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Kollision bei parallelem Rechtsabbiegen

AG München – Az.: 333 C 18640/17 – Urteil vom 05.03.2018

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1025,53 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % – Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.07.2017 sowie weiterer 201,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % – Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.10.2017 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 75 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 25 %.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Schuldner kann eine Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Streitwert wird auf 4.102,13 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers aus einem Verkehrsunfall vom 20.06.2017 gegen 16:00 Uhr an der Einmündung der Landshuter Allee in die Moosacher Straße in München.

Unfallbeteiligt war das Fahrzeug des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen …, zum Unfallzeitpunkt von dem Sohn des Klägers, dem Zeugen … gefahren, sowie das weitere Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …, zum Unfallzeitpunkt von der Beklagten zu 1) gefahren und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert.

Beide Fahrzeuge befanden sich zunächst auf der zweispurigen Landshuter Allee und wollten nach rechts in die dreispurige Moosacher Straße einbiegen. Der Zeuge … befand sich mit dem Klägerfahrzeug auf der rechten Fahrspur, die Beklagte zu 1) auf der linken Spur der Landshuter Allee. Beide Fahrzeugen wollten sodann in den mittleren Fahrstreifen der Moosacher Straße einfahren, hierbei kam es zur Kollision der beiden Fahrzeuge.

Der Kläger macht geltend:

  • Fahrzeugschaden: 3.387,05 €
  • Gutachtergebühren: 690,08 €
  • Unkostenpauschale:  25, — €
  • Es ergibt sich ein Gesamtbetrag von 4.102,13 €.

Eine vorgerichtliche Regulierung der Beklagtenseite ist nicht erfolgt.

Die Klagepartei trägt u.a. vor, dass dem Klägerfahrzeug als äußerst rechts eingeordnetem Fahrzeug das Vortrittsrecht zukam.

Der Kläger beantragt: Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an den Kläger 4.102,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 26.07.2017, sowie weitere 492,54 € außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagtenseite beantragt: Klageabweisung.

Das Gericht hat Beweis erhoben in der mündlichen Verhandlung vom 05.03.2018 durch uneidliche Einvernahme des Zeugen …. Im selben Termin wurde die Beklagte zu 1) informatorisch zur Sache angehört. Auf die Sitzungsniederschrift darf verwiesen werden.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, sowie die sonstigen Aktenbestandteile.

Entscheidungsgründe

Kollision bei parallelem Rechtsabbiegen
(Symbolfoto: Bilanol/Shutterstock.com)

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner in der Hauptsache einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1025,53 € aus §§ 7, 17, 18 StVG, § 115 VVG, § 1 PflVG. Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.

Dem liegt eine Haftungsquote von 75 % zu 25 % zu Lasten der Klagepartei zugrunde.

Der vorliegende Unfallhergang ist im Wesentlichen unstreitig: Beide Fahrzeuge wollten von der zweispurigen Landshuter Allee aus nach rechts in die dreispurige Moosacher Straße abbiegen. Der Zeuge … befand sich mit dem Klägerfahrzeug auf der rechten Fahrspur, die Beklagte zu 1) auf der linken Spur der Landshuter Allee Beide Fahrzeuge wollte in den mittleren Fahrstreifen der Moosacher Straße einfahren, wobei es zur Kollision der beiden Fahrzeuge kam.

Das Gericht ist vorliegend der Auffassung, dass dem Klägerfahrzeug kein Vortrittsrecht zukam:

Zwar befand sich das Klägerfahrzeug auf der rechten Abbiegespur, jedoch wird an der Unfallstelle gerade das parallele Rechtsabbiegen angeordnet. Entsprechend dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und dem Gebot zur Spurtreue müssen die parallel eingeordneten Rechtsabbieger in ihrer Fahrspur verbleiben. Würde man hier von einem Recht zur freien Spurwahl des am weitesten rechts eingeordneten Rechtsabbiegers ausgehen, könnte die linke Rechtsabbiegespur nur erschwert zum Abbiegen genutzt werden. Dies widerspricht aber dem Sinn und Zweck der parallelen Verkehrsführung an der Unfallstelle.

