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Kostenvorschuss bei mangelhafter Werkleistung: Wer haftet bei Feuchteschäden?

Eine Bodenfirma verlegte in einer Buchhandlung einen Vinylboden, der durch aufsteigende Feuchtigkeit mangelhaft wurde, was einen hohen Kostenvorschuss bei mangelhafter Werkleistung auslöste. Obwohl das Werk objektiv fehlerhaft war, entging der Unternehmer der Haftung des Handwerkers für Folgeschäden, weil er seine Prüfpflichten durch das Hinzuziehen von Sachverständigen erfüllte.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 12 U 224/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
  • Datum: 03.12.2024
  • Aktenzeichen: 12 U 224/21
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Werkvertragsrecht, Mängelhaftung, Schadensersatzrecht

  • Das Problem: Die Klägerin beauftragte eine Firma, in ihrer Buchhandlung einen Vinylboden zu verlegen. Aufgrund von aufsteigender Feuchtigkeit aus dem nicht unterkellerten Untergrund wies der Boden später Beulen und Aufwölbungen auf. Die Klägerin forderte daraufhin einen Kostenvorschuss für den notwendigen Austausch des mangelhaften Bodens.
  • Die Rechtsfrage: Muss der Bodenleger die Kosten für den Austausch des mangelhaften Bodens bezahlen, obwohl er vor der Verlegung einen empfohlenen Sperrgrund eingesetzt und alle notwendigen Prüfungen vorgenommen hat?
  • Die Antwort: Ja, der Handwerksbetrieb muss der Klägerin einen Kostenvorschuss von 24.445,10 Euro zahlen. Die Leistung war mangelhaft, da der Boden seine vertraglich vorausgesetzte Funktion wegen der Feuchtigkeit nicht erfüllen konnte. Weitergehende Schadensersatzansprüche lehnte das Gericht jedoch ab, weil der Handwerksbetrieb kein vorwerfbares Verschulden traf.
  • Die Bedeutung: Ein Handwerksbetrieb haftet für die Mängelbeseitigung (Kostenvorschuss), wenn das verlegte Werk funktional mangelhaft ist. Ein darüber hinausgehender Schadensersatzanspruch für Folgeschäden erfordert stets den Nachweis eines schuldhaften Fehlverhaltens des Unternehmers.

Der Fall vor Gericht


Warum musste die Bodenfirma zahlen, obwohl sie keine Schuld traf?

Die Besitzerin einer Buchhandlung bekam vor Gericht Recht. Ihr neuer Vinylboden war mangelhaft, das stand fest. Sie erhielt einen Vorschuss von über 24.000 Euro, um ihn komplett auszutauschen. Ein Sieg auf ganzer Linie? Nicht ganz. Denn für alle weiteren Schäden – den Ärger, den Aufwand, mögliche Geschäftsausfälle – sollte sie leer ausgehen.

Ein Sachverständiger misst den Feuchtigkeitsschaden, der durch mangelhafte Werkleistung und Verletzung der Prüfpflicht entstand.
Bodenfirma zahlte Reparaturkosten, haftet aber nicht für Folgekosten wegen fehlenden Verschuldens. | Symbolbild: KI

Das Oberlandesgericht Oldenburg zog eine feine, aber entscheidende Linie zwischen einem kaputten Werk und einer schuldhaften Handlung des Handwerkers. Diese Unterscheidung machte für die Buchhändlerin einen teuren Unterschied.

Was war das Problem mit dem neuen Vinylboden?

Im Frühjahr 2012 beauftragte die Betreiberin einer Buchhandlung in einem Gebäude von 1909 eine Fachfirma. Der alte Teppichboden sollte raus, ein moderner Vinylbelag rein. Vor den Arbeiten gab es einen Ortstermin. Der Ehemann der Buchhändlerin wies den Mitarbeiter der Bodenfirma auf mögliche Feuchtigkeit im Untergrund hin. Die Erinnerungen der Beteiligten an dieses Gespräch gingen später vor Gericht auseinander. Klar war nur: Ein Dritter, ein Spezialist für Grundierungen, wurde hinzugezogen. Dieser empfahl einen Epoxid-Sperrgrund, um den Boden gegen Feuchtigkeit abzudichten. Die Bodenfirma verlegte den Vinylbelag auf dieser Basis.

