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Kleingartenpachtvertrag – Kündigungsvoraussetzungen

OLG München – Az.: 32 U 3372/17 – Schlussurteil vom 19.08.2021

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 30.08.2017, Az. 23 O 13400/16, wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Widerklage wendet.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 109.737,10 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.

Die Parteien machen im Wege der Klage und Widerklage wechselseitige Ansprüche aus einem Pachtvertrag über die Kleingartenanlage an der …straße in … geltend.

1. Bei dem Kläger handelt es sich um ein Sozialwerk der … und des …. Der Kläger betreibt die gegenständliche Kleingartenanlage, in der einzelne Parzellen an Kleingärtner verpachtet sind. Der Betrieb beruht auf einem Generalpachtvertrag 2008 (im Folgenden GPV 08) vom 09.04. / 20.04. / 06.05.2008. In dem Vertrag werden als Verpächter die D. AG und die D. S. & S. AG und als Pächter der Kläger geführt. In der Vereinbarung ist geregelt, dass dem Kläger Grundstücksflächen zur kleingärtnerischen Nutzung im Sinne des Bundeskleingartengesetzes (im Folgenden BKleingG) überlassen werden. Der Kläger soll die Pachtfläche verwalten und diese durch Unterverpachtung an einzelne Nutzer einer kleingärtnerischen Nutzung zuführen. Als Jahrespacht hat der Pächter 35% der von ihm aus den Unterpachtverhältnissen vereinnahmten Pachterträge abzuführen. Weiter obliegt es dem Kläger nach dem Vertrag, den Bestand der Pachtfläche fortschreibend zu dokumentieren. Der GPV 08 ist auf unbestimmte Zeit ab dem 01.01.2008 abgeschlossen. Er kann mit einer Frist von zehn Monaten zum 30.11. eines Jahres gekündigt werden, sofern nicht gesetzliche Regelungen insbesondere des BKleingG entgegenstehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen.

2. Mit notariellem Kaufvertrag vom 12.07.2010 (Anlage K 1) veräußerte die D. N. AG Grundstücksflächen der Kleingartenanlage an die F. Grundstücksverwaltung GmbH (Grundstück Flurst.Nr. …/xx zu 212 m² und zu vermessende Teilfläche von ca. 15.989 m² aus dem Grundstück Flurst.Nr. …) und an Frau I. P. (Grundstück Flurst.Nr. …/xx zu 283 m² und zu vermessende Teilfläche von ca. 20.684 m² aus dem Grundstück Flurst.Nr. …). Die D. N. AG war nach der Ausgliederung von der D. AG nach § 131 Abs. 1 Satz 1 UmwG Eigentümerin der Grundstücke geworden. In dem Kaufvertrag ist geregelt, dass die Käufer im Wege der befreienden Schuldübernahme in alle Rechte und Pflichten aus dem GPV 08 eintreten, soweit der Kaufgegenstand betroffen ist. Das Grundstück Flurst.Nr. …/xx hat Frau P. später wieder an die Verkäuferin zurückübertragen (notarieller Vertrag vom 03.04.2012, Anlage B 47). Sie hat mit derselben Urkunde das Grundstück Flurst.Nr. …/xx zu 23 m² erworben.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 12.10.2015 erwarb der Beklagte von der F. Grundstücksverwaltung GmbH Teilflächen der Kleingartenanlage. Der Beklagte wurde Eigentümer der Grundstücke mit den Flurst.Nr. …/xx, …/xx und …/xx. Auf dem Flurstück …/xx befindet sich ein Gemeinschaftsgarten mit Vereinshaus, Büro, Toilettenanlage und Lagerräumen.

Die Grundstückssituation kann anhand der vorgelegten Pläne K 2 und B 1 nachvollzogen werden.

3. Zwischen dem Kläger und den genannten Erwerbern der Kleingartenflächen besteht seit mehreren Jahren eine verschärfte Konfliktsituation. Der Kläger wirft dem Beklagten Besitzstörungen vor allem auf der Fläche des Gemeinschaftsgartens vor (unbefugtes Betreten, Abstellen von Fahrzeugen und Ablagern von Gegenständen, Androhung des Abrisses oder der Entfernung von Gebäuden). Der Beklagte hält dem Kläger vor, dass er seine Pflichten aus dem GPV 08 nicht erfülle und die Grundstückseigentümer in rechtswidriger Weise von einer adäquaten Nutzung des Grundeigentums ausschließe (u.a. falsche Abrechnung des Pachtzinses auf der Grundlage von unrichtigen Flächenangaben; Verweigerung der Besichtigung und Nachvermessung der Flächen; Nichterfüllung der vertraglichen Dokumentations- und Auskunftspflichten; verbotene gewerbliche Nutzung; nur noch untergeordnete kleingärtnerische Nutzung wegen im Vordergrund stehender Nutzung als Freizeitgelände; unbefugte Anpflanzung von hochstämmigen Waldbäumen). Der Kläger erteilte dem Beklagten mit Schreiben vom 03.05.2016 ein Betretungsverbot für die gesamte Kleingartenanlage …straße (Anlage K 7). Der Beklagte sprach auch im Namen der beiden Eigentümer P. und F. Grundstücksverwaltung GmbH diverse Kündigungen des GPV 08 aus, über deren Wirksamkeit unter den Parteien Streit besteht. Es handelt sich im Einzelnen um folgende Kündigungstatbestände:

  • Kündigung des Beklagten vom 18.05.2016 im Verfahren Landgericht München I, Az.: 23 O 7955/16 (Bl. 40)
  • Kündigung des Beklagten mit Schriftsatz vom 20.10.2016 nach § 8 Nr. 2 BKleingG, hilfsweise nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG (Bl. 27, 43) wegen „jahrelanger Übermaßnutzung“
  • Fristlose Kündigung, hilfsweise ordentliche Kündigung der drei Eigentümer vom 03.11.2016 wegen rückständiger Pachtzinsen und Pflichtverletzungen (Anlage B 12)
  • Fristlose Kündigung, hilfsweise ordentliche Kündigung der drei Eigentümer vom 09.11.2016 wegen rückständiger Pachtzinsen und Pflichtverletzungen (Anlage B 14)
  • Fristlose Kündigung, hilfsweise ordentliche Kündigung der drei Eigentümer vom 26.06.2017 wegen rückständiger Pachtzinsen und Pflichtverletzungen (Anlage B 20)
  • Fristlose Kündigung, hilfsweise ordentliche Kündigung der drei Eigentümer mit Schriftsatz vom 17.07.2017 wegen rückständiger Pachtzinsen und Pflichtverletzungen (Bl.144/145)
  • Erneute Kündigung des GPV 08 mit Schriftsatz vom 06.12.2017 (Bl. 210 und 212)
  • Korrektur der Kündigung vom 20.10.2016, die nun auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG gestützt wird und Nachschieben des Kündigungsgrunds „Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch Unterlassen der Beseitigung von drei Waldbäumen auf dem Grundstück …/xx, Parzelle 27 a“ (Schriftsatz vom 15.01.2018, Bl. 233 f.)
  • Nachschieben der Kündigungsgründe „Zutrittsverweigerung“, „unerlaubte Nebeneinkünfte aus Vermietung des Gemeinschaftsgartens“, „Duldung von Bewirtschaftungsmängeln“, „fehlender Hinweis, dass die neuen Eigentümer laut Satzung des Klägers Sitz und Stimme im Hauptausschuss haben“ und „Einnahme von Werbeeinkünften vor 2015“ mit Schriftsatz vom 23.03.2018 (Bl. 263, 265, 266, 271/272 und 274)
  • Nachschieben der Kündigungsgründe „keine Anerkenntnis des Betretungsrechts im Verfahren“ und „Beweisvereitelung durch Verweigerung Zutritt“ mit Schriftsatz vom 24.05.2018 (Bl. 311, 312)
  • Fristlose Kündigung mit Schriftsatz vom 05.10.2018 wegen Nichtgewährung des Zutritts bei einem Stromablesetermin vom 06.10.2018 (Bl. 398)
  • Nachschieben des Kündigungsgrundes „rechtswidrige Errichtung von Laubenkellern“ mit Schriftsatz vom 24.05.2019 (Bl. 547)
  • Außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung wegen Pachtrückstands 2018 und 2019 mit Schreiben vom 16.12.2019 (Anlage K 69)
  • Fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung wegen des Duldens der ungeregelten Einleitung von Abwasser ins Grundwasser mit Schriftsatz vom 20.12.2019 (Bl. 623/624)
  • Vorsorglich erneute Kündigung wegen des Duldens der ungeregelten Einleitung von Abwasser ins Grundwasser mit Schriftsatz vom 09.01.2020 (Bl. 636)
  • Vorsorgliche und erneute Kündigung wegen des Fortbestehens des Betretungsverbots außerordentlich gemäß § 8 Z. 2 BKleingG, hilfsweise nach den §§ 9 und 10 BKleingG mit Schriftsatz vom 11.05.2020 (Bl. 663)
  • Nachschieben der Kündigungsgründe „Veränderungen der Bebauung der Anlage seit 1983“ und „Verhängen eines Betretungsverbots über 10 Jahre“ mit Schriftsatz vom 29.11.2020 (Bl. 779 und 782)

4. Der Kläger hat in erster Instanz folgende Klageanträge verfolgt:

1.) Dem Beklagten wird geboten, die folgenden Gegenstände, KfZ … …, Farbe grau ohne amtliches Kennzeichen, den nicht zugelassenen Wohnwagen Marke … in der Farbe Weiß mit rotbraunen Streifen sowie diverse Küchenmöbel und Küchengeräte in der Farbe Weiß und Rot aus dem Gemeinschaftsgarten des Klägers in der Kleingartenanlage …straße Flur-Nr. …/xx Grundbuch des Amtsgerichts … für …, Gemarkung …, unverzüglich zu entfernen.

2.1.) Dem Beklagten wird untersagt, die Kleingartenanlage …straße Flur-Nr. …, …/xx, …/xx, …/xx, …/xx, …/xx sowie die abgezäunte Teilfläche Flurstück-Nr. …/xx vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts … für … Gemarkung xxyx ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung des Klägers zu betreten und / oder selbst oder durch beauftragte Dritte auf der Fläche Gegenstände oder Fahrzeuge abzustellen.

2.2) Dem Beklagten wird untersagt, die Gebäude, die sich auf der Fläche des Gemeinschaftsgartens der Kleingartenanlage …straße Flurstück-Nr. …/xx vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts …, Gemarkung … befinden, abzureißen und zu entfernen und/oder durch beauftragte Dritte entfernen oder abreißen zu lassen.

3.) Dem Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffern 2.1 und 2.2 ausgesprochenen Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann.

5. Der Beklagte hat in erster Instanz nach mehreren Erweiterungen zuletzt folgende Widerklageanträge verfolgt:

1.) Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, die gemäß Generalpachtvertrag 08 vom 09.04./30.04./06.05.2008 angepachtete Kleingartenanlage in …/…, …straße mit den Flurnummern …/xx, …/xx, …/xx (Eigentümer F. V.), …/xx (Eigentümer F. GmbH) und … (Eigentümer I. P.), vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts … für … Gemarkung … zu räumen und an die Eigentümer herauszugeben.

2.) Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, für das gemäß Generalpachtvertrag 08 vom 09.04./30.04./06.05.2008 angepachtete Grundstück ein Nutzungsentgelt in Höhe von 274.536 € nebst 5% Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz auf das Konto des Prozessbevollmächtigten des Beklagten und Widerklägers zu bezahlen.

3.) Der Kläger wird verpflichtet zu dulden, dass die Eigentümer der durch die Anlage K 1 näher bestimmten Kleingartenanlage in der …straße in …/… die dort befindlichen Parzellen, Lauben und Gemeinschaftsflächen betreten und besichtigen, und zwar werktags zwischen 10 und 13 Uhr sowie zwischen 15 und 18 Uhr für jeweils längstens eine halbe Stunde je Parzelle, wobei jede Besichtigung mindestens 3 Tage vor dem vorgesehenen Besichtigungstermin anzukündigen ist. Zuwegungen dürfen immer betreten werden.

4.) Der Kläger wird weiter verurteilt, zur Beseitigung von 3 im Nordosten des Grundstücks …/xx stehende Waldbäume, vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts … für …, Gemarkung … (Gemeinschaftsfläche mit Vereinshaus), einen Kostenvorschuss in Höhe von 11.518,01 € an den Beklagten zu bezahlen.

Hilfsweise wird beantragt,

Kleingartenpachtvertrag - Kündigungsvoraussetzungen
(Symbolfoto: Maria Zamuriy/Shutterstock.com)

Es wird festgestellt, dass der Kläger kein Besitzrecht, weder mittelbar noch unmittelbar, an den im Eigentum des Beklagten stehenden Flurnummern …/xx, …/xx und …/xx, vorgetragen im Grundbuch von … … …straße, hat.

6. Das Landgericht hat in erster Instanz Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen K.-H. B. und T. L.

7. Das Landgericht München I hat durch Endurteil vom 30.08.2017 folgende Entscheidung getroffen:

1.) Der Beklagte wird verurteilt, das Kraftfahrzeug … …, Farbe grau ohne amtliches Kennzeichen und den nicht zugelassenen Wohnwagen der Marke … in der Farbe weiß mit rotbraunen Streifen aus dem Gemeinschaftsgarten des Klägers in der Kleingartenanlage an der …straße in …, Flur-Nr. …/xx Grundbuch des Amtsgerichts … für …, Gemarkung …, zu entfernen.

2.) Dem Beklagten wird untersagt, in der Kleingartenanlage an der …straße in …, Flur-Nr. …, …/xx, …/xx, …/xx, …/xx, …/xx sowie auf der abgezäunten Teilfläche Flurstück-Nr. …/xx, vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts … für …, selbst oder durch beauftragte Dritte Gegenstände oder Fahrzeuge abzustellen.

3.) Dem Beklagten wird untersagt, die Gebäude, die sich auf der Fläche des Gemeinschaftsgartens der Kleingartenanlage in der …straße in …, Flurstück-Nr. …/xx vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts …, Gemarkung … befinden, abzureißen und entfernen zu lassen und/oder durch beauftragte Dritte entfernen oder abreißen zu lassen.

