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Kontokorrentkredit – Verjährungsbeginn und Verjährungshemmung für Rückgewähransprüche

LG Frankfurt – Az.: 2/18 O 211/18 – Urteil vom 11.01.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zinsanpassungen, die die Beklagte als Darlehensgeberin im Rahmen eines als Kontokorrent geführten Kreditverhältnisses vorgenommen hat.

Mit Vertrag vom 30.10.2007 gewährte die Beklagte der Klägerin eine unbefristete Kreditlinie über EUR 1,5 Mio. wobei eine gestaffelte Verzinsung in Abhängigkeit von der jeweiligen Höhe der beanspruchten Kreditsumme vereinbart wurde. Unter Ziffer 5.1.2 der besonderen Darlehensbedingungen fand sich folgende Klausel zur Anpassung der Zinsen an die Entwicklung des Geld- und Kapitalmarktes:

„Die Bank ist berechtigt, den vereinbarten Zinssatz unter Berücksichtigung der Veränderungen ihrer Refinanzierungsmöglichkeiten am Geld- und Kapitalmarkt jeweils in angemessener Weise zu erhöhen; sie wird den Zinssatz bei veränderten Refinanzierungsmöglichkeiten zu Gunsten des Darlehensnehmers entsprechend senken.“

Zum weiteren Inhalt des Vertrages vom 30.10.2007 wird auf den als Anlage 1 zum als Anlage K 1 vorgelegten privaten Sachverständigengutachten beigefügten Vertragstext Bezug genommen. Der Kredit wurde über ein Konto als laufendes Kontokorrent geführt. In der Folgezeit passte die Beklagte ab Oktober 2008 die Zinsen für die jeweils in Anspruch genommene Kreditlinie mehrfach einseitig an. Zu den Anpassungen im Einzelnen wird auf das „Zinsjournal“ in Anlage 2 zum vorgelegten Gutachten (Anlage K 1) Bezug genommen.

Nachdem der Kreditrahmen durch zwei Nachträge aus August 2010 und April 2011 auf letztlich EUR 992.500,00 reduziert wurde, vereinbarten die Parteien mit weiterem Vertrag vom 18.11.2014 unter anderem eine Erhöhung des Kreditrahmens auf EUR 2,5 Mio. sowie die Aufnahme weiterer Gesellschaften als zur Inanspruchnahme der Kreditlinie Berechtigte. Im Vertrag vom 18.11.2014 fand sich in Ziffer 2.2 der besonderen Kreditbedingungen wiederum folgende Zinsanpassungsklausel:

„Erhöht sich der letzte veröffentlichte Monatsdurchschnittssatz für EURIBOR-Dreimonatsgeld gegenüber dem im Vormonat der letzten Zinsanpassung bzw. Zinsvereinbarung ermittelten Monatsdurchschnittssatz um mehr als 0,25 Prozentpunkte, so ist die Bank berechtigt, den Vertragszinssatz entsprechend der Veränderung des Monatsdurchschnittssatzes anzuheben. Die Bank wird den Vertragszinssatz entsprechend senken, wenn sich der Monatsdurchschnittssatz für EURIBOR-Dreimonatsgeld um mehr als 0,25 Prozentpunkte ermäßigt hat.“

Zum weiteren Inhalt des Vertrages vom 18.11.2014 wird auf den als Anlage 1 zum als Anlage K 1 vorgelegten privaten Sachverständigengutachten beigefügten Vertragstext Bezug genommen.

Im Februar 2018 beauftragte die Klägerin einen Kreditsachverständigen mit der Neuberechnung der Ansprüche aus dem Kontokorrentverhältnis für den Zeitraum 02.01.2009 bis 30.12.2017. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass der Klägerin wegen fehlerhafter Kontoführung und überhöhter Zinsberechnung Ansprüche in Höhe von insgesamt EUR 311.145,90 zustünden. Hierzu errechnete der Kreditsachverständige als Referenz die jeweils geschuldeten Zinsen und die draus resultierenden Kontostände auf Basis einer Anpassung der Zinsen anhand des EURIBOR-Dreimonats-Durchschnittssatzes (soweit sich dieser um mehr als 0,25 Prozentpunkte geändert hatte) anstelle der auf Basis der im Vertrag vom Oktober 2007 enthaltenen Klausel von der Beklagten tatsächlich vorgenommenen Zinsanpassung. Im Einzelnen wird auf das als Anlage K 1 vorgelegte Gutachten des Kreditsachverständigen Bezug genommen.

Zum 31.03.2018 endete die Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien und das streitgegenständliche Konto wurde aufgelöst.

Soweit im Rahmen des Kreditverhältnisses auch andere Gesellschaften als die Klägerin zur Inanspruchnahme des Darlehens berechtigt gewesen waren, traten diese Gesellschaften ihr Ansprüche mit Vereinbarung vom 06.07.2018 an die Klägerin ab.

