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Krankheitsbedingte Kündigung – negative Gesundheitsprognose

Landesarbeitsgericht Hamm

Az.: 3 Sa 1630/08

Urteil vom 22.07.2009


Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 05.09.2008 – AZ. 4 Ca 700/08 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung.

Der am 31.01.1971 geborene, verheiratete und für zwei Kinder unterhaltsverpflichtete Kläger hat einen Abschluss als Diplom-Kaufmann FH.

Er ist seit dem 01.09.2000 als Verwaltungsangestellter bei dem Beklagten beschäftigt. Grundlage der Beschäftigung war zunächst ein Vertrag vom 06.09./11.09.2000.

Zuletzt war der Kläger beschäftigt mit der Prüfung von Verwendungsnachweisen sowie der Beratung von Kreisverbänden in Finanzierungsfragen bei Bauangelegenheiten.

Bis September 2004 befand sich der Kläger für die Dauer von insgesamt 19 Monaten in Elternzeit.

Aufgrund Änderungsvertrages vom 11.04.2007 wurde mit Wirkung ab 01.08.2007 die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit befristet bis zum 31.07.2012 auf 19,25 Stunden herabgesetzt.

Im Jahre 2005 war der Kläger an insgesamt 18 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt.

Im Jahre 2006 war der Kläger an 100 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Darüber hinaus nahm er in der Zeit vom 06.07. bis zum 02.08.2006 an einer Rehabilitationsmaßnahme teil.

Im Anschluss daran legte er dem Beklagten eine ärztliche Bescheinigung aus Juli 2006 vor, wonach eine vermehrte Empfindlichkeit der Atemwege auf Zigarettenrauch bestehe, so dass hierauf am Arbeitsplatz Rücksicht genommen werden müsse oder die Umsetzung in ein rauchfreies Zimmer erfolgen müsse.

Der Kläger wurde aufgrund dessen aus seinem bisherigen Arbeitszimmer, dem Raum 105, in den Raum 112 umgesetzt.

Im Jahre 2007 war der Kläger an insgesamt 49 Arbeitstagen arbeitsunfähig.

Ab diesem Jahr machte der Kläger geltend, er leide an einer Atemwegserkrankung, sein gesundheitlicher Zustand sei dadurch beeinträchtigt, dass er Tonerstäuben ausgesetzt sei. Eine Anfrage vom 05.06.2007, ob Laserdruckgeräte nicht mit Filtern ausgestattet werden könnten, beantwortete der Beklagte mit Schreiben vom 10.07.2007 dahingehend, für den Einbau von Filtern bestehe keine Notwendigkeit.

Im Jahre 2008 war der Kläger sodann vom 17.01. bis zum 01.02. und durchgehend ab 15.02.2008 arbeitsunfähig. Bei den Erkrankungen handelte es sich jeweils um Folgeerkrankungen.

In einem Gespräch vom 09.01.2008 hatte der Kläger zuvor auf Gefahren durch Toner gegenüber dem Beklagten hingewiesen.

Mit Schreiben vom 17.03.2008 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis nach Widerspruch des Betriebsrates vom 23.02.2008, der geltend machte, es sei kein Widereingliederungsmanagement unter Beteiligung des Betriebsrates durchgeführt worden, zum 30.06.2008. Begründet wurde diese Kündigung mit erheblichen Fehlzeiten in den zurückliegenden Jahren bei negativer Prognose.

Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit der unter dem 01.04.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.

Er hat die ausgesprochene Kündigung für nicht sozial gerechtfertigt angesehen.

Unter gewissen Umständen sei ihm, so hat er hierzu vorgetragen, eine positive Prognose zu bescheinigen. Er könne und wolle seine Arbeitskraft weiterhin für den Beklagten erbringen, jedoch nicht unter den Gegebenheiten an seinem derzeitigen Arbeitsplatz.

Sein behandelnder Arzt, Herr Dr. K2, bestätige in einer ärztlichen Stellungnahme vom 18.05.2008, dass es sich bei ihm um ein Krankheitsbild handele, dass durch Überempfindlichkeit gegenüber externen inhalativen Reizen verursacht werde. Er verweise dabei auf eine gutachterliche Untersuchung in der Zeit vom 31.03.2008 bis zum 04.04.2008 in der Gemeinschaftspraxis Dr. P1/Dr. K3-H4.

Durch diese Gemeinschaftspraxis sei unter dem 25.05.2008 ein vorläufiges Gutachten erstellt worden. Ein abschließendes Gutachten habe zwar noch nicht erstellt werden können, schon jetzt könne aber ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Tonerstäuben und seinem chronischen Erkrankungsbild hergeleitet werden. Eine strikte Karenz von Tonerstäuben sei notwendig.

Unter der Prämisse einer strikten Karenz von Tonerstäuben sei er daher also grundsätzlich arbeitsfähig und auch arbeitsbereit.

Darüber hinaus hat der Kläger in der Kündigung eine Umgehung der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflichten gesehen.

Arbeitsunfähigkeit sei jeweils nach Wiederaufnahme der Arbeit aufgetreten, woraus auf ein Zusammenhang der Arbeitsunfähigkeit mit Arbeitsbedingungen zu folgern sei.

