringlichen Worten vor Augen führt, dass die Weigerung, seine Anordnung zu befolgen, ihr Kind gefährdet. Dass der Beklagte zu 3) eine derartige Erklärung abgegeben hätte, behauptet er selbst nicht. Die Kammer ist vielmehr nach dem Ergebnis der Anhörung der Parteien im Termin vom 07.06.2002 davon überzeugt, dass dem seit seinem Eintreffen für den Geburtsverlaufverantwortlichen Beklagte zu 3) selbst für einen nicht unerheblichen Zeitraum die Dringlichkeit nicht bewusst war. Denn Kindesmutter und die Beklagte zu 4) schildern insoweit übereinstimmend, dass der Beklagte zu 3) wohl angeordnet habe, dass die Kindsmutter die Wanne verlassen sollte; dass Eile geboten gewesen sei, sei aber nicht zum Ausdruck gekommen. Die Kammer vermag folglich nicht festzustellen, dass trotz einer eindringlichen Aufforderung des Beklagten zu 3) an die Kindsmutter, zur Vermeidung von Gesundheitsschäden für das Kind nunmehr die Wanne schnellstmöglich zu verlassen, sowohl die Kindsmutter als auch die Hebamme uneinsichtig waren und sich der Umsetzung der ärztlichen Anordnung widersetzt haben. In diesem Zusammenhang wirkt sich aus, dass der Beklagte zu 3) den von ihm behaupteten Geschehensablauf nicht dokumentiert hat. Zwar hat der Sachverständige Prof. Dr. XXXX angegeben, es gebe durchaus Fälle, in denen Gebärende sich unter der Geburt irrational verhalten, Anordnungen der Geburtshelfer nicht Folge leisten und sich unkooperativ zeigen; derartige Besonderheiten habe der Arzt jedoch zu dokumentieren. An einer derartigen Dokumentation fehlt es hier. Dies wirkt sich zu Lasten des Beklagten zu 3) aus, der den ihm obliegenden Nachweis der Richtigkeit seiner Darstellung schuldig bleibt.

Dieser Behandlungsfehler war auch ursächlich für die Hirnschädigung der Klägerin. Nach den Feststellungen beider Sachverständiger sind die körperlichen und geistigen Störungen der Klägerin Folge einer fehlerhaften Geburtsleitung.

Der Sachverständige Prof. Dr. XXXX hat festgestellt, dass bei Dauer einer Asphyxie von über 20 Minuten zu 80 % mit einer Schädigung zu rechnen ist; andere plausible Gründe für die bei der Klägerin vorliegenden Schädigungen konnte er den Dokumentationen über den Verlauf der Schwangerschaft und den Dokumentationen der Beklagten bis 3.30 Uhr am 20.08.1998 nicht entnehmen. Auch der Sachverständige YYY hat ausgeführt, dass der hauptsächliche Schaden bereits bis zur Geburt eingetreten sein dürfte. Bei den Beeinträchtigungen der Klägerin handelt es sich nach den Erfahrungen der Kammer aus verschiedenen früheren Arzthaftungsprozessen gerade um typische Schäden nach einer andauernden Sauerstoffversorgung des Kindes während des Geburtsvorgangs. Anhaltspunkte dafür, dass diese Schäden zumindest auch auf anderen Ursachen während der Schwangerschaft beruhen oder genetisch bedingt sind, sind nicht ersichtlich.

(2) Da der Gesundheitszustand der Klägerin in der Hauptsache auf ein mangelhaftes Geburtsmanagement und nicht

rechtzeitiges Handeln des Beklagten zu 3) vor der Geburt der Klägerin zurückzuführen ist, kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte zu 3) die Klägerin unmittelbar nach der Geburt ordnungsgemäß versorgt hat und ob er gehalten war, zusätzlich zu dem Kinderarzt ein Intensivteam herbeizurufen. Selbst wenn sein Verhalten nach der Geburt einen weiteren Behandlungsfehler darstellen würde, könnte eine (Mit-)Ursächlichkeit für den Schadenseintritt nach Ausführungen des Sachverständigen YYY nicht sicher festgestellt werden.

b) Die Klägerin kann eine Schmerzensgeldabfindung in Höhe von 400.000 EUR und eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 500 EUR seit dem 02.05.2000 verlangen.

