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Krankentagegeldversicherung: Anrechnung anderweit gewährter Krankentagegelder

 Oberlandesgericht Hamm

Az.: 20 U 263/93

Urteil vom 25.03.1994

Vorinstanz: LG Münster, AZ.: 15 0 7/93


In dem Rechtsstreit hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 1994 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 27. Mai 1993 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster teilweise abgeändert.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Der Beklagte wird verurteilt, über die erstinstanzlich ausgeurteilten Beträge hinaus, an den Kläger weitere 2.700,00 DM“ nebst 4 % Zinsen seit dem 24. Dezember 1993 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. . .

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat, nachdem der Kläger seinen Zinsantrag angepasst hat, in vollem Umfang Erfolg.

Bei der Krankentagegeldversicherung handelt es sich um eine Summenversicherung und nicht um eine gemischte Summen- und Schadenversicherung; eine Anrechnung anderweit gewährter Krankentagegelder auf das vom Versicherer geschuldete Krankentagegeld findet nicht statt (gleicher Ansicht OLG Frankfurt VersR 1989, 1290, 1291/ OLG Köln r+s 1990, 213, 214, OLG Karlsruhe r+s 1990, 212, 213; Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 2. Auflage 1993, § 4 MB/KT Rdnr. 9; dagegen Wriede r+s 1991, 65 f, und Landgericht Aachen r+s 1993, 32 f.; vgl. auch Senat ZfS 1988, 309; soweit der Beklagte auf das Urteil des Senats Versicherungsrecht 1983, 1147, 1148 verweist, wird dort – anders als hier – auf eine Tarifbestimmung abgestellt, die im vorliegenden Versicherungsfall fehlt). Ob das hier streitbefangene Verletztengeld der Bau-Berufsgenossenschaft, das der Kläger erhalten hat, zu den „sonstigen Krankentagegeldern“ im Sinne von § 4 Nr. 2 zählt (dazu Prölss/Martin, WG, 25. Auflage, § 4 MBKT Anm. 1 Bach/Moser, § 4 MB/KT Rdnr. 8), braucht nicht entschieden zu werden.

Nach § 4 Nr. 2 „darf“ das Krankentagegeld zusammen mit sonstigen Krankentage- und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete … Nettoeinkommen nicht übersteigen. Aus dieser Bestimmung will der Beklagte unmittelbar ein Anrechnungsgebot herleiten, wobei er auch auf die Formulierung – in Satz 2 der Vorschrift verweist, nach der für die Berechnung des Nettoeinkommens u. a. der Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate vom Eintritt der Arbeitsunfähigkeit (Versicherungsfall) maßgebend ist. Damit – so der Beklagte – soll gerade der Fall von den AVB erfasst werden, dass bei Eintritt des Versicherungsfalls durch das Zusammentreffen von Kranken- und Krankentagegeldern das bei Vertragsabschluß zugrunde gelegte Nettoeinkommen überschritten wird.

Nach § 1 Nr. 1 AVB bietet- der Versicherer Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall infolge Arbeitsunfähigkeit; grundsätzlich sagt diese Regelung (noch) nichts über .die .Frage einer Kompensation des Verdienstausfalls durch anderweitige bestimmte Einkünfte. Vielmehr wird bei Abschluss der Krankentagegeldversicherung ein bestimmter Tagegeldsatz fest vereinbart. § 4 Nr. 2 enthält zwar in der Art eines Programmsatzes 1 die Aussage, dass durch Zusammentreffen von Krankentage- und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete Nettoeinkommen nicht überschritten werden soll. Dabei handelt es sich jedoch nur eine Sollvorschrift, die eine bestimmte Rechtsfolge für den Fall des Überschreitens des Nettoeinkommens nicht, anordnet. Insoweit unterscheidet sich § 4 Nr. 2 deutlich von § 4 Nr. 4, der für den dort beschriebenen Fall des gesunkenen Nettoeinkommens ein Verfahren vorsieht, das die Senkung des Krankentagegeldes und des Beitrages für die Zukunft zum Gegenstand hat, damit an die Senkung des Einkommens unter bestimmten weiteren Voraussetzungen eine bestimmte Rechtsfolge knüpft. § 4 Nr. 2 enthält keine Rechtsfolgenbestimmung und ist insoweit zumindest unklar. Entsprechende Zweifel bei der Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingung gehen zu Lasten des Beklagten als Verwenders (§ 5 AGBG; Bach/Moser, a.a.O., § 4 MBKT Rdnr. 9). Auch durch § 4 Nr. 2 werden – ebenso wie bei § 4 Nr. 4 – Fälle erfasst, in denen das Nettoeinkommen gegenüber dem Vertrag zugrunde gelegten Nettoeinkommen gesunken ist. Denn die Vorschrift erfasst ihrem Wortlaut nach auch diejenigen Fälle, in denen das Krankentagegeld zusammen mit sonstigen Krankentagegeldern und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete Nettoeinkommen nur deshalb übersteigen, weil das Nettoeinkommen zwischenzeitlich gesunken ist (§ 4 Nr. 2 S. 2, 2. Fall AVB). Gerade für diese Fälle tritt damit eine unklare und von den AVB des Beklagten nicht erfasste Rechtslage auf, weil das gesunkene Einkommen zum einen eine Anwendung des § 4 Nr. 4 (bei den dort bestimmten weiteren Voraussetzungen) zulässt, zum anderen den Regelungsbereich von § 4 Nr. 2 betrifft. Während nach § 4 Nr. 4 eine Senkung des Krankentagegeldes mit einer Senkung – auch des Beitrages einhergeht, würde bei einer Kürzung des Krankentagegeldes nach § 4 Nr. 2 der Beitrag unverändert hoch bleiben.

Der unklare Regelungsinhalt von § 4 Nr. 2 hat zur Folge, dass bei Eintritt des Versicherungsfalls eine (automatisierte) Anrechnung sonstiger Krankentagegelder oder Krankengelder auf das vom Versicherer zu leistende Krankentagegeld auf diese Bestimmung nicht gestützt werden kann. Die Widerklage des Beklagten ist daher unbegründet.

Die Voraussetzungen für den Anspruch des Klägers auf Zahlung des Betrages in Höhe von 2.700,00 DM {Krankentagegeld für einen weiteren Zeitraum) sind gegeben, da auch nach dem Vortrag des Beklagten ein Unfall zugrunde liegt, der zu den versicherten Risiken gehört. Die Anspruchshöhe hat der Beklagte nicht angegriffen.

Zinsen stehen dem Kläger ab Zustellung seines auf die Zahlung von 2.700,00 DM gerichteten Antrags seit Rechtshängigkeit zu (§ 284 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Beschwer des Beklagten übersteigt nicht 60.000,00 DM.

Der Senat lässt die Revision nicht zu. Die Voraussetzungen des § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 54 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO, da nicht von einer durch höchstrichterliche Entscheidung klärungsbedürftigen Rechtsfrage allgemeiner Bedeutung auszugehen ist.

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