Der Beklagte sei verpflichtet, alle notwendigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um grundsätzlich das bestehende Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten und eine Schädigung seiner Person zu vermeiden. Eine solche Verpflichtung ergebe sich seiner Meinung nach aus § 618 Abs. 1 BGB und § 4 ArbSchG.

Die Angaben des Beklagten, was zu seinem Schutz getan worden sei, seien unzutreffend. Zum einen bestehe keine Anweisung, die Glastür, die den Raum abschotte, in dem der Etagenkopierer stehe, stets geschlossen zu halten; zudem stünden die Türen regelmäßig auf.

Desweiteren hat der Kläger bestritten, dass die vorhandenen Geräte mit Feinstaubfiltern ausgestattet sind. Ferner treffe es nicht zu, dass die Installation von speziellen Feinstaubfiltern zu Schädigungen an den Geräten führe.

Mögliche Schutzmaßnahmen seien für den Beklagten auch zumutbar und in Betracht zu ziehen.

Es biete sich daher zum einen ein tonerfreier Arbeitsplatz an. In Betracht komme insoweit der Einsatz von Tintenstrahldruckern.

Ferner sei ein Gestellungsvertrag mit einem Kreisverband grundsätzlich möglich, wobei auch hier die Notwendigkeit eines tonerfreien Arbeitsplatzes berücksichtigt werden müsse.

Schließlich sei es dem Beklagten zuzumuten, ihm einen Telearbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass die Kündigung des Beklagten vom 17.03.2008, zugegangen am 17.03.2008, rechtsunwirksam ist und dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen über dem Beendigungszeitpunkt vom 30.06.2008 unverändert fortbesteht.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei als krankheitsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt, da eine dauerhafte Leistungsunmöglichkeit in der Person des Klägers vorliege, jedenfalls aber die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ungewiss sei.

Hiervon gehe der Kläger selbst nach einer E-Mail vom 20.02.2008 an Frau B2 aus.

Aufgrund dieser Ungewissheit sei von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen auch auszugehen. Ablaufstörungen lägen, so hat der Beklagte des Weiteren die Auffassung vertreten, bei einer Tätigkeit des Klägers als gehobenen Sachbearbeiter ohnehin auf der Hand.

Der Beklagte hat zudem bestritten, dass die Erkrankung des Klägers auf Bedingungen am Arbeitsplatz zurückzuführen ist. Keiner der Ärzte, auf die der Kläger sich berufe, bestätige als 100 %ige Ursache der Erkrankungen den Tonerstaub.

Er habe auch vor Ausspruch der Kündigung alles ihm zu Gebote stehende getan, mildere Mittel auszuschöpfen.

So habe er eine Rehabilitationsmaßnahme des Klägers abgewartet, es habe sich jedoch keine nachhaltige Besserung gezeigt.

Im Hinblick auf eine angesprochene Belastung durch Tabakqualm sei bereits im Jahre 2006 die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes erfolgt, der vollkommen rauchfrei sei.

Zudem befinde sich der Arbeitsplatz in größtmöglicher Entfernung vom nächsten Kopiergerät. Das Büro des Klägers sei dasjenige, was sich am weitesten vom Kopierer entfernt befinde, die Entfernung in Meter betrage, insoweit unwidersprochen, 52 Meter. Zwischen dem Kopierer und dem Büro des Klägers lägen zudem vier Türen, die nur dann geöffnet würden, wenn jemand hindurchgehe. Der Kopierer befinde sich zudem unmittelbar unterhalb eines Fensters, das üblicherweise geöffnet werde.

Die bei ihm im Einsatz befindlichen Drucker und Kopierer seien ausnahmslos neueren Datums und es handele sich um Markengeräte.

Da der Kläger in der Verwaltung arbeite, bringe es diese Tätigkeit zwingend mit sich, dass Schriftstücke verfasst und auch ausgedruckt bzw. kopiert werden müssten. Eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz bringe daher keine Besserung.

Soweit der Kläger die Auffassung vertrete, es müssten zusätzliche Staubfilter an den Kopierern angebaut werden, habe er bei der Herstellerfirma angefragt, dort sei dringend davon abgeraten worden, solche zu installieren, da zum einen entsprechende Filter bereits installiert seien, zum anderen zusätzliche Filter die Gefahr einer Überhitzung des Gerätes und daher einen Ausfall mit sich brächten.

Bei einer Begehung durch die Berufungsgenossenschaft am 18.12.2007 sei ihm zudem bestätigt worden, dass er als Arbeitgeber alles getan habe, was nötig sei. Auch habe er alles technisch Mögliche getan, was nach dem Stand der Technik möglich sei.

Zwar möge es sein, dass er kein förmliches betriebliches Eingliederungsmanagement betrieben habe; der Sache nach habe er aber alle Möglichkeiten ausgelotet, um dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die förmliche Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung sei.

Die vom Kläger angesprochenen Alternativen kämen, so hat der Beklagte die Auffassung vertreten, nicht in Betracht.

