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Klage auf Einwilligung zur Löschung eines Wegerechts

AG Schleiden – Az.: 9 C 29/16 – Urteil vom 14.11.2017

Die Beklagten werden verurteilt, es zu unterlassen, die Toreinfahrt des Hausgrundstücks “ … … … ..“ zu der dort befindlichen Scheune zu betreten, zu befahren oder zu benutzen oder durch Dritte betreten, befahren oder benutzen zu lassen.

Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten gegen sie festgesetzt wird.

Die Beklagten werden verurteilt, die Löschung des in Abt II Nr. 2 des Grundbuchs von … … … … … … … … ., eingetragenen Wegerechts zu bewilligen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.500,00 EUR.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Unterlassung sowie Einwilligung zur Löschung eines Wegerechts aus dem Grundbuch in Anspruch.

Der Kläger ist Eigentümer des Hausgrundstücks … … … … … .., eingetragen im Grundbuch von … … … … … … . Die Beklagten sind Eigentümer des Nachbargrundstücks … … … … … ., bezeichnet als Flurstück Nr … … .

Ursprünglich standen die früheren Grundstücke … … … … .. im Eigentum der Eheleute … … … … … Mit notarieller Vereinbarung vom 17.12.1929 vor dem Notar … … … … .., Registernummer … … ., veräußerten diese das Flurstück Nr. … und ein aus der Parzelle Nr. … … herauszumessendes Trennstück an ihre Tochter und ihren Ehemann, die Eheleute … … … … … … , und räumten ihnen und den jeweiligen Eigentümern des Flurstücks Nr. … und des aus der Parzelle Flurstücks Nr. … herauszumessenden Trennstücks das Recht ein, die auf der Restparzelle Nr. … gelegenen Durchfahrt mit der Einfahrt aus der M-gasse her neben dem Nachbar … zum Gehen und Fahren wie bisher zu benutzen. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die notarielle Vereinbarung vom 17.12.1929, Bl.9 ff.d.A., verwiesen.

Nachdem die Herausmessung des vorgenannten Trennstücks aus der Parzelle … . Nr. … erfolgt ist, wurde mit notarielle Vereinbarung vom 27.05.1930 vereinbart, nunmehr die Eheleute … … . als Eigentümer des aus den ehemaligen Grundstücken Nr. … und Nr. … neu entstandenen Grundstücks Flur Nr. … .. ins Grundbuch einzutragen. Die Eigentümer des nun mehr verkleinerten und fortan als Flur .., Nr. … … . bezeichneten Grundstücks, die Eheleute … .., bewilligten den jeweiligen Eigentümern des Grundstücks Nr. … … .. das in der notariellen Vereinbarung vom … … … vereinbarte Wegerecht. Hinsichtlich weitere Einzelheiten wird auf die notarielle Vereinbarung vom … … … , Bl. 14 ff. d.A., verwiesen.

Schon zur damaligen Zeit bestand von dem vorgenannten Grundstück aus kein eigener Zugang zur damaligen … … … , heute … … … , sondern hierfür war es notwendig, das Grundstück mit der damaligen Bezeichnung Nr. … … , spätere Bezeichnung Nr. … .., des damaligen Eigentümers … … . zu überqueren und die dortigen Einfahrt zur … … … ., heute … … … , zu nutzen (Bl 38.). An diesem Grundstück wurde zu keiner Zeit ein Wegerecht ins Grundbuch eingetragen. Zum damaligen Zeitpunkt wurde auf dem Flurstück Nr. … … … eine Metzgerei betrieben, die heute nicht mehr besteht. Zudem bestand eine Durchfahrt zwischen dem Haus auf dem ehemaligen Grundstück Nr. … … und dem Nachbarhaus.

Im Jahr … .. veräußerte die nunmehrige Alleineigentümerin … … das Grundstück Nr. … … .. an die Eheleute … … … … . Hinsichtlich weitere Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom … … … ., Bl 48ff. d.A., verwiesen. Im Jahr … .. veräußerte Frau … … … . das Grundstück Nr. … … … … ebenfalls an die Eheleute … … … Hinsichtlich weitere Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom … .., Bl 52 ff. d.A., verwiesen. (Bl. 41).

