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Konfliktsituation am Arbeitsplatz – Schadensersatz wegen Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht

LG Tübingen, Az.: 7 O 486/13, Urteil vom 19.11.2015

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: bis 80.000 €

Tatbestand

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten u. a. Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche geltend.

Mit Ernennungsurkunde vom 1.03.1988 wurde der Kläger zum bischöflichen Finanzoberinspektor bei der Beklagten ernannt. Zum 1.04.1995 erfolgte die Beförderung des Klägers zum Amtsrat. Er war zuletzt als Sachgebietsleiter für Datenbanken und Anwendungen in der IT-Abteilung eingesetzt. Seit 1.02.2013 ist er in den Ruhestand versetzt.

Am Wochenende vom 10.07.-12.07.2009 kam es an der zentralen Firewall des Netzwerks der Beklagten zu Ausfällen. Grund dieser Ausfälle war der unberechtigte Einsatz eines Portscanners vom Dienst-PC des Klägers. Nachdem am 13.07.2009 das Verbindungskabel des Dienst-PC des Klägers vom Netzwerk ausgesteckt wurde, beruhigte sich die Firewall. Am 17.07.2009 wurde der Dienst-PC des Klägers von dem Leiter der IT-Abteilung … vom Arbeitsplatz des Klägers erlernt und in Verwahrung genommen.

Konfliktsituation am Arbeitsplatz - Schadensersatz wegen Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht
Symbolfoto: Von fizkes /Shutterstock.com

Mit Schreiben vom 23.07.2009 (Anlage K1, Blatt 37 der Akten) wurde der Kläger wegen des Vorwurfs, er habe den unberechtigten Portscan ausgeführt bzw. ausführen lassen, von seinen Aufgaben freigestellt, die Nutzung seines Dienst-PC sowie das Betreten der Räume der Beklagten wurden ihm untersagt. Er musste den Schlüssel zur Schließanlage sowie sein Diensthandy abgeben. In den darauffolgenden elf Monaten war der Kläger aufgrund einer psychischen Erkrankung dienstunfähig.

Nachdem sich der Dienst-PC des Klägers bei Herrn … Verwahrung befunden hatte und die Festplatten ausgebaut worden waren, wurden die Festplatten der externen Firma … zur Auswertung übergeben. Diese erstattete am 18.08.2009 ein Gutachten. Wegen des Inhalts wird auf die forensische Sicherung und Untersuchung eines Mitarbeiter PC vom 18.08.2009 (Anlage K3/1, Blatt 135 ff der Akten) Bezug genommen.

Am 27.07.2009 erfolgte die Aufnahme von Vorermittlungen zur Prüfung eines förmlichen Disziplinarverfahrens durch den Diözesanverwaltungsrat.

Mit Schreiben des damaligen Klägervertreters vom 30.07.2009 legte der Kläger Widerspruch gegen die Maßnahme vom 23.07.2009 ein (Anlage B2, Blatt 354 der Akten). Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 4.08.2009 (Anlage B3, Blatt 357 der Akten) und weigerte sich die Maßnahmen vom 23.07.2009 zurück zu nehmen.

Der Kläger vertreten durch seine damaligen Prozessbevollmächtigten beantragte beim Verwaltungsgericht Sigmaringen (2 K 1870/09) mit Schriftsatz vom 10.08.2009 den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Beschäftigung (Anlage B 4, Blatt 359 ff der Akten). Die Beklagte erwiderte darauf mit Schriftsatz vom 17.08.2009 (Anlage B5, Blatt 364 ff der Akten).

Nachdem der Beklagten das Gutachten der Firma … vom 18.08.2009 (Anlage K3/1, Blatt 135 ff der Akten) vorlag, erstellte der Leiter der IT-Abteilung der Beklagten … eine interne Stellungnahme am 20.08.2009 (Anlage K2a, Blatt 41 ff der Akten). Weiler erfolgte eine Prüfung der Strafbarkeit durch Frau … (Anlage K2b, Blatt 49 ff der Akten).

