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Krankenversicherung – Zahnbehandlungskosten

Amtsgericht Wiesbaden

Az: 92 C 5433/05 – 22

Urteil vom 06.11.2007


Im Rechtsstreit hat das Amtsgericht Wiesbaden auf Grund der bis zum 22.10.07 eingereichten Schriftsätze für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.032,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.096,09 € seit dem 11.10.2005, aus 226,10 € seit dem 18.10.2005 und aus weiteren 710,21 € seit dem 11.04.2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 60 % und der Kläger zu 40 % zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte aus einem bei ihr unter der Versicherungsnummer …………….. bestehenden privaten Krankenversicherungsvertrag in Anspruch. Der insoweit vereinbarte Tarif „Vision 2“ sieht eine Erstattung der Kosten für Zahnbehandlung/Zahnersatzmaßnahmen von 80% vor. Dem Versicherungsvertrag liegen die allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskostenversicherung Tarif Vision (Tarifgruppe Vision 2) zu Grunde.

Der Kläger ließ sich zahnärztlich bei Dr. Dragan Gavric behandeln. Dieser rechnete seine Leistungen unter dem 13.02.2003 mit 15.511,68 € (BI. 25 ff d.A.), am 30.06.2005 mit 1.538,03 € (BI. 52 ff d.A.) und am 01.02.2006 mit 5.000,77 € (BI. 165 ff d.A.) ab. Die Beklagte glich die ihr daraufhin zur Erstattung vom Kläger eingereichten Rechnungen bis auf den Betrag von 3.426,34 € aus.

Der Kläger ist in der Ansicht, sämtliche in den Rechnungen vom 13.02.2003, 30.06.2005 und 01.02.2006 abgerechneten Leistungen seien erstattungsfähig.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.324,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2005 sowie weitere 391,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.09.2005 sowie weitere 710,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.04.2006 zu zahlen,

die Beklagte ferner zu verurteilen, an den Kläger 144,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt folgendes vor:

1. Die in den streitgegenständlichen Rechnungen abgerechneten Labor- und. Materialkosten seien nicht vollständig erstattungsfähig . Der Kläger habe lediglich Anspruch auf die. Erstattung angemessener Kosten für zahntechnische Leistungen. Die abgerechneten Kosten seien jedoch teilweise unangemessen hoch, so dass berechtigterweise von Beklagtenseite eine Kürzung auf die angemessenen Kosten erfolgt sei.

2. 322,71 € für die Verblendung der Zähne 7/8 seien nicht zu erstatten, da es an der medizinischen Notwendigkeit dieser Behandlung fehle. Diese Verblendungen seien ausschließlich aus ästhetischen Gründen erfolgt.

3. Weitere 165,37 € nach Ziffer 241 GOZ seien von der Beklagten nicht zu erstatten. Die Gebührenziffer 241 GOZ beschreibe die Leistung „Aufbereitung eines Wurzelkanals“. Diese Ziffer sei zwar jeweils pro Wurzelkanal berechenbar, jedoch jeweils nur einmal für jede Wurzel. Die in der Folgezeit weitergeführte Aufbereitung des Wurzelkanals könne nicht erneut nach 241 abgerechnet werden. Die genannte Ziffer erfasse vielmehr die vollständige Aufbereitung eines Wurzelkanals unabhängig davon, wie viele Behandlungssitzungen für die Erbringung der Leistung erforderlich seien.

4. Die Beklagte sei hinsichtlich der Verankerung der Teilkrone im Bereich 27/38 gemäß § 4 a Ziffer 3.1 der zu Grunde liegenden Versicherungsbedingungen lediglich zur Erstattung nach dem Abrechnungsfaktor 3,5 verpflichtete. Eine zwischen dem Kläger und dem behandelnden Arzt getroffene Honorarvereinbarung über einen Gebührensatz von 4,8 sei für das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht verbindlich.

Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 23.05.2006, BI. 195 d.A., Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. M C vom 04.10.2006 und 19.06.2007, BI. 217 ff und 275 ff d.A. Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiterer 2032,40 € Material- und Laborkosten aus dem zwischen den Parteien bestehenden privaten Krankenversicherungsvertrag.

