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Übersicht:
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Klagerücknahme vs. Erledigungserklärung: Oberlandesgericht entscheidet über Kostentragung
- Der Fall vor dem Oberlandesgericht Brandenburg im Detail
- ✔ FAQ zum Thema: Klagerücknahme und Kostentragung
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ➜ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Brandenburg
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Eine wirksame Klagerücknahme beendet den Rechtsstreit und lässt keine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO mehr zu.
- Die Klagerücknahme der Klägerin vom 02.11.2022 war klar und eindeutig formuliert, sodass keine Auslegung in eine Erledigungserklärung möglich war.
- Irrelevante Willensmängel wie ein Irrtum ändern nichts an der Wirksamkeit einer Prozesserklärung wie der Klagerücknahme.
- Nach der Klagerücknahme waren die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO der Klägerin aufzuerlegen.
- Eine Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO schied aus, da das erledigende Ereignis nach Rechtshängigkeit eingetreten war.
- Die Kostenentscheidung des Landgerichts nach § 91a ZPO war rechtsfehlerhaft und musste abgeändert werden.
- Die Beschwerde des Beklagten hatte Erfolg, ihm waren keine Kosten aufzuerlegen. Die Kosten trug die Klägerin.
Klagerücknahme vs. Erledigungserklärung: Oberlandesgericht entscheidet über Kostentragung
Wenn Gerichte über Rechtsfälle entscheiden, geht es oft um komplexe juristische Zusammenhänge. Diese können für Außenstehende mitunter schwer zu durchdringen sein. Eine zentrale Aufgabe ist es daher, solche Sachverhalte verständlich aufzubereiten und die wesentlichen Kernpunkte herauszustellen. Dies ist besonders wichtig, wenn es um richtungsweisende Urteile geht, die Auswirkungen auf ähnlich gelagerte Fälle haben können.
Ein gutes Beispiel hierfür ist das Thema der rechtlichen Einordnung von Klagerücknahmen. Wann kann eine Klagerücknahme als Erledigungserklärung ausgelegt werden und welche Folgen hat dies für die Kostentragung? Diese Frage stand kürzlich im Fokus eines Beschlusses des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, auf den im Folgenden näher eingegangen wird.
Der Fall vor dem Oberlandesgericht Brandenburg im Detail
Klagerücknahme versus Erledigungserklärung
In einem kürzlich entschiedenen Fall hatte sich das Brandenburgische Oberlandesgericht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob eine Klagerücknahme nach Rechtshängigkeit in eine Erledigungserklärung umgedeutet werden kann und welche Auswirkungen dies auf die Kostentragungspflicht hat. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand eine Klage auf Herausgabe eines Fahrzeugs, die von einer Bank als Sicherungseigentümerin gegen den Besitzer des Fahrzeugs erhoben wurde. Die Bank hatte zuvor mit einer Darlehensnehmerin einen Darlehensvertrag zur Finanzierung des Fahrzeugs abgeschlossen und ein Sicherungsrecht am Fahrzeug vereinbart. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Darlehensnehmerin kündigte die Bank das Darlehen fristlos und forderte die Herausgabe des Fahrzeugs.
Das Fahrzeug befand sich jedoch im Besitz des Beklagten, der es von der Darlehensnehmerin zur Unterbringung auf seinem Grundstück erhalten hatte. Nachdem die Bank den Beklagten erfolglos zur Herausgabe des Fahrzeugs aufgefordert hatte, erhob sie Klage. Noch bevor dem Beklagten die Klage zugestellt werden konnte, bot dieser der Bank an, das Fahrzeug abzulösen. Als die Bank das Fahrzeug durch eine Sicherstellungsfirma zurückerlangte, nahm sie die Klage zurück und beantragte, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Gerichtliche Entscheidung: Klagerücknahme wirksam, keine Umdeutung in Erledigungserklärung
Das Landgericht Cottbus folgte zunächst der Argumentation der Bank und legte dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auf. Hiergegen legte der Beklagte jedoch sofortige Beschwerde ein. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hob die Entscheidung des Landgerichts auf und entschied, dass die Kosten des Rechtsstreits von der Klägerin zu tragen sind. Begründet wurde dies damit, dass die Klagerücknahme wirksam war und den Rechtsstreit beendete. Eine Auslegung der Klagerücknahme in eine Erledigungserklärung kam nicht in Betracht, da die Erklärung eindeutig formuliert war und keinen Raum für Interpretationen ließ.