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4.) Dem Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 2. und 3. ausgesprochenen Verpflichtungen Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann.

5.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6.) Die Widerklage wird abgewiesen.

7.) Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Landgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die mit der Klage verfolgten Besitzschutzansprüche überwiegend bestehen. Lediglich soweit auch die Entfernung von Küchenmöbeln und ein Betretungsverbot gefordert wurde, hat das Landgericht die Klage als unzulässig bzw. als unbegründet angesehen. Nach Ansicht des Landgerichts hat sich die Widerklage als unbegründet erwiesen. Ein Räumungsanspruch bestehe nicht, da dem Kläger ein Recht zum Besitz aus dem GPV 08 zustehe. Der Pachtvertrag sei nicht durch eine Kündigung beendet worden. Die Kündigungen erweisen sich aus formellen Gründen unwirksam, da eine Verpächtergemeinschaft mit der D. S. & S. AG bestehe und die Kündigungen nicht von allen Verpächtern erklärt worden seien. Eine vertragliche oder gesetzliche Grundlage für ein erhöhtes Nutzungsentgelt bestehe nicht. Gleiches gelte für die geltend gemachten Ansprüche auf Betretung und Besichtigung der Kleingartenanlage sowie auf Zahlung eines Vorschusses für die Beseitigung von Waldbäumen. Der hilfsweise erhobene Feststellungsantrag sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig und im Übrigen auch unbegründet.

Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstands erster Instanz auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 30.08.2017 Bezug genommen (Bl. 166/183).

8. Der Beklagte wendet sich gegen das Urteil mit der Berufung, mit der er eine vollständige Abweisung der Klage erreichen möchte und mit der er seine Widerklage zum Teil weiter verfolgt.

Der Beklagte stellt folgende Berufungsanträge:

Unter Abänderung des am 30.08.17 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az. 23 O 13400/16 wird die Klage abgewiesen. Im Hinblick auf die Widerklage wird beantragt,

I. Der Kläger, Widerbeklagter und Berufungsbeklagter wird verurteilt, die gemäß Generalpachtvertrag 08 vom 9. April/30. April/06.05.08 angepachtete Kleingartenanlage in …/…, …straße mit den Flurnummern …/xx, …/xx und …/xx (Eigentümer F.V.), …/xx (Eigentümer F. GmbH) und … (Eigentümer I. P.) vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts … für … Gemarkung … zu räumen und an die Eigentümer herauszugeben.

II. Der Kläger, Widerbeklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, für das gemäß Generalpachtvertrag 08 vom 9.04./30.04./06.05.08 angepachtete Grundstück ein Nutzungsentgelt für das Jahr 2013 in Höhe von 91.512 € nebst 5% Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Widerklage an den Beklagten, Widerkläger und Berufungskläger zu bezahlen.

III. Der Kläger, Widerbeklagte und Berufungsbeklagte ist verpflichtet zu dulden, dass die Eigentümer der durch die Anlage K 1 näher bestimmten Kleingartenanlage in der …straße in …/… die dort befindlichen Parzellen, Lauben und Gemeinschaftsflächen betreten und besichtigen dürfen, und zwar einmal jährlich werktags zwischen 10:00 und 13:00 Uhr sowie zwischen 15 und 18:00 Uhr für jeweils längstens eine halbe Stunde je Parzelle, wobei jede Besichtigung mindestens 3 Tage vor dem vorgesehenen Besichtigungstermin anzukündigen ist.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass das gesamte Pachtverhältnis mit dem Kläger berechtigt gekündigt sei und dem Kläger keine Besitzansprüche mehr zustünden. Eine Mitwirkung der D. S. & S. AG an den Kündigungen sei nicht erforderlich gewesen. Dem Beklagten stehe für das Jahr 2013 eine Nutzungsentschädigung nach § 546 a BGB zu. Ebenfalls bestehe ein Betretungsrecht, das schonend nur einmal pro Jahr ausgeübt werden solle.

9. Der Senat hat am 20.12.2017 umfangreiche Hinweise erteilt. Auf den Beschluss (Bl. 215/221) wird Bezug genommen.

Hierauf hat der Beklagte folgende Hilfsanträge in das Verfahren eingeführt:

Es wird für den Fall, dass das OLG nicht von der Anwendung des § 10 III BKleingG ausgeht, beantragt,

Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, dem Beklagten und Widerkläger sämtliche Pachtverträge nebst Anlagen auszuhändigen, die er mit Unterpächtern auf dem Gebiet der gesamten Kleingartenanlage … … …straße (gelb markierte Anlage zum Kaufvertrag, URNr. … des Münchner Notars …. vom 12.07.10 gemäß § 1 Ziffer 3, 3. Absatzauch Anlage K 2 zur Klage vom 04.08.16) abgeschlossen hat.

Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Voraussetzungen des § 10 III BKleingG doch für gegeben ansehen sollte, wird beantragt,

Es wird festgestellt, dass der Kläger und Widerbeklagte in sämtliche Pachtverhältnisse die er mit Unterpächtern auf dem Gebiet der gesamten Kleingartenanlage … … …straße (gelb markierte Anlage zum Kaufvertrag, URNr. … des Münchner Notars … vom 12.07.10 gemäß § 1 Ziffer 3, 3. Absatzauch Anlage K 2 zur Klage vom 04.08.16) abgeschlossen hat, eingetreten ist.

Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, dem Beklagten und Widerkläger sämtliche Pachtverträge nebst Anlagen auszuhändigen, die er mit Unterpächtern auf dem Gebiet der gesamten Kleingartenanlage … … …straße (gelb markierte Anlage zum Kaufvertrag, URNr. … des Münchner Notars … vom 12.07.10 gemäß § 1 Ziffer 3, 3. Absatzauch Anlage K 2 zur Klage vom 04.08.16) abgeschlossen hat.

Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht (nur) vom Vorliegen ordentlicher Kündigungsgründe gemäß § 9 I (hier Z. 1 und Z. 2) ausgeht, wird beantragt,

Der Kläger wird verurteilt, sämtliche Ansprüche, die sich aus den mit den Unterpächtern aufgrund des Generalpachtvertrags 2008 (Anl. K3) abgeschlossenen Unterpachtverträge ergeben, an die Eigentümer (derzeit F. V., I. P., F. Grundstücksverwaltung GmbH) vertreten durch Herrn F. V., abzutreten.

Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz:

Die Berufung und die erstmals in der Berufungsinstanz gestellten Anträge werden zurückgewiesen.

Der Beklagte stellte mit Schriftsatz vom 23.03.2018 klar, dass sich die mit dem Berufungsantrag II. geltend gemachte Nutzungsentschädigung auf das Jahr 2017 beziehen soll (Bl. 274).

10. In der mündlichen Verhandlung vom 12.04.2018 (Bl. 278/281) erteilte der Senat weitere Hinweise, zu denen sich beide Parteien schriftsätzlich äußerten.

11. Der Senat hat durch Teilurteil vom 14.06.2018 über die Berufung des Beklagten entschieden, soweit sich diese gegen die Klageansprüche wendete. Diese war nur in geringem Umfang begründet, als der in Ziffer 2. des landgerichtlichen Urteilstenors enthaltene Untersagungsanspruch auf die Grundstücksfläche Flur.-Nr. …/xx beschränkt wurde. Im Übrigen wurde die gegen die Klageansprüche gerichtete Berufung zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe Bezug genommen (Bl. 340/353).

12. Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Erholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) …. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beweisbeschlüsse vom 21.08.2018 (Bl. 372/377) in der Fassung vom 19.09.2018 (Bl. 391/393) und vom 20.01.2020 (Bl. 653/655) sowie die schriftlichen Gutachten vom 01.02.2019 (Bl. 414/506) und vom 08.05.2020 (Bl. 676/728) verwiesen. Der Sachverständige wurde bei zwei Verhandlungsterminen mündlich angehört. Insoweit wird auf die Verhandlungsprotokolle vom 14.11.2019 (Bl.600/621) und vom 17.06.2021 (Bl. 821/833) Bezug genommen. Daneben wird verwiesen auf die Stellungnahmen des Sachverständigen vom 12.04.2019 (Bl. 532/538), vom 29.06.2020 (Bl. 740/745) und vom 08.12.2020 (Bl. 789/795) zu den Ablehnungsgesuchen des Beklagten. Weiter wurden die Akten des Landgerichts Bonn, Az.: 7 O 220/14, beigezogen (Beweisbeschluss vom 21.08.2018, Bl. 372/377).

Wegen des Berufungsvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten, soweit über diese nach dem Teilurteil vom 14.06.2018 noch zu entscheiden war, ist unbegründet. Die mit der Widerklage verfolgten Ansprüche bestehen nicht.

1. Einführung

Gegenständlich ist die Kleingartenanlage an der …straße in …, soweit die Parzellen 9 bis 144 betroffen sind (vgl. Übersichtsplan Anlage B 1). Diese Grundstücksflächen stehen im Eigentum des Beklagten, der F. Grundstücksverwaltung GmbH und der Frau I. P.. Dabei sind dem Beklagten die Grundstücke Flurst.Nr. …/xx, …/xx und …/xx, der F. Grundstücksverwaltung GmbH das Grundstück Flurst.Nr. …/xx und Frau P. das Grundstück Flurst.Nr. … zugeordnet. Nicht gegenständlich sind die Flächen mit den Flurst.Nr. …/xx und …/xx (Parzellen 1-8), die zwar räumlich der Kleingartenanlage zugerechnet werden können, aber auf einem anderen Erwerbsvorgang (Kaufvertrag zwischen der a. A. GmbH und der F. Grundstücksverwaltung GmbH vom 03.09.2009, Anlage K 58) und einem anderen GPV 08 (Anlage B 24) beruhen. Diese Flächen sind auch nicht in der Anlage 1 zum Kaufvertrag enthalten (§ 2 Ziffer 1 des Kaufvertrags; Plan Anlage K 2).

Nach dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils ist unstreitig, dass der Kläger als Pächter des Hauptpachtvertrags mittelbaren Besitz an den Grundstücksflächen der Kleingartenanlage hat. Das Besitzrecht und dessen Ausmaß leitet sich aus dem GPV 08 (Anlage K 3) ab. In diesem ist geregelt, dass der Kläger die Flächen der Kleingartenanlage in Besitz nehmen, verwalten und an dritte Personen durch Unterverpachtung zur kleingärtnerischen Nutzung weitergeben darf (§ 1 Ziffer 1 und § 6 Ziffer 1 des GPV 08, Anlage K 3). Die Erwerber F. Grundstücksverwaltung GmbH und I. P. sind laut Kaufvertrag vom 12.07.2010 im Wege der befreienden Schuldübernahme in alle Rechte und Pflichten aus dem GPV 08 anstelle des Verkäufers eingetreten, soweit der Kaufgegenstand betroffen ist (§ 6 Ziffer 4 des notariellen Kaufvertrages vom 12.07.2010, Anlage K 1). Für den Beklagten ergibt sich bezogen auf seinen Erwerbsvorgang dieselbe Rechtsfolge aus § 4 Abs. 1 BKleingG i.V.m. den §§ 581 Abs. 2, 578 Abs. 1, 566 BGB.

Auch die Fläche des Gemeinschaftsgartens (Flur-Nr. …/xx) wird von der Pachtfläche der Kleingartenanlage umfasst. Dies ergibt sich aus der Bezugnahme in § 6 Ziffer 4 des Kaufvertrages vom 12.07.2010 auf den als Anlage K 2 vorgelegten Flächenplan, der auch die Fläche der Flur-Nr. …/xx umfasst. Der Kläger hat den Gemeinschaftsgarten auch äußerlich sichtbar durch Anbringung einer Einfriedung und eines Tores sowie durch Errichtung eines Gebäudes in Besitz genommen. Das Besitzrecht wird zuletzt dadurch manifestiert, dass der Kläger der befreienden Schuldübernahme laut § 6 Ziffer 4 des Kaufvertrages vom 12.07.2010 zustimmen musste.

2. Auslegung des GPV 08; Beteiligung weiterer Personen an der Kündigung

a) Wie der Senat bereits im Urteil vom 06.04.2017 (Az. 32 U 4844/15, inzwischen rechtskräftig mit Beschluss des BGH vom 28.01.2018, III ZR 134/17) ausgeführt hat, ist der Generalpachtvertrag (Anl. K 3) interessengerecht so auszulegen, dass kein einheitlicher Vertrag über sämtliche auch weit entfernte Pachtanlagen geschlossen werden sollte, sondern dass er nur ein Rahmenvertrag für die Pachtverträge sein sollte; es kam also ein Bündel von Pachtverträgen zustande, auf die nach der Vorstellung der Vertragsparteien auch unterschiedliche Rechtsvorschriften (BKleingG; §§ 581 BGB ff; §§ 585 BGB ff.) Anwendung finden sollten. Der Einzelpachtvertrag über die hier streitgegenständlichen Grundstücke kam dadurch zu Stande, dass sich die ursprünglichen Vertragspartner darüber einig waren, dass die Grundstücke zu den verpachteten Flächen gehören. Unstreitig bezieht sich der GPV 08 auf die o.g. Grundstücksflächen der drei Eigentümer.

b) Erfasst ein einheitlicher Pachtvertrag mehrere rechtlich selbständige Grundstücke und werden diese Grundstücke sodann an mehrere Personen veräußert, so bilden die mehreren Erwerber eine Verpächtergemeinschaft. Für die Kündigung des Pachtverhältnisses gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit des Pachtverhältnisses. Dies hat zur Folge, dass dessen Kündigung nur wirksam ist, wenn sie durch alle Erwerber erklärt wird (Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht,14. Auflage 2019, § 542 BGB Rn. 44 a für den vergleichbaren Fall der Miete). Im Übrigen ergibt sich diese Folge bereits durch den als Hauptanspruch verfolgten Räumungs- und Herausgabeantrag, der sich auf die Grundstücksflächen der drei Eigentümer bezieht. Nach den Feststellungen des Landgerichts haben die Eigentümer F. Grundstücksverwaltung GmbH und Frau P. den Beklagten ermächtigt, die aus dem GPV 08 resultierenden Ansprüche in eigenem Namen geltend zu machen.

c) Entgegen der Auffassung des Landgerichts musste die D. S. & S. AG, die im GPV 08 als Verpächterin aufgeführt wird, nicht an den gegenständlichen Kündigungen mitwirken. Die D. S. & S. AG ist an den jetzigen Einzelpachtverhältnissen nicht beteiligt.