Nach § 4a Ziffer 3.1 der zwischen den Parteien vereinbarten Versicherungsbedingungen werden Aufwendungen für zahnärztliche Behandlung bis zu den Höchstsätzen der jeweiligen Gebührenordnung beziehungsweise Material- und Laborkosten bis zur angemessenen Preislage übernommen. Der Kläger hat daher Anspruch auf Erstattung der angemessenen Material- und Laborkosten. Als angemessen sind die üblichen Preise zu Grunde zu legen. Es ist hier auf die üblicherweise von Selbstzahlern im Einzugsgebiet des Klägers verlangten Entgelte abzustellen (Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, § 1 MBKK 94, Rn. 50a).

Die Frage der Angemessenheit der in den Rechnungen des Dr. XXX abgerechneten Material- und Laborkosten waren durch den Sachverständigen Dr. C zu beurteilen. In seinem Gutachten vom 04.10.2006 kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständlichen Laborpreise circa 25 bis 30% über den Preisen von zwei zahntechnischen Labors lagen, mit denen der Sachverständige seit vielen Jahren zusammenarbeitete. Der Sachverständige merkte jedoch an, dass, wenn die Qualität der vorliegenden zahntechnischen Arbeit überragend sei, die Preise angemessenen seien. Es wurde dann durch den Gutachter am 14.05.2007 eine persönliche Untersuchung des Klägers durchgeführt. In seinem Ergänzungsgutachten vom 19.06.2007 führt der Sachverständige aus, dass die technische Ausführung der Restauration von außerordentlich hoher Qualität sei. Für die Versorgung in zahntechnischer Hinsicht bescheinigte der Gutachter dem Kläger eine überdurchschnittliche Qualität. Diese Qualität zu erreichen sei sehr zeitaufwändig und erfordere betriebswirtschaftlich erhöhte Laborpreise. In Anbetracht dessen, seien die durch den behandelnden Arzt abgerechneten Laborpreise angemessen. Der Gutachter hat insoweit zwei Vergleichsberechnungen anderer Labors eingeholt. Die durch die Firma D berechneten Laborkosten lagen weit über den streitgegenständlichen Laborkosten. Die durch die Firma L errechneten Laborkosten lagen geringfügig unter den durch Dr. D. G. berechneten Kosten.

Nach alledem ist aufgrund der überdurchschnittlich hohen Qualität der Versorgung des Klägers in zahntechnischer Sicht von der Angemessenheit und damit Erstattungsfähigkeit der berechneten Material- und Laborkosten auszugehen. Der Kläger hat daher grundsätzlich Anspruch auf Zahlung weiterer 1.639,29 € aus der Rechnung vom 13.02.2003, weiterer 226,10 € aus der Rechnung vom 30.06.2005 und weiterer 710,21 € aus der Rechnung vom 01.02.2006.

Der Sachverständige hat jedoch in seinem Gutachten vom 04.10.2006 Positionen der streitgegenständlichen Abrechnung vom 13.02.2003 beanstandet. So sei mit der Position 0414 gleich zweimal die Herstellung im individuellen Artikulator berechnet, dazu für jede einzelne Fläche noch einmal 35 € für gnatologische Maßnahmen. Dies addiere sich auf 679 €. Die Berechnung dieser Position ist nach den nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen unzulässig. 80 %, folglich 543,20 € sind daher in Abzug zu bringen. Die Beklagte hat sich diese Ausführungen des Sachverständigen mit Schriftsatz vom 09.11.2006 zu Eigen gemacht.

Der Sachverständige führt in seinem Gutachten vom 04.10.2006 zudem aus, dass der Zuschlag für Arbeiten mit dem Mikroskop pro Zahn von je 33,50 € (Gesamt 305,50 €) außerordentlich hoch sei. Der Sachverständige ist jedoch in seinem Ergänzungsgutachten vom 19.06.2007 zu dem Ergebnis gelangt, dass im konkreten. Fall die Anfertigung der zahntechnischen Leistungen qualitativ sehr hochwertig war. Das Gericht beurteilt daher die Position trotz der geäußerten Bedenken des Sachverständigen als angemessen. Insoweit ist daher kein Abzug vorzunehmen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung weiterer 165,37 € nach 241 GOZ „Aufbereitung eines Wurzelkanals“.

