Skip to content

Krankenhausvergütungsanspruch gegen Erben des verstorbenen Patienten

Ein Berliner Krankenhaus gewinnt einen Rechtsstreit um Behandlungskosten in Höhe von knapp 27.000 Euro gegen die Alleinerbin einer verstorbenen Patientin. Die Erbin hatte die Zahlung verweigert, da die Behandlung ihrer Ansicht nach gegen den Willen der Verstorbenen erfolgte und sich auf eine Patientenverfügung berief. Das Gericht entschied jedoch, dass die Verfügung im vorliegenden Fall nicht anwendbar war und die Behandlung rechtmäßig durchgeführt wurde.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Gericht entschied zugunsten des Krankenhauses, das die Alleinerbin der verstorbenen Patientin auf Zahlung von Behandlungskosten verklagte.
  • Ein Behandlungsvertrag mit der verstorbenen Patientin wurde zumindest konkludent geschlossen, was die Grundlage für den Zahlungsanspruch des Krankenhauses war.
  • Die Beklagte argumentierte, dass Reanimationsmaßnahmen gegen den Willen der Erblasserin durchgeführt wurden, was das Gericht jedoch nicht als Verstoß betrachtete.
  • Die Patientenverfügung der Erblasserin wurde von den Ärzten nicht missachtet, da die Erblasserin zum Zeitpunkt der Reanimationen nicht im Koma war.
  • Der Hinweis der Beklagten als Vorsorgebevollmächtigte auf den vermeintlich entgegenstehenden Willen der Erblasserin reichte nicht aus, um eine Rechtswidrigkeit der Behandlung festzustellen.
  • Ein Einvernehmen zwischen der Vorsorgebevollmächtigten und dem behandelnden Arzt über den Abbruch der Behandlung existierte nicht und wurde auch nicht durch das Betreuungsgericht genehmigt.
  • Das Gericht stellte fest, dass das Weiterleben der Erblasserin keinen rechtlichen Schaden darstellt, daher keine Schadenersatzansprüche bestehen.
  • Das Krankenhaus hatte die formalen Voraussetzungen erfüllt, da eine Rechnung zwar nicht Voraussetzung für die Fälligkeit war, aber den gesetzlichen Anforderungen entsprach.
  • Das Zurückbehaltungsrecht wegen Einsicht in die Patientenakte bestand nicht mehr, da die Einsicht mittlerweile gewährt wurde.
  • Die Forderung des Krankenhauses war nicht verjährt.

Krankenhauskosten nach Sterbefall: Rechte der Erben im Erbschaftsrecht

Die Krankenhausvergütung stellt ein zentrales Element im Gesundheitswesen dar, insbesondere im Zusammenhang mit den Kosten, die nach einem Sterbefall im Krankenhaus anfallen. Im Falle eines Patienten, der verstorben ist, können Krankenhäuser Forderungen gegenüber den Erben geltend machen, um die anfallenden Krankenhauskosten zu decken. Hierbei spielen nicht nur die Patientenrechnung und der Behandlungsausdruck eine Rolle, sondern auch komplexe Aspekte des Erbschaftsrechts. Oft stehen diesen Zahlungsansprüchen auch Nachlassregelungen gegenüber, die die Leistungsverweigerung der Erben betreffen können. Im Hinblick auf die medizinische Versorgung stellt sich daher die Frage, wie Erben im Kontext von Krankenhauskosten rechtlich belehrt werden. Im Folgenden betrachten wir einen konkreten Fall, der auf diese Aspekte eingeht und die damit verbundenen rechtlichen Fragen erläutert.

Der Fall vor Gericht


Krankenhaus klagt erfolgreich Behandlungskosten für verstorbene Patientin ein

Das Kammergericht Berlin hat in einem Berufungsverfahren die Klage eines Krankenhauses auf Zahlung von Behandlungskosten in Höhe von knapp 27.000 Euro bestätigt. Die Alleinerbin einer verstorbenen Patientin muss für die Kosten aufkommen, obwohl sie argumentierte, dass die Behandlung gegen den Willen der Verstorbenen erfolgt sei.