Falls die D. S. & S. AG bei Abschluss des GPV 08 am 09.04.2008/ 30.04.2008/06.05.2008 und bei Abschluss der folgenden hier maßgeblichen Einzelpachtverträge Eigentümerin gewesen sein sollte, so ist das Eigentum an den Pachtflächen ausweislich der notariellen Urkunde jedenfalls schon im Zeitpunkt des Verkaufs durch die D. N. AG auf diese – über die D. AG – übergegangen gewesen, sodass die D. N. AG nach dem oben Gesagten bei einem Veräußerungsgeschäft im Sinne von § 566 BGB alleinige Verpächterin geworden ist.

Falls die D. S. & S. AG zwar Mitverpächterin des Generalpachtvertrags, aber nie Eigentümerin der hier gegenständlichen Grundstücke gewesen ist, ist der Generalpachtvertrag interessengerecht so auszulegen, dass die jeweiligen Einzelpachtverträge nur mit den tatsächlichen Grundstückseigentümern dadurch zu Stande kamen, dass sich die Eigentümer und Pächter darüber einig waren, dass die Grundstücke zu den verpachteten Flächen gehören.

Daneben ist bei der hier vorliegenden Konstellation von einer analogen Anwendung des § 566 BGB auszugehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegen deren Voraussetzungen jedenfalls dann vor, wenn die Vermietung des veräußerten Grundstücks mit Zustimmung des Eigentümers und in dessen alleinigem wirtschaftlichen Interesse erfolgt und der (Mit-)Vermieter kein eigenes Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2017, XII ZR 26/16, juris, Rn. 26 ff.). Dieses fehlende Interesse wird hier durch die Darstellung des Zeugen L. (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.08.2017, dort Seite 4, Bl. 157 ff.) und die Schreiben der D. B. AG vom 16.11.2017 (Anlage B 32) und 06.12.2017 (Anlage B 36) dokumentiert. Aus den genannten Schreiben ergibt sich, dass die D. S. & S. AG keine Verpflichtung und Veranlassung sieht, an der Verwaltung der Pachtflächen und an der Kündigung mitzuwirken, und sich nach eigenem Verständnis weder als (Mit-)Eigentümerin noch als (Mit-)Verpächterin der gegenständlichen Flächen sieht.

d) Anders verhält es sich mit der Mitwirkungspflicht der D. N. AG, die als Verkäuferin der Pachtflächen und als Verpächterin des GPV 08 auftrat. Das Rechtsschutzziel des Beklagten ist auf die Räumung und Herausgabe der gesamten Kleingartenanlage gerichtet. Der räumliche Umfang der Kleingartenanlage wird durch die vorhandene Außeneinfriedung bestimmt (siehe § 2 Ziffer 1 des notariellen Kaufvertrags, Anlage K 1). Die Kleingartenanlage befindet sich zum Teil auch auf den Grundstücken Flur-Nr. …/x, …/x und …, die im Eigentum der D. N. AG stehen. Auf die Vermessungsergebnisse und die Feststellungen des Sachverständigen … im schriftlichen Gutachten vom 01.02.2019 (dort Seiten 81 ff., Bl. 493/499) wird Bezug genommen. Die Fläche …/x ist ein Streifen zwischen dem Grundstück der Eigentümerin P. (Flur-Nr. …) und der vorbeiführenden Bahnanlage. Bei der Fläche …/x handelt es sich um eine Verkehrsfläche, die von der …straße neben die Bahnunterführung zur V…straße führt und über die die Anlage wege- und zugangsmäßig erschlossen wird. Die Fläche … ist ein Streifen zwischen dem Grundstück der Eigentümerin F. Grundstücksverwaltung GmbH (Flur-Nr. …/xx) und der angrenzenden Bahnlinie. Die Erwerber sind laut § 6 Ziffer 4 des Kaufvertrags in alle Rechten und Pflichten aus dem GPV 08 anstelle der Verkäuferin eingetreten, soweit der Kaufgegenstand betroffen ist. Nur in diesem Umfang konnte auch ein Übergang der Rechte und Pflichten nach § 4 Abs. 1 BKleingG i.V.m. §§ 581 Abs. 2, 578 Abs. 1, 566 BGB erfolgen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die D. N. AG Verpächterin der Anlage bleibt, soweit diese nicht von den Erwerbern übernommen wurde.

Die D. N. AG wurde nicht von den Eigentümern zur Mitwirkung an den Kündigungen aufgefordert und bei einer Gesellschafterversammlung an der Entscheidung über die Kündigung beteiligt, wie das bei er D. S. & S. AG erfolgte (Anlagen K 30 – 31). Die Situation wurde in der mündlichen Verhandlung vom 12.04.2018 ausgiebig erörtert. Die Beklagtenvertreter kündigten in der Verhandlung und im Schriftsatz vom 24.05.2018 (Bl. 329) an, eine Gesellschafterversammlung unter Einbeziehung der D. N. AG herbeizuführen. Nachweise hierzu sind in der Folgezeit nicht zu den Akten gelangt.

3. Keine Nichtigkeit des Zwischenpachtvertrags nach § 4 Abs. 2 S. 2 BKleingG

Ein Zwischenpachtvertrag, der nicht mit einer nach Landesrecht als gemeinnützig anerkannten Kleingärtnerorganisation oder der Gemeinde abgeschlossen wird, ist nichtig (§ 4 Abs. 2 S. 2 BKleingG). Der Kläger hat die Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch Vorlage eines Steuerbescheids vom 25.01.2017 (Anlage zum Schriftsatz vom 31.01.2018, Bl. 237/255) sowie durch einen Bescheid der Stadt K. vom 20.02.2018 nachgewiesen (Anlage zum Schriftsatz vom 27.03.2018, Bl. 276).

4. Kündigungen des Beklagten

a) Formelle Mängel der Kündigungen

aa) Unzulässige Teilkündigungen ohne Beteiligung der D. N. AG

Aus den unter Ziffer II. 2. d) genannten Gründen sind sämtliche Kündigungen, welche der Beklagte für sich und die weiteren Eigentümer ausgesprochen hat, unwirksam, da die als Mitverpächterin zu behandelnde D. N. AG an den Kündigungen nicht beteiligt wurde.

bb) Unzulässige Teilkündigungen des Beklagten ohne Mitwirkung der beiden anderen Eigentümer

Soweit der Beklagte die Kündigungen nur in eigenem Namen und nicht auch für die Eigentümer P. und F. Grundstücksverwaltung GmbH ausgesprochen hat, liegt wegen der Einheitlichkeit des Pachtverhältnisses ebenfalls eine unzulässige Teilkündigung vor. Dies bezieht sich auf die Kündigungen vom 18.05.2016 und 20.10.2016. Das Rechtsschutzziel des Beklagten, wie es durch den Antrag auf Räumung und Herausgabe sämtlicher erworbener Flächen der Kleingartenanlage definiert wird, kann nur durch eine Kündigung der drei Eigentümer erreicht werden.

cc) Abmahnung bei einer ordentlichen Kündigung nach § 9 Nr. 1 BKleingG

Das ordentliche Kündigungsrecht nach § 9 Nr. 1 BKleingG setzt eine in Textform abgegebene Abmahnung des Verpächters voraus. In der Abmahnung müssen die Verstöße, die der Verpächter als möglichen Kündigungsgrund ansieht, genau bezeichnet werden. Zwar erfüllt die Funktion einer Abmahnung auch eine (unwirksame) fristlose Kündigung, denn sie lässt für den Kündigungsempfänger erkennen, dass sein Vertragspartner von der sofortigen Beendigung des Mietvertrages nur noch abgehalten werden kann, wenn das vertragswidrige Verhalten umgehend abgestellt wird. Die (unwirksame) außerordentliche und fristlose Kündigung des Mietvertrages kann deshalb in eine Abmahnung wegen der beanstandeten Pflichtverletzung umgedeutet werden (Alberts in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Auflage 2019, § 543 BGB Rn. 67). Vorliegend fehlt es angesichts der wahllos wirkenden Anzahl an Kündigungserklärungen an einer geordneten Darstellung der Wechselwirkung und der inhaltlichen Verbindung von Abmahnung, fehlender Abstellung der beanstandeten Pflichtverletzung innerhalb einer angemessenen Frist und nachfolgender Kündigung.

Soweit die Kündigung zuletzt auf die Veränderungen der Bebauung der Anlage seit 1983 gestützt wurde, liegt definitiv keine Abmahnung vor. Dieser Erkenntnisse ergaben sich erstmalig durch die Befassung der Privatgutachterin … GmbH. Eine Aufforderung an den Kläger, die behaupteten Veränderungen der Bebauung seit 1983 innerhalb einer angemessenen Frist rückgängig zu machen, erging nicht.

dd) Schriftform der Kündigung

Die Kündigung des Kleingartenpachtvertrags bedarf der schriftlichen Form (§ 7 BKleingG). Die Schriftform ist Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung. Das Kündigungsschreiben muss danach schriftlich abgefasst und vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet sein (§§ 125, 126 BGB; Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 7 BKleingG Rn. 1). Die Kündigungen vom 03.11.2016 (Anlage B 12), vom 26.06.2017 (Anlage B 20) und vom 16.12.2019 (Anlage K 69) tragen keine Unterschrift. Sie sind daher unwirksam.

ee) Verfristung

Die außerordentliche fristlose Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund muss innerhalb einer angemessenen Zeit seit Kenntnis von dem Kündigungsgrund erklärt werden. Das hat seinen Grund zum einen darin, dass der eine Teil in angemessener Zeit Klarheit darüber erhalten soll, ob von der Kündigungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wird; zum anderen gibt der Kündigungsberechtigte mit dem längeren Abwarten zu erkennen, dass für ihn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses trotz des Vorliegens eines Grundes zur fristlosen Kündigung nicht unzumutbar ist. Diese Erwägungen liegen der Vorschrift des § 314 Abs. 3 BGB zu Grunde, die auch bei der außerordentlichen Kündigung von Pacht- und Gewerbemietverhältnissen anwendbar ist (BGH NJW-RR 2010, 1500 Rn. 13; Alberts Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Auflage 2019, § 543 BGB Rn. 76). Die Kündigung nach § 8 BKleingG muss alsbald nach dem pflichtwidrigen Verhalten ausgeübt werden. Lässt der Verpächter erst einige Zeit verstreichen, so wird er regelmäßig zu erkennen geben, dass er die Fortsetzung des Pachtverhältnisses nicht als unzumutbar ansieht (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 8 BKleingG Rn. 10).

Der BGH hat in dem vergleichbaren Fall des Landpachtverhältnisses eine Frist von drei Monaten für angemessen erachtet, wobei sich die Frist unter Berücksichtigung ihres Zwecks, der Bedeutung des Kündigungsgrundes, der Auswirkungen für die Beteiligten und des Umfangs der erforderlichen Ermittlungen bestimmt (BGH NJW-RR 2010, 1500 Rn. 15).

Damit sind die auf § 8 BKleingG bzw. auf §§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 8 Nr. 2 BKleingG gestützten Kündigungen verfristet, soweit sie auf länger als drei Monate zurückliegenden, dem Beklagten oder den übrigen beiden Eigentümern bekannten Umständen beruhen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Vorwürfe

  • der Kläger habe jahrelang den Pachtzins falsch abgerechnet,
  • es lägen seit längerer Zeit bekannte Bewirtschaftungsmängel der Anlage vor,
  • der Kläger habe gegenüber dem Beklagten ein Betretungsverbot ausgesprochen (dieses stammt vom 03.05.2016) und dieses aufrechterhalten,
  • der Kläger verweigere die nach § 4 GPV 08 geschuldeten Auskunfts- und Einsichtsrechte, so dass diese gerichtlich eingeklagt werden mussten (das Verfahren vor dem Landgericht München I, welches später an das Landgericht Bonn verwiesen wurde, war seit dem Jahr 2013 anhängig),
  • der Kläger erfülle seit dem Kauf die in § 1 Nr. 2 GPV 08 enthaltene Pflicht zur fortschreibenden Dokumentation des Pachtflächenbestands nicht und
  • der Kläger teile nicht mit, welche Flächen der Kleingartenanlage er in Beschlag genommen habe, und verletze die in § 4 Nr. 3 GPV 08 genannte Verpflichtung zur Buchführung nach kaufmännischen Grundsätzen.

b) Einschränkungen des Kündigungsrechts durch die befreiende Schuldübernahme

Die Eigentümer F. Grundstücksverwaltung GmbH und I. P. sind mit Besitzübergang im Wege der befreienden Schuldübernahme in alle Rechte und Pflichten aus dem GPV 08 anstelle der Verkäuferin eingetreten, soweit der Kaufgegenstand betroffen war (§ 6 Ziffer 4 des notariellen Kaufvertrags vom 12.07.2010, Anlage K 1).