Die Klägerin ist der Ansicht, jedenfalls die im ursprünglichen Vertragsdokument aus Oktober 2007 verwendete Zinsanpassungsklausel sei unwirksam. In der Folge hätten die auf Basis dieser Klausel erfolgten Zinsanpassungen in ihrem Umfang nicht derjenigen Zinsanpassung entsprochen, die bei Zugrundelegung einer nach Auffassung der Klägerin wirksamen Klausel stattgefunden hätte. Entsprechend sei der vom Kreditsachverständigen errechnete Betrag, der letztlich darstelle, was von der Beklagten aufgrund der fehlerhaften Zinsanpassung zu viel vereinnahmt worden sei, zurück zu gewähren. Zumindest seien das Konto und die wechselseitigen Ansprüche auf Basis einer vom Gericht vorzunehmenden, an die Stelle der Zinsanpassungsklausel tretenden Vertragsauslegung neu zu berechnen.

Nachdem die Klägerin als Antrag zu 1.) in der Klageschrift zunächst noch Gutschrift des von ihr errechneten Betrages auf das ehemals bestehende, streitgegenständliche Konto verlangt hat, hat sie diesen Antrag in einen allgemeinen Zahlungsantrag geändert und beantragt nunmehr,

1. die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 311.145,90 € zuzüglich 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 07.06.2018 an die Klägerin zu zahlen,

2. hilfsweise zum Antrag zu 1.,

2.1. die Beklagte zu verurteilen, das für die Klägerin geführte Kontokorrentkonto Nr. ………. vom 01.01.2009 bis 30.12.2017 neu zu berechnen wobei Sollzinssatzänderungen mit einem variablen Zinssatz von 6,5 % p.a. zum 30.10.2007 beginnen und sich nach den vom Gericht zu bestimmenden Maßstäben der Zinsanpassung richten,

2.2. Wertstellungen von Zahlungseingängen und -ausgängen sind jeweils am Tag des Geldzuflusses bzw. Geldabflusses bei der Beklagten zu buchen,

2.3. die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit der von ihr zu erstellenden Kontenneuberechnung an Eides statt zu versichern,

2.4. die Beklagte zu verurteilen, aus dem sich aus der Kontenneuberechnung ergebenden Guthaben einen Verzugszins in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 07.06.2018 an die Klägerin zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 11.715,15 € für vorgerichtlich entstandene Gutachterkosten nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 07.06.2018 an die Klägerin zu zahlen,

4. die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 4.507,40 € für vorgerichtlich entstandene Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die von ihr verwendeten Zinsanpassungsklauseln seinen nicht zu beanstanden. Soweit es um die Zinsanpassungsklausel aus dem Vertrag vom Oktober 2007 geht, folge dies jedenfalls daraus, dass die Klägerin den Kreditvertrag jederzeit hätte kündigen können. Hierzu beruft sich die Beklagte auf die als Anlage B 1 vorgelegte Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23.03.2015 (Az.: 17 U 101/15).

Ferner hat die Beklagte im Hinblick auf die in Betracht kommenden Ansprüche der Klägerin wegen möglicherweise fehlerhafter Zinsberechnung die Einrede der Verjährung erhoben.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

I. Der Antrag zu 1.) hat in der Sache keinen Erfolg. Er ist auf Auszahlung des Betrages gerichtet, der der Klägerin ihrer Auffassung nach auf Basis der durch den privaten Sachverständigen durchgeführten Berechnung wegen der nach Ansicht der Klägerin unberechtigten bzw. fehlerhaften Zinsanpassungen zusteht.

Es kann offen bleiben, ob sich ein Zahlungsanspruch der Klägerin wegen möglicherweise fehlerhafter Zinsanpassungsklausel und demzufolge unbilliger Zinsanpassung dem Grunde nach als bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung überhöht geleisteter Zinszahlungen oder, wie die Klägerin argumentiert, als Umwandlung eines ehemals auf Kontokorrektur gerichteten Anspruchs nach Beendigung des Kontokorrentverhältnisses darstellen würde. Sämtliche denkbare Ansprüche wegen Zinsanpassungen auf Basis des Vertrages aus Oktober 2007 wären jedenfalls verjährt. Aus diesem Grund kommt es auch nicht auf die – vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main in seiner Entscheidung vom 23.03.2015 (Az.: 17 U 101/15) verneinte – Frage an, ob die hier in Rede stehende Zinsanpassungsklausel in Ziffer 5.1.2 der besonderen Darlehensbedingungen des Vertrages vom Oktober 2007 trotz einer jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit der Klägerin als Darlehensnehmerin nach den vom Bundesgerichtshof festgelegten Kriterien nach § 307 BGB unwirksam war. Ansprüche wegen Zinsanpassung nach Abschluss des Vertrages vom 18.11.2014 hat die Klägerin hingegen schon deshalb nicht, weil gegen die Wirksamkeit der dortigen Zinsanpassungsklausel keine Bedenken bestehen.