Mit Schriftsatz vom 9.10.2009 referierte die Beklagte gegenüber dem Verwaltungsgericht Sigmaringen u. a. den Inhalt des Gutachtens vom 18.08.2009 (Anlage B6, Blatt 372 ff der Akten). Sie erklärte auch, dass sie den Kläger wieder beschäftigten würde, sobald seine Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt sein sollte (Blatt 376 der Akten).

Die Beklagte versandte an den Kläger mit Schreiben vom 16.10.2009 (Anlage K2, Blatt 39 der Akten) das Gutachten der Firma … vom 18.08.2009 (Anlage K3/1, Blatt 135 ff der Akten), die interne Stellungnahme vom 20.08.2009 (Anlage K2a, Blatt 41 ff der Akten) und die Prüfung der Strafbarkeit durch Frau … (Anlage K2b, Blatt 49 ff der Akten) und forderte den Kläger auf, sich bis 28.10.2009 schriftlich zu äußern.

Mit Schriftsatz vom 22.10.2009 erklärte der Kläger gegenüber dem Verwaltungsgericht Sigmaringen den Rechtsstreit im Hinblick auf die Beschäftigungsbereitschaft der Beklagten (Anlage B6, Blatt 372, 376 der Akten) für erledigt (Anlage B7, Blatt 377 der Akten).

Der Kläger teilte mit Schreiben vom 24.10.2009 der Beklagten mit, dass er zu den erhobenen Vorwürfe und Beschuldigungen Stellung nehmen werde (Anlage B14, Blatt 408 der Akten).

Mit Email vom 8.03.2010 nahm der Kläger gegenüber der Beklagten zu den Vorwürfen Stellung (Anlage K3, 3a, Blatt 53 ff der Akten). Die Beklagte sagte mit Email vom 9.03.2010 zu, die Mail-Nachricht des Klägers durchzusehen und zu prüfen (Anlage K3, Blatt 53 der Akten).

Am 05.07.2010 wurde amtsärztlich festgestellt, dass der Kläger eine Dienstfähigkeit von 75% besitzt und binnen 3 Monaten 100% erreichbar seien. Zudem wurden Wiedereingliederungsmaßnahmen empfohlen.

Mit Schreiben vom 29.07.2010 hat die Beklagte den Kläger u. a. darauf hingewiesen, dass die E-Mail vom 8.03.2010 nicht als rechtlich erhebliche Stellungnahme akzeptiert werden könne und forderte den Kläger auf, eine Stellungnahme in Papierform, von dem Kläger handschriftlich unterzeichnet, bis 16.08.2010 einzureichen. Weiter wurde dem Kläger der Einsatz im Bereich des Kirchlichen Meldewesens ab 17.08.2010 angekündigt und festgehalten, dass eine Weiterbeschäftigung an einem PC-Arbeitsplatz, der Zugang zum BO-Netzwerk hat, nur bei einer diesbezüglichen lückenlosen Protokollierung der Arbeitsschritte des Klägers möglich sei. Wegen des weiteren Inhalts wird auf das Schreiben vom 29.07.2010 (Anlage K4, Blatt 68 der Akten) Bezug genommen.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 4.08.2010 Widerspruch gegen die Verfügung vom 29.07.2010 ein und verweigerte die Zustimmung zu jedweder Überwachung. Auch verweigerte er eine schriftliche Stellungnahme zu den Vorwürfen und verwies diesbezüglich auf seine E-Mail vom 8.03.2010 (Anlage B18, Blatt 420 der Akten).

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 22.10.2010 (2 K 1870/09) wurden dem Kläger nach beidseitiger Erledigungserklärung die Kosten des Verfahrens auferlegt (Anlage B1, Blatt 202 ff der Akten).