Das Schmerzensgeld stellt nach § 847 BGB (a.F.) eine billige Entschädigung in Geld dar. Die Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes richtet sich nach dem Ausmaß und der Schwere der psychischen und physischen Störungen, also dem Maß der Lebensbeeinträchtigung, der Größe, Dauer und Heftigkeit der Schmerzen, Leiden und Entstellungen, der Dauer der stationären Behandlung, der Arbeitsunfähigkeit und der Trennung von der Familie, der Unübersehbarkeit des weiteren Krankheitsverlaufs, der Fraglichkeit der endgültigen Heilung, dem Alter und den persönlichen Vermögensverhältnissen des Verletzten und des Schädigers sowie dem Grad des Verschuldens, des Mitverschuldens des Verletzten und des Verhaltens des Schädigers nach der Verletzungshandlung.

Die Klägerin hat eine schwere hypoxisch-ischämische Enzephalopatie erlitten. Die Kammer hatte in insgesamt drei, darunter in zwei mehrstündigen Sitzungsterminen Gelegenheit, sich ein -wenn auch nur eingeschränktes – Bild von der Klägerin zu machen. Die Kammer hat festgestellt, dass die Klägerin sich bis auf wenige Laute nicht artikulieren und sich nur in geringem Maße eigenständig bewegen kann. Die Klägerin hat zudem eine Vielzahl von Berichten der St. Hospital gGmbH xy, in deren Krankenhaus die Klägerin regelmäßig behandelt wurde, sowie diverse medizinische Gutachten vorgelegt, die die körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen der Klägerin beschreiben. Ihnen ist zu entnehmen, dass die Klägerin seit ihrer Geburt an einer maximal ausgeprägten infantilen Zerebralparese mit ausgeprägter psychomotorischer Retardierung leidet. Die Kontrolle der Kopfhaltung ist deutlich eingeschränkt. Die Klägerin kann weder frei sitzen noch sich selbständig fortbewegen. Sie kann nicht sprechen oder sich anderweitig verbal äußern und ist nur in sehr begrenzten Umfang fähig, ihre Umwelt wahrzunehmen und auf Reize der Umwelt zu reagieren. Sie beschreiben damit den typischen Zustand eines Kindes nach einer derart langen Unterversorgung mit Sauerstoff unter der Geburt.

Angesichts dieser Darstellungen und der Tatsache, dass auch die Beklagten selbst sich ein Bild von dem Gesundheitszustand der Klägerin aufgrund ihrer Anwesenheit bei den Erörterungs- und Beweisaufnahmeterminen machen konnten, reichte das pauschale Bestreiten ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht aus.

Damit bietet die Klägerin das Bild eines völlig hilflosen Kind mit schwersten Schädigungen und weitestgehender Zerstörung der Persönlichkeit, der Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit. Der Klägerin ist jede Möglichkeit einer körperlichen und geistigen Entwicklung genommen. Es ist davon auszugehen, dass sie nie Kindheit, Jugend, Erwachsensein und Alter bewusst erleben und ihre Persönlichkeit entwickeln können wird. Ihr Leben beschränkt sich überwiegend auf die Aufrechterhaltung vitaler Funktionen. Angesichts dieser erheblichen Beeinträchtigungen und der schweren Dauerschäden, die die Klägerin erlitten hat, erscheint der Kammer ein Schmerzensgeldabfindungsbetrag von 400.000 EUR angemessen.

Neben der Schmerzensgeldabfindung ist der Klägerin eine monatliche Schmerzensgeldrente zuzusprechen. Allerdings muss die Festsetzung einer Schmerzensgeldrente neben einem Kapitalbetrag aus den Umständen des Schadensfalls gerechtfertigt sein. Dies ist bei schweren lebenslangen Dauerschäden, um die es sich hier handelt, der Fall. Eine Rente gibt dem Geschädigten die Möglichkeit, sein beeinträchtigtes Lebensgefühl stets von Neuem durch zusätzliche Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu heben. Um diesem Zweck genügen zu können, muss auch die einzelne Rentenzahlung als angemessener Ausgleich für Schmerzen und verminderte Lebensfreude empfunden werden und nicht lediglich als geringfügige Einnahme, die für den laufenden Lebensunterhalt verbraucht wird (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR1993, 156 ff).

Kapitalisiert man die seitdem 02.05.2000 zuerkannte Rente in Höhe von monatlich 500 EUR bei einem zugrundegelegten Alter der Klägerin von 2 Jahren und einem Kapitalisierungsfaktor von 19,957 für den Jahresbetrag der Rente (6.000 EUR) (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 8. Aufl., Kapitalisierungstabelle Nr. 6) ergibt sich eine Entschädigung von insgesamt etwa 120.000 EUR. Zusammen mit der Kapitalabfindung von 400.000 EUR ergibt sich damit ein Gesamtschmerzensgeld von 520.000 EUR. Dabei stehen Kapital und Rente in einem ausgewogenen Verhältnis.