Dabei wird die Schuld übernommen, wie sie bei Übernahme besteht (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Auflage 2021, Überbl. vor § 414 BGB Rn. 1). Weil der Übernehmer nur in die einzelne Schuld eintritt, nicht aber wie bei der Vertragsübernahme in das Schuldverhältnis im weiteren Sinn, verbleiben dem Altschuldner all diejenigen Rechte, die Ausfluss seiner Stellung als Vertragspartei sind, also insbesondere Rücktrittswie Kündigungsrechte (Staudinger/Rieble (2017) BGB § 414 Rn. 99). Akzessorische Gestaltungsrechte wie das Recht zur Vertragskündigung, das Rücktrittsrecht oder das Verbraucherwiderrufsrecht dienen der Umgestaltung des Vertragsverhältnisses („vertragsbezogene“ Gestaltungsrechte). Sie sind nicht wesensmäßig mit der Forderung verbunden und gehen daher auch nicht ipso iure auf den Erwerber über (Staudinger/Busche (2017) BGB § 413 Rn. 13; Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Auflage 2021, § 417 BGB Rn. 2). Zwar ist die Einzelübertragung von Kündigungsrechten möglich (Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Auflage 2021, § 417 BGB Rn 2 und § 413 BGB Rn. 5; Staudinger a.a.O.). Eine derartige Einzelübertragung für bereits in der Vergangenheit entstandene Kündigungsrechte enthält die kaufvertragliche Regelung nicht. Sie sieht nur die ausdrückliche Abtretung von Pachtzinsansprüchen vor. Damit können sich die Erwerber nicht auf Kündigungsrechte berufen, die bereits vor dem Besitzübergang bestanden haben. In diesem genannten Umfang sind die Rechte und Pflichten auch gemäß § 4 Abs. 1 BKleingG i.V.m. den §§ 581 Abs. 2, 578 Abs. 1, 566 BGB auf den Beklagten übergegangen.

c) Kündigungsgründe

aa) Kündigungstatbestände nach dem BKleingG

In Betracht kommen vorliegend die Kündigungstatbestände nach § 8 Nr. 1, 2, § 9 Abs. 1 Nr. 1 und § 10 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG.

Nach § 8 BKleingG kann der Verpächter den Kleingartenpachtvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn der Pächter mit der Entrichtung der Pacht für mindestens ein Vierteljahr in Verzug ist und nicht innerhalb von zwei Monaten nach Mahnung in Textform die fällige Pachtzinsforderung erfüllt oder der Pächter oder von ihm auf dem Kleingartengrundstück geduldete Personen so schwerwiegende Pflichtverletzungen begehen, insbesondere den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft so nachhaltig stören, dass dem Verpächter die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Eine ordentliche Kündigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG ist möglich, wenn der Pächter ungeachtet einer in Textform abgegebenen Abmahnung des Verpächters eine nicht kleingärtnerische Nutzung fortsetzt oder andere Verpflichtungen, die die Nutzung des Kleingartens betreffen, nicht unerheblich verletzt, insbesondere die Laube zum dauernden Wohnen benutzt, das Grundstück unbefugt einem Dritten überlässt, erhebliche Bewirtschaftungsmängel nicht innerhalb einer angemessenen Frist abstellt oder geldliche oder sonstige Gemeinschaftsleistungen für die Kleingartenanlage verweigert.

Ist das Hauptpachtverhältnis durch eine Kündigung nach § 8 BKleingG oder nach § 9 Abs. 1 BKleingG beendet, kann der Verpächter vom Pächter und vom Unterpächter die Herausgabe der Pachtsache verlangen (§ 4 Abs. 1 BKleingG i.V.m. §§ 581 Abs. 2, 546 BGB). Der Anspruch setzt nicht voraus, dass der Zwischenpächter noch Besitzer der Sache ist. Die Herausgabe ist ihm auch nicht etwa unmöglich, weil er die Parzellen weiter verpachtet hat. Denn er kann sie sich wiederbeschaffen (vgl. BGH NJW 1993, 55 und NJW-RR 1994, 779; Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 10 BKleingG Rn. 2).

Bei gestuften Pachtverhältnissen wie dem vorliegenden kommt eine Kündigung des Zwischenpachtvertrags nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG in Betracht, wenn der Zwischenpächter Pflichtverletzungen im Sinne des § 8 Nr. 2 oder des § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG ungeachtet einer Abmahnung des Verpächters duldet. Die Fassung der Kündigungsgründe in § 8 Nr. 2 und § 9 Abs. 1 BKleingG ist auf das Verhalten der Kleingärtner abgestellt und nicht auf das Verhalten des Zwischenpächters. § 10 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG räumt daher dem Verpächter gegenüber dem Zwischenpächter ein Kündigungsrecht ein, wenn dieser die Pflichtverletzungen duldet. Bei einer Beendigung des Zwischenpachtvertrags durch eine Kündigung nach dieser Vorschrift tritt der Verpächter in die Verträge des Zwischenpächters mit den Kleingärtnern ein (§ 10 Abs. 3 BKleingG).

Eine Kündigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG (auf diese Vorschrift bezog sich die Kündigung des Beklagten vom 20.10.2016) steht nicht im Raum. Der Beklagte hat sich insoweit selbst mit Schriftsatz vom 15.01.2018 korrigiert und ausgeführt, dass die Kündigung auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG gestützt werde. Eine Kündigung zur Neuordnung der Kleingartenanlage würde voraussetzen, dass die Anlage aus städtebaulicher Sicht und gartengestalterischer Sicht nicht mehr den heutigen Erfordernissen entspricht und die Beendigung des Pachtverhältnisses für die Neuordnung erforderlich ist (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 9 BKleingG Rn. 15 f.). Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte.

bb) Möglicher Kündigungsgrund Verhältnis Kleingartennutzung und Freizeitnutzung

(1) Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 BKleingG ist ein Kleingarten ein Garten, der dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung) und in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen, zum Beispiel Wegen, Spielflächen und Vereinshäusern, zusammengefasst sind (Kleingartenanlage).

Ein Kernmerkmal des Kleingartens ist danach die nicht erwerbsmäßige gärtnerische Nutzung, und zwar die Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen Früchten durch Selbstarbeit des Kleingärtners oder seiner Familienangehörigen. Daneben tritt die Erholungsfunktion, die aber die Verwendung des Gartens zum Anbau nicht ersetzen darf (BGH, Urteil vom 17.06.2004 – III ZR 281/03-, juris Rn. 15).

Bei der Beurteilung, ob es sich bei dem jeweils fraglichen Gartenkomplex um eine Kleingartenanlage oder um eine sonstige Erholungs- oder Wochenendsiedlergartenanlage, eine Ferien- oder Wochenendhaussiedlung handelt, ist auf den Charakter der gesamten Anlage, nicht einzelner Parzellen abzustellen (BGH, Urteil vom 17.06.2004 – III ZR 281/03-, juris Rn. 11; BGH NZM 2000, 250 Rn. 33). Kleingarten- und Erholungsgrundstücksanlagen sind danach voneinander abzugrenzen, welchen Anteil nach dem äußeren Erscheinungsbild des Komplexes die Gartenbau- und die reine Erholungsnutzung haben (BGH, Urteil vom 17.06.2004 – III ZR 281/03-, juris Rn. 12). Die Nutzung der Parzellen zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen muss den Charakter der Anlage maßgeblich mitprägen. Eine Kleingartenanlage liegt nicht vor, wenn die Verwendung der Grundflächen als Nutzgärten nur eine untergeordnete Funktion hat (BGH, Urteil vom 17.06.2004 – III ZR 281/03-, juris Rn. 14).

Denn der Grundstückseigentümer wird durch die Bestimmungen des Bundeskleingartengesetzes in der wirtschaftlichen Verwertbarkeit seiner Immobilie erheblich behindert. Dies gilt namentlich für die Beschränkungen, denen die Pachtzinshöhe (§ 5 BKleingG) und die Kündigungsmöglichkeiten (§§ 7 ff BKleingG) unterworfen sind. Die damit verbundenen Belastungen des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG bedürfen einer Rechtfertigung, die sich aus der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) ergeben kann (BVerfGE 87, 114, 141, 146 f.; BGH, Urteil vom 17.06.2004 – III ZR 281/03-, juris Rn. 19). Bei der Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen ist der Gärtner notwendig auf die ausschließliche Nutzung eines Grundstücks angewiesen. Demgegenüber fordert der Erholungszweck dies nicht in gleichem Maße. Die Beschränkungen, denen der Eigentümer durch das Bundeskleingartenrecht unterliegt, beziehen ihre Rechtfertigung im Lichte des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG damit zu einem wesentlichen Teil aus dem Nutzungszweck des Gartenanbaus. Die Erholungsnutzung ist zwar unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ebenfalls ein die Sozialbindung des Eigentums mittragender Umstand. Er allein würde die Beschränkungen, denen der Eigentümer von Kleingartengrundstücken unterliegt, jedoch nicht rechtfertigen. Anderenfalls wären Kleingarten- und reine Erholungsgrundstücke nicht unterschiedlich zu behandeln (BVerfG a.a.O.; BGH, Urteil vom 17.06.2004 – III ZR 281/03-, juris Rn. 20 f.).

Hieraus folgt jedoch nicht, dass der zum Anbau von Gartenerzeugnissen genutzte Grundstücksteil mindestens 50 v.H. der Parzellen ausmachen muss. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG enthält keine derartige Vorgabe. Auch aus der Regierungsbegründung (BT-Drs. 9/1900 aaO) lässt sich eine solche nicht entnehmen. Sie enthält lediglich die Aussage, dass die Gartenfläche nicht nur aus Rasen und Zierpflanzen bestehen darf. Von Verfassungs wegen ist gleichfalls nicht geboten, dass der Nutzgartenanteil wenigstens die Hälfte der Kleingartenanlage in Anspruch nimmt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Bedeutung der Erholungsfunktion der Kleingärten herausgestellt (insbesondere BVerfGE 52, 1, 35 f) und als einen Gemeinwohlbelang im Sinn des Art. 14 Abs. 2 GG anerkannt (BVerfGE 87, 114, 141), mag auch dieser nicht dasselbe Gewicht haben wie der Selbstanbau von Obst, Gemüse und anderen Gartenerzeugnissen (BGH, Urteil vom 17.06.2004 – III ZR 281/03-, juris Rn. 23). In der Regel wird die Erzeugung von Gartenbauprodukten den Charakter einer Anlage nicht mehr maßgeblich mitprägen, wenn mehr als zwei Drittel der Flächen als Ziergarten bepflanzt sind. Dies wird insbesondere anzunehmen sein, wenn es sich um Gärten handelt, die die Normgröße des § 3 Abs. 1 BKleingG nicht überschreiten. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass der Kleingartencharakter einer Anlage in Einzelfällen auch dann besteht, wenn die Nutzbepflanzung weniger als ein Drittel der Flächen in Anspruch nimmt. Dies ist beispielsweise denkbar, wenn die Gartenparzellen atypisch groß sind und die Bewirtschaftung eines Drittels ihrer Flächen als Nutzgärten in der Freizeit ausgeschlossen erscheint. Auch topographische Besonderheiten oder eine Bodenqualität, die in Teilen den Anbau von Nutzpflanzen nicht zulässt, können eine vom Regelfall abweichende Beurteilung tragen (BGH, Urteil vom 17.06.2004 – III ZR 281/03-, juris Rn. 25).

Die Beantwortung der Frage, ob die Anlage von einer kleingärtnerischen Nutzung geprägt ist, erfordert eine umfassende Würdigung des Gesamtcharakters der Anlage, die in erster Linie dem Tatrichter obliegt (BGH NZM 2003, 913 Rn. 31; BGH, Urteil vom 17.06.2004 – III ZR 281/03-, juris Rn. 25).

(2) Der Senat bezieht sich bei der Beantwortung dieser Frage auf die Feststellungen des Sachverständigen …, denen er folgt. Der Sachverständige hat seine Methodik und seine Bewertungsgrundlagen ausführlich und schlüssig in seinem ersten schriftlichen Gutachten vom 01.02.2019 (Bl. 414 ff.) dargestellt. Der Sachverständige hat die vorhandenen Anknüpfungstatsachen vollständig ausgewertet und ist zu schlüssigen und nachvollziehbaren Ergebnissen gelangt. Etwaige Unklarheiten und Ergänzungsfragen konnten in dem Nachtragsgutachten vom 08.05.2020 (Bl. 676/728) und den beiden Anhörungen geklärt werden.

Der Sachverständige hat bei sieben Begehungen im Zeitraum 15.10. bis 29.10.2018 die Kleingartenanlage einschließlich der Lauben und Gemeinschaftseinrichtungen besichtigt und eine umfassende Bestandsaufnahme der Anlage durch Lichtbilder, Pläne, Vermessungen und Listen erstellt (Anlagenteil zum Gutachten vom 01.02.2019). Zum Zwecke der Durchführung der Vermessungsarbeiten wurde im Dezember 2018 eine Befliegung der Kleingartenanlage durch das Vermessungsbüro … durchgeführt. Der Sachverständige hat dabei ersichtlich eine Würdigung der Gesamtanlage einschließlich der Gemeinschaftsanlagen und der einzelnen Parzellen durchgeführt.

Der Sachverständige hat bei der Bestimmung des Verhältnisses von kleingärtnerischer Nutzfläche und übriger Nutzung eine alternative Bewertung und Berechnung vorgenommen. Zum einen wurde das Verhältnis bei einer rein parzellenbezogenen Betrachtungsweise ohne Berücksichtigung der Gemeinschaftsflächen bestimmt; zum anderen wurde eine Betrachtung der Gesamtflächen unter Einbeziehung der Gemeinschaftsflächen vorgenommen. Dieses alternative Vorgehen ist dem Umstand geschuldet, dass die Rechtsprechung des BGH zu diesem Punkt nicht eindeutig ist. Denn der BGH stellt in dem Leitsatz der zitierten Entscheidung vom 17.06.2004 (Az: III ZR 281/03) bezüglich des notwendigen Anteils des Anbaus von Gartenbauerzeugnissen auf die Gesamtfläche der Kleingartenanlage ab. Bei der Bestimmung des relevanten Gartenbauanteils bezieht sich der BGH allerdings auf die Flächen der einzelnen Parzellen (BGH, Urteil vom 17.06.2004 – III ZR 281/03-, juris Rn. 23 und 25). Nach Ansicht des Senats ist auf die Gesamtheit der überlassenen Parzellen ohne Einbeziehung der Gemeinschaftsflächen abzustellen. Denn die Zusammenfassung der Gärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen wie Wegen, Spielflächen, Vereinshäusern und Einfriedungen ist per definitionem Teil der Prägung als Kleingarten (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG). Weiter kann der Anbau von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf nur auf den einzelnen Parzellen erfolgen und nicht auf den Gemeinschaftsflächen der Kleingartenanlage. Es ist rechtlich auch nicht ohne weiteres umsetzbar, einen Kleingärtner pachtvertraglich zu verpflichten, den Umfang des Anbaus von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf auf seiner Parzelle jeweils an die geänderte Situation in der gesamten Kleingartenanlage anzupassen (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 1 BKleingG Rn. 13).