Die Beklagte informierte den Kläger mit Schreiben vom 4.11.2010 über die beabsichtigte befristete Zuweisung hinsichtlich eines Projektes „Atlas des Katholischen Württemberg“. Der Kläger wurde gebeten, zu einem Besprechungstermin am 15.11.2010 zu erscheinen. Weiter wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass ein Zugang zum diözesanen und kurialen IT-Netzwerk nur bei geeigneten Kontroll- und Protokollierungsmaßnahmen zugelassen werde. Zum weiteren Inhalt wird auf die Anlage K5 (Blatt 72 ff der Akten) verwiesen. Der Kläger legte gegen dieses Schreiben am 11.11.2010 Widerspruch ein (Anlage B20, Blatt 425 der Akten). Die Beklagte reagierte mit Schreiben vom 11.11.2010 (Anlage B21, Blatt 427 der Akten). Mit Schriftsatz der Klägervertreter vom 14.12.2010 wurde u. a. der Widerspruch vom 11.11.2010 begründet und die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Zum weiteren Inhalt wird auf den Schriftsatz vom 14.12.2010 (Anlage K6, Blatt 76 ff der Akten) Bezug genommen.

Am 29.03.2011 wurde der Kläger von der Beklagten aufgefordert, schnellstmöglich eine stationäre Behandlung aufzunehmen. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 10.05.2011. Mit Schreiben vom 15.07.2011 wurde der Kläger erneut von der Beklagten aufgefordert, schnellstmöglich eine stationäre Behandlung aufzunehmen. Die Klägervertreter legte dagegen mit Schriftsatz vom 22.07.2011 Widerspruch ein (Anlage K18, Blatt 467 der Akten), die Beklagte reagierte mit Schreiben vom 5.09.2011 (Anlage K7, Blatt 100 der Akten).

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Das Landratsamt Tübingen stellte im August 2012 die Dienstunfähigkeit des Kläger aus gesundheitlichen Gründen fest (Anlage K9, Blatt 106 der Akten).

Die Beklagte zeigte dem Kläger mit Schreiben vom 25.09.2012 an, dass sie beabsichtige, ihn zum 1.11.2012 in den Ruhestand zu versetzen (Anlage K10, Blatt 107 der Akten). Die Klägervertreter reagierten darauf mit Schriftsatz vom 24.10.2012 (Anlage K19, Blatt 470 der Akten).

Mit Bescheid vom 26.10.2012 wurde der Kläger seitens der Beklagten mit Ablauf des 31.10.2012 in den Ruhestand versetzt (Anlage K11, Blatt 109 der Akten). Dieser Bescheid wurde jedoch von der Beklagten zurückgenommen. Mit Bescheid vom 2.01.2013 wurde der Kläger seitens der Beklagten mit Ablauf des 31.01.2013 in den Ruhestand versetzt (Anlage K12, Blatt 117 der Akten). Die Klägervertreter legten dagegen Widerspruch ein und begründete ihn mit Schriftsatz vom 28.02.2013 (Anlage K20, Blatt 473 der Akten). Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2013 zurückgewiesen (Anlage K21, Blatt 479 der Akten). Der Kläger legte dagegen kein Rechtsmittel ein.

Am 24.06.2013 erging gegen den Kläger eine Disziplinarverfügung, in welcher die Beklagte eine Warnung aussprach (Anlage K8, Blatt 103 der Akten). Nachdem der Kläger gegen die Disziplinarverfügung am 27.06.2013 Beschwerde eingelegt hatte, wurde aufgrund des Hinweises des Kirchlichen Disziplinargerichts vom 4.12.2013 (Anlage K16, Blatt 244 der Akten) die Disziplinarverfügung mit Schreiben vom 11.02.2014 zurückgenommen.

Die von dem Kläger der Höhe nach geltend gemachten Ansprüche ergeben sich aus den von ihm gestellten Anträgen.