2. Der Beklagte zu 3) haftet gemäß §§ 823 Abs. 1, 847 BGB (a.F.) für die materiellen und immateriellen Schäden. Die Klägerin hat insoweit auch ein Interesse an der Feststellung der Haftung des Beklagten zu 3) für künftige Schäden. Denn aufgrund der vorliegenden Sachverständigengutachten und des persönlichen Eindrucks der Kammer von der Klägerin ist davon auszugehen, dass die Klägerin dauerhaft der Pflege und ärztlichen Behandlung bedarf, hierdurch erhebliche materielle Aufwendungen erforderlich werden und auch weitere immaterielle Beeinträchtigungen eintreten können.

3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB (a.F.). Die Klägerin kann jedoch nur Zinsen in Höhe von 4 % gemäß § 288 Abs. 1 BGB (a.F.) verlangen. Der höhere Zinssatz nach § 288 BGB gilt nach Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB nur für ab dem 01.05.2000 fällig gewordene Forderungen. Der Schmerzensgeldanspruch ist jedoch bereits früher fällig geworden.

II.

Die Klägerin hat auch gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Ersatz ihrer immateriellen Schäden. Dies ergibt sich aus §§ 831 Abs. 1 S. 1, 847 BGB (a.F.). Das fehlerhafte Verhalten des bei ihr angestellten Beklagten zu 3) als Verrichtungsgehilfe ist ihr zuzurechnen. Auf die Ausführungen zu Ziffer l. wird verwiesen. Zu den Voraussetzungen der Entlastung gemäß § 831 Abs. 1 S. 2 BGB ist nichts vorgetragen.

Für die materiellen Schäden der Klägerin haftet die Beklagte zu 1) aufgrund der Verletzung einer Pflicht aus dem Behandlungsvertrag durch den Beklagten zu 3) gemäß §§ 611, 278 BGB nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung und des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Sein fehlerhaftes Verhalten als Erfüllungsgehilfe im Rahmen des Behandlungsvertrags ist ihr nach § 278 BGB zuzurechnen.

III.

Gegen den Beklagten zu 2) steht der Klägerin kein Anspruch auf Ersatz ihrer materiellen und immateriellen Schäden aufgrund einer unerlaubten Handlung gemäß §§ 823, 847 BGB (a.F.) zu. Insoweit ist die Klage daher abzuweisen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vermag die Kammer dem Beklagten zu 2) keinen ärztlichen Behandlungsfehler vorzuwerfen. Der Sachverständige Prof. Dr. XXXX hat in seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 03.05.2003 und bei seiner Anhörung am 19.01.2005 nachvollziehbar ausgeführt, dass für den Beklagten zu 2) selbst keine Veranlassung zur Ergreifung von Maßnahmen bestand.

Bei Aufnahme der Mutter der Klägerin am 18.08.1998 stellten sich die CTG’s als unauffällig dar; auch der Schwangerschaftsverlauf bis dahin war unauffällig.

Die Veranlassung der Gabe des Medikaments Prostaglandin am 19.08.1998 als Versuch der medikamentösen Geburtseinleitung war indiziert. Veranlassung zur Ergreifung eigener Maßnahmen, insbesondere der Einleitung einer operativen Geburt, bestand für den Beklagten zu 2) nicht.

Vor 3.30 Uhr am 20.08.1998 gab der Schwangerschaftsverlauf zwar Anlass zu besonderer Sorgfalt; es bestand aber keine Veranlassung zur Vornahme bestimmter Maßnahmen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen muss während einer Behandlung jederzeit für den Fall eines pathologischen Geburtsverlaufs ein „Facharztstandard“ gewährleistet sein. Der Beklagte zu 3) ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe. Der Beklagte zu 2) durfte ihm demnach die Behandlung der Mutter der Klägerin überlassen.

IV.
Auch die Beklagte zu 4) haftet nicht für die der Klägerin entstandenen materiellen und immateriellen Schäden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann ein Behandlungsfehler der Beklagten zu 4) nicht festgestellt werden. Bis 3.30 Uhr am 20.08.1998 bestand keine Veranlassung, das Geburtsmanagement anders zu gestalten und weitere Maßnahmen zur Förderung der Geburt zu ergreifen.

