BUNDESGERICHTSHOF
Az: XII ZR 4/04
Urteil vom 15.02.2006
Vorinstanzen:
AG Bremerhaven, Az.: 150 F 73/03, Urteil vom 05.06.2003
OLG Bremen, Az.: 4 UF 34/03, Urteil vom 28.11.2003
Leitsätze:
a) Sonderbedarf als unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf liegt nur dann vor, wenn der Bedarf nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deshalb bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte (Fortführung der Senatsurteile vom 11. November 1981 – IVb ZR 608/80 – FamRZ 1982, 145 und vom 11. April 2001 – XII ZR 152/99 – FamRZ 2001, 1603).
b) Die Kosten für eine Konfirmation sind spätestens mit Beginn des Konfirmandenunterrichts absehbar und deswegen nicht überraschend i.S. von § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
In der Familiensache hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2005 für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen als Senat für Familiensachen vom 28. November 2003 aufgehoben
und das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Bremerhaven vom 5. Juni 2003 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten haben der Kläger zu 1) 7/10 und der Kläger zu 2) 3/10 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen diese
selbst.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger sind Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Sie begehren von ihrem Vater neben dem titulierten Barunterhalt Sonderbedarf. Der Kläger zu 1 verlangt Erstattung der Kosten seiner Konfirmationsfeier im Jahre 2000 in Höhe von 361 €; der Kläger zu 2 macht die Kosten einer Konfirmandenfahrt im Jahre 2001 in Höhe von 150 € geltend.
Der Beklagte hatte seine laufende Unterhaltspflicht gegenüber den Klägern durch Jugendamtsurkunden vom 30. November 1999 anerkannt; danach schuldete er jedem Kläger zuletzt bis Juni 2001 Unterhalt in Höhe von monatlich 528 DM (= 269,96 €). Mit Jugendamtsurkunden vom 17. Juli 2001 erkannte er an, den Klägern in Abänderung der früheren Urkunden ab Juli 2001 jeweils 128 % des Regelbetrages abzüglich anrechnungsfähigen Kindergeldes gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB zu schulden. Der geschuldete Tabellenbetrag belief sich auf monatlich 672 DM; nach teilweisem Abzug des hälftigen Kindergeldes zahlte er den Klägern monatlich jeweils 574 DM (= 293,48 €).
Die Kläger hatten neben den jetzt noch rechtshängigen Forderungen zunächst Erstattung diverser Beträge als Sonderbedarf begehrt. Nachdem ihnen das Oberlandesgericht, veröffentlicht in OLGR Bremen 2003, 61, in dem noch rechtshängigen Umfang Prozesskostenhilfe bewilligt hatte, haben sie in diesem Umfang Klage erhoben.
Das Amtsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er vollständige Klagabweisung begehrt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet und führt zur Abweisung der Klage.
I.