Streit um Gültigkeit der Patientenverfügung

Erbschaftsansprüche für Krankenhauskosten nach Sterbefall
Das Kammergericht Berlin entschied, dass die Erbin einer verstorbenen Patientin für die Krankenhausbehandlungskosten aufkommen muss, da die Ärzte die Patientenverfügung nicht missachtet haben. (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Im Zentrum des Falls stand die Frage, ob die Ärzte des Krankenhauses die Patientenverfügung der verstorbenen Frau missachtet hatten. Die Erbin vertrat die Ansicht, dass laut Verfügung weder eine künstliche Beatmung noch Reanimationsmaßnahmen hätten durchgeführt werden dürfen. Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Es urteilte, dass die Patientenverfügung in der konkreten Situation nicht einschlägig gewesen sei, da sich die Patientin zum Zeitpunkt der Behandlungen nicht in einem Koma befunden habe. Zudem hätten die Ärzte nicht davon ausgehen müssen, dass keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins bestand.

Gericht sieht keinen Grund für Behandlungsabbruch

Auch der wiederholte Hinweis der Erbin als Vorsorgebevollmächtigte, dass die Behandlung nicht dem Willen der Patientin entspreche, führte nach Ansicht des Gerichts nicht zur Rechtswidrigkeit der medizinischen Maßnahmen. Es habe weder ein Einvernehmen zwischen der Bevollmächtigten und dem behandelnden Arzt über einen Behandlungsabbruch vorgelegen, noch sei das fehlende Einvernehmen durch eine Genehmigung des Betreuungsgerichts ersetzt worden. Ohne diese Voraussetzungen sei die Behandlung rechtmäßig gewesen.

Anspruch auf Behandlungskosten bestätigt

Das Gericht bestätigte, dass mit der verstorbenen Patientin zumindest konkludent ein Behandlungsvertrag geschlossen worden sei. Alternativ hätte es sich um eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag gehandelt. Die Forderung des Krankenhauses sei fällig, da bei Krankenhausleistungen keine Rechnung als Fälligkeitsvoraussetzung nötig sei. Die vorgelegte Rechnung entspreche zudem den gesetzlichen Anforderungen. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen verlangter Einsichtnahme in die Patientenakte bestehe nicht mehr, da diese Einsicht mittlerweile gewährt worden sei.

Verjährung und Aufrechnung abgelehnt

Das Gericht wies auch den Einwand der Verjährung zurück. Die zwischenzeitlichen Verhandlungen der Parteien hätten die Verjährung gehemmt. Eine zunächst erklärte Aufrechnung mit Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüchen gegen die Klageforderung wurde von der Beklagten in zweiter Instanz nicht aufrechterhalten. Das Gericht betonte zudem, dass das Weiterleben rechtlich nicht als Schaden anzusehen sei.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Wirksamkeit von Patientenverfügungen und die Durchsetzung des Patientenwillens. Ohne eindeutige Einschlägigkeit der Verfügung oder Einvernehmen zwischen Bevollmächtigten und Ärzten bzw. gerichtliche Genehmigung bleibt eine lebenserhaltende Behandlung rechtmäßig. Dies unterstreicht die Bedeutung präziser Formulierungen in Patientenverfügungen und zeigt die Grenzen der Patientenautonomie in medizinischen Grenzsituationen auf.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Das Urteil des Berliner Kammergerichts klärt deutlich die Verpflichtung von Erben zur Übernahme von Krankenhauskosten eines verstorbenen Angehörigen, selbst wenn Zweifel daran bestehen, ob die Behandlung im Einklang mit dem Willen des Verstorbenen stand. Für Angehörige und Nachlassverwalter bedeutet dies, dass die im Rahmen eines konkludenten Behandlungsvertrags entstandenen Kosten vom Nachlass getragen werden müssen, solange keine grobe Pflichtverletzung der Ärzte vorliegt und die Patientenverfügung nicht eindeutig die untersagten Maßnahmen umfasst. Die Entscheidung unterstreicht die Wichtigkeit einer präzise formulierten Patientenverfügung und weist darauf hin, dass diese nur bindend ist, wenn sie klar beschreibt, welche Behandlungen unter welchen Bedingungen abgelehnt werden. Dies schafft Klarheit für Erben, die mit der Sorge konfrontiert sind, für medizinische Kosten aufkommen zu müssen, und betont die Notwendigkeit einer detaillierten und situationsbezogenen Formulierung gesundheitlicher Wünsche durch den Verstorbenen.


FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie wirksam sind Patientenverfügungen bei der Abwehr von Behandlungskosten?

Patientenverfügungen sind primär nicht dazu gedacht, Behandlungskosten abzuwehren. Ihre Hauptfunktion besteht darin, den Patientenwillen bezüglich medizinischer Maßnahmen in Situationen festzulegen, in denen der Patient selbst nicht mehr entscheidungsfähig ist.

Rechtliche Grundlagen und Wirksamkeit

Patientenverfügungen sind seit 2009 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Nach § 1901a BGB sind sie für Ärzte und Bevollmächtigte rechtlich bindend, sofern sie auf die konkrete Behandlungssituation zutreffen. Dies bedeutet, dass bestimmte medizinische Maßnahmen unterlassen werden müssen, wenn dies in der Patientenverfügung so festgelegt wurde.

Einfluss auf Behandlungskosten

Obwohl Patientenverfügungen nicht direkt auf die Abwehr von Kosten abzielen, können sie indirekt Einfluss auf die entstehenden Behandlungskosten haben:

  1. Begrenzung lebenserhaltender Maßnahmen: Wenn Sie in Ihrer Patientenverfügung bestimmte kostenintensive Behandlungen wie künstliche Beatmung oder Dialyse ablehnen, können dadurch Kosten vermieden werden.
  2. Palliative Versorgung: Eine Patientenverfügung, die palliative Maßnahmen statt kurativer Behandlungen vorsieht, kann ebenfalls zu einer Kostenreduktion führen.

Grenzen der Wirksamkeit

Es ist wichtig zu verstehen, dass Patientenverfügungen Grenzen haben:

  • Akute Notfälle: In Notfallsituationen, in denen schnelles Handeln erforderlich ist, kann eine Patientenverfügung möglicherweise nicht rechtzeitig berücksichtigt werden.
  • Interpretationsspielraum: Ärzte und Bevollmächtigte müssen die Patientenverfügung auf die aktuelle Situation anwenden, was einen gewissen Interpretationsspielraum lässt.
  • Keine Ablehnung der Grundversorgung: Eine Patientenverfügung kann nicht dazu genutzt werden, grundlegende Versorgungsleistungen wie Pflege oder Schmerzlinderung abzulehnen.

Bedeutung für Erben

Wenn Sie Erbe eines verstorbenen Patienten sind, ist es wichtig zu wissen, dass eine Patientenverfügung Sie nicht von der Pflicht entbindet, offene Behandlungskosten zu begleichen. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses oder Arztes besteht unabhängig davon, ob eine Patientenverfügung vorlag oder nicht.

Patientenverfügungen sind ein wichtiges Instrument zur Selbstbestimmung in medizinischen Fragen. Ihre Wirksamkeit bei der Abwehr von Behandlungskosten ist jedoch begrenzt und sollte nicht als primäres Ziel verstanden werden.


zurück

Welche rechtlichen Pflichten haben Erben bezüglich unbezahlter Krankenhausrechnungen des Verstorbenen?

Erben haften grundsätzlich für unbezahlte Krankenhausrechnungen des Verstorbenen. Dies ergibt sich aus dem Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB. Als Erbe treten Sie in alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen ein, einschließlich seiner Schulden.

