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Kommanditgesellschaft – Pflicht zur Rückzahlung von Ausschüttungen

AG Schöneberg – Az.: 4 C 71/12 – Versäumnisurteil vom 19.06.2012

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Beklagte trat durch schriftliche Erklärung vom 29. Dezember 1982 der K. Baubetreuungs- & Co. Fünfte Beteiligungs KG als Kommanditist bei und leistete eine Einlage in Höhe von 100.000,00 DM. Gegenstand der Gesellschaft ist die Errichtung und Verwaltung von Wohn- und Geschäftsgebäuden im öffentlich geförderten Wohnungsbau.

Der Gesellschaftsvertrag enthielt u.a. folgende Regelungen:

§ 6 ….

5) über die Verpflichtung zur Leistung der in der Beitrittserklärungen vereinbarten Zahlungen hinaus übernimmt der Kommanditist weder gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber Dritten Verpflichtungen, Haftung oder Mithaftung, insbesondere keine Ausgleichsverpflichtungen gegenüber der persönlich haftenden Gesellschafterin oder eine Nachschusspflicht.

Derartige Verpflichtungen können auch nicht durch Gesellschafterbeschlüsse oder durch Gesellschaftsvertragsänderungen begründet werden.

Eine gleich lautende Erklärung enthielt die Beitrittserklärung des Beklagten. Für die Kommanditistin sollten ein Kapitalkonto mit der Einlage, ein Verlustvortragskonto zur Verbuchung der Verlust- und Gewinnanteile der Gesellschafter bis zum Ausgleich der Verlustanteile sowie ein Verrechnungskonto für alle übrigen Gewinne, Forderungen, Verpflichtungen, etc. eingerichtet werden.

Der Bericht der Geschäftsführung der Gesellschaft  für die Geschäftsjahre 1995/1996 enthielt eine „Gesamtschau der steuerlichen Situation“ für die Jahre 1982 bis 1995 mit einer „anrechenbaren Verlustquote in Prozent des Eigenkapitals“ in Höhe von insgesamt 263 % sowie eine „verrechenbare Verlustquote in Prozent des Eigenkapitals“ in Höhe von insgesamt 5,11 %, die auf die Jahre 1994/1995 entfielen. Nach dem Bericht für die Geschäftsjahre 2000 bis 2002 betrug die anrechenbare Verlustquote in den Jahren 1995 bis 2000 0 %, die verrechenbare Verlustquote für die Zeit ab 1994 insgesamt 23,42 %.

Der Beklagte erhielt seit seinem Beitritt zur Gesellschaft Ausschüttungen in Höhe von 6.004,06 €.

Nach dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 10. April 2008, das auf ein Bestandssicherungskonzept der T. AG Bezug nimmt, waren die bei der Bewilligung der Fördermittel angesetzten Kostenpositionen nicht ausreichend und die unterstellten Mieten höher als tatsächlich erzielt, so dass eine strukturelle Unterdeckung vorgelegen habe. Zum Ausgleich der Unterdeckung sollten bestehende Darlehen neu konditioniert und auf den günstigeren Marktzins umgestellt werden. Die Gesellschafter sollten ihren Beitrag zur Bestandssicherung durch Rückzahlung der Ausschüttungen leisten. Die sich daraus ergebenden Liquiditätseinsparungen und Ausschüttungsrückzahlungen sollten zum Ausgleich der Unterdeckung, zur verstärkten Tilgung der Darlehen und zur Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen wie Heizungseinbau, Modernisierung und Instandsetzung verwendet werden. Wenn keine Einigung über eine wirtschaftliche Sanierung – im Anschluss an das Bestandssicherungskonzept – erzielt werden könne, sei eine Insolvenz der Gesellschaft unvermeidbar.

Unter TOP 6 verständigten sich die Teilnehmer der Gesellschafterversammlung auf den Kläger als „Sanierungstreuhänder (F) zur Entgegennahme der Gesellschafterzahlungen“. Der Beschlussantrag 1 mit folgendem Inhalt:

„Die Gesellschafter zahlen die in der Vergangenheit erhaltenen Ausschüttungen in Höhe von durchschnittlich rund 22,78 % der Einlagen (Kommanditkapital und Gesellschafterdarlehen; …) zurück. Die Einzahlung erfolgt auf ein Treuhandkonto.

Der Treuhänder darf die Mittel erst dann verwenden, wenn die Voraussetzungen zur Umsetzung des Bestandssicherungskonzeptes vorliegen….“ wurde mit 3.250 Stimmen (92 %) angenommen.