1. Verjährung der dargestellten Ansprüche wegen Zinsanpassungen im Zeitraum bis Dezember 2014 wäre jedenfalls zum 31.12.2017 und damit vor Klageerhebung eingetreten. Nach § 195, 199 Abs. 1 BGB verjähren die hier in Betracht kommenden Ansprüche innerhalb von drei Jahren nach Ende des Jahres, in dem die Ansprüche entstanden waren und der Gläubiger, d. h. die Klägerin, von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat. Bis spätestens Ende 2014 waren sämtliche hier in Betracht kommende Ansprüche entstanden. Auch lag auf Seiten der Klägerin zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von allen anspruchsbegründenden Voraussetzungen vor. Der Verjährung der Ansprüche spätestens zum 31.12.2017 steht schließlich nicht entgegen, dass der Kredit im entscheidenden Zeitraum bis Ende 2014 als Kontokorrent geführt wurde.

a) Geht man mit der Klägerin davon aus, die durchgeführten Zinsanpassungen wie im „Zinsjournal“ zum als Anlage K 1 vorgelegten Privatgutachten waren wegen der AGB-Rechtswidrigkeit der zugrunde liegenden Zinsanpassungsklausel unwirksam und die zugehörigen Belastungsbuchungen in ihrer Höhe jeweils unberechtigt, so wäre daraus in unmittelbarer Konsequenz ein Gegenanspruch der Klägerin entstanden. Für die an dieser Stelle entscheidende Frage des Zeitpunkts der Anspruchsentstehung ist es dabei unerheblich, ob man den Anspruch als einen auf Rückzahlung zu viel abgebuchter Beträge gerichteten Bereicherungsanspruch einordnet oder als Kontokorrekturanspruch auf Rückgängigmachung der Buchung im Kontokorrent. Ein auf Rückzahlung gerichteter Bereicherungsanspruch würde, obgleich er seinerseits in das Kontokorrent aufzunehmen wäre, genauso wie ein Anspruch auf Kontokorrektur als unmittelbare Konsequenz der überhöhten und damit unberechtigten Zinsabbuchung entstehen. Zwar stellt die Abbuchung selbst, wie die Klägerin zutreffend feststellt, einen bloßen Realakt dar; daraus folgt aber nicht, dass ein Anspruch gerichtet auf Rückgängigmachung nicht unmittelbare Folge dieses Realakts sein könnte. So hat der Bundesgerichtshof in der von der Klägerin zitierten Entscheidung vom 17.09.1991 (Az.: XI ZR 256/90) erkannt, dass bei fehlendem Rechtsgrund ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Belastungsbuchung als Realakt bestehen kann. Dies trifft im zu entscheidenden Fall insbesondere deshalb zu, weil die Beklagte durch die Abbuchung allein ein vermögenswertes Etwas erlangt hat, stellte der jeweilige valutarische Tagessaldo nach Ziffer 3.1.1 des Vertrages vom Oktober 2007 doch die Grundlage für die fortlaufende Zinsberechnung dar. Ferner wurde durch die Zinsbuchungen auch der jeweils in Anspruch genommene Betrag der Kreditlinie erhöht und mithin die bis zur Erreichung des Kreditlimits der Klägerin noch zur Verfügung stehende Summe reduziert. Weiter hat der Bundesgerichtshof in der ebenfalls von der Klägerin zitierten Entscheidung vom 17.12.1992 (Az.: IX ZR 226/91) klargestellt, dass der Kontoinhaber bei fehlerhafter Buchung sofort Rückbuchung (oder alternativ Auszahlung) verlangen kann. Das Oberlandesgericht Düsseldorf führt zur Anspruchsentstehung in seiner Entscheidung vom 27.01.2016 (Az. I-14 U 180/14) aus, dass mit „jeder – unterstellt – fehlerhaften Belastung ein Erstattungsanspruch des Klägers entstanden [wäre], denn „entstanden“ ist der Anspruch in dem Augenblick, wenn er erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann“.

Die Anspruchsentstehung und -fälligkeit war auch nicht von einer gerichtlichen Entscheidung über die Parameter, nach welchen die Zinsanpassung im Falle der Unwirksamkeit der Zinsanpassungsklausel zu erfolgen hätte, abhängig. Zutreffend erkennt die Klägerin im Ausgangspunkt, dass eine unwirksame Zinsanpassungsklausel eine Regelungslücke über das „Wie“ einer – nach wie vor dem Grunde nach wirksam vereinbarten – Zinsanpassung im Vertrag hinterlässt, die durch das Gericht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu füllen ist (hierzu zuletzt BGH, Urteil vom 14.03.2017 – XI ZR 508/15). Anders als dies in der Literatur bisweilen vertreten wurde (s. hierzu die Zitate auf Seiten 21 f. im Schriftsatz der Klägerin vom 23.11.2018), bedeutet das aber nicht, dass Ansprüche auf Rückbuchung bzw. Rückzahlung wegen überhöhter Zinsen im verjährungsrechtlichen Sinne erst mit Rechtskraft des über die Vertragsauslegung erkennenden Gerichtsurteils entstehen bzw. fällig werden. Folgt man der vom Oberlandesgericht Düsseldorf in der bereits zitierten Entscheidung vertretenen Auffassung, bestehen an dieser Ansicht einer „verzögerten“ Anspruchsentstehung schon deshalb Zweifel, weil es sich bei den eingeklagten Erstattungsansprüchen nicht um diejenigen Ansprüche handelt, deren Bestehen bzw. Höhe Gegenstand der gerichtlich durchzuführenden ergänzenden Vertragsauslegung sind (OLG Düsseldorf, a. a. O.). Selbst wenn man diese Differenzierung für unbeachtlich hielte, etwa weil die Erstattungsansprüche auf Tatbestandsebene eine Inzidentprüfung der der Bank zustehenden Zinsansprüche verlangen, sprechen ganz entscheidende Argumente für eine Anspruchsentstehung bereits mit der fehlerhaften Zinsbuchung. Im Ergebnis hat auch der Bundesgerichtshof diese Ansicht einer „sofortigen“ Anspruchsentstehung im verjährungsrechtlichen Kontext zur Grundlage seiner Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf gemacht (BGH, Beschluss vom 26.09.2017 – XI ZR 78/16).