Ein anderer Arbeitsplatz im Landesverband bestehe nicht, ihm sei es nicht zuzumuten, von seiner bestehenden Infrastruktur abzuweichen, es bestünden vertragliche Vereinbarungen mit dem Drucker-/Kopiererlieferanten. Auch sei nicht bekannt, dass es zwischenzeitlich hochleistungsfähige Kopierer gebe, die im Tintenstrahlverfahren arbeiten könnten.

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Eine Personalgestellung könne nicht vorgenommen werden, da es nicht seine Aufgabe sei, Mitarbeiter an Untergliederungen zu verleihen.

Eine Verlagerung der Tätigkeit des Klägers auf einen Heimarbeitsplatz sei zudem aus praktischen Gründen nicht möglich. Der Kläger könne an innerbetrieblichen Besprechungen, an Gesprächen mit externen Stellen nicht teilnehmen. Kurzfristige Abstimmungen zwischen den Fachabteilungen seien nicht möglich. Ein Koordinationsaufwand würde sich drastisch erhöhen.

Mit Urteil vom 05.09.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die ausgesprochene Kündigung erweise sich als krankheitsbedingte Kündigung als sozial gerechtfertigt.

Diese soziale Rechtfertigung einer Kündigung, die aus Anlass einer langanhaltenden Krankheit ausgesprochen werde, sei dabei im Rahmen einer dreistufigen Prüfung vorzunehmen.

Vorliegend sei von einer negativen Gesundheitsprognose auszugehen. Es sei durch den Kläger unstreitig gestellt worden, dass er an dem Arbeitsplatz, wie er beim Beklagten eingerichtet sei, auf Dauer nicht in der Lage sein werde, ohne erhebliche Ausfallzeiten seine vertraglich geschuldete Tätigkeit zu verrichten.

Der Kläger könne nicht damit gehört werden, eine negative Prognose sei dann nicht gegeben, wenn sein Arbeitsplatz leidensgerecht umstrukturiert werde. Der Kläger könne insoweit nicht geltend machen, Seitens des Beklagten müssten sämtliche vorhandenen Kopierer und Drucker ausgetauscht werden. Unter anderem habe sich der Kläger nicht damit auseinandergesetzt, dass Seitens des Beklagten eine vertragliche Bindung zu der Firma C1 bestehe und der Beklagte behauptet habe, der Einsatz von Tintenstrahlgeräten sei bei einem Dauerbetrieb erheblich kostenintensiver als der Einsatz von Lasergeräten. Der Beklagte setzte gängige Markengeräte ein, die technisch auf dem aktuellen Stand seien und über Staubfilter wie Ozonfilter verfügen. Damit habe der Beklagte alles getan, was ihm zumutbar sei, um die Arbeitsplätze der Mitarbeiter und dem des Klägers sachgerecht auszustatten. Der Kläger sei zudem bereits jetzt in einem Büroraum untergebracht, der 52 Meter entfernt von dem nächsten Kopierer gelegen sei.

Diese negative Zukunftsprognose führe auch zu betrieblichen Ablaufstörungen, da nicht abgesehen werden könne, ob und gegebenenfalls wann der Kläger wieder an seinem Arbeitsplatz tätig werden könne.

Die Kündigung scheitere schließlich auch nicht daran, dass der Beklagte zunächst nicht formell ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt habe. Die Durchführung eines solchen sei keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung. Ein solches hätte auch nicht im Rahmen einer anderen Tätigkeit erfolgen müssen. Es sei unstreitig geblieben, dass der Kläger unabhängig von der konkret zu verrichtenden Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, im Betrieb des Beklagten zu arbeiten. Insbesondere könne er sich nicht darauf berufen, der Beklagte sei verpflichtet, ihm einen Heimarbeitsplatz einzurichten.

Schließlich könne der Kläger sich nicht darauf berufen, er sei per Gestellungsvertrag an einen Kreisverband zu verleihen.

Es ergebe sich daher, dass ein leidensgerechter Arbeitsplatz, der dem Kläger zugewiesen werden könne, nicht vorhanden sei.

Gegen das unter dem 26.09.2008 zugestellte Urteil, auf dessen Entscheidungsgründe im Übrigen Bezug genommen wird, hat der Kläger unter dem 27.10.2008 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese unter dem 26.11.2008 begründet.

Er ist der Auffassung, dass Arbeitsgericht habe sowohl den Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung als auch dem nicht durchgeführten betrieblichen Eingliederungsmanagement zu wenig Beachtung geschenkt.

So sei schon nicht geprüft worden, ob überhaupt von einer langanhaltenden Erkrankung auszugehen sei.

Ferner habe das Arbeitsgericht bei seiner Bewertung nicht ausreichend die von ihm genannten alternativen Einsatzmöglichkeiten und die Nichtdurchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements berücksichtigt. Insbesondere fehle eine überzeugende Begründung dafür, warum eine mögliche leidensgerechte Umorganisation des Arbeitsplatzes oder ein Einsatz auf einem anderen leidensgerechten Arbeitsplatz nicht möglich sein solle.