Umfang der Haftung

Ihre Haftung als Erbe erstreckt sich zunächst auf den gesamten Nachlass. Das bedeutet, Sie müssen die Krankenhausrechnungen aus dem geerbten Vermögen begleichen. Wichtig: Ihre Haftung ist nicht auf den Wert des Nachlasses beschränkt, solange Sie keine Maßnahmen zur Haftungsbeschränkung ergreifen.

Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung

Um Ihr Privatvermögen zu schützen, können Sie verschiedene Schritte unternehmen:

  1. Ausschlagung der Erbschaft: Innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis vom Erbfall können Sie die Erbschaft ausschlagen. Dadurch entgehen Sie jeglicher Haftung.
  2. Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz: Diese Verfahren beschränken Ihre Haftung auf den Nachlass.
  3. Dürftigkeitseinrede: Wenn der Nachlass überschuldet ist, können Sie die Befriedigung der Nachlassgläubiger verweigern.

Besonderheiten bei Krankenhausrechnungen

Krankenhausrechnungen gehören zu den Erblasserschulden nach § 1967 Abs. 2 BGB. Sie entstehen durch die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen zu Lebzeiten des Erblassers. Wenn Sie eine Krankenhausrechnung erhalten, die noch nicht beglichen wurde, sollten Sie zunächst prüfen, ob die Leistungen tatsächlich erbracht wurden und die Rechnung korrekt ist.

Vorgehen bei Erhalt einer unbezahlten Rechnung

Wenn Sie eine unbezahlte Krankenhausrechnung des Verstorbenen erhalten, sollten Sie:

  1. Die Rechtmäßigkeit der Forderung prüfen.
  2. Klären, ob Versicherungsleistungen in Anspruch genommen werden können.
  3. Die Rechnung aus dem Nachlass begleichen, sofern ausreichend Mittel vorhanden sind.
  4. Bei Überschuldung des Nachlasses rechtzeitig Maßnahmen zur Haftungsbeschränkung einleiten.

Beachten Sie, dass die Nichtbezahlung einer rechtmäßigen Krankenhausrechnung rechtliche Konsequenzen haben kann. Das Krankenhaus kann seine Forderung gerichtlich geltend machen und im Erfolgsfall auch auf Ihr Privatvermögen zugreifen, sofern Sie keine Haftungsbeschränkung vorgenommen haben.


zurück

Welche rechtlichen Schritte können Erben unternehmen, wenn sie die Behandlung für unrechtmäßig halten?

Wenn Sie als Erbe die medizinische Behandlung des Verstorbenen für unrechtmäßig halten, stehen Ihnen verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung:

Einsicht in die Patientenakte

Als Erbe haben Sie das Recht, Einsicht in die vollständige Patientenakte des Verstorbenen zu nehmen. Dies ermöglicht Ihnen, die Behandlung im Detail nachzuvollziehen und mögliche Unregelmäßigkeiten zu identifizieren. Beachten Sie, dass dieses Recht nur den Erben zusteht, nicht jedoch anderen Angehörigen, die nicht Erben sind.

Prüfung durch einen medizinischen Sachverständigen

Sollten Sie nach Einsicht in die Patientenakte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Behandlung haben, können Sie einen medizinischen Sachverständigen hinzuziehen. Dieser kann die Behandlung fachlich bewerten und mögliche Behandlungsfehler identifizieren.

Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen

Wenn ein Behandlungsfehler festgestellt wird, können Sie als Erbe Schadensersatzansprüche geltend machen. Diese Ansprüche umfassen sowohl materielle als auch immaterielle Schäden, wie etwa Schmerzensgeld. Beachten Sie, dass Sie hierfür die Aktivlegitimation nachweisen müssen, also dass Sie tatsächlich Erbe sind.

Klageerhebung

Sollte eine außergerichtliche Einigung nicht möglich sein, können Sie als Erbe Klage erheben. Die Klage muss innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfristen eingereicht werden. In der Regel beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und Sie von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt haben.