Die Bedeutung der Rechtshängigkeit für die Kostentragung
Ein zentraler Aspekt in diesem Fall war die Frage der Rechtshängigkeit. Da die Klage bereits rechtshängig war, als die Klägerin sie zurücknahm, griffen die Bestimmungen des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Nach dieser Vorschrift hat die klagende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn sie die Klage zurücknimmt. Eine Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO, wonach der Beklagte die Kosten zu tragen hat, wenn der Anlass für die Klageerhebung vor Rechtshängigkeit weggefallen ist, kam hier nicht in Betracht.
Kostentragung bei Erledigungserklärungen
Das Gericht stellte klar, dass eine Erledigungserklärung nur dann möglich ist, wenn das Verfahren noch nicht anderweitig beendet wurde. Wäre die Klage nicht zurückgenommen worden, hätte die Klägerin den Rechtsstreit durch eine Erledigungserklärung beenden können, da sie das Fahrzeug bereits zurückerhalten hatte. In diesem Fall hätte das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreits entscheiden können. Da die Klägerin die Klage jedoch zurücknahm und diese Rücknahme wirksam war, war eine solche Kostenentscheidung nicht mehr möglich.
✔ FAQ zum Thema: Klagerücknahme und Kostentragung
Was ist der Unterschied zwischen einer Klagerücknahme und einer Erledigungserklärung?
Der zentrale Unterschied zwischen einer Klagerücknahme und einer Erledigungserklärung liegt in den Auswirkungen auf die Kostentragung im Rechtsstreit. Bei einer Klagerücknahme nach § 269 ZPO zieht der Kläger seine Klage einseitig zurück. Grundsätzlich trägt dann der Kläger die Kosten des Verfahrens (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO).
Eine Erledigungserklärung hingegen wird abgegeben, wenn sich der Rechtsstreit durch ein nach Klageerhebung eingetretenes Ereignis erledigt hat. Erklärt nur der Kläger die Erledigung (einseitige Erledigungserklärung), muss das Gericht auf Antrag des Klägers die Erledigung feststellen (§ 91a ZPO). Über die Kostentragung entscheidet das Gericht dann nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands. Schließt sich der Beklagte der Erledigungserklärung an (übereinstimmende Erledigungserklärung), werden die Gerichtskosten auf eine 1,0 Gebühr reduziert.
Eine Klagerücknahme kommt in Betracht, wenn die Klage von Anfang an unzulässig oder unbegründet war. Die Erledigungserklärung ist vorzuziehen, wenn die Klage ursprünglich zulässig und begründet war, sich aber nachträglich erledigt hat.
Wichtig ist: Eine Klagerücknahme ist eine unwiderrufliche Prozesshandlung. Eine einseitige Erledigungserklärung kann dagegen bis zur Entscheidung des Gerichts frei widerrufen werden. Eine Klagerücknahme kann auch nicht in eine Erledigungserklärung umgedeutet werden.
Wann wird eine Klage als rechtshängig betrachtet?
Eine Klage wird mit der Zustellung an den Beklagten rechtshängig. Zu unterscheiden ist die Rechtshängigkeit von der Anhängigkeit des Rechtsstreits: Die Anhängigkeit beginnt bereits mit der Einreichung der Klage bei Gericht.
Die Rechtshängigkeit führt zu einer Reihe wichtiger Rechtswirkungen:
- Eine neue Klage über den gleichen Streitgegenstand wird unzulässig (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
- Die Zuständigkeit des Gerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO).
- Eine geltend gemachte Geldschuld ist auch ohne Verzug mindestens mit 5% über dem Basiszinssatz zu verzinsen (§§ 291, 288 Abs. 1 BGB).
- Es tritt eine Haftungsverschärfung zulasten des Schuldners ein (§§ 292, 818 Abs. 4, 987 BGB).
Ein durch Klageänderung, Klageerweiterung oder Widerklage in den Prozess eingebrachter Anspruch wird durch die Zustellung des den Anspruch geltend machenden Schriftsatzes rechtshängig.
Die Rechtshängigkeit endet mit der Beendigung des Prozesses. Sie ist entscheidend für die Möglichkeit einer Klagerücknahme: Diese setzt Rechtshängigkeit voraus und kann ab Zustellung der Klage bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft erklärt werden.
