AG Montabaur
Az.: 5 C 60/13
Beschluss vom 21.03.2013
1. Der Antrag der Klägerin, dem Beklagten die weiteren Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
2. Der Streitwert wird auf ….
Gründe
I.
Am 07.02.2013 wurde gegen den Beklagten antragsgemäß nach am 19.01.2013 zugestelltem Mahnbescheid ein Vollstreckungsbescheid erlassen. Gegen diesen legte der Beklagte am 20.02.2013 Einspruch ein, nachdem er die geltend gemachte Forderung bereits mit Zahlungseingang bei der Klägerin am 06.02.2013 beglichen hatte. Daraufhin nahm die Klägerin mit am 11.03.2013 eingegangenen Schriftsatz ihre Klage zurück und beantragte, dem Beklagten die (weiteren) Kosten des Verfahrens gemäß bzw. in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO aufzuerlegen. Nachdem das Gericht auf Bedenken hinsichtlich des Bestehens eines Analogiefalls des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO hingewiesen hatte, weil die Zahlung hier gemäß § 700 Abs. 2 ZPO nach Rechtshängigkeit erfolgt war und für diesen Fall durch § 91a ZPO eine abschließende gesetzliche Regelung bestehen könnte, erklärt die Klägerin den Rechtsstreit nunmehr für erledigt und beantragt erneut, dem Beklagten die weiteren Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Beklagte meint in seinem Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid, dass sich die Angelegenheit mit seiner Zahlung erledigt hat, und hat darüber hinaus keinen Antrag gestellt.
II.
Dem Kostenantrag der Klägerin war nicht stattzugeben, weil weder die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Kostenentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO (analog) i.V.m. § 269 Abs. 4 ZPO noch nach § 91a ZPO vorliegen.
1.
Die Zahlung des Beklagten erfolgte hier gemäß § 700 Abs. 2 ZPO nach Rechtshängigkeit. Da für diesen Fall mit § 91a ZPO eine abschließende gesetzliche Regelung besteht, ist mangels Regelungslücke ein Analogiefall des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO nicht gegeben. Folglich kann auch eine Kostenentscheidung entsprechend dieser Vorschrift nicht ergehen. Dabei kommt es für den rückwirkenden Eintritt der Rechtshängigkeit bezogen auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids allein auf den Erlass des Vollstreckungsbescheids an, unabhängig davon, ob die Klageforderung bereits vor dem Erlass des Vollstreckungsbescheids erfüllt war (Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 33. Aufl. 2012 § 700 Rdn. 3).
2.
Eine Kostenentscheidung kann hier aber auch nicht nach § 91a ZPO ergehen. Denn mit Eingang der mit Schriftsatz vom 08.03.2013 erklärten Klagerücknahme bei Gericht am 11.03.2013 war hier die Anhängigkeit der Klage gemäß § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO rückwirkend entfallen. Insbesondere tritt diese Wirkung nicht erst mit Zustellung bzw. Zugang der Klagerücknahme beim Beklagten ein, denn Adressat der Klagrücknahme ist das Gericht (vgl. Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. 2010 § 269 Rdn. 12, 12a sowie MünchKomm-ZPO/Becker-Eberhard 4. Aufl. 2013 § 269 Rdn. 20).
Folglich existierte bei Eingang der Erledigungserklärung der Klägerin aus Schriftsatz vom 15.03.2013 zwischen den Parteien kein Rechtsstreit mehr, der in der Hauptsache für erledigt erklärt werden konnte, weshalb auch eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO nicht mehr möglich ist.
3.
In der Erledigungserklärung ist hier schließlich auch keine wirksame Rücknahme der erklärten Klagerücknahme zu sehen. Denn die Rücknahme einer Klage stellt eine Prozesshandlung dar, die als solche grundsätzlich unanfechtbar und unwiderruflich ist (vgl. OLG Saarbrücken OLGR 2000, 176; Zöller/Greger aaO. Rdn. 12; Thomas/Putzo/Reichold aaO. § 269 Rdn. 8).
Allerdings wird teilweise die Ansicht vertreten, ein Widerruf der Klagerücknahme sei dann als wirksam anzuerkennen, wenn der Beklagte ihm zustimmt und das Verfahren noch nicht zum völligen Stillstand gekommen sei (vgl. Thomas/Putzo/Reichold aaO.). Dieser Auffassung ist indes nicht zu folgen, denn das Erfordernis der Klarheit der jeweiligen Prozesssituation gebietet grundsätzlich die Unwiderruflichkeit einer wirksamen Klagerücknahme (vgl. OLG Saarbrücken aaO.). Die von der Gegenansicht angeführten prozessökonomischen Gründe erscheinen allenfalls für die Fälle einsichtig, in denen die Klagerücknahme in der mündlichen Verhandlung erklärt wurde und die Parteien sie noch in derselben Verhandlung wieder beseitigen wollen. Ist dagegen – wie im vorliegenden Fall – der Rechtsstreit bereits vor der mündlichen Verhandlung durch eine wirksame Klagerücknahme beendet worden, bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Anerkennung einer Möglichkeit der Parteien, die Rücknahmewirkungen einverständlich wieder zu beseitigen. Zumindest in diesen Fällen verliert der Gesichtspunkt der Prozessökonomie seine Bedeutung (vgl. OLG Saarbrücken aaO.). Dahinstehen kann vorliegend, ob ein wirksamer Widerruf der Klagerücknahme mit einer Zustimmungspflicht der Beklagtenseite ausnahmsweise dann in Betracht kommt, wenn die Verweigerung der Zustimmung zum Widerruf sich als ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der beklagten Partei darstellen würde (vgl. hierzu OLG Stuttgart OLGR 1998, 440), denn ein solches Verhalten des Beklagten lag hier ersichtlich nicht vor.
4.
Andererseits hat hier aber auch der Beklagte keinen Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 ZPO gestellt, so dass das vorliegende Verfahren ohne (weitere) Kostenentscheidung zu enden hat.