Bei der rein parzellenbezogenen Betrachtungsweise beträgt der Anteil der kleingärtnerischen Nutzfläche 39% und der Anteil der übrigen Nutzung 61% (Gesamtfläche 32.612 m², gärtnerische Fläche 12.856 m², sonstige Fläche 19.756 m²). Es stehen dabei 107 Parzellen mit ausreichender gärtnerischer Nutzung 27 Parzellen ohne ausreichende gärtnerische Nutzung gegenüber, was einem Verhältnis von 80% : 20% entspricht (schriftliches Gutachten vom 01.02.2019, Bl. 462 ff.). Bei der Betrachtung wurden Parzellen, die das Drittel knapp verfehlten, nicht zu den ordnungsgemäßen Parzellen gerechnet (schriftliches Gutachten vom 01.02.2019, Bl. 465). Soweit der Sachverständige zunächst von einem Verhältnis von 94 Parzellen zu 40 Parzellen ausging, hat er dies später auf Vorhalt seiner Auflistungen bei seinen Anhörungen berichtigt (Anhörung vom 14.11.2019, Bl. 602; Anhörung vom 17.06.2021, Bl. 823). Es lag insoweit ein offensichtlicher Übertragungsfehler vor.

Bei der Abstellung auf die Gesamtfläche der Anlage ergibt sich eine Verteilung kleingärtnerische Nutzung von 35%, sonstige Nutzung von 53% und Gemeinschaftsflächen von 12% oder in absoluten Zahlen ein Verhältnis von 71 Parzellen mit ausreichender und 63 Parzellen ohne ausreichende gärtnerische Nutzung (entspricht 53% zu 47%; schriftliches Gutachten vom 01.02.2019, Bl. 467 ff.). Damit ist bei beiden Alternativen der Anteil von einem Drittel der Fläche zum Anbau von Gartenerzeugnissen für den Eigenbedarf überschritten.

Der Sachverständige ist abschließend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Nutzung der Einzelparzellen maßgeblich durch den Anbau von Obst und Gemüse geprägt sind. Der Charakter einer Kleingartenanlage ist nicht verloren gegangen (schriftliches Gutachten vom 01.02.2019, Bl. 470 f.). Bei seiner Einschätzung hat der Sachverständige die von dem Beklagten aufgeführten „Bewirtschaftungsmängel“ (auf die im Einzelnen noch eingegangen werden soll) einbezogen. Dies bezieht sich auf die bauliche Ausstattung, den Zustand und das Baujahr der Gartenlauben, die Gestaltung der Gärten mit weiteren Anbauten und Einrichtungen (Kamine und Grillmöglichkeiten, hochwertige Terrassen, Solaranlagen, Gasflaschen, Rollläden, Treibhäusern, Biertischgarnituren, Satellitenschüssel, Räucherofen, Schwimmbäder), die Gartengestaltung durch Topfpflanzen und die Doppelbebauung von Parzellen (Anhörung vom 14.11.2019, Bl. 600 ff.). Der Sachverständige hat eine ausgewogene Darstellung der für und gegen die kleingärtnerische Nutzung sprechenden Umstände geliefert. Er hat sich durchaus auch kritisch zu bestimmten Nutzungsarten geäußert, die den Freizeitgedanken zu sehr betonen (fest eingebauter Räucherofen, Schwimmbecken, bewohnbare Lauben u.a.). Bei vielen Beanstandungen des Beklagten hat der Sachverständige aber auch einen Bewirtschaftungsmangel verneint. Dies umfasst die Anlage von einfachen Grillmöglichkeiten, Gartenteiche (die unter dem Gesichtspunkt des Umwelt- und Naturschutzes und der Förderung der Biodiversität sogar wünschenswert sind, vgl. § 3 Abs. 1 S. 2 BKleingG), Treibhäuser (die der Anzucht und Überwinterung von gärtnerischen Kulturen dienen) und die Bienenzucht (die einen wichtigen Beitrag zur Bestäubung der Pflanzen leistet). Die Einschätzung des Sachverständigen zu weiteren Bewirtschaftungsmängeln soll in den Folgekapiteln systematisch dargestellt werden.

(3) Anhand der in den Anlagen K 63, K 64 und K 67 dargestellten Lichtbildern und der Luftaufnahmen vom September 2016 (verkörpert in dem USB-Stick Anlage B 15) hat der Sachverständige eine vergleichende Betrachtung der Situation zum Zeitpunkt seiner Besichtigung im Oktober 2018 und zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 09.11.2016 im Dezember 2016 angestellt (vgl. Anhörung vom 14.11.2019, Bl. 602 ff. und Ergänzungsgutachten vom 08.05.2020, Bl. 690 ff.). Die Veränderungen auf den einzelnen Parzellen hat er in dem Ergänzungsgutachten in einer Auflistung dargestellt (Bl. 697 f.). Dabei ergeben sich bezogen auf 137 Parzellen 31 Veränderungen, darunter die Entfernung von acht Schwimmbecken. Der Sachverständige kam dabei zu dem Ergebnis, dass es sich im Verhältnis zur Gesamtanlage nur um marginale Änderungen handelt, die nicht zu einer wesentlichen Mehrung der gärtnerischen Nutzflächen geführt haben. Die Veränderungen sind insgesamt so geringfügig, dass sich eine wesentliche Änderung der Verhältnisse von kleingärtnerischer und sonstiger Nutzung nicht ergibt (Anhörung Bl. 608, Ergänzungsgutachten Bl. 699).

cc) Beanstandung: Übergroße Parzellen

§ 3 Abs. 1 S. 1 BKleingG stellt eine gesetzliche Regelung der zulässigen Gartengröße vor. Demnach soll ein Kleingarten nicht größer als 400 m² sein. Die Regelung des § 3 Abs. 1 S1. BKleingG stellt jedoch lediglich eine Soll-Vorschrift dar. Sie gilt für neu zu errichtende Kleingartenanlagen. Bestehende Anlagen werden durch diese Vorschrift nicht berührt, solange nicht eine Neuordnung der Anlage im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG durchgeführt wird (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 3 BKleingG Rn. 2). Damit ist die Vorschrift auf die vorliegende Anlage nicht anwendbar.

Abgesehen davon gibt es nach den auf Grundlage der durchgeführten Vermessungen getroffenen Feststellungen des Sachverständigen auf der Anlage lediglich sechs Parzellen, die größer als 400 m² sind (Ergänzungsgutachten, Bl. 700). Dieser Zustand fällt im Verhältnis zu der Gesamtanlage mit 134 Parzellen nicht erheblich ins Gewicht (Anteil von 4,37%).

dd) Beanstandung: Baulicher Zustand der Gartenlauben

(1) Nach § 3 Abs. 2 BKleingG ist im Kleingarten eine Laube in einfacher Ausführung mit höchstens 24 Quadratmetern Grundfläche einschließlich überdachtem Freisitz zulässig. Sie darf nach ihrer Beschaffenheit, insbesondere nach ihrer Ausstattung und Einrichtung, nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein. § 18 BKleingG sieht vor, dass vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (01.04.1983, § 22 BKleingG) rechtmäßig errichtete Lauben, die die in § 3 Abs. 2 BKleingG vorgesehene Größe überschreiten, unverändert genutzt werden können. Eine bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehende Befugnis des Kleingärtners, seine Laube zu Wohnzwecken zu nutzen, bleibt unberührt, soweit andere Vorschriften der Wohnnutzung nicht entgegenstehen. Für die Nutzung der Laube kann der Verpächter zusätzlich ein angemessenes Entgelt verlangen.

Die Frage des persönlichen Bestandschutzes nach § 18 Abs. 2 BKleingG stellt sich vorliegend nicht. Denn unstreitig bestand vor 1983 keine Befugnis eines Kleingärtners, die Laube zu Wohnzwecken zu nutzen. Damit steht auch nicht im Raum, dass die Verpächter nach § 18 Abs. 2 S. 2 BKleingG zusätzlich ein Entgelt für eine Wohnnutzung verlangen können.

Nach § 11 Ziffer 2 GPV 08 gelten bauliche Anlagen des Pächters oder Unterpächters, die bereits vor dem 01.04.1983 auf der Pachtfläche vorhanden waren, als mit Zustimmung des Verpächters errichtet, soweit dieser nicht den Anschein widerlegt. In diesem Fall hat der Pächter den Beweis für die erfolgte Zustimmung des Verpächters zu erbringen. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich nicht um eine unzulässige Abrede, die von dem öffentlich-rechtlichen Bestandschutz abweicht (vgl. hierzu Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 18 BKleingG Rn. 1). Die Regelung manifestiert keinen zusätzlichen öffentlich-rechtlichen Bestandsschutz, sondern stellt lediglich eine widerlegliche Vermutung dar, dass Anlage als mit Zustimmung des Verpächters errichtet gelten mit der Folge, dass der Verpächter eine Kündigung oder Unterlassung der Nutzung der Anlage nach § 4 BKleingG, §§ 581 Abs. 2, 541 BGB nicht verlangen kann. Es liegt damit eine Beweislastregelung vor.

(2) Der Sachverständige konnte anhand der Begutachtung der Baumaterialen und der Ausführungsart und durch Vergleich der aktuellen Luftbilder aus der Überfliegung vom Dezember 2018 mit Luftbildern aus dem Jahr 1984 eine sichere Eingruppierung in bestimmte Bauzeiträume vornehmen. Dabei hat er festgestellt, dass sich auf der Anlage sechs Lauben befinden, die nach 1983 errichtet wurden und größer als 24 m² sind (Gutachten Bl. 482 f.). Die übrigen Lauben sind damit entweder vor 1983 errichtet und genießen damit grundsätzlich Bestandsschutz nach § 18 Abs. 1 BKleingG oder stammen aus den Jahren nach 1983 und halten die zulässige Größe von 24 m² ein. Der Zustand der übergroßen Lauben fällt im Verhältnis zu der Gesamtanlage mit 134 Parzellen nicht erheblich ins Gewicht (Anteil von 4,37%)

(3) Der Bestandsschutz nach § 18 Abs. 1 BKleingG setzt die rechtmäßige Errichtung der Lauben voraus. Die Beweislast für das Vorliegen des Kündigungsgrunds liegt beim Beklagten. Damit müsste er auch konkret vortragen, dass die bauliche Anlage gegen öffentlich-rechtliche Bauvorschriften verstößt. Dies ergibt sich auch aus der Beweislastverteilung des § 11 Ziffer 2 GPV 08. Das reine Bestreiten des Beklagten genügt nicht. Hierbei ist auch zu sehen, dass die Anlage nicht im unbeplanten Außenbereich im Sinne von § 35 BauGB liegt und nach BayBauO Gartenlauben in Kleingartenanlagen generell keiner Baugenehmigung bedürfen (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 3 BKleingG Rn. 45). Daneben ist zu berücksichtigen, dass eine bauliche Anlage rechtmäßig ist, wenn ihre Errichtung nicht gegen Rechtsvorschriften verstößt oder verstoßen hat. Das Fehlen einer erforderlichen Baugenehmigung ist unschädlich, wenn das Bauwerk materiell rechtmäßig ist (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 18 BKleingG Rn. 1). Der Beklagte hat eine materielle Rechtswidrigkeit der Lauben nicht behauptet.

(4) Der Sachverständige hat weiter festgehalten, dass sieben Lauben aufgrund ihrer Ausstattung zum dauerhaften Wohnen geeignet sind (Gutachten Bl. 471 ff.). Eine tatsächliche Wohnnutzung konnte nicht festgestellt werden. Der Zustand der Geeignetheit zur Wohnnutzung fällt im Verhältnis zu der Gesamtanlage mit 134 Parzellen nicht erheblich ins Gewicht (Anteil von 5,22%).

(5) In sämtlichen Lauben ist nach den Feststellungen des Sachverständigen ein Stromanschluss vorhanden. Sämtliche Parzellen sind mit Wasserleitungen und Wasserentnahmestellen versorgt, wobei kein Anschluss an das Frischwasser existiert. In zwei Lauben wurde ein Wasseranschluss vorgefunden. Die Versorgungseinrichtungen stammen vor dem Jahr 1983 und wurden mit der Errichtung der Lauben gebaut (Gutachten Bl. 472 ff.; Ergänzungsgutachten Bl. 688; Stellungnahme Bl. 795; Anhörung Bl. 831).

Es ist zwar zutreffend, dass das BKleingG schon die Schaffung der Voraussetzungen für ein dauerndes Wohnen unterbinden will. Deshalb sind insbesondere die Herstellung und Unterhaltung entsprechender Ver- und Entsorgungsanlagen und -einrichtungen (Anschluss an das Elektrizitäts-, Gas- und Fernwärmenetz; Abwasserbeseitigungsanlagen; Telefonanschluss etc.) und das Anbringen ortsfester Heizvorrichtungen (Kamin, Schornstein) nicht erlaubt (BGH NZM 2003, 913 Rn. 25). Hier ist aber zu sehen, dass es sich bei der gemeinschaftlichen Wasserversorgungsanlage um eine Gemeinschaftseinrichtung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG handelt. Die Wasserversorgung gehört zu den Anlagen, die die kleingärtnerische Nutzung ermöglicht oder ihr dient. Die entsprechenden Einrichtungen sind daher zulässig. Diese Versorgung erfolgt durch den Anschluss der Kleingartenanlage an das Wasserversorgungsnetz der Gemeinde. Über diesen Anschluss können dann die einzelnen Gartenparzellen mit Wasser versorgt werden (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 1 BKleingG Rn. 15 und 23). Der Wasseranschluss in zwei Lauben fällt im Verhältnis zu der Gesamtanlage mit 134 Parzellen nicht erheblich ins Gewicht (Anteil von 1,46%).