Welche Auswirkungen hat die Klagerücknahme auf die Kosten des Verfahrens?
Die Klagerücknahme hat folgende Auswirkungen auf die Kosten des Verfahrens:
Grundsätzlich muss der Kläger bei einer Klagerücknahme die Kosten des Rechtsstreits tragen (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO). Der Grund hierfür ist, dass sich der Kläger mit der Rücknahme freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begibt.
Die Gerichtskosten reduzieren sich bei einer Klagerücknahme erheblich, meist auf 1/3 der ursprünglichen Gebühren. Voraussetzung ist, dass das gesamte Verfahren durch die Klagerücknahme erledigt wird. Die Ermäßigung greift auch, wenn die Klagerücknahme innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt.
Für den Klägeranwalt entsteht mit Einreichung der Klage die volle 1,3 Verfahrensgebühr, die sich durch die Klagerücknahme nicht reduziert. Wurden vor der Rücknahme weitere Anwaltsgebühren verursacht (z.B. Terminsgebühr), bleiben diese ebenfalls bestehen.
Nimmt der Kläger die Klage zurück, bevor sie dem Beklagten zugestellt wurde, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kostentragung (§ 269 Abs. 3 S. 3 ZPO). Gleiches gilt, wenn der Anlass für die Klage schon vor Rechtshängigkeit weggefallen ist.
Der Beklagte kann die Erstattung seiner Anwaltskosten verlangen, wenn er bei Beauftragung des Anwalts keine Kenntnis von der Klagerücknahme hatte. Kündigt der Kläger die Rücknahme aber vorher an, sind später entstandene Anwaltskosten des Beklagten nicht erstattungsfähig.
Kann eine Klagerücknahme in eine Erledigungserklärung umgedeutet werden?
Eine Klagerücknahme kann grundsätzlich nicht in eine Erledigungserklärung umgedeutet werden. Dies hat der BGH in ständiger Rechtsprechung entschieden.
Zwar können Prozesshandlungen nach der Rechtsprechung des BGH in entsprechender Anwendung des § 140 BGB umgedeutet werden. Voraussetzung für eine solche Umdeutung ist aber stets eine unwirksame Parteihandlung. Die Klagerücknahme ist jedoch eine wirksame, einseitige und unwiderrufliche Prozesshandlung des Klägers. Sie beendet den Rechtsstreit, ohne dass es einer Entscheidung in der Sache bedarf.
Der Kläger muss sich bewusst sein, dass er mit der Klagerücknahme das Kostenrisiko trägt (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO). Nimmt er die Klage zurück, obwohl sie ursprünglich zulässig und begründet war und sich erst später erledigt hat, muss er die Konsequenzen tragen. Er kann dann nicht im Nachhinein durch Umdeutung eine für ihn günstigere Kostenentscheidung nach § 91a ZPO erreichen.
Anders ist die Rechtslage, wenn sich der Rechtsstreit schon vor Rechtshängigkeit der Klage erledigt hat. Hier kann das Gericht bei einer Klagerücknahme nach billigem Ermessen über die Kosten entscheiden (§ 269 Abs. 3 S. 3 ZPO). In diesem Fall ist eine Erledigungserklärung von vornherein nicht statthaft.
Fazit: Eine eindeutige und wirksame Klagerücknahme ist bindend. Sie indiziert, dass der Kläger die Klage von Anfang an für unbegründet hält und das Kostenrisiko übernehmen will. Eine nachträgliche Umdeutung in eine Erledigungserklärung, um eine andere Kostenentscheidung zu erreichen, scheidet daher aus.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 269 Abs. 3 Satz 2 und 3 ZPO (Zivilprozessordnung): Regelt die Kostenfolgen bei einer Klagerücknahme. Im vorliegenden Fall war entscheidend, dass die Kosten der Klägerin auferlegt wurden, nachdem sie die Klage zurücknahm. Der Paragraph klärt, unter welchen Umständen die zurücknehmende Partei die Kosten zu tragen hat bzw. wann der Beklagte sie tragen muss.