Der Kläger trägt u. a. vor, die Beklagte habe es unterlassen in der Angelegenheit ordnungsgemäß zu ermitteln. Der Dienstherr habe eine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts die vom Umfang sowohl die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, die Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Betroffenen, sowie die Ermittlungen in angemessener Zeit zu Ende zu führen, umfasse. Gegen diese Pflicht habe die Beklagte in mehrfacher Hinsicht verstoßen. Zum einen habe sie sich nicht mit der Stellungnahme der Klägerin vom 08.03.2010 auseinandergesetzt und habe zudem auch viel zu spät den Hinweis gegeben, dass eine Stellungnahme per Email als „rechtlich nicht erheblich“ angesehen werde. Auf die anwaltliche Stellungnahme vom 14.12.2010, in der sich der Kläger dezidiert mit den einzelnen Vorwürfen auseinandersetzt, sei überhaupt keine Reaktion erfolgt. Es habe nie eine objektive Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Klägers statt gefunden. Die Pflichtverletzung liege nicht nur in der mangelnden Objektivität des Ermittlungsverfahrens, sondern auch in der langen Verfahrensdauer. Dies stelle eine Amtspflichtverletzung, respektive einer Fürsorgepflichtverletzung, dar.

Die Anordnung von Kontroll- und Protokollierungsmaßnahmen stelle einen nicht gerechtfertigten und schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dar. Diese Anordnung vom 04.11.2010 sei zudem kausal für die Wiederkehr und das fortwährende Bestehen der Krankheit.

Eine Gesamtschau vieler einzelner Verhaltensweisen ergebe zudem eine systematische Ausgrenzung des Klägers, im Sinne des allgemeinen „Mobbing“ -Begriffs. Diese Gesamtschau der Dinge, stelle des Weiteren eine gesonderte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar.

Schon am 12.02.2009 habe der Justiziar der Besagter … dem Kläger gegenüber geäußert:

er- der Justiziar – „lässt sich (vom Kläger) nicht seine Mitarbeiter fertig machen“ und würde den Kläger „irgendwohin versetzen, wo er (der Kläger) mit keinen Mitarbeitern mehr zu tun hätte“.

Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass damals das Schreiben vom 9.08.2010 (Anlage B19, Blatt 422 der Akten) verfasst worden sei. Der Kläger habe dieses Schreiben nie erhalten.

Schon aufgrund der Behandlung im Juli 2009 als faktisch Krimineller, sei der Kläger psychisch schwer erkrankt und sei in den folgenden elf Monaten dienstunfähig gewesen. Die spätere Anordnung der Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen sowie die Ignorierung seines Vortrages habe beim Kläger einen starken gesundheitlichen Rückfall bzw. einen starken Wiedereintritt seiner psychischen Erkrankung bewirkt und habe dazu geführt, dass er erneut dienstunfähig geworden sei.

Die Voraussetzungen des § 839 Abs. 3 BGB würden nicht vorliegen.

Der Kläger ist der Meinung, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig sei.

Der Kläger beantragt:

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.08.2013 zu zahlen, wobei der genaue Betrag des Schmerzensgeldes in das Ermessen des Gerichts gestellt wird und hierbei von einem Betrag nicht unter 30.000 Euro ausgegangen werden soll.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.184,69 Euro brutto (als Differenz zwischen den Versorgungsbezügen der Monate Februar bis Dezember 2013 und dem damaligen Regelbruttoverdienst) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils aus 2.016,79 Euro ab dem 01.02.2013, 01.03.2013, 01.04.2013, 01.05.2013, 01.06.2013, 01.07.2013, 01.08.2013, 01.09.2013, 01.10.2013, 01.11.2013, sowie 01.12.2013 zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle entstandenen, aber noch nicht bezifferbaren, und zukünftig entstehenden materiellen Schäden zu ersetzen, die

a) aus dem Unterlassen der Durchführung ordnungsgemäßer objektiver Ermittlungen über die im Schreiben der Kanzlei … vom 14.12.2010 (Anlage K 6) unter Ziffer II Nr. 1 bis Nr. 9 aufgeführten Anschuldigungen gegen den Kläger,

b) sowie aufgrund der Anordnung von Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen gegenüber dem Kläger mit Verfügung der Beklagten vom 04.11.2010 (Anlage K5), resultieren, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger, den Kommunalen Versorgungsverband und/oder andere Dritte übergegangen sind;

insbesondere zu ersetzen ist insoweit die zukünftig (ab dem 01.04.2014) entstehende Brutto-Einkommensdifferenz, welche aus der Versetzung des Klägers in den (vorzeitigen) Ruhestand lt. Verfügung vom 02.01.2013 und die dadurch bedingte Minderung seiner Dienst- bzw. Versorgungsansprüche herrührt und auf der in a) und b) genannten Verletzungshandlung beruht;