Die Versorgung der Kleingartenanlage mit Elektrizität ist zwar an sich keine unabdingbare Voraussetzung für die kleingärtnerische Nutzung (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 1 BKleingG Rn. 25). Soweit jedoch die Versorgungsanlagen – wie hier – vor Inkrafttreten des BKleingG rechtmäßig errichtet wurden, genießen sie Bestandsschutz. Der Bestandsschutz von Ver- und Entsorgungseinrichtungen ist nicht im BKleingG geregelt. Er ergibt sich jedoch unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 1 BKleingG Rn. 26 und § 3 BKleinG Rn. 20). Der Beklagte hat nicht vorgetragen, dass die Anlagen nicht rechtmäßig errichtet wurden.

ee) Beanstandung: Asbestdächer

Die Verwendung von intakten Asbestzementplatten auf den Dächern von Gartenlauben stellt nach den Ausführungen des Sachverständigen keinen Bewirtschaftungsmangel dar. Es besteht keine Verpflichtung, vorhandene Asbestzementdächer zu beseitigen, da diese Dächer nicht bearbeitet werden und keine Asbestfasern in größerem Umfang frei werden, die eine Gesundheitsgefährdung verursachen können. Der Sachverständige konnte diese Feststellung sachkundig treffen, da er über einen Sachkundenachweis nach den „Technischen Regeln für Gefahrstoffe Asbest Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten (TRGS 519)“ verfügt (Anhörung Bl. 608; Ergänzungsgutachten Bl. 705).

ff) Beanstandung: Erweiterung der Lauben

(1) Der Beklagte trägt vor, dass durch die Erweiterungen von Lauben nach 1983, die vor Jahrzehnten stattgefunden hätten, ein etwaiger Bestandsschutz entfallen sei. Es habe bei rund 90% der Lauben Veränderungen ergeben. Der Kläger habe durch seine Unterschrift unter dem GPV 08 vorgetäuscht, dass die Anlage ordnungsgemäß nach den Vorgaben des seit 1983 geltenden BKleingG bewirtschaftet worden sei.

Es ist zutreffend, dass sich der Bestandsschutz nach § 18 Abs. 1 BKleingG nur auf die vorhandene bauliche Anlage für die Dauer ihres Bestands in ihrer bisher rechtmäßig gewesenen Nutzung erstreckt. § 18 Abs. 1 BKleingG schützt den – rechtmäßig geschaffenen – vorhandenen Bestand in seiner bisherigen Funktion, gewährleistet also dessen Erhaltung und die weitere Nutzung, nicht dagegen die Wiederherstellung oder Ersetzung der beseitigten Laube und auch nicht deren Erweiterung oder die Änderung ihrer Nutzung (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 18 BKleingG Rn. 1 und 4).

(2) Das Kündigungsrecht wäre nach dem Vortrag des Beklagten vor dem Abschluss des GPV 08 und vor Abschluss des Kaufvertrags am 12.07.2010 entstanden. Damit ist das Kündigungsrecht nicht auf die neuen Eigentümer übergangen (s.o II. 4. b).

(3) Eine Abmahnung ist nicht erfolgt. Damit scheidet eine Kündigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKleingG aus (s.o. II. 4 a cc).

Für eine Kündigung nach § 8 BKleingG ist zwar eine Abmahnung oder Fristsetzung grundsätzlich keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Nachdem dem Kläger jedoch vorliegend erstmalig durch den späten Vortrag des Beklagten vor Augen geführt wurde, dass ein Wegfall des Bestandsschutzes droht, hätte erst durch ein Fortsetzen des Anlagenbetriebs nach Abmahnung eine schwere Pflichtverletzung begründet werden können (vgl. hierzu Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 8 BKleingG Rn. 8).

(4) Die Vergleichsmessungen des Beklagten basierend auf dem Privatgutachten der Fa. … GmbH beruhen auf erheblichen Meßungenauigkeiten, wie der Sachverständige ausgeführt hat. Diese ergeben sich zum einen auf dem Umstand, dass die Luftbilder aus der Überfliegung aus dem Jahr 1984 nicht georeferenziert sind. Zum anderen können bei der Überfliegung nur die Traufflächen ermittelt werden, wobei durch die Dachüberstände erhebliche Abweichungen zu den Grundflächen entstehen können (Anhörung Bl. 824 ff.).

Selbst wenn durch die Anbauten der Bestandschutz nach § 18 Abs. 1 BKleingG entfallen wäre, verbliebe es dabei, dass gemäß § 11 Ziffer 2 GPV 08 die Laube als mit Zustimmung des Verpächters als errichtet gilt. Die Anbauten hat der Sachverständige bei der Prüfung der Prägung der Gartenanlage berücksichtigt und in seine Beurteilung einbezogen. Aus den Vergleichsmessungen kann auch nicht nachvollzogen werden, ob der Grenzwert von 24 m² durch den Anbau überschritten wurde.

gg) Beanstandung: Laubenkeller

Der Sachverständige hat sämtliche Kelleranlagen besichtigt (Anhörung Bl. 613). Soweit am ersten Begehungstag eine Besichtigung der Keller bei 19 Parzellen nicht möglich war, hat der Sachverständige dies im Beisein der Verfahrensbeteiligten nachgeholt (Ergänzungsgutachten Bl. 685; Anhörung Bl. 823). Der Sachverständige hat 30 Keller erfasst, von denen 28 vor 1983 und 2 nach 1983 errichtet worden sind (Ergänzungsgutachten Bl. 685 ff. und 720 f.). Die Keller weisen unterschiedliche Nutzungsweisen auf (Lagerungsfläche, begehbare Wasserschächte, Revisionsschächte für die Trinkwasserversorgung, Werkstatt, Aufbewahrungsort für Pokalsammlung).

Die Unterkellerung einer Laube, die geeignet ist, den Aufenthalt von Menschen zu dienen, ist zwar grundsätzlich unzulässig. Keine Bedenken bestehen gegen sogenannte Kleinkeller, die ein für die Lagerung von Gartenfrüchten angemessene Tiefe und Größe nicht überschreiten. Solche Kleinkeller haben eine der kleingärtnerischen Nutzung dienende Hilfsfunktion (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 3 BKleingG Rn. 12).

Vorliegend ist zu sehen, dass die Keller überwiegend (28 von 30) vor 1983 mit den Lauben errichtet wurden und damit Bestandsschutz nach § 18 Abs. 1 BKleingG genießen. Zumindest gelten sie als mit Zustimmung des Verpächters errichtet (§ 11 Ziffer 2 GPV 08). Der nachträgliche Einbau von 2 Kellern, falls diese überhaupt die Hilfsfunktion überschreiten, fällt nicht erheblich ins Gewicht. Eine gewerbliche Nutzung konnte der Sachverständige nicht feststellen. Die Einrichtung einer Werkstatt ändert daran nichts. Es dürfte allgemein bekannt sein, dass in einem Kleingarten oftmals Reparaturarbeiten an den Gartenanlagen, Lauben und Laubeneinrichtungen anfallen, die von den Kleingärtnern in Eigenregie durchgeführt werden. Im Einzelfall vorhandene private Nutzungsformen wie die Aufbewahrung einer Pokalsammlung haben keine prägende Wirkung.

hh) Beanstandung: Nicht erlaubte Grillplätze

Das Grillen im Garten ist in von der mitbestehenden Erholungs- und Freizeitfunktion aus § 1 Abs. 1 Nr. BKleingG gedeckt. Ein gemauerter Kamin und andere Grillmöglichkeiten stellen nach Ansicht des Sachverständigen keinen Bewirtschaftungsmangel dar (Anhörung Bl. 609). Es handelt sich bei dem Grillkamin nicht um eine ortsfeste Heizeinrichtung, die eine Ausstattung zu Wohnzwecken darstellt.

ii) Beanstandung: Schwimmbäder

Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass zum Zeitpunkt der Kündigungen Ende 2017 acht Pools vorhanden waren, die zum Zeitpunkt der Begehung im Oktober 2018 entfernt waren. Die Entfernung der Pools, die überwiegend durch Grasflächen ersetzt wurden, hat keinen Einfluss auf die Beurteilung des Verhältnisses zwischen einer kleingärtnerischen Nutzung und einer sonstigen Nutzung entfaltet. Die ehemaligen Anlagen hat der Sachverständige bei der Bewertung des Gepräges der Kleingartenanlage einbezogen (Ergänzungsgutachten Bl. 683 ff., 689, 715 ff.). Durch die Entfernung der Pools wurde den Bedenken der Eigentümer Rechnung getragen, die eine übermäßige Freizeitnutzung moniert haben.

Die Poolanlagen stammen aus der Zeit vor 1983 und gelten daher als mit Zustimmung des Verpächters errichtet (§ 11 Ziffer 2 GPV 08). Die Behauptung des Beklagten, das Schwimmbad im Garten der Parzelle 142 sei mit Schutt verfüllt worden und es liege daher ein Verstoß gegen das Bundesbodenschutzgesetz vor, beruht auf Spekulationen. Beweisangebote für diesen Vortrag wurden nicht eingeführt. Entsprechende Feststellungen konnte auch der Sachverständige nicht treffen.

jj) Beanstandung: Keine ordnungsgemäße Abwasser- und Fäkalienschlammbeseitigung

Der Beklagte bemängelt, dass Wasser, welches mit Seife oder Spülmittel versetzt ist, über Spülbecken in das Erdreich gelangen kann. Weiter bemängelt er, dass mit Chlor versetztes Wasser beim Auslassen der Pools in das Grundwasser gelangt.

Entsprechende Feststellungen konnte der Sachverständige nicht treffen (Ergänzungsgutachten Bl. 688 f.). Der Vortrag konnte nicht bestätigt werden. Die Annahme, die Pools würden mit Chlorwasser betrieben, beruht auf reinen Spekulationen. Der Vortrag, bei einem haushaltsüblichen Geschirrspülmittel (“Pril“) handele es sich um ein aggressives Putzmittel, disqualifiziert sich selbst. Aus dem eingeleiteten Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München I wegen des Verdachts der Gewässerverunreinigung nach den §§ 330 d Abs. 1 Nr. 1, 324 StGB (Az.: 237 UJs 700303/20) haben sich keine Erkenntnisse zu der Beanstandung ergeben. Nur geringfügige Beeinträchtigungen unterfallen nicht dem Straftatbestand (Heine/Schittenhelm in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Auflage 2019, § 324 StGB Rn. 8). Ein deliktischer Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB bzw. nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 324 StGB kommt nicht in Betracht. Das Grundwasser ist nicht eigentumsfähig und wird vom Herrschaftsrecht des Grundstückseigentümers nicht erfasst (Palandt/Herrler, BGB, 80. Auflage 2021, § 905 BGB Rn. 1). Bei § 324 StGB handelt es sich nicht um ein Schutzgesetz im Sinne der deliktischen Haftung. Die Norm ist nicht zumindest auch dazu bestimmt, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen (Palandt/Sprau, BGB, 80. Auflage 2021, § 823 BGB Rn. 58). Die Vorschrift des § 324 StGB beinhaltet einen umfassenden Gewässerschutz. Schutzgut ist nach hM das Gewässer in seiner Funktion für Mensch und Umwelt (Heine/Schittenhelm in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Auflage 2019, § 324 StGB Rn. 1).

kk) Beanstandung: Verweigerung der nach § 4 GPV geschuldeten Auskunft

Die Auskunftspflichten des Klägers sind in § 4 Ziffern 3 und 4 GPV 08 abschließend geregelt. Nach Ziffer 3 ist der Pächter verpflichtet, nach gesetzlichen Regelungen und kaufmännischen Grundsätzen Buch zu führen. Er hat dem Verpächter oder einem vor diesem beauftragten Dritten jederzeit auf Verlangen Einsicht in seine den GPV 08 betreffenden Unterlagen zu ermöglichen. Nach Ziffer 4 hat der Pächter dem Verpächter Auskunft über die Pachtfläche zu erteilen. Der Auskunftspflicht genügt der Pächter durch flächenbezogene Bekanntgabe der Einzelpachtflächengrößen nebst Gesamtfläche, der Nutzungsart und des Pachtzinses.

Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass seine Buchhaltung einmal im Jahr von einem Wirtschaftsprüfer und alle drei Jahre vom Finanzamt überprüft wird. Die Auskunftspflicht nach Ziffer 4 erfüllt der Kläger durch die jährliche Abrechnung mit den Auszügen aus dem Pachtbuch (B 5, B 10, B 23, B 27). Die Unterlagen enthalten die pachtvertraglich vorgesehenen Informationen.

Soweit die Parteien und die beiden anderen Eigentümer unterschiedliche Auffassungen zum Umfang des Einsichtsrechts nach Ziffer 3 vertreten, kann dies nicht als schwerwiegende Pflichtverletzung des Klägers gesehen werden, die zu einer Kündigung des GPV 08 berechtigt. Das Einsichtsrecht der Eigentümer wurde durch Endurteil des Landgerichts Bonn vom 12.08.2015 (Az: 7 O 220/14; Anlage B 6) geklärt. Aufgrund des Urteils wurde den Eigentümern Einsicht in die Unterlagen am 26.02.2016 in Bonn und am 17.08.2016 in München gewährt (Anlage B 7). Der im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens gestellte Antrag der Eigentümer nach § 888 ZPO hatte nur geringen Erfolg (noch Einsicht in die Unterpachtverträge und in das Pachtbuch 2013). Wegen des überwiegenden Unterliegens der Eigentümer wurden diesen auch die Kosten des Vollstreckungsverfahrens nach den §§ 891, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auferlegt (Anlage K 53).

ll) Beanstandung: Kein Vortrag, welche Flächen der Kläger in Beschlag genommen hat

Den Eigentümern ist bewusst, dass der Kläger die in den Lageplänen Anlage K 2 und Anlage B 1 gekennzeichneten Pachtflächen (Grundstücke Flurst. Nr…./xx, …/xx, …/xx, …/xx und …) in Besitz genommen hat. Die Anlage wird durch die eingefriedeten Parzellen und die enthaltenen Gemeinschaftseinrichtungen definiert. Dazu gehört auch die Fläche des Gemeinschaftsgartens auf dem Grundstück Flurst. Nr. …/xx, welche der Kläger eingezäunt, mit einem Tor verschlossen und einem Gebäude versehen hat. Die Pachtflächen sind in natura für jedermann einseh- und feststellbar. Der Beklagte räumt im Schriftsatz vom 23.03.2018 (Bl. 263) selbst ein, dass der Kläger die gesamte Anlage seit Jahren, sichtbar durch eine unstreitig gestellte Einfriedung, de facto in Besitz genommen hat.

mm) Beanstandung: Verstoß gegen die Dokumentationspflicht aus § 1 2. GPV 08

Nach dieser Vorschrift hat der Pächter den Bestand der Pachtfläche sowie Zu- und Abgänge in geeigneter Weise fortschreibend zu dokumentieren. Die Dokumentation beinhaltet die katastermäßige Erfassung der Pachtgrundstücke nach Gemarkung, Flur und Flurstücksbezeichnung nebst Flächengrößen und Streckenkilometer.