- § 91a ZPO: Erläutert die Möglichkeit der Kostenentscheidung nach billigem Ermessen durch das Gericht bei übereinstimmender Erledigungserklärung beider Parteien eines Verfahrens. Hier wird deutlich, dass eine fehlerhafte Anwendung dieses Paragraphen durch das Landgericht korrigiert wurde, da das Verfahren durch die Klagerücknahme bereits beendet war und somit eine Entscheidung nach § 91a ZPO nicht mehr möglich war.
- § 140 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Betreffend die Umdeutung einer unwirksamen in eine wirksame Willenserklärung. Im Kontext dieses Falles war relevant, dass die Klagerücknahme als wirksame Willenserklärung betrachtet wurde und keine Umdeutung in eine Erledigungserklärung in Betracht kam.
- § 91 ZPO: Regelt die grundsätzliche Kostenpflicht der unterliegenden Partei, wurde aber in diesem Fall speziell für die Kostenentscheidung des Beschwerdeverfahrens herangezogen, die zu Lasten der Klägerin ging.
- §§ 47, 48 GKG (Gerichtskostengesetz) und 3 ZPO: Betreffen die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens, welcher für die Höhe der Gerichtskosten entscheidend ist.
- § 568 Abs. 1 ZPO: Bestimmt, dass bei Beschwerdeentscheidungen der Einzelrichter des oberen Gerichts entscheidet, wenn die angefochtene Entscheidung durch einen Einzelrichter erfolgte. Dies unterstreicht die prozessuale Handhabung des Beschwerdeverfahrens durch das Oberlandesgericht Brandenburg.
➜ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Brandenburg
OLG Brandenburg – Az.: 7 W 65/23 – Beschluss vom 19.10.2023
1. Der Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 24.01.2023, Az. 4 O 194/22, wird dahingehend abgeändert, dass die Kosten des Rechtsstreits die Klägerin zu tragen hat.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 4000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin hat als Sicherungseigentümerin gegen den Beklagten als Besitzer des Fahrzeuges ###, amtliches Kennzeichen ### mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer ### einen Herausgabeanspruch geltend gemacht.
Die Klägerin schloss am 14.02.2017 mit ### als Darlehensnehmerin einen Darlehensvertrag zur Finanzierung des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Im Darlehensvertrag wurde vereinbart, dass das Fahrzeug im Sicherungseigentum der Bank steht, bis alle Forderungen der Bank aus dem Darlehensvertrag erfüllt sind.
Am 21.07.2021 ist über das Vermögen der Darlehensnehmerin ein Insolvenzverfahren bei dem Amtsgericht Cottbus eröffnet worden. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt ### bestellt. Mit Schreiben vom 18.08.2021 kündigte daraufhin die Klägerin das Darlehen fristlos und forderte von der Darlehensnehmerin die Herausgabe des Fahrzeugs.
Mit Schreiben vom 26.01.2022 teilte der Insolvenzverwalter den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass sich das sicherungsübereignete Fahrzeug im Besitz des Beklagten in ### befindet.
Mit Schreiben vom 28.02.2022 forderte die Klägerin den Beklagten daraufhin außergerichtlich vergeblich auf, das Fahrzeug an sie bis zum 17.03.2022 herauszugeben.
Hierauf erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 14.06.2022 Klage.
Die Klageschrift ist dem in ### wohnenden Beklagten am 08.10.2022 zugestellt worden.
Mit Email vom 16.10.2022 wandte sich der Beklagte an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin und bot an, den ### für 16.215,09 € abzulösen. Am 17.10.2022 erklärte er, dass sie die Email vom Vortag vergessen sollten, das Auto in ### abgeholt werden könne und nannte die entsprechende Adresse.
Mit Schriftsatz vom 02.11.2022 hat die Klägerin vor dem Hintergrund, dass durch eine beauftragte Sicherstellungsfirma das Fahrzeug beim Beklagten abgeholt und an die Klägerin zurückgegeben werden konnte, zunächst die Klagerücknahme erklärt und beantragt, die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO dem Beklagten aufzuerlegen. Nachdem das Landgericht darauf hingewiesen hat, dass die Klage bereits vor Erklärung der Rücknahme zugestellt worden ist und die Voraussetzungen des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO nicht vorliegen dürften, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 21.12.2022 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Dieser Schriftsatz ist dem Beklagten am 05.01.2023 zugestellt worden unter Hinweis darauf, dass gem. § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits nach billigem Ermessen entschieden wird, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung nicht widerspricht. Der Beklagte hat der Erledigungserklärung nicht widersprochen.