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Die gegenteilige, hier abgelehnte Auffassung würde zunächst zu kaum wünschenswerten, den Rechtsgedanken der Anspruchsverjährung konterkarierenden Ergebnissen führen. Ein Bankkunde könnte im Ergebnis auch Jahrzehnte nach möglicherweise fehlerhaften Zinsbuchungen noch gegen die Bank vorgehen und auf rückwirkende Neuberechnung und ggf. Erstattung klagen. Auch die absolute Verjährungshöchstfrist nach § 199 Abs. 4 BGB würde der Bank nicht helfen, denn diese beginnt ebenfalls erst mit der Entstehung des Anspruchs zu laufen. Diese quasi endlose Klagemöglichkeit wäre zum einen kaum mit der Entscheidung des Gesetzgebers zu vereinbaren, selbst Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit unabhängig von der Anspruchsentstehung binnen 30 Jahren nach Begehung der schadensursächlichen Handlung verjähren zu lassen. Zum anderen würde der grundlegende Zweck der Verjährungsvorschriften, Rechtsfrieden zu schaffen und – zumal im Bankgeschäft – potentiellen Anspruchsschuldnern eine gewisse Kalkulationssicherheit zu gewähren, unterlaufen. Dieses Argument gewinnt gerade in Konstellationen wie der vorliegenden besonderes Gewicht, in denen die Zinsen nicht an die Bank gezahlt, sondern als Belastungsbuchungen in ein Kontokorrentkonto gebucht wurden. Hier perpetuiert sich eine in der Vergangenheit erfolgte, möglicherweise unberechtigte Belastungsbuchung durch den Zinseszinseffekt über den Zeitpunkt der Buchung selbst hinaus. Diese Situation verlangt in besonderem Maße nach einer zeitlichen Begrenzung der Rechtsschutzmöglichkeiten, um zu vermeiden, dass im Extremfall ein Jahrzehnte zurückliegender Zinsanpassungsfehler die Neuberechnung eine entsprechende lange währenden Kreditbeziehung und die „Anhäufung“ eines enormen Erstattungsbetrages nach sich zieht (vgl. zu dieser Interessenlage im Kontokorrentverhältnis OLG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2014 – 9 U 75/11). Den Belangen des Bankkunden wird dadurch in ausreichendem Maße Rechnung getragen, dass dieser jederzeit nach der unberechtigten Zinszahlung bzw. -abbuchung Klage erheben kann. Wie die Klägerin selbst immer wieder betont, kann eine Leistungsklage trotz der Notwendigkeit der gerichtlichen Ausfüllung der Vertragslücke unmittelbar erhoben werden. Würde man der Auffassung der Klägerin folgen, könnte ein Bankkunde zwar jederzeit auf Erstattung des von der Bank seiner Auffassung nach zu viel vereinnahmten Betrages klagen, es stünde aber – vorbehaltlich einer Verwirkung – in seinem freien Belieben, ob und vor allem wann er dies tut. Er hätte eine jederzeitige Möglichkeit zur Erhebung einer Leistungsklage, würde aber erst durch Erhebung dieser Leistungsklage die Verjährung der in der Sache geltend gemachten Ansprüche in Gang setzen.

b) Die anspruchsbegründenden Umstände, deren Kenntnis auf Seiten der Klägerin hier die Verjährung in Gang gesetzt haben, sind die Verwendung Zinsanpassungsklausel in Ziffer 5.1.2 der besonderen Darlehensbedingungen des Vertrages vom Oktober 2007 sowie die durchgeführten Zinsanpassungen, wie sie die Klägerin durch Vorlage des „Zinsjournals“ als Anlage zum privaten Sachverständigengutachten vorgetragen hat. Anders als die Klägerin meint, kam es hingegen nicht darauf an, ob sie wusste, dass die tatsächlich von der Beklagten vereinnahmten Zinsen nicht dem entsprachen was sie unter Zugrundelegung einer – letztlich vom Gericht zu bestimmten – „billigen“ Zinsanpassung hätte verlangen können. Hierbei handelt es sich nicht um die der Anspruchsentstehung zugrundeliegenden Tatsachen, sondern um deren rechtliche Würdigung. Diese muss von einem Gläubiger nicht zutreffend vorgenommen worden sein, um zu seinen Lasten eine die Verjährungsfrist in Gang setzende Kenntnis anzunehmen.