Diese Pflicht erfüllt der Kläger durch die regelmäßige Vorlage von Auszügen aus dem elektronischen Pachtbuch (vgl. Anlagen B 5, B 10, B 23, B 27). Diese enthalten die Schlüsselnummer des Verpächters, die Parzellennummer, die Größe der Parzelle in Quadratmeter, die grundbuchmäßige Lage der jeweiligen Parzelle mit Flur- und Flurstücksbezeichnung sowie die genaue Lage der Parzelle innerhalb des Flurstücks nach Streckenkilometer. Eine weitergehende Dokumentation ist vertraglich nicht geschuldet. Dass der Beklagte den Bestand der Parzellen nachvollziehen kann, belegt die Vorlage des Lageplans Anlage B 1 mit den bezeichneten Parzellennummern.

nn) Beanstandung: Jahrelang falsche Abrechnungen

Nach § 4 Ziffer 1 GPV 08 führt der Pächter 35% der von ihm vereinnahmten Pachterträge ohne Betriebskostenanteile aus den Unterpachtverhältnissen an den Verpächter ab. Dabei ist die Jahrespacht zum 31. Januar des Folgejahres fällig, wobei der Pächter zum 01. September einen Abschlag in Höhe von 85% der voraussichtlich abzuführenden Pachterträge leistet (§ 4 Ziffer 2 GPV 08).

Der Beklagte wählt zu dieser Streitfrage einen unzutreffenden Begründungsansatz, wenn er auf die Gesamtfläche der Kleingartenanlage verweist und diese mit dem von der Landeshauptstadt bestimmten Pachtzins multipliziert. Denn es ist keine direkte Abrechnung des Pachtzinses nach Fläche vereinbart. Vielmehr erfolgt die Preisermittlung gemäß § 4 Ziffer 1 und § 6 Ziffer 6 des GPV 08 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 BKleingG bezogen auf die Gesamtfläche der Kleingartenanlage, wobei Flächen der gemeinschaftlichen Einrichtungen anteilig berücksichtigt und eingepreist werden.

Die Landeshauptstadt … setzt unstreitig den jährlichen Pachtzins für Kleingartenparzellen fest (laut Beklagtenvortrag 0,34 € / m ²/ Jahr; laut Klägervortrag fand ab 2019 eine Erhöhung auf 0,42 € / m² / Jahr statt). Die Unterpächter zahlen diesen Pachtzins auf der Grundlage der Fläche ihrer Kleingartenparzelle, wobei die auf die gemeinschaftlichen Einrichtungen entfallenden Flächen in den Pachtzins eingepreist sind (§ 5 Abs. 1 S. 2 BKleingG). Damit ist keine gesonderte Pacht für das Grundstück Flur.Nr. …/xx zu zahlen, auf welchem als Gemeinschaftseinrichtung der Gemeinschaftsgarten mit Vereinsheim untergebracht ist.

Nach den Flächenangaben des Grundbuchs entfallen auf die Flächen des Beklagten 7.857 m² (Flurst. Nr. …/xx, …/xx und …/xx), auf die Flächen der F. Grundstücksverwaltung GmbH 8.064 m² (Flurst. Nr. …/xx) und auf die Flächen der Frau P. 20.440 m² (Flurst. Nr. … und …/xx). Dies ergibt eine Gesamtfläche von 36.361 m². Unterverpachtet werden laut Verpachtungsbuch eine Gesamtfläche von 32.936 m² (vgl. Anlage B 23). Die Flächendifferenz von 3.424 m² verteilt sich auf Gemeinschaftsflächen wie Erschließungsanlagen, Gemeinschaftsgarten mit Vereinsheim und Pflegeflächen.

Der Sachverständige hat die im Verpachtungsbuch genannten Flächengrößen im Rahmen der Vermessung nachgeprüft und hat dabei eine Fläche von 36.612,22 m² ermittelt. Die Parzellenflächen, die im Verpachtungsbuch notiert sind, liegen damit in der Summe gemittelt ein Prozent über den Werten, welche die Vermessung ergeben hat (Gutachten Bl. 483 ff.). Damit wirkt sich diese geringfügige Abweichung zugunsten der Eigentümer aus.

Die Zahlung für das Jahr 2015 ist rechtzeitig zu den Fälligkeitszeitpunkten des § 4 Ziffer 2 GPV 08 erfolgt (Anlagen B 3 und B 5). Die Abrechnung bezieht sich nach dem Rubrum des Abrechnungsschreibens (“Pachtzahlung 2015“, „Restpachtzahlung 2015“) erkennbar auf dieses Jahr. Der Beklagte hat zum 01.09.2015 einen Abschlag von 85% geleistet und den Rest zum 31.01.2016 abgerechnet (Anlage B 3). Für dieses Jahr waren die abgerechneten Flächen allein der F. Grundstücksverwaltung GmbH zugerechnet, da der Beklagte für seine 12.10.2015 erworbenen Flächen noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen war.

Die Abrechnung ist auch bezüglich der Höhe nachvollziehbar. Laut Pachtbuchauszug Anlage B 5 wird für eine Gesamtfläche von 15.196 m² eine Pacht von 5.323,- € ermittelt. Dies bedeutet eine Pacht von gerundet 0,35 € pro Quadratmeter. Von der Gesamtfläche sind die Flächen für die Parzellen 1-8 in Abzug zu bringen, die auf die nicht gegenständlichen Flächen Flurst.Nr. …/xx und …/xx entfallen. Damit ergibt sich eine Fläche von 13.352 m² (15.196 m² – 1.844 m²). Somit errechnet sich ein jährlicher Pachtzins von 1.635,62 € (13.352 m² x 0,35 € x 35%). Ausbezahlt wurde laut Anlage B 3 ein Gesamtbetrag von 1.642,90 €. Die sich zugunsten des Eigentümers auswirkende Überzahlung dürfte auf Rundungsdifferenzen zurückzuführen sein.

oo) Beanstandung: Pachtrückstände 2018 / 2019

Die Pachtrückstände wurden nicht näher erläutert. Insbesondere bleibt unklar, auf welcher Grundlage die Eigentümer abrechnen. Das als Anlage K 69 vorgelegte Kündigungsschreiben ist kein Beweis für bestehende Pachtrückstände. Wenn man nach dem bisherigen Prozessverhalten des Beklagten unterstellt, dass als Abrechnungsgrundlage die Gesamtfläche der Kleingartenanlage herangezogen wird, besteht jedenfalls kein Kündigungsgrund.

pp) Beanstandung: Unerlaubte gewerbliche Nutzung der Anlage

Die Gewinnerzielung aus der Vermietung einer Werbetafel kann nicht dem Kläger zugerechnet werden. Die Tafel steht außerhalb der Umzäunung der Kleingartenanlage. Die Einnahmen erzielte bis 2015 die D. N. AG. Seit 2016 kommen sie der Eigentümerin P. zugute.

Der Kläger hat zweimal bis dreimal im Jahr zur Förderung des sozialen Zusammenhalts der Kleingärtner und Vereinsmitglieder Feste im Gemeinschaftsgarten veranstaltet, zu denen auch Familienangehörige zugelassen waren und Getränke und Grillgut verkauft wurden. Darin kann keine unzulässige gewerbliche Nutzung gesehen werden.

Der Vorwurf, der Kläger betreibe einen „schwunghaften Handel mit Luxuslauben“, ist bestritten geblieben und wurde nicht belegt.

qq) Beanstandung: Nebeneinkünfte des Ortsverbands des Klägers

Die als Anlage B 43 vorgelegte Abrechnung des B.-L. Unterbezirks …-… über 39,- € betrifft nach dem Wortlaut die einmalige Nutzung des Gemeinschaftsgartens am 07.06.2015. Hieraus kann nicht der Rückschluss auf regelmäßige gewerbliche Einnahmen außerhalb des Kleingartengedankens geschlossen werden. Eine Zurechnung an den Kläger und ein Zusammenhang zu dem Pflichtenkreis aus dem GPV 08 ist nicht erkennbar.

rr) Beanstandung: Verschweigen, dass die Eigentümer Sitz und Stimme im Hauptausschuss des Klägers haben

Der Beklagte zitiert die maßgebliche Regelung aus der Satzung des Klägers unrichtig. Nach Paragraph 6 Absatz 1 der Satzung (Anlage B 45) setzt sich der Hauptausschuss nicht u.a. aus den jeweiligen Grundstückseigentümern, sondern aus Vertretern von bestimmt bezeichneten Grundstückseigentümern (B. und D. AG) zusammen. Die Erwerber sind mit dem Erwerb der Grundstücke nicht als Rechtsnachfolger in die satzungsmäßigen Rechte von anderen Personen eingetreten und auch nicht Mitglieder des Klägers geworden. Die Behauptung, durch die unterlassene Ladung der Erwerber zur Hauptversammlung seien die Jahresabschlüsse unwirksam und dies habe Auswirkungen auf die Gemeinnützigkeit des Klägers, ist damit nicht stichhaltig.

ss) Beanstandung: Anpflanzung von hochstämmigen Waldbäumen

Auf der Fläche des Gemeinschaftsgartens (Flurst.Nr. …/xx) stehen drei Waldbäume (eine Linde und zwei Ahornbäume), die etwa 15-17 Meter hoch sind.

Waldbäume (hochwachsende Laub- und Nadelbäume) gehören mangels Erzeugung von Obst, Gemüse oder anderer Früchte für den Eigenbedarf des Kleingärtners nicht zur kleingärtnerischen Nutzung, sie können allerdings der Erholungsnutzung zugeordnet werden. Sie sind deshalb nicht generell mit der kleingärtnerischen Nutzung unvereinbar, sondern nur, wenn sie die Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen behindern oder verhindern. § 3 Abs. 1 S. 2 BKleingG legt ausdrücklich die Anforderung fest, bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu berücksichtigen (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 1 BKleingG Rn. 7).

Nach diesen Grundsätzen sind die Bäume nicht zu beanstanden. Die Bäume befinden sich im Gemeinschaftsgarten, in dem keine kleingärtnerische Nutzung stattfindet. Auch ist ein verkehrsunsicherer Zustand wegen der Nähe des Standorts zu den Gleisanlagen nicht belegbar. Der Sachverständige, der auch zertifizierter Baumkontrolleur ist, hat die Bäume einer eingehenden visuellen Untersuchung unterzogen. Dabei hat er keine akute Gefahr und keinen Handlungsbedarf nach den einschlägigen Baumkontrollrichtlinien festgestellt (Anhörung Bl. 616; Ergänzungsgutachten Bl. 704 f.). Auch die Betreiberin der Bahnanlage, die D. F. GmbH, geht davon aus, dass von den Bäumen wegen des ausreichenden Abstands zu den spannungsführenden Teilen keine akute Gefahr für den laufenden Bahnbetrieb ausgeht (Auskunft vom 12.01.2018, Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 31.01.2018, Bl. 237/255). Die vom Beklagten vorgelegte Stellungnahme der Fa. … vom 07.11.2017 stellt kein Sachverständigengutachten, sondern lediglich ein Angebot dar (Anlage B 33). Zuletzt trifft die Verkehrssicherungspflicht ausschließlich den Pächter, der den Verpächter uneingeschränkt von Ansprüchen Dritter freistellen muss (§ 9 Ziffern 1 und 3 GPV 08). Eine Einstandspflicht des Beklagten oder der anderen Eigentümer für eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ist danach nicht zu erwarten.

tt) Beanstandung: Rückwirkend entstehende Grundsteuerpflicht

Lauben, welche die zulässige Grundfläche von 24 m² nach § 3 Abs. 2 BKleingG überschreiten, bilden eine grundsteuerlich selbstständige als Grundvermögen zu qualifizierende Wirtschaftseinheit. Auf den Bestandsschutz kommt es insoweit nicht an (Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 1 BKleingG Rn. 92).

Nachdem die meisten der übergroßen Lauben vor 1983 gebaut wurden, haben die Eigentümer den Bestand übernommen. Von einer nachträglichen oder wegen eines Verschuldens des Klägers rückwirkenden Steuerpflicht kann damit nicht die Rede sein. Im Übrigen können die Kosten auf den Pächter umgelegt werden (§ 5 Abs. 5 BKleingG; Mainczyk/Nessler, Bundeskleingartengesetz, 12. Auflage 2019, § 5 BKleingG Rn. 43). Auch § 5 Ziffer 4 GPV 08 sieht eine Umlage der Grundsteuer auf den Pächter vor, wenn Kosten durch den besonderen Gebrauch durch den Pächter oder Unterpächter entstehen, wozu auch die Erweiterung der Laube und eine damit entstehende Grundsteuer zu zählen wäre. Zuletzt hat der Beklagte eine Heranziehung zur Grundsteuer wegen der Verhältnisse auf der gegenständlichen Anlage nicht behauptet. Die Heranziehung bei den Parzellen 1-8 auf den Grundstücken Flurst. Nr. …/xx und …/xx bezieht sich – wie schon erwähnt – auf die benachbarte Anlage, die auf einem anderen Erwerbsvorgang und einem anderen GPV 08 beruht.

uu) Beanstandung: Ausspruch und Aufrechterhaltung eines widerrechtlichen Betretungsverbots

Ein allgemeines Betretungsrecht besteht nicht (siehe unten Ziffer 8.).