Beweislast und Dokumentation

Bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen Behandlungsfehlern tragen Sie als Kläger grundsätzlich die Beweislast. Es ist daher wichtig, alle relevanten Unterlagen sorgfältig zu sammeln und zu dokumentieren. In bestimmten Fällen kann es jedoch zu einer Beweislastumkehr kommen, etwa bei groben Behandlungsfehlern.

Anfechtung des Behandlungsvertrags

In seltenen Fällen kann auch eine Anfechtung des Behandlungsvertrags in Betracht kommen, etwa wenn der Verstorbene bei Vertragsschluss nicht geschäftsfähig war. Dies könnte zur Nichtigkeit des Vertrags führen und somit auch Auswirkungen auf die Vergütungsansprüche des Krankenhauses haben.

Bedenken Sie, dass die Durchsetzung von Ansprüchen wegen Behandlungsfehlern oft komplex und langwierig sein kann. Eine sorgfältige Prüfung und Dokumentation aller Fakten ist daher unerlässlich, um Ihre Chancen auf Erfolg zu maximieren.


zurück

Unter welchen Umständen kann ein Krankenhaus Behandlungskosten auch ohne explizite Einwilligung des Patienten geltend machen?

Ein Krankenhaus kann in bestimmten Situationen Behandlungskosten auch ohne ausdrückliche Einwilligung des Patienten geltend machen. Dies ist insbesondere in Notfallsituationen der Fall, wenn eine sofortige Behandlung erforderlich ist, um das Leben oder die Gesundheit des Patienten zu schützen.

Notfallsituationen

Wenn Sie bewusstlos oder nicht ansprechbar in die Notaufnahme eingeliefert werden, dürfen Ärzte lebensrettende Maßnahmen auch ohne Ihre explizite Zustimmung durchführen. In solchen Fällen wird von einer mutmaßlichen Einwilligung ausgegangen. Das bedeutet, dass die Ärzte annehmen, Sie hätten der Behandlung zugestimmt, wenn Sie dazu in der Lage gewesen wären.

Konkludenter Vertragsschluss

Auch wenn Sie sich bewusst in ärztliche Behandlung begeben, etwa indem Sie eine Arztpraxis oder ein Krankenhaus aufsuchen, kann dies als konkludenter Vertragsschluss gewertet werden. Durch Ihr Verhalten signalisieren Sie Ihre Bereitschaft zur Behandlung und zur Übernahme der damit verbundenen Kosten, auch ohne dass Sie dies explizit aussprechen.

Geschäftsführung ohne Auftrag

In Situationen, in denen Sie nicht in der Lage sind, Ihre Zustimmung zu geben, und kein gesetzlicher Vertreter verfügbar ist, kann das Krankenhaus Behandlungen im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag durchführen. Dies gilt insbesondere, wenn die Behandlung Ihrem mutmaßlichen Willen entspricht und in Ihrem Interesse liegt.

Grenzen der Behandlung ohne Einwilligung

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Möglichkeit zur Behandlung ohne explizite Einwilligung Grenzen hat. Sobald Sie wieder in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen, müssen Ärzte Ihre Einwilligung für weitere Behandlungen einholen. Zudem dürfen nur Maßnahmen ergriffen werden, die medizinisch notwendig und nicht aufschiebbar sind.

Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht

Wenn Sie im Voraus eine Patientenverfügung erstellt oder eine Vorsorgevollmacht erteilt haben, müssen diese bei der Entscheidung über Behandlungen berücksichtigt werden. Diese Dokumente können Ihren Willen auch dann zum Ausdruck bringen, wenn Sie selbst nicht mehr entscheidungsfähig sind.

Kostenübernahme durch Krankenkassen

In den meisten Fällen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für notwendige medizinische Behandlungen, auch wenn diese ohne explizite Einwilligung durchgeführt wurden. Bei privat Versicherten gelten die jeweiligen Vertragsbedingungen.