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche zukünftig entstehenden immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus einer heute nicht absehbaren Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers folgen und die auf den in obiger Ziffer 2 a) und b) aufgeführten Versetzungshandlungen beruhen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger und/oder andere Dritte übergegangen sind;

5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 598,21 Euro (nicht anrechenbarer Teil der außergerichtlichen Anwaltskosten) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.08.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt u. a. vor, ein „Mobbing“ liege nicht vor und sei auch nicht schlüssig vorgetragen. Der Vortrag des Klägers hinsichtlich der Äußerungen des Justiziars der Beklagten am 12.02.2009 sei unzutreffend.

Amtspflichtverletzungen der Beklagten würden nicht vorliegen. Die Vorgehensweise der Besagten sei nicht zu beanstanden.

Auch ein Kausalzusammenhang zwischen den angeblichen Pflichtverletzungen der Beklagten und der Erkrankung des Klägers sei nicht gegeben.

Ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung scheitere zudem auch an der Regelung des § 839 Abs. 3 BGB. Der Kläger habe es unterlassen ein Rechtsmittel gegen das beanstandete Verhalten der Beklagten einzulegen.

Die Beklagte ist der Meinung, der Zivilrechtsweg sei nicht eröffnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 17.09.2014 wurde festgestellt, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig ist (Blatt 285 bis 287 der Akten). Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 25.11.2014 (Blatt 315 bis 325 der Akten) die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss vom 17.09.2014 zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Das Landgericht Tübingen ist zuständig, da (auch) der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zulässig ist (Beschluss vom 17.09.2014, Blatt 285 bis 287 der Akten und Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25.11.2014, Blatt 315 bis 325 der Akten).

II.

Die Klage ist unbegründet.

Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte gemäß § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG bestehen nicht.

1)

Eine Amtspflichtverletzung liegt nicht vor.

Die Bejahung einer Amtspflichtverletzung käme möglicherweise dann in Betracht, wenn die Reaktion der Beklagten auf die Stellungnahme des Klägers vom 8.03.2010, die Anordnung vom 4.11.2010 und die Reaktion auf die Begründung des Widerspruchs vom 14.12.2010 eine Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht darstellen würden (siehe auch OLG Stuttgart, VersR 2004, 786 zu der Möglichkeit der Haftung für eine durch eine Amtspflichtverletzung verursachte Gesundheitsbeschädigung). Dies ist nicht der Fall. Die weiteren Beanstandungen des Klägers können offensichtlich keine Ansprüche begründen.

a)

Die Reaktion der Beklagten auf die E-Mail des Klägers vom 8.03.2010 war vertretbar. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger dienstunfähig und das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen war noch nicht endgültig beendet, so dass eine konkrete Reaktion zunächst nicht veranlasst war. Nachdem sich die Genesung des Klägers abzeichnete, wurde er von der Beklagten mit Schreiben vom 29.07.2010 aufgefordert, seine Stellungnahme schriftlich an die Beklagte einzureichen, wobei auf die nicht sichere Authentifizierung und auf den nicht ausreichenden Beweiswert von E-Mails hingewiesen wurde. In seinem Widerspruchsschreiben vom 4.08.2010 (Anlage B18, Blatt 420 der Akten) weigerte sich der Kläger seine Stellungnahme schriftlich der Beklagten zur Verfügung zustellen. Auch auf die erneute Aufforderung der Beklagten vom 9.08.2010 (Anlage B19, Blatt 422 der Akten), die Stellungnahme in schriftlicher Form einzureichen, erfolgt keine Reaktion des Klägers. Zwar hat der Kläger bestritten, dass dieses Schreiben am 9.08.2010 erstellt wurde, einen diesbezüglichen Beweis hat er jedoch nicht angetreten. Er ist jedoch für das Vorhandensein einer Amtspflichtverletzung beweisbelastet. Er hätte ohne Weiteres den angegebenen Verfasser des Schreibens … als Zeugen benennen können.