Ein knappes Jahr später zeigte sich das Problem. Im Mittelgang der Buchhandlung wölbte sich der Boden. Es bildeten sich Beulen und Blasen. Ein Reparaturversuch scheiterte. Ein Gutachter bestätigte später die Ursache: aufsteigende Feuchtigkeit aus dem nicht unterkellerten Boden des alten Hauses. Der neue, dichte Vinylbelag ließ diese Feuchtigkeit nicht entweichen – sie staute sich und drückte den Boden nach oben. Das Werk war damit unbrauchbar und mangelhaft im Sinne des Gesetzes (§ 633 Abs. 2 BGB). Es erfüllte schlicht nicht die Funktion, die ein Bodenbelag haben muss.

Wie verteidigte sich die Bodenfirma gegen den Vorwurf?

Die Bodenfirma bestritt nicht den kaputten Boden. Sie bestritt aber, dafür verantwortlich zu sein. Ihr Mitarbeiter habe den Untergrund geprüft und keine Nässe festgestellt. Man sei dem Hinweis des Ehemanns nachgegangen, habe auf dessen Wunsch einen Experten hinzugezogen und dessen Empfehlung – den Sperrgrund – exakt umgesetzt. Mehr könne ein „ordentlicher Teppichverleger“ nicht tun. Die Feuchtigkeit müsse später entstanden sein, vielleicht durch undichte Stellen in einer angrenzenden, der Firma unbekannten Mauernische, der sogenannten „Grüppe“. Die Schuld für den Schaden liege nicht bei ihr.

Hier lag ein cleverer Schachzug der Verteidigung. Sie zielte darauf ab, den Vorwurf der Fahrlässigkeit zu entkräften. Die Argumentation war simpel: Wir haben unsere Prüfpflichten erfüllt und auf Expertenrat gehandelt. Ein Restrisiko bei einem Altbau von 1909 geht nicht zu unseren Lasten. Das Gericht musste nun klären, ob dieses Vorgehen ausreichte, um sich vom Vorwurf des Verschuldens zu befreien.

Warum unterschied das Gericht so streng zwischen Reparaturkosten und weiterem Schadenersatz?

Hier liegt der Kern der Entscheidung. Das Gericht teilte den Fall in zwei getrennte rechtliche Fragen.

Die erste Frage lautete: Ist der Boden mangelhaft? Die Antwort war ein klares Ja. Die Bodenfirma schuldete einen funktionstüchtigen Boden. Geliefert wurde ein Boden, der sich wölbt. Allein diese Tatsache verpflichtet den Handwerker, den Mangel zu beheben oder die Kosten dafür zu tragen. Dafür braucht es kein Verschulden. Es ist eine Art Garantie für das Ergebnis der Arbeit. Die Buchhändlerin hatte daher einen Anspruch auf einen Kostenvorschuss für die Sanierung. Dieses Recht auf Nacherfüllung bzw. Selbstvornahme ist in § 637 BGB verankert. Die vom Gutachter ermittelten 24.445,10 Euro sprach das Gericht der Klägerin zu.

Die zweite Frage war komplexer: Steht der Buchhändlerin auch Schadensersatz für alle weiteren Folgen zu? Für einen solchen Anspruch reicht ein Mangel allein nicht aus. Der Handwerker muss den Mangel auch verschuldet haben, also seine Sorgfaltspflichten verletzt haben (§ 280 Abs. 1 BGB). Das Gesetz vermutet zwar zunächst ein Verschulden, der Unternehmer kann sich aber entlasten.

Genau das gelang der Bodenfirma. Das Gericht glaubte ihrem Mitarbeiter, dass er den Boden geprüft, keine alarmierende Feuchtigkeit bemerkt und auf den vagen Hinweis des Kunden hin korrekt reagiert hatte – indem er einen Spezialisten einschaltete. Das Gericht wertete dieses Vorgehen als ausreichend sorgfältig. Die Bodenfirma habe nicht fahrlässig gehandelt. Ohne Verschulden gibt es keinen Schadensersatz.