Beachten Sie, dass in Situationen, in denen eine Behandlung ohne Ihre ausdrückliche Einwilligung durchgeführt wurde, das Krankenhaus verpflichtet ist, Sie oder Ihre Angehörigen so bald wie möglich über die erfolgten Maßnahmen zu informieren. Dies dient der Wahrung Ihres Selbstbestimmungsrechts und ermöglicht es Ihnen, über weitere Behandlungsschritte zu entscheiden.


zurück

Welche Rolle spielt das Betreuungsgericht bei Konflikten um medizinische Behandlungen gegen den Patientenwillen?

Das Betreuungsgericht nimmt eine zentrale Rolle als neutrale Instanz bei Konflikten um medizinische Behandlungen gegen den Patientenwillen ein. Es wird aktiv, wenn Uneinigkeit zwischen Ärzten, Betreuern oder Bevollmächtigten und Angehörigen über die Durchführung oder Unterlassung einer medizinischen Maßnahme besteht.

Einschaltung des Betreuungsgerichts

Das Betreuungsgericht muss eingeschaltet werden, wenn der Betreuer oder Bevollmächtigte in eine Untersuchung, Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff einwilligen möchte, bei dem die begründete Gefahr besteht, dass der Patient stirbt oder einen schweren, länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Gleiches gilt, wenn der Betreuer oder Bevollmächtigte eine solche Maßnahme ablehnt oder eine bereits erteilte Einwilligung widerruft.

Wenn Sie als Arzt oder Angehöriger Zweifel an der Entscheidung eines Betreuers oder Bevollmächtigten haben, können Sie sich ebenfalls an das Betreuungsgericht wenden. Das Gericht prüft dann, ob die Entscheidung dem Patientenwillen entspricht.

Entscheidungsbefugnisse und Prozess

Das Betreuungsgericht hat weitreichende Befugnisse. Es kann:

  • Die Einwilligung, Nichteinwilligung oder den Widerruf der Einwilligung des Betreuers oder Bevollmächtigten genehmigen oder ablehnen.
  • Einen Betreuer bestellen oder die Aufgabenkreise eines bestehenden Betreuers erweitern, falls dies notwendig erscheint.
  • Anordnungen treffen, um den Patientenwillen durchzusetzen.

Der Prozess einer gerichtlichen Entscheidung umfasst in der Regel folgende Schritte:

  1. Anhörung des Patienten (sofern möglich)
  2. Anhörung des Betreuers oder Bevollmächtigten
  3. Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens
  4. Prüfung vorhandener Patientenverfügungen oder Behandlungswünsche
  5. Gegebenenfalls Anhörung von Angehörigen oder nahestehenden Personen

Rechte und Pflichten von Bevollmächtigten und Ärzten

Bevollmächtigte und Betreuer sind verpflichtet, den Patientenwillen zu ermitteln und umzusetzen. Sie müssen ihre Entscheidungen dem Betreuungsgericht gegenüber begründen können.

Ärzte sind verpflichtet, lebensgefährliche Maßnahmen oder solche mit schwerwiegenden Folgen nur durchzuführen, wenn eine wirksame Einwilligung vorliegt. Bei Zweifeln an der Wirksamkeit der Einwilligung oder bei Konflikten sollten Sie das Betreuungsgericht einschalten.

Beachten Sie: Das Betreuungsgericht wird nur tätig, wenn tatsächlich ein Konflikt vorliegt. Besteht Einvernehmen zwischen Arzt und Betreuer oder Bevollmächtigtem darüber, dass die Maßnahme dem Patientenwillen entspricht, ist keine gerichtliche Genehmigung erforderlich.


zurück


Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung ist ein schriftliches Dokument, in dem eine Person im Voraus festlegt, welche medizinischen Behandlungen sie im Fall ihrer Entscheidungsunfähigkeit wünschen oder ablehnen würde. Laut § 1901a BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist es wichtig, diese Verfügung so präzise wie möglich zu formulieren, um im Ernstfall Klarheit über den geäußerten Willen sicherzustellen.