Am … … wurde das Grundstück Flur … , Nr. … .. im Rahmen eines Vergleichs in einer Wiedergutmachungssache von den Eigentümern … … … .. an Herrn … … . zu ¾ und zu ¼ an Frau … … , die Erben des verstorbenen … … , zurückübertragen. Hinsichtlich weitere Einzelheiten wird auf den Vergleich vom … .., Bl 61ff. d.A., verwiesen.

Mit dem Erwerb des ehemaligen Grundstücks Nr. … … .. durch die Familie … .. im Jahr … . von den vorgenannten Erben der Familie … . begann die regelmäßige Nutzung der auf dem ehemaligen Grundstück Nr. … . gelegenen Hofeinfahrt.

In der Folgezeit wurde das Grundstück … .. mit dem Flurstück Nr. … .. vereinigt. Hinsichtlich weitere Einzelheiten wird auf die Liegenschaftskarte von 1950, Bl. 96 d.A., verwiesen. Das heute im Eigentum des Klägers stehenden Flurstück trägt die Bezeichnung Nr. … und umfasst tw. das ehemalige Flurstück Nr. … .. sowie das ehemalige Grundstück Nr. … … Das Grundstück der Beklagten trägt heute die Bezeichnung Nr. … und umfasst das ehemalige Grundstück Nr. … … Hinsichtlich weitere Einzelheiten, insbesondere der genauen Abgrenzungen der Grundstücke der Parteien, wird auf den Auszug aus dem Liegenschaftskataster des Kreis … .. vom … .., Bl. 94 d.A., verwiesen. Die ehemalige Durchfahrt rechts neben dem Haus der Beklagten wurde zwischenzeitlich mit einer Garage verbaut.

Am … … wandte sich der Kläger an das Grundbuchamt, da er an der streitgegenständlichen Hofeinfahrt ein Tor anbringen und den genauen Umfang des eingetragenen Wegerechts zu Gunsten der Eigentümer des ehemaligen Grundstücks Nr. … .. in Erfahrung bringen wollte. Am … . teilte ihm das Grundbuchamt mit, dass der jeweilige Eigentümer des Grundstücks Flur . Nr. … . sein Grundstück mit der damaligen Bezeichnung Flur .. Flurstück .. zum Gehen und Fahren benutzen dürfe. Dieser Mitteilung war keine Flurkarte beigefügt, sodass der Kläger davon ausging, dass das von ihm geplante Tor auf das mit dem Wegerecht belastetem Grundstück liegt.

In dem Objekt der Beklagten, … … auf dem Grundstück Nr. … , wird im Erdgeschoss ein Kunst- und Ausstellungsraum betrieben. Dieser wird über die … … … . betreten. Der durch eine Wand abgetrennte frühere Zugang zu den im Obergeschoss des Objekts befindlichen Wohnungen von der … … … . aus wurde entfernt und der vermietete Gewerberaum im Erdgeschoss so vergrößert. Die Wohnungen in dem Objekt … … … … … werden mittlerweile ausschließlich über den zum Hof gelegenen Eingang betreten. Um zu diesem Eingang zu gelangen, benutzen die Beklagten, die Mieter des Objekt … … … … … ., der Postbote, Mitarbeiter der Müllabfuhr, Besucher der Mieter sowie die Familie der Beklagten die Hofeinfahrt des im Eigentum des Klägers stehenden Objekts … … … … ., Flurstück … . Auch erfolgt die Belieferung der Beklagten mit Heizöl über die streitgegenständliche Hofeinfahrt. Für das in der Einfahrt vorhandene Tor haben eine Vielzahl von Personen, u.A. die Beklagten sowie deren Mieter, einen Schlüssel. Wie viele Schlüssel für diese Toreinfahrt existieren und wer diese hat, wissen weder der Kläger noch die Beklagten genau. Der Kläger hat das Ladenlokal in seinem Objekt an die Zeugin … .. vermietet, die dort ein Fachgeschäft für Damenoberbekleidung auf zwei Etagen betreibt. Im Hof lagert die Zeugin … .. ihre Ware, die aufgrund der vorbenannten Benutzung durch die Beklagten und weiteren Personen dem Zugriff von Dritten ausgesetzt ist, weswegen der Zeugin … .. eine Erhöhung ihrer Versicherungsprämie droht.