Mit Beschluss vom 24.01.2023, der dem Beklagten am 27.01.2023 zugestellt worden ist, hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 a ZPO dem Beklagten auferlegt.
Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 10.02.2023 vom Beklagten eingelegte sofortige Beschwerde, mit der der Beklagte in Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Auferlegung der Kosten des Verfahrens auf die Klägerin begehrt. Dies begründet der Beklagte damit, dass er nie Besitzer des Fahrzeugs gewesen sei, sondern das Fahrzeug lediglich auf seinem Grundstück in ### von der Darlehensnehmerin untergestellt worden sei. Diese sei auch im Besitz der Fahrzeugschlüssel und Papiere gewesen.
Mit Beschluss vom 19.05.2023 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.
II.
1. Da die angefochtene Entscheidung durch einen Einzelrichter getroffen wurde, entscheidet auch das Brandenburgische Oberlandesgericht als Beschwerdeinstanz durch eines seiner Mitglieder als originärer Einzelrichter, § 568 Abs. 1 ZPO.
2. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 91a Abs. 2 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg.
Der Klägerin waren die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO aufzuerlegen.
Die Voraussetzungen, unter denen das Landgericht Cottbus über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO entscheiden konnte, lagen nicht vor. Eine übereinstimmende Erledigung des Rechtsstreits kam nämlich nur solange in Betracht, als das Verfahren noch nicht anderweitig beendet war. Dies war hier aber der Fall, da die Klägerin mit Schriftsatz vom 02.11.2022 die Klage zurückgenommen hat und diese Klagerücknahme den Rechtsstreit beendet hat.
Eine Auslegung der mit Schriftsatz vom 02.11.2022 erklärten Klagerücknahme in eine Erledigungserklärung kam vorliegend nicht in Betracht, da die Erklärung einen nach Wortlaut und Zweck eindeutigen Inhalt hatte und daher für eine Auslegung der Erklärung kein Raum blieb (vgl. hierzu auch BGH Beschluss vom 13.12.2006 – XII ZB 71/04). Der Wortlaut der Erklärung: „In vorbezeichneter Angelegenheit nehmen wir die Klage vom 14.06.2022 zurück“ ist eindeutig. Der Wille zur Klagerücknahme wird durch den gleichzeitig gestellten Antrag, die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 III 3 ZPO dem Beklagten aufzuerlegen, bekräftigt.
Auch eine Umdeutung der Klagerücknahme in eine Erledigungserklärung kommt nicht in Betracht. Zwar können nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch Prozesshandlungen in entsprechender Anwendung des § 140 BGB umgedeutet werden. Die Umdeutung setzt aber stets eine unwirksame Parteihandlung voraus. Daran fehlt es hier, da die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin erklärte Klagerücknahme wirksam war. Lediglich der Antrag, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aufzuerlegen war unbegründet, da der Anlass zur Einreichung der Klage nach Rechtshängigkeit weggefallen ist und nicht davor.
Diese Prozesshandlung ist auch dann wirksam, wenn sie auf einem Irrtum beruhte, da die Klägerin offenbar davon ausging, dass ihre Klage bislang nicht zugestellt worden war. Die Klagerücknahme konnte nicht wegen Irrtums angefochten oder widerrufen werden, da die für Willenserklärungen geltenden Vorschriften über die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit wegen Willensmängeln auf Prozesserklärungen weder direkt noch entsprechend anwendbar sind. Auch eine analoge Anwendung des § 290 ZPO ist im Hinblick auf den Ausnahmecharakter dieser Vorschrift ausgeschlossen. Ein Restitutionsgrund liegt ebenfalls nicht vor.
Nach der Rücknahme der Klage war daher über die Kosten nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu entscheiden. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO war auch nicht entsprechend anzuwenden, da das erledigende Ereignis nach Rechtshängigkeit eingetreten ist und in diesem Fall die klagende Partei durch eine Erledigungserklärung eine für sie kostengünstige Kostenentscheidung erwirken kann (vgl. BGH, Beschluss vom 19.08.2014 – VI ZB 17/13).
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 91 ZPO.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 47, 48 GKG, 3 ZPO und entspricht dem mit der Beschwerde verfolgten Ziel, die Klägerin mit den Kosten des Rechtsstreits zu belasten.