Die Behauptung der Firma, spätere Arbeiten an der „Grüppe“ seien schuld, wurde durch ein weiteres Gutachten widerlegt. Die Feuchtigkeitsproblematik war von Anfang an da. Das änderte aber nichts am fehlenden Verschulden der Bodenfirma. Sie hatte die Gefahr nicht erkennen müssen und angemessen reagiert. Die Forderung der Buchhändlerin nach Ersatz für weitere Schäden und Kosten wurde abgewiesen.

Die Urteilslogik

Die juristische Verantwortung des Werkunternehmers zerfällt in zwei scharf getrennte Bereiche, die den Ersatz von Reparaturkosten von der Haftung für weitreichenden Schadensersatz abgrenzen.

  • Erfolgshaftung versus Verschuldenshaftung: Der Unternehmer garantiert das Ergebnis seiner Arbeit und muss die Kosten für die Mangelbeseitigung tragen, auch wenn er keine Schuld trifft; für darüber hinausgehenden Schadenersatz haftet er jedoch nur, wenn er seine Sorgfaltspflichten fahrlässig verletzt hat.
  • Delegation der Sorgfaltspflicht: Ein Handwerker entlastet sich erfolgreich vom Vorwurf des Verschuldens, wenn er bei Gefahrhinweisen oder unklaren Untergründen proaktiv Spezialisten hinzuzieht und die daraus resultierenden fachkundigen Anweisungen präzise umsetzt.

Die rechtliche Unterscheidung zwischen der Nichterfüllung der geschuldeten Leistung und der schuldhaften Pflichtverletzung entscheidet maßgeblich über die finanzielle Tragweite der Haftung für den Auftragnehmer.


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Experten Kommentar

Wenn das neue Werk kaputtgeht, muss der Handwerker dafür geradestehen. Was aber, wenn er sich vorher an alle Regeln gehalten hat? Dieses Urteil zeigt eindrücklich: Wer seine Sorgfaltspflichten konsequent erfüllt und bei Altbau-Risiken Experten hinzuzieht, schützt sich vor der größten finanziellen Gefahr. Der Bodenleger musste zwar den Austausch des mangelhaften Bodens zahlen, weil das Ergebnis fehlerhaft war. Er entging aber der teuren Haftung für alle weiteren Folgeschäden, da ihm keine Fahrlässigkeit nachgewiesen werden konnte – ein wichtiger Unterschied, der die Spielregeln bei Prüfpflichten klar definiert.


Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann haftet mein Handwerker für Mangelfolgeschäden wie Verdienstausfall?

Sie erhalten nicht automatisch Ersatz für alle wirtschaftlichen Verluste, die durch einen Baumangel entstehen. Der Handwerker haftet für Mangelfolgeschäden wie Ihren Verdienstausfall nur, wenn ihm nachweislich ein Verschulden trifft. Die bloße Existenz eines Mangels reicht für diesen weitergehenden Schadenersatzanspruch nicht aus (§ 280 Abs. 1 BGB). Für Sie als Geschädigten ist es entscheidend, die Verletzung der Sorgfaltspflicht durch den Handwerker zu beweisen.

Das Gesetz unterscheidet streng zwischen der Beseitigung des Mangels und den wirtschaftlichen Folgekosten. Die Haftung für die reine Nacherfüllung des Werkes ist verschuldensunabhängig: Der Handwerker muss immer dafür sorgen, dass das Ergebnis funktionstüchtig ist. Hat das fehlerhafte Werk jedoch zusätzliche Schäden wie Geschäftsstopps verursacht, muss der Kunde dem Unternehmen zusätzlich die Fahrlässigkeit beweisen. Der Handwerker kann sich entlasten, wenn er zeigt, dass er alle Gefahren nicht erkennen musste und angemessen reagierte.