Das Berufungsgericht hat die im Zusammenhang mit den Konfirmationen der Kläger stehenden Kosten als Sonderbedarf angesehen, für den der Beklagte neben seiner laufenden Barunterhaltspflicht voll hafte. Die Vorhersehbarkeit und Planbarkeit dieser Kosten seien als formale Abgrenzungskriterien zwischen Sonderbedarf und laufendem Unterhalt ungeeignet. Damit werde nicht ausreichend berücksichtigt, dass auch bei vorausschauender Planung vom laufenden Unterhalt meist keine nennenswerten Rücklagen gebildet werden könnten, weil ohnehin der laufende Bedarf des Kindes nur knapp gedeckt sei. Dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit für den Unterhaltspflichtigen werde im Rahmen der weiteren Voraussetzungen des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB Genüge getan. Zwar träfen die Aufwendungen für eine Konfirmation den betreuenden Elternteil nicht überraschend, weil sie sich spätestens mit dem Beginn des Konfirmandenunterrichts in nicht unbeträchtlicher Höhe abzeichneten. Konkrete Angaben zur Höhe seien in diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht möglich. Auch richte sich der laufende Barunterhalt in erster Linie nicht nach der konkreten Bedarfssituation des Kindes, sondern nach der Einkommenssituation der Eltern, wenngleich dem „Gesichtspunkt des (Mindest-)Bedarfs“ mit der Regelung des § 1612 b Abs. 5 BGB in gewisser Weise Rechnung getragen sei. Für zusätzliche Ausgaben bleibe dennoch kaum Spielraum. Dieser müsse im Übrigen vorrangig für die mit dem Schulbesuch zusammenhängenden Ausgaben und die üblichen
Kosten der Freizeitgestaltung des Kindes genutzt werden. Kosten der Konfirmation, die auf das Notwendige beschränkt blieben, seien deswegen als Sonderbedarf anzusehen, für den grundsätzlich auch der zum Naturalunterhalt verpflichtete Elternteil im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit hafte. Auf die Frage, ob und ab welcher Höhe des Barunterhalts es dem Unterhaltsberechtigten zumutbar sei, monatliche Rücklagen zu bilden, komme es nicht an, weil der Beklagte lediglich Barunterhalt zahle, der nur geringfügig über dem Regelbetrag liege.
Der Unterhaltsbedarf der Kläger sei auch nicht durch die den Konfirmanden zugewendeten Geldgeschenke gedeckt, weil der Schenkende mit seiner Zuwendung nicht die Absicht verfolge, die unterhaltspflichtigen Eltern zu entlasten, und weil es dem unterhaltsberechtigten Kind auch nicht zumutbar sei, solche Geldgeschenke als Vermögensbestandteile für seinen Unterhalt einzusetzen.
II.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nicht stand.
1.
Nach § 1610 Abs. 1 BGB bestimmt sich das Maß des monatlich zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Soweit der Unterhaltsbedürftige selbst noch keine eigene Lebensstellung erlangt hat, wie dies bei minderjährigen Kindern der Fall ist, leitet sie sich von derjenigen der unterhaltspflichtigen Eltern ab. Damit bestimmt sich die Lebensstellung des minderjährigen Kindes grundsätzlich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils (Senatsurteil vom 6. Februar 2002 – XII ZR 20/00 – FamRZ 2002, 536, 537). Der nach Einkommensgruppen gestaffelte monatliche Tabellenunterhalt umfasst regelmäßig den gesamten absehbaren Lebensbedarf (§ 1610 Abs. 2 BGB). Hat das unterhaltsbedürftige Kind neben dem allgemeinen Lebensbedarf über einen längeren Zeitraum einen zusätzlichen Bedarf, z.B. für krankheitsbedingte Kosten oder den Besuch einer Privatschule, ist dieser als regelmäßiger Mehrbedarf schon bei der Bemessung des laufenden Unterhalts zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 11. April 2001 – XII ZR 152/99 – FamRZ 2001, 1603, 1604 f.; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 133 ff.).
2.
Ausnahmsweise kann der Unterhaltsberechtigte neben dem laufenden Barunterhalt – auch für die Vergangenheit – weiteren Unterhalt wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf) verlangen (§ 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Nach der Rechtsprechung des Senats muss es sich dabei um einen Bedarf handeln, der überraschend und der Höhe nach nicht abschätzbar auftritt. Unregelmäßig i.S. von § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist also nur der Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte. Wann ein in diesem Sinne unregelmäßiger Bedarf zugleich außergewöhnlich hoch ist, lässt sich hingegen nicht nach allgemein gültigen Maßstäben festlegen; vielmehr kommt es insoweit auf die Umstände des Einzelfalles an, insbesondere auf die Höhe der laufenden Unterhaltsrente und die sonstigen Einkünfte des Berechtigten, auf den Lebenszuschnitt der Beteiligten sowie auf den Anlass und den Umfang der besonderen Aufwendungen. Letztlich richtet sich die Frage, ob ein Bedarf außergewöhnlich hoch ist, danach, ob und inwieweit dem Berechtigten, wenn der Verpflichtete an sich leistungsfähig ist, bei einer Gesamtbetrachtung zugemutet werden kann, den Bedarf selbst zu bestreiten (Senatsurteile vom 11. April 2001 aaO, 1605 a.E.; vom 8. Februar 1984 – IVb ZR 52/82 – FamRZ 1984, 470, 472 unter II 2 b, bb; vom 6. Oktober 1982 – IVb ZR 307/81 – FamRZ 1983, 29, 30 und vom 11. November 1981 – IVb ZR 608/80 – FamRZ 1982, 145, 146 f.).