Dem kann die Klägerin auch nicht entgegenhalten, dass sie bis zur Ausfüllung der Vertragslücke durch das Gericht gar nicht wusste, ob die Zinsberechnung durch die Beklagte fehlerhaft war und ob ihr überhaupt Ansprüche gegen die Beklagte zustehen. Schließlich kann es erst recht keine Voraussetzung für die Kenntnis von einem Anspruch sein, dass ein Gericht das Bestehen eines Anspruchs bzw. der Voraussetzungen eines Anspruchs festgestellt hat. Es ist das ganz übliche Prozessrisiko eines jeden Klägers, dass er seine Klage auf eine Rechtsauffassung stützt, die ihm einen Anspruch gewährt, es aber nicht vorab feststeht, ob das Gericht diese Rechtsauffassung vollständig, teilweise oder gar nicht teilt. Dies gilt auch dann, wenn, wie typischerweise bei bereicherungsrechtlichen Klagen, der Anspruch auf ein „normatives“ Tatbestandsmerkmal gestützt wird, dass seinerseits eine rechtliche Inzidentprüfung erfordert. Regelmäßig ist dies das Fehlen eines Rechtsgrundes und damit die Prüfung z. B. der Wirksamkeit eines Vertrages. In dieser Konstellation hängt die Kenntnis des Gläubigers von den einen Anspruch begründenden Tatsachen nicht etwa daran, dass der Gläubigers aus den gegebenen Umständen zutreffend auf die Nichtigkeit des Vertrages schließt oder dies gar durch Urteil festgestellt wurde, obgleich es sich dabei freilich um eine Frage handelt, die abschließend von den Gerichten zu klären ist (hierzu etwa die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.01. 2008 – XI ZR 160/07). In der hier zu entscheidenden Konstellation ist wiederum die Ausgestaltung der ergänzenden Vertragsauslegung und deren Folgen die rechtliche Frage, die abschließend von den Gerichten zu klären ist, deren materiellrechtlichen Implikationen aber eo ipso feststehen. Das Gericht schafft mit der ergänzenden Vertragsauslegung keine neue Rechtslage, sondern stellt auch hier lediglich nach vorgegebenen Grundsätzen die bestehende Rechtslage fest. Das Oberlandesgericht Düsseldorf führt hierzu zutreffend aus, die ergänzende Vertragsauslegung ergäbe sich aus dem Vertrag selbst, ohne dass es einer ausdrücklichen gerichtlichen Entscheidung bedürfe, die Ansprüche könnten auf Basis einer ergänzenden Vertragsauslegung von den Parteien also sofort geltend gemacht werden, ohne dass ein gerichtliches Gestaltungsurteil erforderlich wäre (OLG Düsseldorf, a. a. O.).

Dass es ex ante für einen Bankkunden als Kläger auf Rückzahlung überhöhter Zinsen unklar sein kann, in welcher Höhe ihm letztlich eine eventueller Erstattungsanspruch zugesprochen würde, weil dies wiederum von den gerichtlich festzusetzenden Parametern der Zinsanpassung abhängt, ändert an seiner Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen auch nichts. Dass die auf Basis eines feststehenden Sachverhalts zugesprochene Anspruchsfolge in ihrer Höhe im Ermessen des erkennenden Gerichts steht, ist z. B. auch bei Klage auf Schmerzensgeld der Fall. Keinesfalls kann aus dieser Ungewissheit über die Anspruchshöhe indes auf eine Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände geschlossen werden. Dem Kläger ist dort, wie auch hier, zuzumuten mit der auf Basis seiner Rechtsauffassung gebildeten Vorstellung seines Anspruchs und dessen Höhe an das Gericht heranzutreten. Tut er dies nicht binnen der Verjährungsfrist, ist es nicht unbillig, dass die Undurchsetzbarkeit seines Anspruchs droht.

Konsequent zu Ende gedacht würde der Ansatz der Klägerin auch an dieser Stelle wiederum zu dem unbefriedigenden Ergebnis führen, dass zumindest der Beginn der kenntnisabhängigen Verjährungsfrist trotz vollständiger Klarheit über den Sacherhalt durch den Bankkunden beliebig hinausgeschoben werden könnte, bis er sich entscheidet, Klage zu erheben.

c) Schließlich steht der Verjährung der in Betracht kommenden Ansprüche spätestens zum 31.12.2017 auch nicht im Wege, dass sie aus einer Kreditbeziehung entstanden sind, die als laufendes Kontokorrentkonto geführt wurde, in welches die wechselseitigen Forderungen eingestellt und dadurch in ihrer individuellen Durchsetzbarkeit zunächst gehemmt wurden (vgl. zur Hemmung der Verjährung von kontokorrentgebundenen Forderungen BGH, Urteil vom 17.02.1969 – II ZR 30/65).