Nehmen wir an, ein mangelhaft verlegter Bodenbelag führt zum Stillstand Ihres Gewerbebetriebs. Sie erhalten zwar einen Kostenvorschuss, um den mangelhaften Boden auszutauschen. Wenn der Handwerker jedoch beweisen kann, dass er alle Prüf- und Hinweispflichten sorgfältig erfüllt hat – etwa durch Hinzuziehung eines Spezialisten – entfällt sein Verschulden. Ohne nachweisliche Fahrlässigkeit geht Ihre Forderung nach Ersatz des entgangenen Verdienstausfalls leer aus.

Identifizieren Sie daher sofort Lücken in der Prüfpflicht des Handwerkers, indem Sie alle Protokolle von Ortsterminen und Risikoanalysen anfordern.


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Habe ich als Kunde Anspruch auf einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung?

Ja, Sie haben einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kostenvorschuss, um Mängel an einem Werk selbst zu beseitigen. Dieses Recht auf Selbstvornahme ist in § 637 BGB verankert und hilft Kunden, die nicht sofort in Vorleistung für einen neuen Handwerker treten können. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass Sie dem ursprünglichen Unternehmer zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen mussten. Dieser Anspruch besteht außerdem unabhängig davon, ob der Handwerker den Mangel verschuldet hat.

Als Besteller schuldet der Handwerker stets ein funktionstüchtiges Werk. Ist die Leistung nachweislich mangelhaft, entsteht Ihr Vorschussanspruch sofort. Der Unternehmer muss ein mangelfreies Ergebnis liefern, ganz gleich, ob er selbst für den Mangel verantwortlich war. Dieser Vorschuss dient dazu, die voraussichtlichen Kosten abzudecken, die nötig sind, um den vertraglich geschuldeten Zustand wiederherzustellen.

Der Vorschussanspruch ist juristisch der sicherste Schritt, weil die Beweislast für das Verschulden des Handwerkers keine Rolle spielt. Dies unterscheidet ihn streng von Forderungen nach Schadenersatz für Folgeschäden. Für die reine Mängelbeseitigung erhalten Sie das Geld, sobald Sie die formal korrekte Fristsetzung vorgenommen haben. Ein Sachverständiger muss die voraussichtlichen Sanierungskosten ermitteln, da diese Zahl die Berechnungsgrundlage für Ihre Forderung bildet.

Kontaktieren Sie sofort einen vereidigten Gutachter, um die genauen Sanierungskosten, beispielsweise 24.445,10 Euro, feststellen zu lassen, da diese Zahl die Grundlage für Ihre Vorschussforderung ist.


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Welche Prüfpflichten muss mein Handwerker bei Altbauten erfüllen, um nicht zu haften?

Bei Arbeiten an Altbauten mit unbekannten Untergründen erhöhen sich die Prüfpflichten des Handwerkers signifikant. Eine oberflächliche Sichtprüfung reicht hier nicht aus, um sich später von der Haftung freizuzeichnen. Der entscheidende Schritt zur Erfüllung der erhöhten Sorgfaltspflicht liegt in der lückenlosen Reaktion auf alle Risikofaktoren und Kundenhinweise.

Die Regel verlangt vom Handwerker, den Untergrund auf seine Eignung für das geplante Werk zu prüfen. Spezifische Kundenhinweise, zum Beispiel auf frühere Feuchtigkeitsschäden oder einen nicht unterkellerten Boden, verschärfen diese Pflicht weiter. Selbst wenn der Handwerker zunächst keine Nässe feststellt, muss er den Hinweisen nachgehen. Bestehen berechtigte Zweifel an verborgenen Altbau-Risiken wie aufsteigender Feuchtigkeit, muss der Unternehmer reagieren, um eine Fahrlässigkeit zu vermeiden.

Ein Handwerker entlastet sich vor Gericht, wenn er bei unklarer Risikolage einen unabhängigen Spezialisten hinzuzieht. Konkret zeigte sich dies im Fall einer Bodensanierung in einem Haus von 1909: Die Fachfirma entging der Haftung für Mangelfolgeschäden, weil sie auf den Kundenhinweis hin einen Grundierungsexperten einschaltete und dessen Empfehlung (Epoxid-Sperrgrund) exakt umsetzte. Er muss nachweisen können, dass er alle Prüfschritte unternahm und den Spezialistenrat korrekt befolgte.