Zum einen könne durch einfacherer Umrüstung der Druck- und Kopiergeräte von Lasertechnik auf alternative Techniken sein Arbeitsplatz so umgestaltet werden, dass er zur Erbringung seiner vertraglich verpflichten Leistung ohne erhebliche Ausfallzeiten fähig sei. Eine derartige Umrüstung sei weder mit erheblichen finanziellen, noch mit sonstigen erheblichen Schwierigkeiten möglich.

Ein solcher Austausch der Geräte sei nicht nur zumutbar, sondern gleichermaßen geboten. Ein solcher Austausch der Techniken mache nicht einmal einen Wechsel des Geschäftspartners des Beklagten erforderlich.

Alternativ sei es dem Beklagten zuzumuten, ihm einen Heimarbeitsplatz einzurichten. Insbesondere hindere hier nicht, dass notwendige Akten nur in einfacher Ausführung vorhanden seien. Dem Beklagten sei es nämlich zuzumuten, notwendige Akten zu kopieren und Zweitakten zu fertigen. Diese könne er dann von zu Hause aus bearbeiten. Notwendige Besprechungen mit Kollegen müssten nicht zwangsläufig im Betrieb stattfinden; solche könnten auch gut telefonisch abgewickelt werden. Soweit Dokumente abgeglichen werden müssten, helfe eine kameragestützte Internettelefonie weiter.

Schließlich hält der Kläger weiterhin die Kündigung auch deswegen für unwirksam, weil ein betriebliches Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt worden sei. Eine Kündigung sei nur gerechtfertigt, wenn sie nicht durch mildere Maßnahmen vermieden werden könne; durch das betriebliche Eingliederungsmanagement könnten gerade solche milderen Mittel, wie die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen erkannt und entwickelt werden. Sei ein betriebliches Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt worden, könne ein Arbeitgeber sich im Prozess nicht darauf beschränken, pauschal vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze habe der Beklagte seiner Meinung nach die ihm obliegende Darlegungslast nicht erfüllt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 05.09.2008 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 17.03.2008 zum 30.06.2008 nicht aufgelöst worden ist.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil.

Von einer negativen Prognose sei auszugehen, da der Kläger selbst behaupte, die Arbeit bei ihm habe ihn krank gemacht.

Auch von einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen sei das Arbeitsgericht zu Recht ausgegangen.

Im Übrigen gehe die Vorstellung des Klägers dahin, er müsse ihm einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, den es derzeit gar nicht gebe.

Die Personalgestellung an einen fremden Arbeitgeber scheide aus.

Darüber hinaus habe er die freie unternehmerische Entscheidung getroffen, keine Heimarbeitsplätze anzubieten. Gründe hierfür seien die fehlende Kontrollierbarkeit von Art und Umfang der Tätigkeit, das Erfordernis deutlich längerer Vorlaufzeiten, das berechtigte Anliegen, dienstliche Unterlagen nicht außerhalb des Dienstgebäudes zu lagern. Außerdem umfasse das Tätigkeitsfeld des Klägers zu einem nennenswerten Teil Querschnittsaufgaben, was es mit sich bringe, dass der Kläger mit Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen in Interaktion treten müsse.

Schließlich könne der Beklagte von ihr nicht die Abschaffung aller Laserdruckgeräte verlangen.

Zu Recht habe das Arbeitsgericht insoweit zugrunde gelegt, dass es derzeit keine Geräte gebe, die den vorhandenen mit Lasertechnik in Qualität, Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit gleichwertig seien.

Zudem sei zu bezweifeln, dass der Austausch überhaupt zu einer entscheidenden Besserung führe, da die Unfallkasse des Bundes nach Ortsbegehung festgestellt habe, dass keine Belastung bestehe, so dass die Beschwerden des Klägers andere Ursachen haben müssten.

Zudem handele es sich bei den fraglichen Verträgen um Leasingverträge, die sich immer auf das einzelne Gerät und nicht etwa auf die Marke bezögen. Diese seien auf 60 Monate fest abgeschlossen, ein Kündigungsrecht bestehe nicht.

Eine erheblicher Nachteil von Tintenstrahltechnologie sei zudem, dass eine akzeptable Qualität von der Verwendung hochwertigen Papieres abhänge, bei den zu erwartenden Kopiermengen hohe Kosten zu erwarten seien und mit Tinte bedruckte Dokumente nicht wasserfest seien.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

A.

Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht.

Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 c) ArbGG.

Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 517 ff. ZPO.

B.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 17.03.2008 zum 30.06.2008 aufgelöst worden ist.

I.

Die Wirksamkeit der streitbefangenen Kündigung scheitert nicht an einer fehlenden Darlegung des Beklagten zur Anhörung des Betriebsrates vor Ausspruch einer Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG.

1. Der Arbeitnehmer muss die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates überhaupt bestreiten, damit die entsprechende Darlegungslast ausgelöst wird und das Gericht Anlass hat, sich mit der Frage der § 102 BetrVG zu befassen (BAG 02.03.1989, EZA BGB § 130 Nr. 22).

2. Ein solches Bestreiten einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates von Seiten des Klägers liegt nicht vor.