3.
Welche Kosten schließlich im Einzelfall Sonderbedarf bilden und ob nach diesen Maßstäben neben dem laufenden Barunterhalt auch die Kosten für eine Konfirmation als Sonderbedarf im Sinne des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB geschuldet sind, ist umstritten.
a) Teile in Rechtsprechung und Literatur sehen die Kosten einer Konfirmation oder Kommunion schon deswegen nicht als Sonderbedarf an, weil diese langfristig vorhersehbar und damit nicht unregelmäßig im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien. Unregelmäßig im Sinne des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB sei nur der Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen sei und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden könne (OLG Braunschweig OLGR 1994, 305; OLG Hamm [2. Senat für Familiensachen] FamRZ 1993, 995; OLG München OLGR 1992, 59; OLG Hamm [5. Senat für Familiensachen] FamRZ 1991, 1352; differenzierend OLG Karlsruhe [16. Senat für Familiensachen] FamRZ 1991, 1351; OLG Hamm [3. Senat für Familiensachen] FamRZ 1991, 857; OLG Hamm [6. Senat für Familiensachen] FamRZ 1991, 110; OLG Hamm [9. Senat für Familiensachen] FamRZ 1990, 556; OLG Hamm [10. Senat für Familiensachen] FamRZ 1989, 311; KG [18. Zivilsenat] FamRZ 1987, 306; OLG Stuttgart FamRZ 1982, 1114; Göppinger/Wax/Kodal Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 241 ff., 246; Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Teil IV Rdn. 132 f. und Palandt/Diederichsen BGB 65. Aufl. § 1613 Rdn. 21).
b) Demgegenüber ist die wohl überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur der Meinung, die Vorhersehbarkeit sei in solchen Fällen als einziges Abgrenzungskriterium zum monatlich geschuldeten Unterhalt und insbesondere zum Mehrbedarf nicht geeignet. Selbst wenn besondere Kosten längerfristig vorhersehbar seien, scheide ein Sonderbedarf nur dann aus, wenn der Unterhaltsberechtigte auf der Grundlage des ihm gezahlten Barunterhalts in der Lage sei, den später benötigten Betrag selbst anzusparen, und wenn ihm dieses im Hinblick auf die gesamten Verhältnisse auch zumutbar sei (OLG Schleswig FamRZ 2005, 1277; OLG Bremen OLGR 2003, 61; KG [19. Senat für Familiensachen] FamRZ 2003, 1584; OLG Köln FF 2002, 170; OLG Karlsruhe [5. Senat für Familiensachen] FamRZ 2000, 1046; OLG Dresden OLGR 2000, 96; OLG Karlsruhe [2. Senat für Familiensachen] FamRZ 1991, 1349; OLG Celle NJW-RR 1991, 201; OLG Düsseldorf FamRZ 1990, 1144; OLG Frankfurt FamRZ 1988, 100; Wendl/Scholz aaO § 6 Rdn. 3 f., 16; Weinreich/Klein Familienrecht 2. Aufl. § 1613 BGB Rdn. 51; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 280, 283; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 190 f.; Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. Rdn. 3051 f.; Eschenbruch/Wohlgemuth Der Unterhaltsprozess 3. Aufl. Rdn. 3044, 3046; Johannsen/Henrich/Graba Eherecht 4. Aufl. § 1613 BGB Rdn. 11 f. und Scholz/Stein Praxishandbuch Familienrecht Stand: September 2005 Teil K Rdn. 202, 210).