Das Betretungsverbot vom 03.05.2016 (Anlage K 7) wurde lediglich gegenüber dem Beklagten, nicht aber gegenüber den beiden anderen Eigentümern ausgesprochen. Das Verbot war gegenüber dem Beklagten zumindest im Hinblick auf die Teilfläche des Gemeinschaftsgartens zulässig, da der Beklagte nach dem Gegenstand des Teilurteils Besitzrechte des Klägers durch das Abstellen von Gegenständen und die Androhung des Abrisses des Vereinsheims verletzt hat. Auch das Landgericht München I hat in seinem Ersturteil vom 30.08.2017 dem Grunde nach ein Recht des Klägers bejaht, Besitzstörungen des Beklagten zu unterbinden. Es hat lediglich bemängelt, dass in dem beantragten Betretungsverbot keine Ausnahme für Notfälle aufgenommen worden war. Ein solcher Notfall ist hier nicht gegeben. Weiter hat der Beklagte das Besitzrecht und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers und der Unterpächter verletzt, indem er bei der Begehung der Anlage im Oktober 2018 gegen die ausdrückliche Untersagung des Klägers Lichtbilder aufgenommen hat. Diese hat er in der Anlage K 63 zusammengefasst. Vor diesem Hintergrund kann eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung des Klägers nicht gesehen werden. Die Eigentümer haben auch kein Anwesenheitsrecht bei einem Stromablesetermin, da sie mit der Abrechnung und Tragung der Stromkosten nicht befasst sind (§ 5 Ziffer 1 GPV 08).

vv) Beanstandung: Rechtswidrige Erbauung des Vereinsheims

Der Beklagte hat für die Behauptung, das Vereinsheim sei widerrechtlich erbaut worden, keinen Beweis angeboten. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass er das Vereinsheim mit Zustimmung des seinerzeitigen Eigentümers auf fremden Grund erbaut hat. Es handelt sich unstreitig um einen Scheinbestandteil des Grundstücks, der jederzeit abgebaut werden kann. Die Aufbauten und Bestandteile der Grundstücke wurden am 12.07.2010 nur soweit verkauft, als sie im Eigentum des Verkäufers standen (§ 2 Ziffer 3 des Kaufvertrags, Anlage K 1).

ww) Weitere Beanstandungen

Weitere Beanstandungen wie die Angaben zu dem Aktivvermögen des Klägers und zu angeblichen Sondervorteilen für Mitarbeiter lassen keinen Bezug zum gegenständlichen Pachtvertrag erkennen und können auch keine Kündigung rechtfertigen.

5. Beweisaufnahme ist abgeschlossen; keine weitere Beweiserhebung veranlasst

Die ausführliche Dokumentation der Kleingartenanlage durch den Sachverständigen anhand der Lichtbilder, Pläne, Listen und Vermessungsergebnisse stellt eine valide Entscheidungsgrundlage für den Senat dar. Die Einnahme eines Augenscheins oder die Erholung eines Obergutachtens waren damit nicht veranlasst.

Eine Auswertung des USB-Sticks (Anlage K 70), der Luftbilder einer im August 2018 durchgeführten Überfliegung enthalten soll, war ebenfalls nicht veranlasst. Der Sachverständige hat auf Luftbilder zurückgegriffen, die im Dezember 2018 erstellt wurden. Er hat durch Abgleich mit den früheren Luftbildern vom September 2016 Rückschlüsse auf die aktuelle Situation und die Situation zum Zeitpunkt der Ende 2016 erfolgten Kündigungen gezogen. Ein weiterer entscheidungserheblicher Erkenntnisgewinn war von den im August 2018 gefertigten Luftbildern nicht zu erwarten.

Die Einholung eines georeferenzierten fotogrammetischen Sachverständigengutachtens zur Frage der Erweiterungen und Abänderung der Laubenanlagen war mangels Entscheidungserheblichkeit nicht geboten (vgl. oben Ziffer II. 4. c ff).

Der Sachverständige war auch nicht gehalten, die von ihm erfassten Rohdaten und seine schriftlichen Unterlagen, die dem Gutachten bei der Erfassung der Parzellen zugrunde lagen, herauszugeben. Es handelt sich nicht um beigezogene Unterlagen oder Untersuchungsergebnisse im Sinne des § 407 a Abs. 5 ZPO. Eine Herausgabeanordnung war im Übrigen nicht geboten, da die gebotene kritische Würdigung des Gutachtens keinen Zweifel an dessen Zuverlässigkeit und an der Vollständigkeit der Dokumentation ergeben hat. Sie war auch nicht wegen eines Wechsels des Sachverständigen oder der Erholung eines weiteren Gutachtens angezeigt (vgl. hierzu Huber in Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 407 a ZPO Rn. 10).

Die nach Durchführung der Sachverständigenanhörung im abschließenden Termin vom 17.06.2021 gestellten Beweisanträge (Bl. 832 f.) sind zum einen verspätet (§§ 525, 282, 296 Abs. 2 BGB). Denn die Anträge hätten schon längst im laufenden Verfahren unabhängig von dem Betretungsverbot und den Ausführungen des Sachverständigen zu seinen Aufzeichnungen eingeführt werden können, da die entsprechenden Anknüpfungstatsachen aktenkundig und bekannt waren. Das Gutachten des Sachverständigen enthält zum anderen eine ausführliche Beschreibung und Dokumentation jeder einzelnen Parzelle. Eine weitere Beschreibung der Keller war wegen der unter Ziffer II. 4 c gg genannten Ausführungen (insbesondere zum Bestandsschutz und zur Vermutungswirkung des § 11 Ziffer 2 GPV 08) nicht entscheidungserheblich.

6. Fazit

Es liegen allenfalls untergeordnete Bewirtschaftungsmängel vor, die aber für sich oder in der Gesamtheit angesichts der Größe der Gesamtanlage und der gewachsenen Strukturen der Kleingartenanlage nicht so erheblich ins Gewicht fallen, dass eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses unzumutbar ist oder eine ordentliche Beendigung des Pachtverhältnisses angezeigt ist.

Eine Kündigung, die zur Auflösung der Kleingartenanlage oder zu einem Eintritt in das Unterpachtverhältnis führt, ist auch unter Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen nicht zu sehen. Es ist den Eigentümern zumutbar, vor Ausspruch einer Kündigung im Hinblick auf ihrer Meinung nach vorhandene Bewirtschaftungsmängel Unterlassung zu verlangen (§ 4 Abs. 1 BKleingG i.V.m. §§ 581 Abs. 2, 541 BGB).

Die Eigentümer haben sich bewusst auf die Situation eingelassen und für die fraglichen Grundstücke in Anbetracht des Pachtverhältnisses einen niedrigen Kaufpreis bezahlt. Ziel der Eigentümer ist es nunmehr oder von Beginn an, eine andere wirtschaftliche Verwertung der Grundstücke zu erreichen. Dies ergibt sich bereits aus dem Prozessstoff des vor dem Landgericht Bonn geführten Verfahrens mit den dort dokumentierten Zielen der Auskunftsklage (Anlage B 6). Diese Belange müssen jedoch vor den Interessen des Klägers und der Unterpächter an dem Fortbestand der Anlage zurückstehen.

7. Nutzungsentschädigung für 2017

Nachdem das Pachtverhältnis nicht durch eine Kündigung beendet wurde, kommt die Bezahlung einer Nutzungsentschädigung nach § 4 Abs. 1 BKleingG i.V.m. §§ 581 Abs. 2, 546 a BGB bereits dem Grunde nach nicht in Betracht.

Ein Anspruch würde auch der Höhe nach nicht bestehen. Nach §§ 581 Abs. 2, 546 a Abs. 1 BGB kann der Verpächter die vereinbarte oder für vergleichbare Sachen ortsübliche Pacht als Nutzungsentschädigung verlangen. Bei der ortsüblichen Pacht handelt es sich um die Pacht, die für vergleichbare Pachtflächen gezahlt wird (Krüger in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Auflage 2019, § 546 a BGB Rn. 22 für den vergleichbaren Fall der Gewerbemiete). Flächen für die kleingärtnerische Nutzung können jedoch gerade nicht mit Freizeit- und Wochenendgrundstücken verglichen werden. Vielmehr wird der marktübliche Pachtzins durch die Festlegung durch die Landeshauptstadt … abgebildet. Der Rückgriff des Beklagten auf den Jahresbericht des Gutachterausschusses für Freizeit- und Wochenendgrundstücke ist damit verfehlt.

Eine Haftung des Klägers nach Schadensersatzgesichtspunkten hat der Beklagte nicht dargestellt.

8. Betretungs- und Besichtigungsrecht

Ein regelmäßiges, anlassloses oder jederzeitiges Besichtigungsrecht besteht für den Verpächter nicht. Routinekontrollen zur Untersuchung der Pachtflächen auf ihren Allgemeinzustand sind unzulässig. Ein Recht zur Besichtigung des Pachtgegenstands besteht nur, wenn hierfür ein besonderer Grund vorliegt. In Betracht kommen dabei vor allem Umstände, die für die Bewirtschaftung des Objekts notwendig sind. Dies kann sich beispielsweise auf die Durchführung notwendiger Arbeiten, die Gefahr eines Schadens für den Pachtgegenstand oder die Besichtigung durch einen Nachfolgepächter oder Kaufinteressenten bei bevorstehendem Pachtende beziehen. Zudem ist der Verpächter zur schonenden Rechtsausübung gehalten. Er hat seinen Informationsbedarf möglichst in einem einzigen Besichtigungstermin zu befriedigen. Dies ist verfassungsrechtlich geboten, weil bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen dem Eigentumsrecht des Pächters und im Zusammenhang damit auch sein Recht aus Art. 13 GG, in seinen Pachträumen in Ruhe gelassen zu werden, ausreichende Bedeutung beigemessen werden muss (Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 535 BGB Rn. 206; Harke in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 581 BGB Rn. 76; Kern, Pachtrecht, 2012, § 581 BGB Rn. 129).

Der Beklagte verlangt nach seinem Berufungsantrag ein regelmäßiges Besichtigungsrecht ohne konkreten Anlass. Ein solches Recht kann aus dem Pachtvertrag nicht abgeleitet werden.

Ein Besichtigungsrecht kann auch nicht aus § 809 BGB gefolgert werden. Zum einen sind die Sondervorschriften aus dem bestehenden Pachtrechtsverhältnis vorrangig (Anspruch auf Besichtigung als Nebenpflicht zum Pachtvertrag; vgl. Palandt/Sprau, BGB, 80. Auflage 2021, § 809 BGB Rn. 1, 2). Zum anderen muss gegen den Besitzer in Ansehung der Sache ein Anspruch bestehen oder wenigstens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gegeben sein. Der Anspruch aus § 809 BGB steht auch demjenigen zu, der sich erst Gewissheit verschaffen will, ob er Gläubiger eines Hauptanspruchs ist. Doch genügen nicht bloße Spekulationen über sein Bestehen, weil sonst im Ergebnis das prozessrechtliche Verbot des Ausforschungsbeweises unterlaufen würde. Sie müssen vielmehr so weit geklärt und im Streitfall also auch bewiesen sein, dass die Besichtigung der Sache eine abschließende Beurteilung erlaubt (Habersack in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 809 BGB Rn. 4-6). Einen derartigen Anspruch hat der Beklagte nicht dargestellt. Er ist der Meinung, dass ihm das Betretungsrecht zusteht, um sich Gewissheit zu verschaffen, ob ihm Ansprüche in Ansehung der Pachtfläche zustehen (Schriftsatz vom 24.05.2018, Bl. 311 f.). Damit belegt er seinen Willen zur Ausforschung. Zuletzt gewährt § 809 BGB nicht die Ausübung von allgemeinen Kontroll- und Besichtigungsrechten in den Räumen des Schuldners (Palandt/Sprau, BGB, 80. Auflage 2021, § 809 BGB Rn. 9; BGH NJW-RR 2004, 916).

Bei der Rechtsfrage ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte ausreichenden Einblick in die Verhältnisse der Kleingartenanlage gewonnen hat. Bereits im laufenden Verfahren war der Beklagte in der Lage, ausführliche Beanstandungen zu allen Kleingartenparzellen zu formulieren (u.a. Klageerwiderung vom 20.10.2016 Bl. 35 ff.; Schriftsatz vom 24.05.2018, Bl. 318 ff.). Er konnte an einem Ortstermin des Verwaltungsgerichts vom 17.10.2018 teilnehmen (Anlage K 57). Er konnte weiter wegen der Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme (§ 357 ZPO) an sämtlichen Besichtigungsterminen des Sachverständigen im Oktober 2018 mitwirken. Dabei hat er ohne Erlaubnis des Klägers und der Unterpächter Fotos angefertigt, die als Anlage K 63 vorlegt wurden. Der Beklagte ist in Besitz der umfassenden Dokumentationsunterlagen des Sachverständigen und von Luftbildern aus mindestens drei Überfliegungen des Pachtobjekts.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass ein gestuftes Pachtverhältnis vorliegt. Der Kläger kann über das Haus- und Besitzrecht der Unterpächter nicht verfügen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Der geringe Prozesserfolg der Berufung fällt nicht erheblich ins Gewicht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 41 Abs. 1, 47, 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Das Interesse an der Räumung und Herausgabe wurde mit der Jahrespacht für die gegenständliche Kleingartenanlage bewertet. Ausgehend von dem Plan Anlage B 1 errechnet sich eine Gesamtfläche von 35.505 m² (7.857 m² + 8.064 m² + 19.584 m²). Nach dem Vortrag des Beklagten beträgt der von der Stadt … festgesetzte Pachtzins für Kleingartenanlagen 0,34 € jährlich. Der Kläger hat nach dem GPV 08 35% der Pachterträge abzuführen.

Die Ansprüche wurden wie folgt bewertet:

  • Klageanträge 10.000,- € (vgl. Festsetzung erster Instanz)
  • Räumung und Herausgabe: 4.225,10 € (35.505 m² x 0,34 € x 35%)
  • Nutzungsentschädigung: 91.512,- €
  • Betretungsrecht: 4.000,- €

Über die Hilfsanträge, die als Bedingung jeweils eine erfolgreiche Kündigung voraussetzen, musste nicht entschieden werden. Eine Erhöhung des Streitwerts erfolgte damit nicht.

Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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