Die Klägerin reicht 38 Formulare „Inkassozessionsvereinbarung“ ein, die zwischen dem 23. und 29. November 2011 von Kommanditisten der K. Baubetreuungs GmbH & Co. Fünfte Beteiligungs KG und am 22.12.2011 für die Fondgesellschaft unterschrieben worden sind. Die Vereinbarung wies unter § 1 (1) darauf hin, dass die Gesellschafter Ausschüttungen erhalten hätten, die nicht auf einem Gewinn der Fondgesellschaft beruhten, diese gemäß § 172 Abs. 4 HGB die Haftung wieder aufleben ließen und „zur Abwendung einer Krise der Fondgesellschaft an diese zurückzuzahlen“ seien. Die Fondgesellschaft sei nicht bereit, denjenigen Gesellschaftern, die ihre Ausschüttungen zurück gezahlt hätten, diese Zahlungen zurückzuerstatten. Der sich aus diesem Sachverhalt ergebende gesamtschuldnerische Innenausgleich gemäß § 326 BGB sei Gegenstand der Inkassozessionsvereinbarung. In § 2 der Vereinbarung tritt der Zedent diese Ansprüche ab und der Zessionar nimmt die Abtretung an. Eine Auskunftspflicht im Zusammenhang mit der Geltendmachung der abgetretenen Forderung sollte nur gegenüber der Fondgesellschaft bestehen, über erhaltene Beträge jedoch auch gegenüber dem Zedenten abgerechnet werden. Eine Vergütung des Zessionars sowie eventuelle Kosten einer gerichtlichen Geltendmachung sollte die Fondgesellschaft tragen. Der Kläger wurde mit der gerichtlichen Geltendmachung im eigenen Namen beauftragt.

Die Inkassozessionsvereinbarung der Eheleute P. und D. S. ist auf der Seite des Zedenten nur von einer Person unterschrieben. Der Zedent G. B. unterschrieb nicht am Ende des Dokuments, sondern am Beginn neben seinem Namen. Die Erklärung des Dr. A. S. ist als einzige auch von dem Zessionar, und zwar am 13. Dezember 2011, unterschrieben. Auf die übrigen Inkassozessionsvereinbarungen fehlt die Unterschrift des Klägers. Der Kläger gibt dazu an, dass die Originale erst nach dem 22. Dezember 2011 hätten unterzeichnet werden können, da eine Vielzahl von Verfahren Ende 2011 mit entsprechenden Ablichtungen hätten eingeleitet werden müssen.

Der Kläger macht einen Anteil von 56,258 % der an den Beklagten erfolgten Ausschüttungen geltend, entsprechend dem Prozentsatz der Summe der geleisteten Rückzahlungen im Verhältnis zur Gesamtsumme der Ausschüttungen. Der Kläger meint, der Zugang der Annahme der Abtretung an die Kommanditistin sei nicht erforderlich. Die Zedenten hätten einen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 161 Abs. 2, 110 HGB gegen die Grundstücksgesellschaft, da die zurück gezahlten Ausschüttungen – über den Umweg des Kontos des Sanierungstreuhänders – an die Gesellschaftsgläubiger geleistet worden seien. Die Rückzahlung von Ausschüttungen durch einen Kommanditisten, dessen Kapitalkonto durch Gesellschaftsvertraglich zugelassene Ausschüttungen negativ geworden sei, stelle ein Sonderopfer gemäß § 110 HGB dar, dessen Ausgleich die GESELLSCHAFT abgelehnt habe.

In der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2012, zu der der Beklagte trotz durch Zustellungsurkunde vom 02. Mai 2012 zugestellter Ladung unentschuldigt nicht erschienen ist, hat der Kläger beantragt, den Beklagten im Wege des Versäumnisurteils zu verurteilen, an den Kläger 3.377,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. März 2012 zu zahlen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 3.377,79 € gegen den Beklagten.

I.

Es ist zweifelhaft, ob der Kläger (fiduziarischer) Inhaber abgetretener Forderungen der Kommanditisten, die die Ausschüttungen zurück gezahlt haben, geworden ist. Vorgesehen ist zwischen den Parteien in der Abtretungskurkunde die Schriftform. Das ergibt sich schon daraus, dass unter dem Vertragsformular Unterschriftszeilen sowohl für die Zedenten, als auch den Zessionar vorgesehen sind. In einem Fall hat der Kläger als Zessionar die Abtretungsvereinbarung auch unterschrieben. Wann er die übrigen Vereinbarungen unterzeichnet hat, ob dies also gemäß § 147 Abs. 2 BGB noch fristgemäß erfolgt ist, hat der Kläger nicht vorgetragen.

Bedenken bestehen auch gegen die Auffassung des Klägers, ein Zugang seiner Annahmeerklärung bei den Zedenten sei gemäß § 151 BGB nicht erforderlich. Ein Verzicht auf den Zugang liegt eindeutig nicht vor. Es handelt sich auch nicht um ein für den Kläger lediglich vorteilhaftes Geschäft. Denn er wird nicht tatsächlich wirtschaftlicher Inhaber der Forderung, sondern verpflichtet sich lediglich, diese zu Gunsten Dritter, nämlich der Zedenten bzw. der Gesellschaft geltend zu machen und einzuziehen.