Dieser hat lediglich mit der Klageschrift darauf hingewiesen, dass der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hat; hierin kann jedoch die Rüge einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates nicht gesehen werden.

3. Da es einer Darlegung von Seiten des Beklagten zur Durchführung des Anhörungsverfahrens nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht bedurfte, war auch nicht zu prüfen, ob die im Prozess von dem Beklagten zur Begründung der Kündigung herangezogene Gründe diejenigen waren, die dem Betriebsrat im Rahmen des Anhörungsverfahrens zur Begründung der beabsichtigten Kündigung mitgeteilt worden sind.

II.

Die Kündigung ist auch nicht sozial ungerechtfertigt i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

1. Gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung dann sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung im Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.

2. Eine langanhaltende Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers infolge Krankheit ist an sich geeignet, eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses dann zu rechtfertigen, wenn mit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist.

a. Die Wirksamkeit einer Kündigung wegen langanhaltender Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers infolge Krankheit ist in drei Stufen nach den Kriterien vorzunehmen, die ihrer Struktur nach auch für andere Arten der krankheitsbedingten Kündigung gelten ( BAG 21.05.1992, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 38; BAG 12.04.2002, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 49 ):

In einer ersten Stufe ist zu prüfen, ob eine negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes gegeben ist, d. h, ob zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen rechtfertigen.

In einer zweiten Stufe ist zu erfordern, dass die bisherigen und nach der Prognose zu erwartenden Auswirkungen des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Eine solche Beeinträchtigung kann dabei durch Störungen im Betriebsablauf, aber auch durch wirtschaftliche Belastungen des Arbeitgebers herbeigeführt werden.

In der dritten Stufe, der Interessenabwägung , ist sodann noch zu prüfen, ob die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen ein solches Ausmaß erreicht haben, dass die weitere Hinnahme dem Arbeitgeber nicht mehr zuzumuten ist ( vergleiche zu den Prüfungsstufen z.B. BAG, Urteil vom 07.11.1985, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 17 ; BAG, Urteil vom 06.09.1989, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 26; BAG 29.04.1999, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 46 ).

b. Diese Kriterien für die Wirksamkeit einer Kündigung wegen langanhaltender Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit sind gegeben.

aa) Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung als den maßgeblichen Prüfungszeitpunkt bestand eine negative Gesundheitsprognose.

3. Zutreffend geht der Kläger davon aus, dass auch für die Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung grundsätzlich den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG trifft.

4. Hinsichtlich der negativen Gesundheitsprognose genügt der Arbeitgeber seiner Darlegungslast zunächst, wenn er die bisherige Dauer der Erkrankung sowie die ihm bekannten Ursachen darlegt. Die bisherige Dauer muss allein zwar noch nichts darüber aussagen, ob der Arbeitnehmer auch in Zukunft auf nicht absehbare Zeit arbeitsunfähig infolge Krankheit sein wird, ihr kann aber unter Umständen eine gewisse Indizwirkung entnommen werden. Einen Erfahrungssatz, bei langanhaltenden Krankheiten sei für die Zukunft mit ungewisser Dauer zu rechnen, gibt es hingegen nicht.

Erst wenn der Arbeitnehmer daraufhin ggf. unter Entbindung seiner Ärzte von der Schweigepflicht dartut, dass mit einer früheren Genesung zu rechnen ist, obliegt dem Arbeitgeber der Beweis für die Berechtigung der negativen Prognose, den er in der Regel nur durch ein medizinisches Sachverständigengutachten erbringen kann, da es für die Rechtfertigung der Kündigung auf die objektive Lage bei Ausspruch der Kündigung ankommt ( BAG 12.04.2002, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 49 )

5. Insoweit mag es des Weiteren zutreffen, dass allein aus der bisherigen Dauer der ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit ab 15.02.2008, mithin von erst gut zwei Monaten zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung, keine ausreichende Indizwirkung hergeleitet werden kann, der Kläger werde seine Arbeitsfähigkeit auf absehbare Zeit nicht wieder erlangen.

Hier ergibt sich aber selbst unter Zugrundelegung einer erst geringen Dauer ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit bis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung eine negative Prognose daraus, dass der Kläger selbst davon ausgeht, eine positive Prognose bestehe nur bei gänzlicher Karenz seines Arbeitsplatzes von Tonerstäuben.

Wenn der Kläger des Weiteren ausführt, er könne und wolle seine Arbeitskraft nicht unter den Bedingungen an seinem derzeitigen Arbeitsplatz erbringen, belegt dies, dass eine Arbeitsfähigkeit nur dann wieder gegeben ist, wenn sich Veränderungen am Arbeitsplatz zugetragen haben, die der Kläger von jeglicher Berührung mit Tonerstäuben freimachen.

bb) Aufgrund der feststehenden Gegebenheit, dass eine Arbeitsfähigkeit des Klägers erst dann wieder gegeben ist, wenn sich die Bedingungen am Arbeitsplatz ändern, liegt auch eine erhebliche betriebliche Beeinträchtigung auf Seiten des Beklagten vor.