Beispiel: Eine Person schreibt in ihrer Patientenverfügung, dass sie keine lebenserhaltenden Maßnahmen wie künstliche Beatmung im Falle eines irreversiblen Komas wünscht.

In dem diskutierten Fall sah das Gericht die Verfügung der verstorbenen Patientin in der konkreten Situation für nicht anwendbar an, was verdeutlicht, dass klare Bedingungen und Situationen beschrieben werden müssen.


Zurück

Konkludenter Vertrag

Ein konkludenter Vertrag wird durch schlüssiges Handeln, also ohne ausdrückliche Erklärung, geschlossen. Im medizinischen Kontext kann dies bedeuten, dass ein Vertrag allein durch die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen zustande kommt.

Beispiel: Wenn ein Patient ins Krankenhaus geht und sich behandeln lässt, ohne einen schriftlichen Vertrag zu unterschreiben, entsteht dennoch ein Behandlungsvertrag durch konkludentes Handeln.

Das Gericht entschied in diesem Fall, dass ein konkludenter Behandlungsvertrag zwischen der verstorbenen Patientin und dem Krankenhaus bestand, da sie die Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen hatte.


Zurück

Geschäftsführung ohne Auftrag

Die Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 BGB) beschreibt, dass jemand für einen anderen eine Angelegenheit besorgt, ohne dass ein Auftrag oder eine Weisung vorliegt. Dies ist rechtmäßig, sofern die Handlung im Interesse des anderen liegt.

Beispiel: Eine Person sieht bei einem Spaziergang, dass das Haus eines Nachbarn brennt und ruft die Feuerwehr, ohne den Nachbarn vorher zu fragen.

Im vorliegenden Fall könnte das Krankenhaus argumentieren, dass es im Interesse der Patientin gehandelt hat, auch ohne ausdrückliche Erlaubnis, um ihr zu helfen und somit das Prinzip der Geschäftsführung ohne Auftrag zutrifft.


Zurück

Vorsorgebevollmächtigter

Ein Vorsorgebevollmächtigter ist eine Person, die in einer Vollmacht ernannt wurde, um im Namen eines anderen rechtliche und finanzielle Angelegenheiten zu regeln, insbesondere wenn dieser gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist, Entscheidungen selbst zu treffen.

Beispiel: Ein älterer Mensch erteilt seiner Tochter eine Vorsorgevollmacht, um im Fall seiner Demenz wichtige gesundheitliche Entscheidungen treffen zu können.

Im Fall des Berliner Krankenhauses vertrat die Erbin als Vorsorgebevollmächtigte den angeblichen Willen der Verstorbenen, jedoch sah das Gericht kein rechtliches Einvernehmen über einen Behandlungsabbruch.


Zurück

Betreuungsgericht

Das Betreuungsgericht ist eine spezielle Abteilung des Amtsgerichts, die über die Anordnung und den Umfang rechtlicher Betreuungen sowie über die Genehmigung bestimmter Entscheidungen von Bevollmächtigten entscheidet.

Beispiel: Wenn es Unstimmigkeiten über den Gesundheitszustand eines Patienten gibt, kann das Betreuungsgericht eine medizinische Maßnahme genehmigen oder ablehnen.

Im Berliner Fall stellte das Gericht fest, dass ein Einvernehmen zwischen Bevollmächtigter und Arzt nicht durch eine Genehmigung des Betreuungsgerichts ersetzt worden war, was die Fortführung der Behandlung rechtfertigte.


Zurück

Aufrechnung

Die Aufrechnung ist ein Rechtsmittel, durch das zwei sich gegenüberstehende Forderungen miteinander verrechnet werden können, sodass nur der verbleibende Saldo geschuldet ist. Sie ist in § 387 BGB geregelt.

Beispiel: Ein Gläubiger schuldet seinem Schuldner 100 Euro und hat eine Gegenforderung von 70 Euro. Durch Aufrechnung schuldet der Gläubiger nur noch 30 Euro.

