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Kostenfestsetzungsverfahren -Erstattungsfähigkeit Privatgutachten

LG Wiesbaden – Az.: 4 T 488/16 – Beschluss vom 27.12.2016

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 21.10.2016 dahin abgeändert, dass aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts in Wiesbaden vom 3.2.2016 von der Klägerseite an Kosten für die erste Instanz 4.868,10 € (i.W. Viertausendachthundertachtundsechzig und 10/100 EURO) nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.8.2016 an die Beklagtenseite zu erstatten sind.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Der Beschwerdewert wird auf 4.763,76 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Mit Beschluss vom 21.10.2016, auf welchen Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht einen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, wonach die Klägerseite aufgrund rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Wiesbaden vom 3.2.2016 an die Beklagtenseite 9.631,86 € zu erstatten hat. In diesem Betrag sind Kosten für ein 2 private Sachverständigengutachten in Höhe von 4763,76 € enthalten ( Bl. 428; ff.d. A.). Der Beklagte hat während des Rechtsstreits den Sachverständigen S. am 11.11.2013 beauftragt, Schimmel im Schlafzimmer zu begutachten, sowie Nässe an der Wand und die fachgerechte Beseitigung des Wasserschadens. Das Gutachten wurde am 26.11.20.11 erstattet. Auf Antrag des Beklagten vom 22.1.2014 betreffend einen zweiten Schimmelschaden im Wohnzimmer des Erdgeschosses erstattete der Sachverständige S. ein weiteres Gutachten am 1.8.2014.

Am 11.11.2013 hatte das Amtsgericht einen Beweisbeschluss über die Behauptung, der Beklagten erlassen, im Schlafzimmer der vom Beklagten angemieteten Mietwohnung, Erdgeschoss rechts, sei eine Schimmelsporenbelastung sowohl an der von Feuchtigkeitsschäden betroffenen Wand, wie auch in der Raumluft und an dem vorhandenen Mobiliar gegeben. Mit der Erstattung des Gutachtens wurde letztendlich der Sachverständige Naujoks, Frankfurt beauftragt, welcher das Gutachten am 30.2014 erstattete (Bl. 173 ff. der Akte). Am 2.2.2015 kam es aufgrund Beweisbeschlüssen vom 22.7.2014 und 25.9.2014 zur Ergänzung des Gutachtens durch den gerichtlichen Sachverständigen unter anderem auch wegen behaupteter Schimmelbildung im Wohnzimmer der Wohnung.

Gegen diese festgesetzten Kosten für die Gutachten des Sachverständigen S. in Höhe von 4763,76 € wendet sich die Klägerin mit; sofortiger Beschwerde.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich bei diesen Kosten nicht um solche handelte, die zur entsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig gewesen seien. Die Kosten seien auch überhöht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 1.11.2016 Bezug genommen (Bl. 549 ff. der Akte). Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RpflG, 104 Abs. 3 ZPO statthaft und zulässig und sie erweist sich auch in der Sache als begründet.

Die Kosten für die beiden beklagtenseits eingeholten Privatgutachten über insgesamt 4.763,76 € sind nicht erstattungsfähig.

Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere sind die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. § 91 Abs. 1 ZPO sieht eine Erstattungspflicht nur für die dem Gegner erwachsenen Kosten des Rechtsstreits vor. Damit soll verhindert werden, dass eine Partei Ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2002 – VI ZB 56/02, zitiert nach Juris Rn. 9 = MDR 2003, 413; BGH, Beschluss vom 23. Mai 2006 – VI ZB 7/05, zitiert nach Juris Rn. 6 = NJW 2006, 2415 ). Die Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bestimmt sich danach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei diese die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2002 a.a.O. Rn. 13; Beschluss vom 23. Mai 20O6 a.a.O. Rn. 10; Werner-Pastor, Der Bauprozess, 12.A. Rz. 170). Kosten für ein; prozessbegleitendes Privatgutachten sind in aller Regel jedoch nicht erstattungsfähig, da es Aufgabe des Gerichtes ist, die Beweiserhebung durch Einholung von gerichtlichen Sachverständigengutachten durchzuführen (BGH, Urteil vom 11. November 2014 – VI ZR 76/13 – r+s 2015, 42). Ausnahmen bestehen nur insoweit, als das Privatgutachten prozessbezogen ist und die Sachkunde der Partei nicht ausreicht, um ihrer Darlegungslast zu genügen, einen gebotenen Beweis anzutreten oder Angriffe des Gegners abzuwehren, was z.B. auch dann in Betracht kommt, wenn die Partei in Folge fehlender Sachkenntnisse nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage ist (OLG Karlsruhe, BauR 2007,1450 Rz. 9 juris). Es muss als eine unabweisbarer Notwendigkeit für die Einholung des Privatgutachten vorliegen, die beispielsweise dann anzunehmen sein kann, wenn einer Partei besondere-technische, mathematische oder sonstige fachliche Kenntnisse der Gegenpartei fehlen, oder es gilt ein vorliegendes privates oder gerichtliches Sachverständigengutachten zu überprüfen, zu widerlegen, zu erschüttern oder dem gerichtlich bestellten Sachverständigen bei seiner Erläuterung sachdienliche Vorhalte zu machen ohne dazu selbst in der Lage zu sein (OLG Nürnberg, Beschluss vom 5.7.2016, 12 W 204/16 juris Tz. 10; OLG Karlsruhe VersR 2010, 232 juris Tz. 2 m.w.N.). Die Kosten eines während des Rechtsstreits eingeholten, prozessbegleitenden Gutachtens, können ausnahmsweise auch unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit erstattungsfähig sein, so wenn dadurch die fachunkundige Partei erst in die Lage versetzt wird, die bei der Gegenseite bestehende Sachkenntnis ausgleichen zu können (Zöller/Herget, ZPO, 31. Auflage, § 91 Rn. 13 „Privatgutachten“; Werner/Pastor a.a.O. Rn. 174, 177).

Diese besonderen Voraussetzungen lagen nicht vor. Es bestand deshalb keine Notwendigkeit für die Einholung eines Privatgutachtens, zumal am 11.11.2013 ein gerichtliches Gutachten auf Antrag des Beklagten eingeholt wurde und der Beklagte nach richterlichem Hinweis vom 23.10.2013 mit einem Beweisbeschluss rechnen konnte. Dass der Beklagte keine Kenntnis von dem gerichtlich angeordneten Gutachten hatte, weil er vorher – ohne den Beweisbeschluss abzuwarten – das private Gutachten in Auftrag gegeben hatte, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Er hätte in Vermeidung weiterer Kosten nach Zugang des Beweisbeschlusses ohne weiteres das beauftrage Privatgutachten stoppen oder zurückstellen können. Auch des Ergänzungsgutachtens bedurfte es nicht, da bei Ausweitung des Schadens sich die gerichtliche Begutachtung antragsgemäß auch hierauf hätte erstrecken müssen und sich tatsächlich auch erstreckt hat. Der vom Beklagten ausgeführte Beweismittelverlust durch vorzeitige Beseitigung des Schadens durch die Klägerin ist kein Grund für die Notwendigkeit der Einholung eines Privatgutachtens, denn auch bei einem gerichtlichen angeordneten Sachverständigengutachten kann dieser Fall eintreten. Die Einholung des privaten Gutachtens folgte vorliegend in eigenem Interesse und auf eigenes Kostenrisiko des Beklagten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen: des § 574 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Der. Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich.

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