1. Eine erhebliche betriebliche Beeinträchtigung liegt allein in der Ungewissheit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers.

Die Ungewissheit, ob und wann der Arbeitnehmer wieder in der Lage sein wird, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, steht dem auf gesundheitlichen Gründen beruhenden Unvermögen des Arbeitnehmers, die vertragliche Arbeitsleistung zu erbringen, gleich. Ist im Zeitpunkt der Kündigung die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers noch völlig ungewiss, befindet sich der Arbeitgeber in einer dem Fall der feststehenden Leistungsunfähigkeit vergleichbaren Lage. Steht aber fest, dass der Arbeitnehmer in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen kann, ist schon aus diesem Grund das Arbeitsverhältnis auf Dauer ganz erheblich gestört. Die betriebliche Beeinträchtigung besteht schon darin, dass der Arbeitgeber auf unabsehbare Zeit gehindert ist, sein Direktionsrecht auszuüben (BAG 21.05.1992, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 38, BAG 12.04.2002, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 49).

Als absehbare Zeit in diesem Zusammenhang sieht das BAG im Anschluss an die Vorschriften des damaligen BeschFG einen Zeitraum bis zu 24 Monaten an (BAG 29.04.1999, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 46).

Der dauerhaften Leistungsunfähigkeit steht die Ungewissheit der Wiederherstellung gleich, wenn in den nächsten 24 Monaten mit einer anderen Prognose nicht gerechnet werden kann. Vor der Kündigung liegende Krankheitszeiten können dabei nicht in den Prognosezeitraum eingerechnet werden (BAG 12.04.2002, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 49).

An diesen Zeitraum hat sich durch die nunmehrigen Bestimmungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes über die Zulässigkeit sachgrundlos möglicher Befristungen nichts geändert.

§ 14 Abs. 2 S. 1 TZBFG ermöglicht die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren, sofern nicht bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis zwischen denselben Vertragsparteien bestanden hat.

Insoweit besteht auch nach der nunmehr maßgeblichen gesetzlichen Regelung eine zumutbare Überbrückungsmöglichkeit durch den Abschluss sachgrundloser Befristungen für den genannten Zeitraum von zwei Jahren.

2. Ist nach eigener Darlegung des Klägers eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit unter den gegebenen Voraussetzungen auszuschließen, ergibt sich wegen der fehlenden Einplanbarkeit des Klägers auf unabsehbare Zeit eine erhebliche betriebliche Beeinträchtigung.

cc) Damit haben die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen auch ein solches Ausmaß erreicht, dass die weitere Hinnahme dem Beklagten nicht mehr zuzumuten ist.

1. Die dauernde Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers führt dabei grundsätzlich zu einer für den Arbeitgeber nicht mehr tragbaren betrieblichen Beeinträchtigung. Die Interessenabwägung kann in einem solchen Fall nur bei Vorliegen einer besonderen Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers dazu führen, dass der Arbeitgeber trotz der erheblichen Störung des Arbeitsverhältnisses auf nicht absehbare Zeit deren Fortsetzung weiter hinnehmen muss (BAG 21.05.1992, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 38).

2. Die Kündigung des Beklagten ließ sich auch nicht durch andere zumutbare mildere Mittel vermeiden.

2.1 Grundsätzlich ist eine Kündigung entsprechend dem das ganze Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unverhältnismäßig und daher rechtsunwirksam, wenn sie durch andere mildere Mittel vermieden werden kann, wenn sie nicht zur Beseitigung der betrieblichen Beeinträchtigungen oder der eingetretenen Vertragsstörung geeignet oder nicht erforderlich ist (BAG, 29.04.1999, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 46).

Der Arbeitgeber muss von mehreren gleichgeeigneten zumutbaren Mitteln dasjenige wählen, dass das Arbeitsverhältnis und den betroffenen Arbeitnehmer am wenigsten belastet. Eine Kündigung ist daher als letztes Mittel nur zulässig, wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Möglichkeiten zu ihrer Vermeidung ausgeschöpft hat.

2.2 Als milderes Mittel bei einer krankheitsbedingten Kündigung kommt dabei nicht nur eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen, freien Arbeitsplatz in Betracht; ein Arbeitgeber hat vielmehr alle gleichwertigen, leidensgerechten Arbeitsplätze, auf denen der betroffene Arbeitnehmer unter Wahrnehmung des Direktionsrechts einsetzbar wäre, in Betracht zu ziehen und gegebenenfalls frei zu machen (BAG, 29.01.1997, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 42).

2.3 Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen der Umstände, die eine solche Zumutbarkeit der weiteren Hinnahme begründen, ist grundsätzlich auch der Arbeitgeber.

Im Rahmen dieser Darlegungslast ist jedoch der Umstand zu berücksichtigen, dass der Beklagte vor Ausspruch der Kündigung ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX ersichtlich nicht durchgeführt hat, da jedenfalls eine Beteiligung des Betriebsrates unterblieben ist.