Im Verfahren wurde von der Beklagten zunächst versucht, die Zahlung der Krankenhauskosten mit eigenen Forderungen aufzurechnen, was jedoch in der höheren Instanz nicht aufrechterhalten wurde.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 630a BGB (Behandlungsvertrag): Dieser Paragraph regelt den Behandlungsvertrag zwischen Patienten und Ärzten. Es wird davon ausgegangen, dass mit der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen ein solcher Vertrag zustande kommt, es sei denn, der Patient hat dem nicht zugestimmt. Im vorliegenden Fall argumentierte das Gericht, dass ein konkludenter Behandlungsvertrag zwischen der Erblasserin und dem Krankenhaus durch die Inanspruchnahme der medizinischen Leistungen entstanden sei.
  • § 1901 BGB (Einwilligung in medizinische Behandlungen): Dieser Paragraph behandelt die Einwilligung des Patienten zu medizinischen Maßnahmen. Er legt fest, dass eine Einwilligung auch bei absehbaren Behandlungen strapaziert werden kann, solange der Patient nicht im Koma oder in einem ähnlichen Zustand ist. Der Bezug zur Erblasserin liegt darin, dass das Gericht entschied, dass die Erblasserin nicht in einem Koma war und somit die Ärzte nicht davon ausgehen konnten, dass ihre Einwilligung in die Reanimationsmaßnahmen nicht vorlag.
  • § 8 Abs. 9 KHEntgG (Krankenhausentgeltgesetz): Diese Vorschrift regelt die Fälligkeit der Ansprüche auf Krankenbehandlungsentgelte. Sie stipuliert, dass eine Rechnung nicht unbedingt für die Fälligkeit erforderlich ist, jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Im Fall wurde festgestellt, dass die Rechnung den Anforderungen des KHEntgG entsprach, was die Forderung des Krankenhauses hinsichtlich der Behandlungskosten stützte.
  • § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen): Dieser Paragraph schützt die Geheimhaltung von Informationen über Patienten. Im Rahmen des Falles war die Einsichtnahme in die Patientenakte von zentraler Bedeutung. Das Gericht entschied, dass kein Zurückbehaltungsrecht für die Beklagte aufgrund der Einsichtnahme in die Patientenakte vorlag, da die Einsicht mittlerweile gewährt worden war und dadurch kein Rechtsanspruch auf Zurückbehaltung mehr bestand.
  • § 195 BGB (Regelmäßige Verjährung): Hierbei handelt es sich um die Regelung der Verjährungsfristen für Ansprüche, die in der Regel drei Jahre beträgt. Die Beklagte führte an, dass der Anspruch verjährt sei, konnte aber in der zweiten Instanz keine nachhaltigen Argumente dafür vorlegen. Das Gericht wies diese Argumentation zurück und stellte fest, dass es keine Anzeichen für eine Verjährung der Klageforderung gab, was die Ansprüche des Krankenhauses unberührt ließ.

Das vorliegende Urteil

KG Berlin – Az.: 20 U 105/22 – Urteil vom 20.02.2023


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen ausschließlich Informationszwecken und stellen keine Rechtsberatung dar. Sie können eine individuelle rechtliche Beratung, die die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigt, nicht ersetzen. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch neue Urteile und Gesetze geändert haben. Teile dieses Beitrags könnten mithilfe von KI-Unterstützung erstellt worden sein, um eine effiziente und präzise Darstellung der Informationen zu gewährleisten. Trotz umfassender Kontrolle können Irrtümer enthalten sein. Für eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(telefonisch werden keine juristischen Auskünfte erteilt!)

Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage >>> per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Hinweis: 

Telefonisch können leider keine Erstanfragen beantwortet werden. Anfragen auf Ersteinschätzung bitte nur über unser Anfrageformular stellen. 

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Jobangebote

Jobangebote in der Kanzlei Kotz
Rechtsanwaltsfach-angestellte(r) und Notarfachangestellte(r) (m/w/d)

 

jetzt bewerben