Der Sachverständige Prof. Dr. XXXX hat nachvollziehbar ausgeführt, dass eine durchgängige Überwachung der kindlichen Herzfrequenz mittels CTG vor 2.00 Uhr am 20.08.1998, insbesondere in der Zeit von 21.00 Uhr bis 00.15 Uhr, nicht erforderlich war. Zwar ist eine regelmäßige stündliche Überwachung ratsam; die fehlende Überwachung und Dokumentation wirkte sich aber vorliegend jedenfalls nicht aus; denn um das Geschehen zu erklären, reicht nach den Ausführungen des Sachverständigen die Dokumentation der letzten 50 Minuten aus.

Vor 3.30 Uhr am 20.08.1998 hatte die Beklagte zu 4) auch aufgrund der CTG-Aufzeichnungen keine Veranlassung, einen Arzt hinzuzurufen. Zwar hat Prof. Dr. XC in seinem seitens der Klägerin vorgelegten gynäkologischgeburtshilflichen Gutachten ausgeführt, dass bereits über einen längeren Zeitraum vor 2.00 Uhr am 20.08.1998 neben einem eingeengten Oszillationstyp auch andeutungsweise nach stattgehabten Kontraktionen – wenn auch minimal – mit einem Absinken der Herzfrequenz reagiert wurde. Ab 2.00 Uhr seien unregelmäßige Dezelerationen mit minimalen Werten um 120 bei kurzfristiger Erholung registriert worden.

Demgegenüber hat der Sachverständige Prof. Dr. XXX in seinen Gutachten und in der Anhörung nachvollziehbar und überzeugend dargestellt, dass das CTG vor 3.30 Uhr keine derartigen Auffälligkeiten zeigte, die eine Betreuung der Kindesmutter durch den diensthabenden Arzt oder konkrete Maßnahmen erforderlich gemacht hätten. Zwar zeigte das CTG um 2.00 Uhr am 20.08.1998 eine angedeutete Dezeleration Typ 2 und gegen 2.22 Uhr eine Dezeleration Typ 1, dies aber jeweils mit guten Zusatzkriterien, d.h. Kriterien, die keinen Anlass zur Unterbrechung des Geburtsvorgangs gaben. Zudem trat hernach jeweils eine rasche Erholung ein; nachfolgend war das CTG unauffällig. Diese wiederholten Dezelerationen mit nachfolgender Erholung hielten bis 3.30 Uhr an. Erst ab diesem Zeitpunkt ist das CTG nach seinen Ausführungen als hochpathologisch zu bezeichnen; zu diesem Zeitpunkt waren weitere Maßnahmen veranlasst. Der Kammer ist auch selbst aus einer Vielzahl von Prozessen bekannt, dass das alleinige Auftreten von Dezelerationen nicht notwendig ein Anzeichen für eine Gefährdung des Gesundheitszustandes des Kindes darstellt. Ohne weitere Anzeichen erfordern sie noch nicht die Vornahme geburtseinleitender Maßnahmen. Angesichts der überzeugenden Ausführungen des durch die Kammer bestellten Sachverständigen Prof. Dr. XXXX und der eigenen Erfahrung der Kammer war die seitens der Klägerin beantragte Einholung eines Obergutachtens nicht erforderlich.

Die von Prof. Dr. XXXX vor 3.30 Uhr festgestellten Auffälligkeiten gaben lediglich Anlass zur besonderer Sorgfalt, nicht aber zur Ergreifung weiterer Maßnahmen. Die Beklagte zu 4) hatte somit erst um 3.30 Uhr, als das CTG hochpathologisch wurde, Veranlassung, den Beklagten zu 3) hinzurufen; dies hat sie getan. Ein früheres Hinzurufen eines Arztes war auch nicht im Hinblick auf den Abgang von leicht grünlichem Fruchtwasser am Vorabend und die möglichen Überschreitung der Tragzeit erforderlich; diese Umstände geben nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. XXXX lediglich Veranlassung, die Patientin mit besonderer Sorgfalt zu überwachen, nicht aber konkrete Maßnahmen einzuleiten.

Auch das Zulassen des Entspannungsbades der Kindesmutter in der Geburtswanne und der Versuch einer Wassergeburtstellen kein fehlerhaftes Verhalten dar. Dabei kann dahinstehen, wann der Entschluss, eine Wassergeburt durchzuführen, gefasst wurde. Denn angesichts des unauffälligen Schwangerschaftsverlaufs und der Unauffälligkeiten des CTG war eine Wassergeburt nach den Feststellungen des Prof. Dr. XXXX nicht kontraindiziert. Mangels suffizienter Beurteilung des kindlichen Herzmusters am 20.08.1998 um 3.30 Uhr war jedoch ein sofortiger Abbruch der Wassergeburt erforderlich. Zu diesem Zeitpunkt hat die Beklagte zu 4) den Beklagten zu 3) hinzugerufen. Ab seinem Eintreffen oblag die Verantwortung für die weitere Geburtsleitung allein dem Beklagten zu 3).