Von den Vertretern dieser Auffassung wird teilweise schon die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für einen Sonderbedarf geforderte Voraussetzung eines überraschend eingetretenen zusätzlichen Bedarfs in Frage gestellt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sei lediglich ein unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf erforderlich; eine weitere Voraussetzung, wonach der Bedarf nicht mit Wahrscheinlichkeit voraussehbar sein dürfe und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden könne, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen (OLG Karlsruhe FamRZ 1997, 967, 968; Eschenbruch/Wohlgemuth aaO Rdn. 3044).
Überwiegend wird insoweit allerdings die Auffassung vertreten, die in der Rechtsprechung des Senats verlangte fehlende Voraussehbarkeit des zusätzlichen Bedarfs könne nicht unabhängig von dem Zweck dieses Kriteriums beurteilt werden. Denn die Vorhersehbarkeit solle in Ausfüllung des Begriffes „unregelmäßiger Bedarf“ verhindern, dass als Sonderbedarf ein Betrag anerkannt werde, der bereits bei der Bemessung des laufenden Unterhalts hätte Berücksichtigung
finden können. Das sei aber nur dann der Fall, wenn Unterhalt in einem Umfang gezahlt werde, der die Bildung einer Rücklage über einen längeren Zeitraum ermögliche, um die – absehbaren – Kosten etwa einer Konfirmation abzudecken (OLG Schleswig FamRZ 2005, 1277; Wendl/Scholz aaO Rdn. 3 f.).
c) Der Senat schließt sich der zuerst genannten Auffassung an. Ein Anspruch auf Sonderbedarf scheidet schon dann aus, wenn die zusätzlichen Kosten mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen waren und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente – ggf. als Mehrbedarf – berücksichtigt werden konnten.
§ 1613 Abs. 1 BGB räumt dem Schutz des Schuldners vor Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht mehr rechnen musste, Vorrang vor den Interessen des Unterhaltsgläubigers ein, der seinen Bedarf vorausschauend kalkulieren kann (Göppinger/Wax/Kodal aaO Rdn. 241). Für die Vergangenheit kann der Unterhaltsberechtigte deswegen regelmäßig nur von dem Zeitpunkt an Unterhalt verlangen, in welchem der Unterhaltsverpflichtete zur Auskunft über seine Vermögensverhältnisse aufgefordert war oder er sich im Zahlungsverzug befand. Ohne diese Einschränkung kann der Unterhaltsberechtigte rückwirkend für die Dauer eines Jahres lediglich Erfüllung wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs verlangen (§ 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Nach dem Sinn der gesetzlichen Regelung gewinnt in solchen Fällen das Interesse des Unterhaltsgläubigers Vorrang vor dem Vertrauen des Unterhaltsschuldners, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Denn der Gläubiger kann einen solchen unregelmäßig auftretenden Bedarf nicht vorausschauend kalkulieren und – wie den laufenden Unterhalt oder seinen Anspruch auf Auskunftserteilung – frühzeitig geltend machen. Der Senat hält deswegen daran fest, dass unregelmäßig im Sinne des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB nur der Bedarf ist, der nicht mit Wahrscheinlichkeit voraussehbar war und deswegen bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte (Senatsurteile vom 11. April 2001 aaO; vom 9. Februar 1994 aaO; vom 6. Oktober 1982 aaO und vom 11. November 1981 aaO; vgl. auch BT-Drucks. V/2370 S. 42).