Halten Sie als Kunde alle mündlichen Hinweise auf Altbaurisiken sofort schriftlich fest und fordern Sie vom Handwerker die schriftliche Dokumentation der durchgeführten Untergrundprüfung an.


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Was tun bei Baumängeln, wenn der mangelhafte Untergrund die Ursache ist?

Die schlechte Nachricht, dass die Ursache des Baumangels in einem Altbauproblem wie aufsteigender Feuchtigkeit liegt, entbindet den Handwerker nicht automatisch von seiner Pflicht. Das verlegte Werk bleibt mangelhaft, wenn es die vereinbarte Funktion nicht erfüllt – selbst wenn der Schaden primär vom Untergrund ausgelöst wird. Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 633 Abs. 2 BGB) stellt die Mangelhaftigkeit allein als Grundlage für den Anspruch auf Nacherfüllung (Austausch) fest.

Handwerker schulden Kunden ein funktionstüchtiges, gebrauchsfähiges Werk. Wenn sich ein neuer, dichter Vinylboden aufgrund aufsteigender Feuchtigkeit wölbt, ist das Ergebnis der Arbeit unbrauchbar. Sie erhalten daher stets einen Kostenvorschuss für den Austausch und die Sanierung, da dieser Anspruch verschuldensunabhängig ist. Die Haftung für weitergehenden Schadensersatz, beispielsweise für Geschäftsausfälle, hängt jedoch davon ab, ob der Handwerker fahrlässig gehandelt hat.

Die entscheidende Frage ist, ob der Handwerker alle ihm obliegenden Prüfpflichten erfüllt hat. Besonders bei Altbauten muss er auf Kundenhinweise zur Feuchtigkeit reagieren und Spezialmaßnahmen ergreifen, etwa die Verwendung eines Epoxid-Sperrgrunds. Wie im Fall des wölbenden Vinylbodens im Buchladen gilt: Selbst wenn ein Gutachten bestätigt, dass die Feuchtigkeit von Anfang an da war, haftet der Handwerker nicht für Folgeschäden, wenn er angemessen reagiert hat.

Bevor Sie den Handwerker belangen, beauftragen Sie einen neutralen Gutachter mit einer Ursachenanalyse, die exakt feststellt, ob das verwendete Material für den Untergrund geeignet war.


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Wann kann sich der Unternehmer durch die Hinzuziehung eines Spezialisten entlasten?

Die Hinzuziehung eines Spezialisten ist ein zentrales Instrument für Handwerker, um sich von der Haftung für teure Mangelfolgeschäden zu befreien. Der Unternehmer führt den Entlastungsbeweis erfolgreich, wenn er bei Risikolagen (wie Altbau-Feuchtigkeit) einen Fachexperten hinzuzieht. Er muss dessen Empfehlungen vollständig umsetzen und diese Schritte lückenlos dokumentieren.

Die Regel: Handwerker müssen die gesetzlich geforderte Sorgfaltspflicht erfüllen. Kann der Handwerker eine spezialisierte Gefahr, die außerhalb seines eigenen Fachgebiets liegt (zum Beispiel verborgene Feuchtigkeit im Untergrund), nicht sicher einschätzen, muss er einen Dritten konsultieren. Das Gericht wertet diese Einbindung eines externen Experten als Nachweis der gebotenen Sorgfalt. Dadurch kann die gesetzliche Vermutung des Verschuldens (Fahrlässigkeit) widerlegt werden.

Konkret: Die Entlastung gelingt nur, wenn die Empfehlung präzise befolgt wird. Die Bodenfirma im Fallbeispiel beauftragte bei Feuchtigkeitshinweisen einen Grundierungsspezialisten. Dieser empfahl einen Epoxid-Sperrgrund, den die Firma exakt auftrug. Durch die lückenlose Umsetzung dieses Rats bewies das Unternehmen, dass es alles Zumutbare getan hatte und führte damit den Entlastungsbeweis. Es haftete damit zwar für den kaputten Boden, wurde aber von den hohen Folgeschäden (z.B. Verdienstausfall) befreit.