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte zu 4) – wie die Beklagten zu 1) bis 3) vortragen
lassen – diejenige war, die den Beklagten zu 3) an der Umlagerung der Kindesmutter ins Kreißbett gehindert hat. Nach den Ausführungen zu Ziffer l. kann nicht festgestellt werden, dass sich die Beklagte zu 4) und die Kindesmutter den ausdrücklichen Anweisungen des Beklagten zu 3) widersetzt haben.

V.
Der Klägerin stehen auch gegen den Beklagten zu 5) keine Schmerzensgeld- und Schadenersatzansprüche zu.

Zwar steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Beklagten zu 5) ein Behandlungsfehler vorzuwerfen ist, weil ersieh nach seinem Eintreffen im Krankenhaus der Beklagten zu 1) nicht über den genauen Gesundheitszustand der Klägerin und die hierzu aussagekräftigen Werte, wie etwa den pH-Wert der Nabelschnur und die Apgar-Werte, informiert hat. Zwar hat der Beklagten zu 5) in seiner Anhörung bekundet, ihm sei von dem Beklagten zu 3) der falsche pH-Wert von 7,21 genannt worden. Diese Einlassung steht hingegen in krassem Widerspruch zu seinem weiteren Vorbringen, im Kreißsaal sei über den pH-Wert nicht gesprochen worden; er habe den ph-Wert erst später aus den Akten erfahren. Angesichts dieser widersprüchlichen Angaben geht die Kammer davon aus, dass dem Beklagten zu 5) im Kreißsaal weder der pathologische pH-Wert noch die schlechten Apgar-Werte genannt worden sind, dass er nach diesen wichtigen Parametern aber auch nicht gefragt hat. Zwar mag es – wie die Sachverständigen ausführen – grundsätzlich dem Geburtshelfer obliegen, den hinzugerufenen Kinderarzt über den Gesundheitszustand des Kindes und die bis dahin erhobenen Befunde zu informieren. Der Kinderarzt ist jedoch dann, wenn er diese Informationen nicht erhält, gehalten, sich selbst um entsprechende Informationen zu bemühen. Denn nur in Kenntnis aller unter der Geburt aufgetretenen Besonderheiten und aller bis zu seinem Eintreffen erhobenen Befunde vermag erden Gesundheitszustand des Neugeborenen richtig einzuschätzen und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Er darf sich keinesfalls darauf verlassen, dass die Geburt normal verlaufen ist und die Befunde im Normalbereich lagen, wenn ihm der Geburtshelfer die Informationen hierüber vorenthält.

Die Kammer vermag aber nicht festzustellen, dass dieser Behandlungsfehlerfür die Schädigungen der Klägerin (mit-)ursächlich war. Denn nach den Ausführungen der Sachverständigen war wesentliche Ursache für die aufgetretene Hirnschädigung die von 3.30 Uhr bis 4.22 Uhr andauernde Unterversorgung der Klägerin mit Sauerstoff. Ob und in welchem Maße durch eine ordnungsgemäße Behandlung der Klägerin nach der Geburt Folgeschäden hätten verhindert werden können, steht nicht fest. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen YYY hätten durch eine unverzügliche ordnungsgemäße Versorgung der Klägerin nach der Geburt allenfalls Sekundärschäden, wie etwa eine Unterzuckerung oder Blutdruckschwankungen, verhindert werden können. Auch dies steht aber mangels eindeutiger Forschungsergebnisse nicht fest. Zudem traf der Beklagte zu 5) erst gegen 5.00 Uhr, somit mehr als Minuten nach der Geburt der Klägerin im Krankenhaus ein. Dass die Ergreifung anderer als der vorgenommenen Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt Auswirkungen auf den späteren Gesundheitszustand der Klägerin gehabt hätten, ist nicht festzustellen.

VI.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 92 Abs. 1 und 2, 100 ZPO; die Mehrforderung der Klägerin gegenüber den Beklagten zu 1) und 3) war geringfügig und hat keine besonderen Kosten veranlasst. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 709 ZPO.

Streitwert:

bis zum 04.06.2003: 236.983,78 EUR

vom 05.06. bis 23.06.2003: 246.983,78 EUR

ab dem 24.06.2003: 532.467,03 EUR


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