Ein solches betriebliches Eingliederungsmanagement konnte auch nicht deswegen unterbleiben, weil es sich bei dem Kläger nicht um einen schwerbehinderten Menschen handelt, da das Erfordernis eines solchen betrieblichen Eingliederungsmanagements für alle Arbeitnehmer und nicht nur für die behinderten Menschen gegeben ist (BAG, 12.07.2007, EzA SGB IX § 84 Nr. 3).

Wenn auch die Durchführung dieses betrieblichen Eingliederungsmanagements keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ist, andererseits aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt hat, noch nicht das Vorliegen von geeigneten milderen Mitteln folgt, die zur Unverhältnismäßigkeit einer ausgesprochenen Kündigung führen können, bleibt die Bestimmung des § 84 Abs. 2 SGB IX nicht ohne Auswirkung.

Bei dieser Bestimmung handelt es sich nicht um einen bloßen Programmsatz oder eine reine Ordnungsvorschrift; vielmehr stellt § 84 Abs. 2 SGB IX eine Konkretisierung des dem gesamten Kündigungsschutzrecht innewohnenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar (BAG, 12.07.2007, a.a.O.) Das Verfahren eines betrieblichen Eingliederungsmanagements soll gerade dazu dienen, mildere Mittel als den Ausspruch einer Kündigung zu erkennen und zu entwickeln. Hat der Arbeitgeber daher kein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt, darf er sich durch seine dem Gesetz widersprechende Untätigkeit keine darlegungs- und beweisrechtlichen Vorteile verschaffen.

Er darf sich daher im Prozess nicht darauf beschränken, pauschal vortragen, dass er keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten Arbeitnehmer hat; es bedarf vielmehr eines umfassenderen konkreten Sachvortrages des Arbeitgebers zu einem nicht mehr möglichen Einsatz des Arbeitnehmers auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz einerseits und zur Frage, warum im Übrigen eine leidensgerechte Anpassung und Veränderung des Arbeitsplatzes ausgeschlossen ist oder der Arbeitnehmer nicht auf einem alternativen anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit eingesetzt werden könnte (BAG, 23.04.2008, EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 55).

Ein unterlassenes betriebliches Eingliederungsmanagement steht dabei einer Kündigung nicht entgegen, wenn sie auch bei Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht hätte verhindert werden können. Hätte daher ein betriebliches Eingliederungsmanagement kein positives Ergebnis erbringen können, kann einem Arbeitgeber aus dem Unterlassen kein Nachteil entstehen (BAG, 23.04.2008, a.a.O.).

2.4 Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist eine Kündigung auch bei Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht zu verhindern gewesen.

2.4.1. Eine geänderte Tätigkeit des Klägers kam von vorneherein nicht in Betracht, da die Arbeitsunfähigkeit des Klägers keine Zusammenhang mit der vertraglich ausgeübten Tätigkeit als solche hat, sondern durch die allgemeinen Bedingungen in den Räumlichkeiten seiner Darlegung nach hervorgerufen wird, die beim Beklagten herrschen.

2.4.2. Eine Tätigkeit bei einem anderen Vertragsarbeitgeber kommt ersichtlich als milderes Mittel nicht in Betracht.

Den Ausführungen des Arbeitsgerichts ist der Kläger insoweit mit der Berufung auch nicht entgegengetreten.

2.4.3 Auch die zur Verfügungsstellung eines Telearbeitsplatzes kommt als zumutbares milderes Mittel gegenüber einer Kündigung nicht in Betracht.

Im Rahmen der Prüfung, inwieweit eine Kündigung durch mildere Mittel vermieden werden kann, sind nicht nur andere vorhandene Arbeitsplätze einzubeziehen, sondern auch der Arbeitsplatz des gesundheitlich beeinträchtigten Arbeitnehmers selbst, wenn er durch geeignete Maßnahmen so umgestaltet und umorganisiert werden kann, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen vermieden werden.

Ein Arbeitgeber kann jedoch nicht dazu gezwungen werden, einen anderen Arbeitsplatz zu schaffen.

Ebenso wenig kann ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber über diesen Weg dazu veranlassen, eine unternehmerische Betätigung zu ändern (BAG, 08.05.1996, EzA BGB § 618 Nr. 11).

Bei der Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes oder Telearbeitsplatzes handelt es sich nach Auffassung der Kammer nicht mehr um den ursprünglichen Arbeitsplatz, der nur hinsichtlich der örtlichen Lage umgeändert werden muss; vielmehr handelt es sich bei einem Heimarbeitsplatz um einen gänzlich anderen Arbeitsplatz, über den der Beklagte bislang nicht verfügt.

Wollte man über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einen Arbeitgeber zwingen, Heimarbeitsplätze einzurichten, griff man in die unternehmerische Freiheit ein, die auch die Entscheidung darüber beinhaltet, ob ein Arbeitgeber die wirtschaftlichen Tätigkeiten in einer Betriebsstätte ausführen lassen will oder den Arbeitnehmer freistellen will, wie und von wo aus sie diese Tätigkeiten verrichten können.

Selbst wenn die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes grundsätzlich als milderes Mittel in Betracht zu ziehen ist, ist sie jedenfalls aufgrund der Tätigkeit des Klägers dem Beklagten nicht zuzumuten.