Hierzu hat der BGH in seinem Urteil vom 12.12.2006 (VI ZR 7506) ausgeführt:

Dem am weitesten rechts eingeordneten Rechtsabbieger kann dann nicht stets das Vortrittsrecht zugebilligt werden, wenn paralleles Abbiegen in eine mehrspurige Straße geboten ist.

Der Massenverkehr erlaubt in solchen Fällen das Fahren in mehreren Reihen nebeneinander, ohne zu überholen oder sich stets vor dem weiter rechts Fahrenden einordnen zu müssen. An die Stelle des Rechtsfahrgebots tritt dann die Pflicht zum Spurhalten. Ziel der Möglichkeit des parallelen Abbiegens ist die Schaffung von mehr Verkehrsraum, der auch genutzt werden soll.

Der rechts eingeordnete Fahrzeugführer ist durch das Rechtsfahrgebot gehalten, beim Abbiegen die ihm mögliche rechte Position einzunehmen. Nur wenn auch der linke Fahrzeugführer besondere Sorgfalt walten lässt und den rechts neben ihm befindlichen Verkehr beobachtet, der sich seinerseits so weit wie möglich rechts zu halten hat, kann ein paralleles Abbiegemanöver zügig und gefahrlos durchgeführt werden.

Dies bedeutet, dass vorliegend der Zeuge …, der von der rechten Fahrspur der Landshuter Allee kam, auch in die rechte Fahrspur der Moosacher Straße hätte einfahren müssen. Er selbst gab an, dass er dies zunächst auch vorgehabt habe, sich dann aber kurzfristig entschloss, in die mittlere Spur einzufahren, weil die rechte Spur durch einen Bus blockiert war.

Sein Wechsel auf die mittlere Spur stellt mithin einen Spurwechsel im Sinne des § 7 Abs.5 StVO und eine Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot aus § 2 StVO dar.

Vor seinem Spurwechsel hätte er sich, entsprechend den strengen Sorgfaltspflichten des § 7 V StVO, versichern müssen, dass er die Fahrzeuge auf der mittleren Fahrspur, mithin die Beklagte zu 1), nicht gefährdet.

Dies hat er nach eigenen Angaben nicht getan, so dass die Klagepartei die überwiegende Haftung an dem Unfallereignis trifft.

Jedoch ist vorliegend die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs in Höhe von 25 % in Ansatz zu bringen.

Die Beklagte zu 1) hätte den Unfall vermeiden können, wenn sie bei ihrem Abbiegevorgang die Fahrzeuge auf der rechten Abbiegespur der Landshuter Allee beobachtet hätte. Dazu war sie, wie der BGH im oben zitierten Urteil ausgeführt hat, auch verpflichtet. Nach eigenen Angaben hat sie aber beim Abbiegen auf die Fahrzeuge auf der rechten Abbiegespur nicht mehr geachtet.

Insbesondere ist vorliegend zu sehen, dass beim Abbiegen in die ganz rechte Spur der Moosacher Straße ein enger Kurvenradius gewählt werden muss (vgl. die Lichtbilder Anlage BLD 1), so dass die Beklagte zu 1) durchaus damit rechnen musste, dass Fahrzeuge stattdessen die mittlere Spur wählen oder beim Abbiegen die mittlere Fahrspur mitbenutzen.

Der Kläger kann daher seine berechtigten Schadenspositionen zu 25 % ersetzt verlangen.

Die von dem Kläger geltend gemachten Schadenspositionen sind der Höhe nach nicht bestritten, so dass dem Kläger in der Hauptsache ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 1025,53 € zukommt.

An vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann der Kläger ersetzt verlangen eine 1,3-Geschäftsgebühr aus der berechtigten Schadensersatzforderung + Pauschale + Mehrwertsteuer, dies sind vorliegend 201,71 €.

Verzugszinsen kann der Kläger, wie von ihm beantragt und von der Beklagtenseite nicht bestritten, seit dem 26.07.2017 bzw. seit der Rechtshängigkeit der Klage geltend machen, §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert ergibt sich aus der Klageforderung ohne die Nebenforderungen.

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