Sieht man in dem mit dem Antrag zu 1.) geltend gemachten Zahlungsanspruch, wie es die Klägerin selbst tut, lediglich die Fortsetzung eines ursprünglichen Kontokorrekturanspruch auf Rückgängigmachung einer unberechtigten Buchung, würde es sich mangels Qualifizierung als Geldforderung von vornherein nicht um einen Anspruch handeln, der seinerseits in das Kontokorrent einzustellen gewesen wäre.

Qualifiziert man etwaige Erstattungsansprüche wegen überhöhter Zinsen, wie es etwa das Oberlandesgericht Düsseldorf getan hat, als bereicherungsrechtliche Rückzahlungsansprüche so wären diese als vom Kontokorrent potentiell umfasste Ansprüche zwar von den verjährungsrechtlichen Implikationen des Kontokorrentverhältnisses betroffen, eine Verjährungshemmung würde aber nur bis zum jeweiligen periodischen Rechnungsabschluss und dessen (stillschweigendem) Anerkenntnis gehen (hierzu OLG Düsseldorf, a. a. O; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 23.03.2015 – 17 U 101/15). Zwar sind in dem Fall, dass der Saldo eines periodischen Rechnungsabschlusses seinerseits „auf neue Rechnung“ vorgetragen und wiederum in das fortlaufende Kontokorrent eingestellt wird, die im Saldo enthaltenen Forderungen nach wie vor gehemmt; Forderungen, die demgegenüber nicht in das Kontokorrent aufgenommen wurden, sondern nur hätten aufgenommen werden müssen – wie bereicherungsrechtliche Rückforderungen wegen überhöhter Zinsberechnung – sind in der Verjährung indes nur bis zu dem Schluss der Rechnungsperiode, in der diese Ansprüche in das Kontokorrent hätten eingestellt werden müssen, gehemmt (OLG Düsseldorf, a. a. O mit Verweis auf BGH, a. a. O.).

Ungeachtet der Frage, wann es in der Kontokorrentbeziehung der Parteien jeweils zum Abschluss von Rechnungsperioden kam – was vor dem Hintergrund der in Ziffer 5.1.1 der besonderen Darlehensbedingungen des Vertrages vom Oktober 2007 sowie der Darstellung im „Zinsjournal“ des klägerseitigen Privatgutachtens offenbar monatlich der Fall war – endete die Verjährungshemmung jedenfalls mit Bildung eines Abschlusssaldos über die gesamte betreffende Vertragsbeziehung. Dies war mit Abschluss des neuen Kreditvertrages Ende 2014 der Fall. Anders als die Klägerin meint, wurde mit dieser Vereinbarung nicht lediglich der bestehende Kreditvertrag angepasst, sondern ein neuer Kreditvertrag geschlossen. Im Zuge dessen wurde auch das bestehende Kontokorrentverhältnis zunächst aufgelöst und ein endgültiger Abschlusssaldo gebildet. Dies geschah jedenfalls dadurch, dass die ausstehende Summe als bereits gezogen unter der mit dem neuen Kreditvertrag gewährten Kreditlinie über EUR 2,5 Mio. übertragen wurde (s. Ziffer 2.3 des Vertrages vom 18.11.2014). Dass es sich bei diesem Vorgang nicht um eine schlichte Fortführung des bisherigen Kontokorrentverhältnisses handelte, folgt schon daraus, dass das Kreditverhältnis unter dem neuen Vertrag gar nicht zwangsläufig als Kontokorrent geführt wurde. Die Parteien hatten dort vielmehr vereinbart, dass die Kreditlinie als Kontokorrent, als Geldmarktkredit oder als Avale in Anspruch genommen werden konnten. Die Ablösung der schuldrechtlichen Kausalbeziehung durch den Vertrag vom Dezember 2014 und die Umwidmung des ausstehenden Saldos aus der vormaligen Kontokorrentbeziehung im Wege der Novation als Forderung nunmehr aus der neuen Kausalbeziehung ergibt sich ihrerseits aus der Vertragsgestaltung. Schon die Überschrift der Vereinbarung spricht dagegen, dass es sich um eine bloße Anpassung des bestehenden Kreditvertrages handeln sollte. Anders als in den ebenfalls als Anhänge zum Privatgutachten (Anlage K 1) vorgelegten Vereinbarungen aus Herbst 2010 und aus Frühjahr 2011 ist die Vereinbarung vom Dezember 2014 nicht mit „Nachtrag“ oder einer sonstwie eine Unselbständigkeit zum Ausdruck bringenden Bezeichnung, sondern, analog zum ursprünglichen Vertrag von 2007, mit dem Begriff „Vertrag über einen Kreditrahmen“ überschrieben. Anders als in den Nachträgen ist in der Eingangsfloskel auch nicht von einer Prolongation des Darlehensvertrags von 2007 die Rede. Vielmehr sollten, so Ziffer 2.3 des Vertrages vom 18.11.2014, auch auf die bisherige Inanspruchnahme mit wenigen Ausnahmen die Regelungen dieses Vertrages gelten. Auch wurden in diesem Vertrag, anders in den bloßen Nachträgen, in vergleichbaren Umfang „Covenants“ und sonstige Darlehensbedingungen aufgenommen wir im vorherigen Vertrag vom Oktober 2007. Auch wenn diese inhaltlich den ursprünglichen Bedingungen im Wesentlichen entsprochen haben mögen, wäre diese umfängliche Regelung gar nicht nötig gewesen, wäre es bloß um eine nahtlose Fortführung des ursprünglichen Vertrage gegangen. Weiter haben sich die ganz wesentlichen Elemente des ursprünglichen Vertrages geändert: Es wurden neue Darlehensnehmer aufgenommen, die Kreditlinie nicht unerheblich erhöht und die Sicherheitenstruktur angepasst.

