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Kostenerstattung für die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Verfolgung von Schadensersatzansprüchen

AG Frankenthal, Az.: 3c C 49/18

Urteil vom 30.05.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 215,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.10.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Danach schuldet die Beklagte, deren vollumfängliche Haftung für den von ihrer Versicherungsnehmerin bei einem Verkehrsunfall am 11. September 2015 verursachten Schaden nicht in Streit steht, der Klägerin auch die im Rahmen der Rechtsverfolgung angefallenen Rechtsanwaltskosten.

Kostenerstattung für die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Verfolgung von Schadensersatzansprüchen
Symbolfoto: ijeab/Bigstock

a) Zutreffend gehen beide Parteien bezüglich der Erstattungsfähigkeit außerprozessualer Rechtsverfolgungskosten im Rahmen eines bestehenden Schadensersatzanspruchs von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aus, wonach die Einschaltung eines Rechtsanwaltes in nicht einfach gelagerten Fällen stets, ansonsten aber nur dann erforderlich ist, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregelung verzögert wird (vgl. nur BGH NJW 2015, 3447, 3450 Rn. 55 sowie NJW 1995, 446; Palandt/Grüneberg, BGB 77. Aufl. § 249 Rn. 57). Die Frage, ob ein einfach gelagerter Fall vorliegt, ist dabei auf Grundlage des gegebenen Sachverhaltes (Schadensfall) zu beurteilen, wobei auch spätere Streitigkeiten im Rahmen der Schadensabwicklung zwischen den Beteiligten über die Haftung dem Grunde oder der Höhe nach Rückschlüsse darauf erlauben können, ob bei gebotener ex ante-Betrachtung von einem einfach gelagerten Fall auszugehen war. Dabei ist eine Einzelfallbeurteilung geboten, weshalb sich eine schematische Betrachtungsweise verbietet und das erkennende Gericht sich nicht der verbreiteten, von der Klägerin zitierten Auffassung anschließt, dass es einen einfach gelagerten Fall bei Verkehrsunfällen grundsätzlich nicht gebe. Nur wenn nach der mithin gebotenen individuellen Betrachtung ein einfach gelagerter Fall gegeben ist, ist weiter zu fragen, ob eine geschäftliche Ungewandtheit des Geschädigten vorliegt oder die Regulierung durch den Schädiger verzögert wird. Im erstgenannten Fall, bei dem es entgegen der Ansicht der Klägerin – auf eine allgemeine geschäftliche (Un-)Gewandtheit und nicht auf Spezialkenntnisse in der jeweiligen Rechtsmaterie (hier: Verkehrsunfallrecht) ankommt, ist die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe von vornherein als erforderlich anzusehen, im letztgenannten Fall erst ab dem Zeitpunkt, in dem eine verzögerte Schadensregulierung erkennbar wird.

Hier lag offensichtlich kein einfach gelagerter Fall vor, so dass es auf die geschäftliche Gewandtheit der Klägerin und eine zögerliche Regulierung seitens der Beklagten nicht weiter ankommt. Ungeachtet des Umstandes, dass keine der Parteien den zugrundeliegenden Sachverhalt näher skizziert hat, kann bereits aus den Umständen der Schadensabwicklung geschlossen werden, dass jedenfalls hinsichtlich der Höhe des zu ersetzenden Schadens durchaus komplexere Überlegungen eine Rolle gespielt haben. Die Beklagte hat, wie ihrer ersten Abrechnung vom 12. Oktober 2015 zu entnehmen ist, auf die geltend gemachten Reparaturkosten nämlich zunächst nur einen Betrag von 1.256,93 € gezahlt und insoweit auf einen beigefügten, nicht zu den Akten gereichten Prüfbericht verwiesen (Anl. B 15). Entgegen der Darstellung im hiesigen Verfahren hatte dieser Einbehalt also offenbar mit Einwendungen zu tun, die sich aus einem der Beklagten vorliegenden Prüfbericht ergeben haben und nicht mit ergänzend benötigten Informationen. Solche, genauer ein Nachweis der durchgeführten Reparatur, wurden von der Beklagten lediglich im Zusammenhang mit den geltend gemachten Vorhaltekosten und dem Nachweis der Ausfallzeit angefordert. Ein derartiger Nachweis wurde im Übrigen auch im späteren Schreiben vom 20. Oktober 2015 (Anl. B 16) immer noch verlangt, so dass die dort vorgenommene Nachzahlung offensichtlich nicht auf dem Nachreichen von Informationen beruht, sondern vielmehr auf das Nachhaken des Rechtsanwalts der Klägerin zurückzuführen ist. Die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe stellt sich daher als erforderlich dar, weil der Fall gerade aus Sicht der Beklagten eben nicht einfach gelagert war, sondern bezüglich der Höhe der angemeldeten Forderungen einer Prüfung samt nachträglichen Korrektur bedurfte.

b) Die geltend gemachten Kosten sind entstanden. Die Klägerin hat ihre Verfahrensbevollmächtigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen bei der Schadensabwicklung beauftragt, was von der Beklagten im Rahmen der Schadensabwicklung auch nicht in Zweifel gezogen wurde. Dies ist überdies der vorgelegten E-Mail vom 25. September 2015 zu entnehmen, die als postalischen Absender die Klägerin ausweist. Der Umstand, dass die Klägerin die E-Mail gegebenenfalls von einem jedenfalls nicht auf den ersten Blick ihr zuzuordnenden Account abgesendet hat, ist dabei ohne Belang. Im Übrigen dürfte der Name „B.“ im E-Mail-Absender zwanglos auf die Verflechtung der Klägerin mit dem unter diesem Namen firmierenden Unternehmen zu erklären sein (vgl. dazu https://www.b….de/de/unternehmen/geschichte.html).

Der Höhe nach sind dem Geschädigten regelmäßig die sich aus dem RVG ergebenden gesetzlichen Gebühren zu erstatten (vgl. BGH NJW 2015, 3447, 3451 Rn. 57). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin tatsächlich nur einen geringeren Betrag an ihre anwaltlichen Vertreter gezahlt oder zu zahlen hat, als den hier geltend gemachten, hat die Beklagte nicht vorgebracht oder nachgewiesen. Letztlich sind solche Anhaltspunkte, die immerhin ein betrügerisches Verhalten der Prozessbeteiligten auf Klägerseite nahelegen würden, auch aus den sonstigen Umständen des Falles nicht erkennbar.

2. Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf § 286, § 288 BGB.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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