Der gesetzlich nur unter engen Voraussetzungen geschuldete Sonderbedarf kann von dem regelmäßig geschuldeten Barbedarf, einschließlich eines eventuellen Mehrbedarfs, auch nicht nach den Einkommensverhältnissen im Einzelfall abgegrenzt werden. Soweit die Gegenmeinung auch einen langfristig absehbaren zusätzlichen Bedarf als Sonderbedarf einstuft, sofern der Unterhaltsgläubiger nicht in der Lage ist, die betreffenden Kosten von seinen laufenden Einkünften abzudecken, überzeugt dieses nicht. Denn neben dem monatlich geschuldeten Barunterhalt (§ 1612 Abs. 1 und 3 BGB), der regelmäßig den gesamten Lebensbedarf umfasst (§ 1610 Abs. 2 BGB), steht dem Unterhaltsgläubiger nur ausnahmsweise ein weitergehender Anspruch wegen eines unregelmäßigen und nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehenden außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf) zu (Weinreich/Klein aaO § 1613 Rdn. 52).
Das ergibt sich aus dem Sinn der gesetzlichen Regelung, die sich darauf beschränkt, eine rückwirkende Geltendmachung eines überraschend entstandenen außergewöhnlich hohen Bedarfs zu ermöglichen. Selbst ein außergewöhnlich hoher Bedarf steht dem Unterhaltsgläubiger deswegen neben dem laufenden Unterhalt dann nicht als Sonderbedarf zu, wenn er mit Wahrscheinlichkeit voraussehbar war und der Gläubiger sich deswegen darauf einstellen konnte (Senatsurteil vom 11. November 1981 aaO, 146). Das ist dem Unterhaltsgläubiger bei einem voraussehbaren Bedarf aber stets möglich.
Handelt es sich nicht um außergewöhnlich hohe Kosten, scheidet ein zusätzlich geschuldeter Sonderbedarf schon deswegen aus. Übersteigt der zusätzliche Bedarf hingegen diese Grenze, ist der Unterhaltsgläubiger zunächst gehalten, diesen durch Bildung von Rücklagen aus seinem laufenden Unterhalt zu decken. Selbst wenn die laufenden Unterhaltsleistungen eine solche Rücklage ausnahmsweise nicht ermöglichen, etwa weil sie nur den notwendigen Lebensbedarf abdecken, kann dieses den Charakter des zusätzlich aufgetretenen Bedarfs als langfristig absehbarer Unterhaltsbedarf nicht ändern. Auch in solchen Fällen kann der Unterhaltsberechtigte den mit Wahrscheinlichkeit voraussehbaren zusätzlichen Bedarf also nicht als Sonderbedarf verlangen (Senatsurteil vom 11. April 2001 aaO, 1604 f.; vgl. auch Wendl/Scholz aaO § 2 Rdn. 133 ff., 317 ff.).
4.
Die Kosten des Klägers zu 1 für seine Konfirmation im Jahre 2000 und die Kosten des Klägers zu 2 für dessen Konfirmandenfahrt im Jahre 2001 bilden deswegen jedenfalls keinen Sonderbedarf nach § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Diese Kosten sind nicht überraschend entstanden, sondern waren spätestens mit dem Beginn des Konfirmandenunterrichts absehbar.
Letztlich kommt es deswegen nicht darauf an, ob die Kosten der Konfirmandenfahrt des Klägers zu 2 im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien überhaupt einen außergewöhnlich hohen Bedarf darstellen. Ebenfalls dahinstehen kann, ob der Beklagte einen Sonderbedarf allein schulden würde oder ob er – vorbehaltlich der Leistungsfähigkeit der die Kläger betreuenden Mutter (Senatsurteil vom 12. November 2003 – XII ZR 111/01 – FamRZ 2004, 364) – dafür nur anteilig haftet (vgl. Wendl/Scholz aaO § 6 Rdn. 13; Scholz/Stein aaO Teil K Rdn. 206; Göppinger/Wax/Kodal aaO Rdn. 259, 1547).
Weil die mit der Klage verfolgten Ansprüche keinen Sonderbedarf im Sinne des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB bilden, sind sie nach § 1610 Abs. 2 BGB vom laufenden Unterhalt abgedeckt. Die Klage war deswegen insgesamt abzuweisen.