Auf Grund des Abschluss eines neuen Kreditvertrags Ende 2014 wäre im Übrigen auch der von der Klägerin ebenfalls geltend gemachte Anspruch auf Kondiktion eines Saldoanerkenntnis spätestens Ende 2014 entstanden und damit zum 31.12.2017 verjährt.

2. Wegen Zinspassungen, die nach Abschluss des Ende 2014 geschlossenen Kreditvertrages auf Basis der „neuen“ Zinsanpassungsklausel in Ziffer 2.2 der besonderen Kreditbedingungen durchgeführt wurden, stehen der Klägerin keine Ansprüche zu. Die Klägerin geht auch in ihrer eigens vorgelegten Berechnung offenbar davon aus, dass die Zinsanpassungen anhand der in der Klausel dargestellten Änderungen des Referenzzinssatzes durchzuführen waren und begehrt daher schon gar keine in der Sache abweichende Neuberechnung. Jedenfalls aber scheidet eine Neuberechnung auf Basis einer durch das Gericht vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung deshalb aus, weil die Zinsanpassungsklausel im Kreditvertrag von Ende 2014 wirksam war.

Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen können auch gegenüber Unternehmern gem. § 307 BGB unwirksam sein. Dies ist der Fall, wenn die verwendete Klausel den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Betreffend Zinsanpassungsklauseln in Sparverträgen hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine unangemessene Benachteiligung dann anzunehmen ist, wenn sie der Verwender mittels der Klausel nicht nur eine konkrete Kostensteigerung auf den Vertragspartner abwälzen kann, sondern im Ergebnis ein zunächst vereinbartes Entgelt anheben und dadurch zusätzlichen Gewinn erzielen kann. Eine Benachteiligung kann weiter darin liegen, dass die Klausel nur ermöglicht, Kostensteigerungen an den Kunden weiterzugeben, den Verwender aber nicht spiegelbildlich verpflichtet, den Kunden an einer Kostensenkung entsprechend teilhaben zu lassen (BGH, Urteil vom 21. April 2009 – XI ZR 78/08). Die Wirksamkeit einer Zinsanpassungsklausel verlangt dementsprechend nach einer verbindlichen Regelung über die Wahrung des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Äquivalenzverhältnisses zwischen dem Vertragszinssatz und den Refinanzierungskonditionen (BGH, a. a. O.; s. auch BGH, Urteil vom 13.04.2010 – XI ZR 197/09; BGH, Urteil vom 21.12.2010 – XI ZR 52/08). Schließlich müssen auch die Voraussetzungen für eine Anpassungen des Zinssatzes durch in der Klausel angegebenen Anknüpfungsmerkmale der Marktlage und des Aufwandes hinreichend deutlich festgelegt sein (BGH, a. a. O.).

Nach diesen Grundsätzen, die auf Zinsanpassungsklauseln in Kontokorrentkreditverträgen übertragbar sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.04 2012 – 6 U 7/11; OLG Stuttgart, Urteil vom 21.05.2014 – 9 U 75/11), hält die streitgegenständliche Klausel aus dem Vertrag von Ende 2014 einer Wirksamkeitsprüfung gem. § 307 BGB stand. Sie bewirkt im Ergebnis, dass das zum Zeitpunkt der Vereinbarung bestehende vertragliche Äquivalenzverhältnis jedenfalls nicht zu Lasten des Kreditnehmers geändert werden kann und schafft für die Beklagte als Verwenderin keine Möglichkeit über die bloße Kostenabwälzung ihren Gewinn zu steigern.