Der Kläger behauptet, es bestehe schon seit Jahrzehnten Streit bzgl. der Nutzung der Hofeinfahrt des Klägers durch die Beklagten, ihrer Mieter und Dritte. Der Kläger habe einer Nutzung der Hofeinfahrt stets widersprochen, obwohl er irrigerweise aufgrund der Auskunft des Grundbuchsamt lange Zeit von einem Wegerecht auch bzgl. der Hofeinfahrt ausginge.

Er ist der Ansicht, dass das Wegerecht auf der ehemaligen Nr. … … . erloschen sei, da auf dem ehemaligen Grundstück Nr. … .. keine Metzgerei mehr betrieben werde und daher eine Benutzung „wie bisher“ nicht mehr möglich sei. Zudem habe sich das Wegerecht von jeher nur auf die Nr. … … bezogen und dies bestehe auch nach der Vereinigung mit dem Grundstück … .. nur an dem Teil des neu entstandenen Grundstücks fort, dass früher dem Grundstück … … entsprochen habe. Dieses Wegerecht könne nicht mehr ausgeübt werden, weil an dem ehemaligen Grundstück Nr. … .. nie ein Wegerecht bestanden habe und die anderen, ehemaligen Durchgänge, verbaut seien. Ein Gewohnheitsrecht bestehe ebenfalls nicht. Darüber hinaus sei nur ein Benutzungsrecht aufgrund einer Leihe denkbar, bzgl. derer der Kläger die Kündigung erklärt.

Ursprünglich hat der Kläger beantragt,

1. die Beklagte … … . zu verurteilen, es zu unterlassen, die Toreinfahrt des Hausgrundstücks “ … … … … .“ zu der dort befindlichen Scheune zu betreten, zu befahren oder zu benutzen sowie

2. der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 EUR oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten im Einzelfall anzuordnen.

Am … … … … ist die Beklagte … … … … verstorben. Gesetzliche Erben sind ihre Abkömmlinge … … … … … . sowie … … … .. Der Kläger hat sodann eine Rubrumsberichtigung beantragt, die antragsgemäß am … … . erfolgt ist. Am … … … . und am … … … … hat der Kläger die Klage jeweils erweitert.

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Der Kläger beantragt nunmehr,

1. die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, die Toreinfahrt des Hausgrundstücks “ … … … ..“ zu der dort befindlichen Scheune zu betreten, zu befahren oder zu benutzen oder durch Dritte betreten, befahren oder benutzen zu lassen,

2. die Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 EUR oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten im Einzelfall anzuordnen sowie

3. die Beklagten zu verurteilen, die Löschung des in Abt II Nr. 2 des Grundbuchs von … … … … … … … .., eingetragenen Wegerechts zu bewilligen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, dass zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Wegerecht auf dem damaligen Grundstück … … nicht nur eine Metzgerei betrieben, sondern im Obergeschoss Wohnungen vermieten worden seien, sodass die Benutzung „wie bisher“ die Betreibung eines Gewerbebetriebs und die Benutzung der Wohnungen im Wohnhaus des ehemaligen Grundstücks … … .. umfasse. Bis heute erfolge eine vorgenannte Nutzung der Objektes … … … … . Im Übrigen werde auch weiterhin im Hof eine Wurstküche betrieben. Die Beklagten sind der Ansicht, ihnen stehe ein Geh- und Fahrrecht aus Gewohnheitsrecht zu, da seit ca. 80 Jahren das Objekt in der … … … … … über die Einfahrt des Klägers von der Aachener Straße aus betreten werde. Seit min. 40 Jahre dulde der Kläger die entsprechende Benutzung. Streitigkeiten gebe es erst seit dem Jahr … . Wenigstens bestehe eine Notwegerecht, da die Mieter ihre Wohnung nicht von der … … … . aus betreten könnten und die Heizung in dem Wohnhaus der Beklagten nur unter Benutzung der streitgegenständlichen Hofeinfahrt des Klägers über den Innenhof mit Brennstoff versorgt werden könne. Letztendlich ergebe sich aber eine Duldungspflicht des Klägers, da er in die Vermietung des Wohnhauses sowie in die Belieferung des Wohnhauses der Beklagten mit Heizöl unter Benutzung seiner Hofeinfahrt eingewilligt habe.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … … … … … … … Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom … … , Bl. … ff. d. A., vom … … , Bl. … . ff. d.A., sowie vom … … , Bl. … .ff d.A., verwiesen.