Zweifel bestehen weiterhin an der ausreichenden Bestimmtheit der Klageforderung, die zwar beziffert ist, für die der Kläger jedoch nicht angegeben hat, um welche der ihm abgetretenen Vielzahl von Forderungen es sich handeln soll. Der vom Kläger geltend gemachte Ausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 2 BGB ist nicht Teil einer einheitlichen Forderungsmasse, sondern steht jedem einzelnen Gesamtschuldner persönlich in einer bestimmten Höhe zu. Sie orientiert sich nicht an dem Gesamtbetrag der zurück gezahlten Ausschüttungen, sondern daran, ob der einzelne Kommanditist über den von ihm zu tragenden Anteil hinaus Leistungen erbracht hat.

II.

Den Zedenten steht ein Ausgleichsanspruch gem. 426 BGB gegen den Beklagten, den sie an den Kläger hätten abtreten können, nicht zu.

Der Kläger hat nicht ausreichend darlegen können, dass die Zedenten ein Sonderopfer i.S. von §§ 161 Abs. 2, 110 HGB erbracht haben, dass also die Rückzahlung der Ausschüttung zur Abwendung von erheblichen finanziellen Nachteilen für die Gesellschaft notwendig war. Aus den von ihm vorgelegten Berichten ergibt sich nicht, dass eine unmittelbare Gefahr für den Bestand der Gesellschaft vorlag. Das Bestandssicherungskonzept der Gesellschaft liegt dem Gericht nicht vor. Aus dem Protokoll der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 10. April 2008 ergibt sich lediglich, dass die bestehenden Darlehen „neu konditioniert und auf den aktuell günstigen Marktzins umgestellt werden sollen und die Gesellschafter ihren Beitrag zur Bestandssicherung leisten, indem sie die Ausschüttungen zurück zahlen“. Dass eine Kündigung eines oder mehrerer Darlehen drohte, ist diesen Ausführungen ist nicht zu entnehmen. Es sollten vielmehr Darlehen verstärkt getilgt und Sanierungsmaßnahmen am Objekt vorgenommen werden. Bis zum Ablauf des Förderungszeitraums im Jahr 2014 war eine Insolvenz der Gesellschaft nach dem Protokoll ohnehin ausgeschlossen. Erst für den Fall einer fehl geschlagenen Sanierung, die für die Zeit nach Ablauf der öffentlichen Förderung ins Auge gefasst war, ist von einer möglichen Insolvenz und der damit verbundenen Gefahr der Zerschlagung der Gesellschaft die Rede. Die Beschlüsse der Gesellschaft zu TOP 6 dienen allein der Umsetzung des Bestandssicherungskonzeptes für die nächsten fünf Jahre. Eine Gesellschaftskrise, wie sie dem Urteil des BGH vom 22. Juni 2005 (Az. II ZR 252/03, zitiert nach JURIS) zu Grunde liegt, war zum Zeitpunkt des Beschlusses nicht gegeben. Konkrete Zahlen etwa zum Verzug mit Darlehensraten oder anderen Forderungen von Gesellschaftsgläubigern, aus denen sich die Erforderlichkeit einer Rückzahlung der Ausschüttungen ergibt, trägt der Kläger nicht vor. Dass die Zedenten die Rückzahlung deshalb i.S. von § 110 HGB „für erforderlich halten“ durften, ist nicht ersichtlich. Auch hat der Kläger nicht angegeben, welche Gläubiger wegen welcher Forderungen damit befriedigt worden sein sollen. Nach den vorgetragenen Umständen handelt es sich eher um eine verdeckte Nachforderung auf die Kapitaleinlagen zur Finanzierung der Verbesserung des Wohnwertes und damit der Vermietbarkeit der von der Gesellschaft errichteten Gebäude.

Der Kläger hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass die Kapitaleinlage des Beklagten sich i.S. von § 172 Abs. 4 HGB unter die Haftungssumme vermindert hat. Nur unter dieser Voraussetzung wäre er zur Rückzahlung der Ausschüttungen bis zur Höhe seiner Einlage verpflichtet. Der Stand der Kapitaleinlage des Beklagten ergibt sich aus dem für ihn zu führenden Verrechnungskonto, in das Verluste und Gewinne einzusetzen sind. Wie sich aus der Entscheidung des BGH vom 20. April 2009 (Az. II ZR 88/08, zitiert nach RWS Aktuell vom 30. Juni 2009) ergibt, beurteilt sich die Frage, ob Gewinne und Verluste mit Einfluss auf die Einlage des Beklagten vorhanden waren, nach der Bilanz der Gesellschaft, die nicht nur aus den Berichten der Geschäftsführung mit Erläuterungen zur Bilanz sowie der „Gesamtschau der steuerlichen Situation“ mit anrechenbaren und verrechenbaren Verlustquoten besteht. Der Auflage, die entsprechenden Bilanzen vorzulegen, ist der Kläger nicht nachgekommen.

Zu Nachschüssen ist der Beklagte nicht verpflichtet. Die dafür erforderliche Veränderung des Gesellschaftsvertrages ist in diesem selbst auf Dauer ausgeschlossen worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

 

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