Indem sie auf den Monatsdurchschnittssatz für EURIBOR-Dreimonatsgeld Bezug nimmt, stellt die Klausel klar, anhand von welchem Referenzwert die Refinanzierungskosten der Beklagten zu berechnen sind. Damit schließt sie eine Zinserhöhung, die nicht durch eine Erhöhung der Refinanzierungskosten der Beklagten gerechtfertigt wäre, aus, denn durch Verwendung des Wortes „entsprechend“ im ersten Satz der Klausel wird klargestellt, dass eine Zinssteigerung nur in dem Maße möglich ist, wie sich die durch den Referenzzinssatz definierten Refinanzierungskosten der Beklagten erhöht haben. Auch hinsichtlich des zu erreichenden Schwellenwertes beinhaltet die Klausel keine Unklarheiten: Nur eine Erhöhung des Referenzwertes um mehr als 0,25 Prozentpunkte gestattete eine entsprechende Erhöhung des Vertragszinses. Die Kriterien, die erfüllt sein mussten, damit die Beklagte das Recht zur Erhöhung des Zinses erhielt, sind damit transparent festgelegt. Eine Erhöhung allein „nach billigem Ermessen“ wie sie die Klausel, die Gegenstand der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 21. April 2009 – XI ZR 78/08) war, ermöglichte die hier zu beurteilende Klausel der Beklagten nicht. Insoweit unterscheidet sich die hier zu beurteilende Klausel auch von der Klausel, die Gegenstand der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 05.05.2014 (Az. I-9 U 64/13) war, die keine Bindung an den Umfang der Veränderung des in Bezug genommenen EURIBOR vorsah, sondern es ins billige Ermessen der Verwenderin stellte, ob und inwieweit bei Veränderung dieses Referenzzinssatzes um mindestens 0,25 Prozentpunkte der Kreditzinssatz anzupassen wäre.

Unzweideutig beinhaltete die Klausel auch die vom Bundesgerichtshof geforderte Verpflichtung, eine Kostensenkung an den Kunden weiterzugeben. Im zweiten Satz der Klausel heißt es, dass die Bank den Vertragszinssatz entsprechend senken „wird“, wenn sich der Monatsdurchschnittssatz für EURIBOR-Dreimonatsgeld um mehr als 0,25 Prozentpunkte ermäßigt hat. Ein Ermessen der Beklagten ist für diesen Fall nicht vorgesehen. Keine Undeutlichkeit vermag das erkennende Gericht darin sehen, dass die Klausel eine Senkung des Vertragszinssatzes „entsprechend“ dem Referenzzinssatz anordnet. Das Wort wurde auch im ersten Satz verwendet und bezieht sich hier wie dort offensichtlich auf das Ausmaß der Veränderung des Referenzzinssatzes. Die Interpretation des Wortes „entsprechend“ im zweiten Satz dahingehend, dass in gleicher Art wie für die Zinserhöhung, die Gegenstand des ersten Satzes ist, lediglich die Möglichkeit einer Änderung des Vertragszinssatzes statt einer Verpflichtung der Beklagten geschaffen werden sollte, wie es die Lesart der Oberlandesgerichts Stuttgart in der bereits zitierten Entscheidung vom 21.05.2014 (Az.: 9 U 75/11) zu sein scheint, hält das erkennende Gericht zumindest für die im hiesigen Fall zu beurteilende Klausel nicht für überzeugend. Durch das Wort „wird“ kommt klar zum Ausdruck, dass der Beklagten im Falle der dargestellten Reduktion des Referenzzinssatzes in Abgrenzung zum ersten Satz gerade kein Ermessen zustehen soll, weshalb sich das Wort „entsprechend“ ausschließlich auf den Umfang der Änderung des Referenzzinssatzes beziehen kann. Ohnehin ist die vorliegend zu beurteilende Klausel insgesamt wiederum nicht mit der Klausel aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vergleichbar. So hat das Oberlandesgericht Stuttgart sein Unwirksamkeitsurteil auf eine Gesamtwürdigung der Klausel gestützt und dabei auch berücksichtigt, dass die dortige Klausel die Erhöhung des Zinssatzes im ersten Satz ausdrücklich ins billige Ermessen der Verwenderin stellte und abschließend von einer bloßen „Orientierung“ der Bank an der Zinsgestaltung bei Vertragsabschluss sprach. Diese verwässernden Elemente sieht die hiesige Klausel nicht vor. Insbesondere fehlt mit dem „billigen Ermessen“ auch gerade die Festschreibung von „Rahmenbedingungen einer Ermessensausübung“, die in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart der alternative und damit Zweideutigkeit schaffende Bezugspunkt des Wortes „entsprechend“ sein sollte.

II. Die auf Neuberechnung und Zahlung von Verzugszins gerichteten, hilfsweise gestellten Anträge zu 2.) scheitern letztlich aus denselben Gründen wie der Hauptantrag. Es fehlt an einem durchsetzbaren Zahlungsanspruch, weshalb auch der Hilfsanspruch auf Kontoneuberechnung jedenfalls prozessual nicht mehr durchsetzbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 17.07. 2008 – I ZR 109/05, Rn. 42 nach juris).

III. Die auf Ersatz der Gutachterkosten bzw. vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichteten Anträge zu 3.) und 4.) scheitern ebenfalls daran, dass etwaige Zahlungsansprüche gegen die Beklagte zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung bzw. des Tätigwerdens des Rechtsbeistandes bereits verjährt waren. Ohnehin wäre auch diesbezügliche etwaig zuvor entstandene Ersatzansprüche entsprechend § 217 BGB zum 31.12.2017 verjährt.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

 

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