Zudem hat das Gericht die Zeugen … … . und … … … schriftlich vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Zeugenaussagen der Zeugen … … … .. vom … .., Bl … . d.A., sowie … … … , Bl. … d.A., verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Entgegen der vom Gericht bisher geäußerten Rechtsauffassung fand durch den Tod der ursprünglichen Beklagten … … … … .. kein willkürlicher Parteiwechsel im Sinne des § 263 ZPO statt, da vorliegend ein Parteiwechsel von Gesetzes wegen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach dem Tod einer Partei gem. § 239 ZPO erfolgt ist. § 263 ZPO erfasst Parteiwechsel, die von Gesetzes wegen eintreten, nicht (BeckOK, Vorwerk/Wolf, 26. Edition, ZPO, § 263, Rn. 18). Die nunmehrigen Beklagten … … und … … … … … . sind als Erben im Wege der Gesamtrechtsfolge nunmehr Parteien des Rechtsstreits geworden. Eine Unterbrechung des Verfahrens von Gesetzes wegen gem. § 239 ZPO war nicht gegeben, da die Parteien gem. § 246 ZPO im Prozess jeweils durch Bevollmächtigte vertreten sind. In einem solchen Fall kann eine Unterbrechung nur auf Antrag der Parteien erfolgen, der hier aber nicht gestellt wurde. Entsprechend der vorgenannten Erläuterungen war lediglich eine Berichtigung der Parteibezeichnung vom Gericht vorzunehmen.

II.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB darauf, dass die Beklagten es unterlassen in die auf dem Grundstück des Klägers gelegene Toreinfahrt zu betreten, zu befahren oder zu benutzen bzw. diese durch Dritte betreten, befahren oder benutzen zu lassen.

a) Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich die streitgegenständliche Hofeinfahrt zur … … … befindet.

b) Unstreitig ist zwischen den Parteien auch, dass diese Hofeinfahrt von den Beklagten zum Zugang des hofseitigen Eingang des in ihrem Eigentum stehenden Objekts … … … … benutzen bzw. diese Dritten den Zugang über die Hofeinfahrt des Klägers ermöglichen und gestatten.

c) Es besteht auch unstreitig einer Wiederholungsgefahr bezüglich der oben genannten Beeinträchtigungen.

d) Dem steht auch keine Duldungspflicht des Klägers gem. § 1004 Abs. 2 BGB entgegen.

aa) Zunächst besteht eine solche Duldungspflicht nicht aus dem zugunsten der Eigentümer des Grundstück mit der früheren Bezeichnung Nr. … … .. im Grundbuch eingetragenen Wegerecht an dem Grundstück mit der früheren Bezeichnung … … .

Es kann dahinstehen, zu welchem Zweck das Wegerecht an dem Grundstück Nr. … … .. eingetragen worden ist und ob dieser Zweck heute entfallen ist. Das Grundstück Nr. … … ist seinerzeit aus dem von den Eheleuten … .. veräußerten Grundstück Nr. … . und einem herausgemessenen Anteil aus dem Grundstück Nr. … . gebildet worden. Das restliche Grundstück Nr. … . erhielt die neue Bezeichnung Nr. … … … Die Grundstücke Nr. … und Nr. … . enthielten schon zu diesem Zeitpunkt – … – keinen Zugang zur ehemaligen … … .., heute … … Dasselbe gilt dementsprechend für die aus den vorgenannten Flurstücken neu gebildeten Grundstücke Nr. … .. und Nr. … … Schon im Jahr … .. führte der Zugang von der … .., heute … … , daher über das Grundstück des damaligen Eigentümers … … ., das später die Bezeichnung Nr. … .. erhielt. Ein Wegerecht zugunsten des Grundstücks Nr. … .. wurde an diesem Grundstück nicht eingetragen. Der Umfang des Wegerechts änderte sich auch nicht durch die Verbindung der Flurstücke Nr. … . und Nr. … . gem. § 890 BGB. Die Vereinigung beendet die rechtliche Selbständigkeit der beteiligten Grundstücke; diese werden zu nicht wesentlichen Bestandteilen des neuen einheitlichen Grundstücks. Belastungen der Einzelgrundstücke bleiben aber getrennt bestehen und erstrecken sich nicht auf den verbundenen Bestandteil (MüKo/Kohler, BGB, § 890 Rn. 12-13, BGH NJW 1978, 320). Dies bedeutet, dass das Wegerecht lediglich an dem Teil des Grundstücks des Klägers Nr. … besteht, dass früher dem Grundstück … .. entsprach.