Auch wenn man das Schreiben vom 9.08.2010 unberücksichtigt läßt, bleibt die Tatsache, dass der Kläger trotz ausdrücklicher Aufforderung seitens der Beklagten, sich geweigert hat, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Die diesbezügliche Aufforderung der Beklagten war auch nicht schikanös, da tatsächlich ein rechtlicher Unterschied zwischen E-Mails und handschriftlich unterzeichneten Schreiben besteht.

Schon deshalb war die folgende Nichtreaktion vertretbar.

Auch wenn man davon ausgeht, dass die E-Mail-Stellungnahme ausreichend war, ist die folgende Vorgehensweise vertretbar.

Denkbar wäre gewesen, eine weitere gutachterliche Stellungnahme zu den Einwendungen des Klägers einzuholen. Dazu war jedoch die Beklagte nicht verpflichtet gewesen. Nach dem eingeholten Gutachten stand fest, dass von dem PC des Klägers der Portscan ausgegangen war. Wenn der Kläger vorgetragen hat, dass Dritte über seinen PC dies verursacht hätten, könnte ein Gutachten einen theoretisch möglichen Drittmissbrauch herausarbeiten. Es verbliebe jedoch auch dann ein dringender Verdacht gegen den Kläger. Bei dem betroffenen äußerst sensiblen Bereich musste jedes Risiko ausgeschlossen werden, so dass die Anordnung der überwachten Arbeit des Klägers vom 4.11.2010 rechtmäßig war, ohne dass weitere Ermittlungen stattgefunden haben. Auch auf das Schreiben vom 14.12.2010 waren dann keine weiteren Maßnahmen veranlasst.

b)

Sollte man in der fehlenden konkreten Reaktion der Beklagten auf die E-Mail-Stellungnahme des Klägers vom 8.03.2010 und in der weiteren Vorgehensweise der Beklagten keine rechtmäßige Handhabe sehen, liegt trotzdem keine haftungsbegründende Amtspflichtverletzung vor. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen sind grundsätzlich nicht geeignet, die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vertragspflichtverletzung oder einer unerlaubten Handlung zu erfüllen (BAG, NZA 2009, 38). Ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers oder eine Gesundheitsverletzung kann dann nicht vorliegen, wenn für die den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen (BAG, MDR 2007, 1380). Diese Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts für das Arbeitsverhältnis müssen auch im Rahmen eines Dienstverhältnisses Berücksichtigung finden. Wenn im Rahmen der Bearbeitung eines Vorganges, welcher äußerst sensible und wichtige Bereiche der Beklagten betroffen hat, die Fürsorgepflicht teilweise leicht verletzt worden sein sollte, führt das nicht zu einer haftungsbegründenden Amtspflichtverletzung.

2)

Somit ist eine Anspruch des Klägers gegen die Beklagte nicht gegeben.

Sollte eine haftungsbegründende Amtspflichtverletzung vorliegen und sollte der Vortrag des Klägers zutreffen, dass seine Erkrankung durch diese Amtspflichtverletzung verursacht worden sei, so wäre der diesbezügliche adäquate Kausalzusammenhang zu prüfen. Ein solcher adäquater Zusammenhang besteht, wenn die Amtspflichtverletzung im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen oder nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung des Schadens geeignet war. Eine Ersatzpflicht ist danach ausgeschlossen, wenn die neurotische Fehlhaltung in einem groben Missverhältnis zum schädigenden Ereignis steht, sie also Ausdruck einer offensichtlich unangemessenen Erlebnisverarbeitung ist (OLG Stuttgart, VersR 2004, 786). Da jedoch eine haftungsbegründende Amtspflichtverletzung verneint wurde (siehe oben 1)), muss diese Prüfung nicht erfolgen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO und die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

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