Dokumentieren Sie als Handwerker die schriftliche Empfehlung des hinzugezogenen Spezialisten und die konkrete Umsetzung in Ihren Arbeitsberichten, um im Streitfall den Entlastungsbeweis zu führen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Entlastungsbeweis

Der Entlastungsbeweis ist der Nachweis, den ein Unternehmer vor Gericht erbringen muss, um die gesetzliche Vermutung seiner Fahrlässigkeit zu widerlegen, wenn ein Mangel am Werk aufgetreten ist. Durch diesen Beweis zeigt der Handwerker, dass er alle gebotenen Sorgfaltspflichten erfüllt hat. Das Gesetz erlaubt ihm so, trotz eines Mangels der Haftung für teure Mangelfolgeschäden zu entgehen.

Beispiel: Die Bodenfirma führte den Entlastungsbeweis erfolgreich, indem sie dokumentierte, dass sie auf Kundenhinweis hin einen Spezialisten hinzog und dessen Empfehlung zum Epoxid-Sperrgrund präzise umsetzte.

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Mangelfolgeschäden

Mangelfolgeschäden sind alle wirtschaftlichen Verluste und weiteren Schäden, die über die reine Reparatur des mangelhaften Werkes hinausgehen. Für den Ersatz dieser sekundären Schäden, wie beispielsweise den entgangenen Gewinn oder Verdienstausfall, ist zwingend ein Verschulden des Unternehmers erforderlich. Das Gesetz unterscheidet diese Ansprüche streng von der verschuldensunabhängigen Pflicht zur Mängelbeseitigung.

Beispiel: Obwohl der Boden ausgetauscht werden musste, erhielt die Buchhändlerin keinen Ersatz für ihre Mangelfolgeschäden wie den Aufwand und mögliche Geschäftsausfälle, da das Gericht keine schuldhafte Pflichtverletzung feststellte.

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Nacherfüllung

Juristen nennen die Nacherfüllung den Anspruch des Kunden, dass der Handwerker das mangelhafte Werk kostenlos repariert oder neu herstellt. Dieser zentrale Anspruch aus dem Werkvertragsrecht ist verschuldensunabhängig. Das bedeutet, der Unternehmer muss immer für das funktionstüchtige Ergebnis einstehen, egal ob ihn eine Schuld trifft oder nicht.

Beispiel: Weil der gelieferte Vinylboden mangelhaft war und sich wölbte, hatte die Buchhändlerin gemäß § 633 BGB einen direkten Anspruch auf Nacherfüllung, auch wenn die Bodenfirma nicht fahrlässig gehandelt hatte.

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Prüfpflichten

Prüfpflichten bezeichnen die dem Handwerker auferlegte Sorgfalt, den zur Verfügung gestellten Untergrund und das Material auf ihre Eignung für das geplante Bauwerk hin zu untersuchen. Das Gesetz verlangt vom Unternehmer, dass er Risiken frühzeitig erkennt und den Kunden auf Gefahren hinweist, besonders wenn es sich um Altbauten oder spezielle Untergründe handelt.

Beispiel: Im alten Haus von 1909 musste die Bodenfirma erhöhte Prüfpflichten erfüllen und dem Hinweis des Kunden auf mögliche Feuchtigkeit nachgehen, um sich später im Prozess vom Vorwurf der Fahrlässigkeit zu befreien.

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Selbstvornahme

Die Selbstvornahme ist das Recht des Kunden, einen Mangel an einem Bauwerk selbst zu beseitigen und vom ursprünglichen Unternehmer dafür einen Kostenvorschuss zu verlangen. Dieses in § 637 BGB verankerte Recht stärkt die Position des Bestellers. Es ermöglicht eine schnelle Beseitigung des Mangels, nachdem dem ursprünglichen Handwerker erfolglos eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt wurde.

Beispiel: Um den wölbenden Vinylboden austauschen zu lassen, forderte die Buchhändlerin einen Kostenvorschuss zur Selbstvornahme, der ihr in Höhe von 24.445,10 Euro gerichtlich zugesprochen wurde.

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Das vorliegende Urteil


OLG Oldenburg – Az.: 12 U 224/21 – Urteil vom 03.12.2024


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