bb) Dem Anspruch des Klägers steht aus keine Duldungspflicht aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung zu. Denkbar ist nur eine entsprechende schuldrechtliche Vereinbarung des Klägers mit der ehemaligen verstorbenen Eigentümerin … .., die ursprünglich verklagt war. Eine solche würde dann aber auch im Verhältnis zu den Beklagten gelten, da diese als Erben gem. § 1922 BGB Gesamtrechtsnachfolger von … … sind. Als schuldrechtliche Vereinbarung über ein Wegerecht kommt eine Leihe gem. § 598 BGB in Betracht. Ob eine solcher getroffen worden ist, kann vorliegend dahinstehen, denn jedenfalls hat der Kläger einen etwaigen Leihvertrag betreffend die Hofeinfahrt seines Grundstücks wirksam gekündigt. Ein Verleiher hat gem. § 603 Abs. 3 BGB ein jederzeitiges Rückforderungs- und (fristloses) Kündigungsrecht. Spätestens im laufenden Klageverfahren hat der Kläger von seinem Kündigungsrecht ausdrücklich Gebrauch gemacht.

cc) Es besteht auch keine Duldungspflicht des Klägers aufgrund eines Wegerechts aus Gewohnheitsrecht.

Von einem Gewohnheitsrecht ist auszugehen, wenn sich in einer bestimmten Rechtsfrage durch ständige Übung ein Rechtsbewusstsein der beteiligten Kreise gebildet hat, dass unzweifelhaft ein entsprechendes Gebot besteht und die Gerichte diese Rechtsüberzeugung teilen. Grundsätzlich kann ein Wegerecht danach durch langjährige einvernehmliche Übung als örtlich begrenztes Gewohnheitsrecht (Observanz) entstehen (OLG München, Urteil vom 17.12.2014, Az. 3 U 1362/14). Voraussetzung für die Annahme eines solchen allein durch Gewohnheitsrecht begründeten Wegerechts ist aber in einer solchen Konstellation, dass die beteiligten Rechtskreise, die diese langjährige Übung als rechtsverbindlich anerkennen, davon ausgehen, dass diese nicht lediglich auf einem schuldrechtlichen Vertrag wie beispielsweise einer jederzeit kündbaren Leihe oder in Ausübung eines gesetzlich geregelten Notwegerechts gemäß § 917 BGB erfolgt (OLG München, a.a.O.). Das bedeutet, die beteiligten Verkehrskreise müssen die Vorstellung haben, dass ein Recht zu Benutzung eines Weges aufgrund einer einem Gesetz gleichstehenden Rechtsquelle beruht. Schon rein gedanklich kann ein solches Wegerecht aufgrund eines örtlich gebundenen Gewohnheitsrechts kaum je entstehen, wenn nur die beteiligten Eigentümer zweier Grundstücke sich als Berechtigter und Verpflichteter gegenüberstehen (OLG München, a.a.O).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kommt das Gericht nicht zu der Überzeugung gem. § 286 ZPO, dass ein großer Teil der hier beteiligten Verkehrskreise – namentlich die ehemaligen und jetzigen Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke, die Mieter der Parteien sowie sonstige Dritte, die die Toreinfahrt des Klägers regelmäßig benutzten – davon ausging, es bestehe ein einem Gesetz gleichstehendes Recht an der Benutzung der Toreinfahrt auf dem Grundstück des Klägers.

Unstreitig ging der Kläger jahrelang irrigerweise davon aus, dass ein entsprechendes schuldrechtliches und dinglich vereinbartes Wegerecht an der auf seinem Grundstück befindlichen Toreinfahrt bestehe, auch wenn er dieses nach eigenem Vortrag stets missbilligt habe. Auch mag die ehemalige Eigentümer … .. die Vorstellung gehabt haben, das bzgl. des ehemaligen Grundstücksteils Nr. … .. bestehende dingliche Wegerecht beziehe sich auch auf die Toreinfahrt. Diese Vorstellungen sind entsprechend der obigen Ausführungen für die Begründung eines Wegerechts jedoch nicht ausreichend.