Mit der Ziffer 241 der GOZ ist die Aufbereitung eines Wurzelkanals abgegolten, unabhängig davon, innerhalb welchen Zeitraums beziehungsweise in welcher Anzahl von Sitzungen dies erfolgt (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.11.2996, Az. 12 A 962/94, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.04.2007, Az. 6 A1373/0S). Die wiederholte Berechnung der Ziffer 241 GOZ ist nach einem Urteil des OLG Düsseldorf vom 21.12.2000, Az. 8 U 4/99, nur in Ausnahmefällen zulässig, wenn die endgültige Wurzelkanalaufbereitung aus medizinischen Gründen nicht in einer Sitzung möglich ist. Gründe, aus denen die Aufbereitungen in einer Sitzung nicht möglich war, hat der Kläger nicht vorgetragen. Ein Gutachten war daher mangels Anknüpfungstatsachen nicht einzuholen.
Die Abrechnung der Beklagten ist insoweit nicht zu beanstanden.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 322,71 € für die zahnfarbene Versorgung (Verblendung) der Zähne 7/8. Die Verblendung von Kronen und Brückengliedern ab Zahn 7 erfüllt keine zahnmedizinische Funktion. Es handelt sich um eine kosmetisch-ästhetische Maßnahme, die medizinisch nicht notwendig ist (AG Köln in r+s 1994, 153 f). Eine medizinische Notwendigkeit ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger Rechtsanwalt ist. Der Bereich ab Zahn 7 ist nicht sichtbar. Eine Verblendung auch des Bereichs ab Zahn 7 ist bei einem Rechtsanwalt, der berufsbedingt mit zahlreichen Mandanten in Kontakt tritt, zwar ästhetisch wünschenswert. Eine medizinische Notwendigkeit, die Voraussetzung für eine Ersatzpflicht der Beklagten ist, begründet dies jedoch nicht. Da der Kläger keine weiteren Gründe vorgetragen hat, die eine medizinische Notwendigkeit begründen könnten, war ein Sachverständigengutachten nicht einzuholen.

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Der Kläger hat auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung nach dem Abrechnungsfaktor 4,8 hinsichtlich der Verankerung der Teilkrone im Bereich 27/38.

In § 4a Ziffer 3.1 der Versicherungsbedingungen ist geregelt, dass Aufwendungen für zahnärztliche Behandlung bis zu den Höchstsätzen der jeweiligen Gebührenordnung übernommen werden. Gemäß § 5 Abs. 1 GOZ bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühren nach dem einfachen bis 3,5-fachen des Gebührensatzes. In den Versicherungsbedingungen ist daher ausdrücklich geregelt, dass maximal nach dem Anrechnungsfaktor 3,5 erstattet wird. Die Regelung in § 4a Ziffer 3.1 ist auch nicht unklar. Hier wird unmissverständlich auf den in § 5 GOZ enthaltenen Gebührenrahmen Bezug genommen. Die Tatsache, dass das Wort „Höchstsatz“ im § 5 GOZ keine Verwendung findet, steht dem nicht entgegen. Die Ziffer 3.1 verweist eindeutig auf den Gebührenrahmen des § 5 GOZ . Nach den Vertragsbedingungen ist die Beklagte daher nur zum Ersatz nach einem Abrechnungsfaktor von maximal 3,5 verpflichtet. In dieser Höhe ist ein Ausgleich erfolgt .Ein weitergehender Anspruch des Klägers besteht nicht.

Die Klage war auch hinsichtlich der geltend gemachten Nebenforderungen (Rechtsanwaltskosten) abzuweisen, da der Kläger nicht vorgetragen hat, wann die Beklagte in Zahlungsverzug geraten ist. Der Kläger hat jedoch Anspruch auf Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.096,09 € seit dem 11.10.2005, aus 226,10 € seit dem 18.10.2005 und aus weiteren 710,21 € seit dem 11.04.2006 gemäß § 291 BGB. Auch hinsichtlich der darüber hinaus geltend gemachten Zinsen fehlt es an Vortrag des Klägers.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidung .zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO.

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