Die von den Beklagten hierzu benannten Zeugen waren ebenfalls unergiebig. Die Zeugen … … … … … ..bekundeten insofern, dass sie stets die Hofeinfahrt – zum Teil über Jahrzehnte hinweg – zum Zugang zum Haus … … genutzt, sich über die rechtliche Grundlage eines Wegerecht aber nie Gedanken gemacht hätten. Vereinzelt gingen die Zeugen vage von einem „Gemeinschaftsweg“ aus. Teilweise bekundeten Zeugen – wie etwa der Zeugen … … … – sie hätten gehört, es bestehe ein Wegerecht für die Benutzung der Hofeinfahrt, allerdings bekundete kein Zeuge, er sei davon ausgegangen es bestehe ein verbindliches, über eine schuldrechtliche und dingliche Vereinbarung hinausgehendes Recht an der Benutzung der Hofeinfahrt. Die Beklagten sind insofern beweisfällig geblieben.

dd) Es besteht auch keine Duldungspflicht des Klägers aufgrund eines Notwegerechts der Beklagten gem. § 917 BGB. Ein Grundstückseigentümer kann demnach in dem Fall, dass seinem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendigen Verbindung mit dem öffentlichen Wegen fehlt, von seinem Nachbarn verlangen, dass dieser die Nutzung seines Grundstücks duldet, bis dieser Mangel behoben ist. Voraussetzung für das Bestehen eines solchen Notwegerechts ist aber, dass die Zugangslosigkeit des Grundstücks nicht auf andere Art und Weise behoben werden kann (MüKo/Brückner, BGB, § 917 Rn. 12). An das Vorliegen einer Notlage sind wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Nachbareigentum strenge Anforderungen zu stellen (MüKo/Brückner, a.a.O.). Von einer anderweitigen Verbindungsmöglichkeit muss der Grundstückseigentümer auch dann Gebrauch machen, wenn sie umständlicher, weniger bequem oder kostspieliger ist als ein Notweg über das Nachbargrundstück (BGH NJW 1964,1321). Eine solche alternative Zuwegung ist vorliegend aber gegeben. Unstreitig ist, dass die im Obergeschoss liegenden Wohnungen im Haus der Beklagten auf dem Grundstück … … . ursprünglich einen Zugang zur … … im Erdgeschoss des Hauses hatte, der aber von ehemaligen Eigentümern des Hausgrundstücks entfernt und die vorhandene Gewerberaumfläche so vergrößert worden ist. Unabhängig von der Frage, ob die Zugangstür im Gewerberaum noch vorhanden oder zugemauert bzw. zugestellt ist, ist den Beklagten insofern zuzumuten, den entsprechenden Zugang unter Verkleinerung des Gewerberaums im Erdgeschoss wieder herzustellen. Etwas anders gilt auch nicht für die Heizöllieferung. Der Kläger hat insofern vorgetragen, dass es möglich sein dürfte, durch den so entstehenden Hauseingang den Schlauch von der Schleidener Straße zum Tank zu legen. Die Beklagten sind diesem Vortrag nicht entgegengetreten und haben insbesondere keine Gründe dargelegt, die gegen diese Möglichkeit der Versorgung mit Heizöl spricht.

ee) Eine Duldungspflicht ergibt sich ebenfalls nicht aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis. § 917 BGB regelt Wegerecht, die nicht durch dingliche oder schuldrechtliche Verträge begründet sind, abschließend (BGH NJW 2014, 311, Rn. 26 m.w.N.) Sind ihre tatbestandlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, so können sie nicht mit Hilfe des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses umgangen oder erweitert werden (BGH, a.a.O.).

ff) Der als Verwirkung auszulegende Einwand der Beklagten, der Kläger habe die Nutzung der Hofeinfahrt über 40 Jahre geduldet, greift nicht durch. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin (Zeitmoment) bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen (Umstandsmoment), und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH, NJW-RR 2006, 235, 236, Rn. 10 m.w.N.). Der Verwirkung unterliegen dingliche Rechte nicht, wohl aber die daraus folgenden Ansprüche, weswegen keine Bedenken bestehen, auch die aus Besitz bzw. Eigentum abgeleiteten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB dem Einwand der Verwirkung auszusetzen (BGH, NJW 1990, 2555, 2556). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zwar ist zwischen den Parteien streitig, über welchen Zeitraum die Nutzung der Hofeinfahrt durch die Beklagten und weiteren Dritten von dem Kläger geduldet worden ist. Hierauf kommt es aber vorliegend nicht an, denn unstreitig ging der Kläger aufgrund der Auskunft des Grundbuchsamt im Jahr … . davon aus, dass das für das ehemalige Grundstück Nr. … .. zu Gunsten des ehemaligen Grundstücks … … eingetragene Wegerecht sich auch auf das verbundene ehemalige Grundstück Nr. … ..bezieht. Das Klageverfahren und der anfängliche Vortrag des Klägers zeigt, dass er auch bei Erhebung der Klage davon ausgegangen ist, dass sich das Wegerecht ursprünglich mal auf sein gesamtes Grundstück mit der nunmehrigen Bezeichnung Nr. … bezogen habe und aufgrund einer veränderten Nutzung des ursprünglichen Grundstücks … .. aber erloschen sei. Ein Vertrauen des Schuldners darauf, dass der Gläubiger seinen Anspruch nicht mehr geltend machen wird, kann aber nur dann entstehen, wenn beide Parteien die zutreffende Vorstellung von dem Recht haben. Der Kläger hatte keine Kenntnis davon, dass das Wegerecht sich nicht auf den Teil seines Grundstücks bezieht, der dem ehemalige Grundstück Nr. … .. entspricht und er dementsprechend einen Unterlassungsanspruch hat. Wenn der Kläger hiervon keine Kenntnis hatte, können die Beklagten hierauf auch kein Vertrauen aufbauen, dass er einen solchen Unterlassungsanspruch nicht mehr geltend machen werde.

2. Der Kläger hat zudem gegen die Beklagten einen Anspruch auf Einwilligung zur Löschung des in Abt. II Nr. 2 des Grundbuchs von … … … … … … … … … . eingetragenen Wegerechts gem. § 894 BGB.Sofern sich der Antrag auf das Grundbuch „Bl. … ..“ bezog, war dieser wegen eines offensichtlichen Schreibfehlers der Auslegung zugänglich, da der Kläger bereits mit der Klageschrift den entsprechenden Grundbuchauszug vorgelegt hat, der aber Bl. … des Grundbuchs entspricht.

Voraussetzung für den Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 894 BGB ist, dass das Grundbuch unrichtig ist. Dies ist vorliegend der Fall, da das ehemals an dem Grundstück … .. bestehende Wegerecht zu Gunsten des Grundstücks … .. erloschen ist. Eine Dienstbarkeit erlischt, wenn ihre Ausübung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dauernd unmöglich wird (BGH, NJOZ 2009, 1585, BGH NJW 1985, 1025 m.w.N.). Das Wegerecht ist an dem ursprünglichen Grundstück … .. zugunsten des ursprünglichen Grundstücks … .. eingetragen worden, um die Durchfahrt über das ehemalige Grundstück … .. von der … .., heute … … ., zum Grundstück … . ermöglichen. Einer Ausübung dieses Wegerechts steht aber der Unterlassungsanspruch des Klägers bezüglich des ehemaligen Grundstückes Nr. … . entgegen, dass zwangsweise überquert werden muss, um zur … . zu gelangen. Eine andere Verbindung von dem ursprünglichen Grundstück … … zur … … .. besteht nicht. Die Ausübung des vorgenannten Wegerechts ist daher aus rechtlichen Gründen dauernd unmöglich geworden und erloschen.

II.

Der Antrag des Klägers zu 2.) war entsprechend der Formulierung des § 890 ZPO so auszulegen, dass eine Androhung von Ordnungshaft nur für den Fall erfolgt, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 2, 1 ZPO.

IV.

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

Bis zum 08.11.2016 bis 4.000,00 EUR

Ab dem 09.11.2017 bis 5.000,00 EUR

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