Die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes in der vom Kläger gewünschten Form bedeutet, dass jeweils die zu bearbeitenden Akten entweder eingelesen und auf elektronischem Wege übermittelt werden müssen oder die Aktenvorgänge dem Kläger zur Verfügung gestellt werden müssen, ohne dass dieser das Betriebsgebäude des Beklagten zu betreten hat.

Die Kommunikation mit anderen Arbeitnehmern zum Zwecke der Arbeitsausführung wäre nur auf telefonischem Wege oder dadurch möglich, dass Besprechungen außerhalb des Verwaltungsgebäudes des Beklagten erfolgen können.

Lagern Verwaltungsakten außerhalb des Betriebsgebäudes, sind besondere Maßnahmen zu erfordern, um zu gewährleisten, dass Dritte keinen Einblick in die Akten nehmen können.

Es wäre darüber hinaus ein berechtigtes Anliegen des Beklagten, Einrichtungen zu schaffen, die die Überprüfung der Einhaltung der regelmäßigen Arbeitszeit gewährleisten.

Dem Kläger wäre darüber hinaus die notwendige technische Ausrüstung zur Verfügung zu stellen.

Jedenfalls in ihrer Gesamtheit wäre die Beklagte zur Änderung der Ablauforganisation in einer Weise und in einem Umfang gezwungen, der ihr, auch und gerade unter Berücksichtigung einer Teilzeitbeschäftigung des Klägers nicht zuzumuten ist.

2.4.4 Schließlich kommt die Schaffung eines tonerfreien Verwaltungsgebäudes auch unter Berücksichtigung der Verpflichtungen des Beklagten aus § 618 Abs. 1 BGB, § 4 ArbSchG nicht in Betracht.

Nach § 618 Abs. 1 BGB hat der Arbeitgeber Räume, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Arbeitnehmer gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als es die Dienstleistung gestattet.

Diese Bestimmung betrifft auch die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beschaffenheit der Atemluft in Arbeitsräumen (BAG, 17.02.1998, EzA BGB § 618 Nr. 14).

§ 618 BGB ist dabei eine Teilausprägung der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern.

Die öffentliche-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften konkretisieren dabei den vom Arbeitgeber nach § 618 Abs. 1 BGB einzuhaltenden Standard, sie liegen für Arbeitnehmer einen Mindeststandard fest (ErfK-Wank, § 618 BGB, Rn.-Ziff. 4).

Liegen dabei keine einschlägigen Sondervorschriften vor, ist für die Beurteilung, was einem Arbeitgeber an Schutzmaßnahmen zumutbar ist, auf § 4 ArbSchG abzustellen. Nach dieser Bestimmung hat der Arbeitgeber die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird.

In der Regel genügt ein Arbeitgeber seiner Pflicht aus § 618 Abs. 1 BGB dabei schon dadurch, dass er einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt, dessen Belastung mit Schadstoffen nicht über das in der Umwelt sonst übliche Maß hinausgeht. Die Pflicht des Arbeitgebers, Arbeitsplätze möglichst frei von gesundheitsschädlichen Chemikalien und sonstigen Gefahrstoffen zu halten, ist durch das allgemeine Vorhandensein dieser Stoffe in der Umwelt begrenzt. Vom Arbeitgeber kann daher regelmäßig nicht verlangt werden, am Arbeitsplatz günstigere Bedingungen zu schaffen. Arbeitsschutzrecht schützt Arbeitnehmer vor erhöhten Gefahren, die ihnen durch die Arbeit drohen, aber nicht gegen das allgemeine Lebensrisiko aller Menschen (BAG, 08.05.1996, EzA BGB § 273 Nr. 5).

Ein Arbeitnehmer kann daher vom Arbeitgeber regelmäßig nicht mehr verlangen, als die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen vom Arbeitgeber fordern.

Eine weitergehende Verpflichtung des Arbeitgebers kann sich lediglich dann ergeben, wenn Arbeitnehmer aufgrund ihrer gesundheitlichen Disposition gegen bestimmte Schadstoffe besonders anfällig sind. In diesem Fall trifft den Arbeitgeber eine gesteigerte Fürsorgepflicht (BAG, 08.05.1996, a.a.O.; BAG, 17.02.1998, a.a.O.).

Wieweit diese gesteigerte Fürsorgepflicht des Arbeitgeber reicht, ist von den Gegebenheiten des Einzelfalls abhängig.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hat der Beklagte alle Maßnahmen ergriffen, die ihm auch unter Berücksichtigung einer möglichen gesteigerten Fürsorgepflicht zuzumuten sind.

Der Kläger hat einen Arbeitsplatz, der sich in größtmöglicher Entfernung von einem Gerät befindet, dass Tonerstaub emittiert.

Die Räumlichkeit, in dem sich der nächstgelegene Laserdrucker befindet, ist unwidersprochen durch vier Türen vom Arbeitsplatz des Klägers getrennt, wenngleich es in der Natur der Sache und der Arbeitsleistung liegt, dass solche Türen zu betrieblichen Zwecken geöffnet werden müssen.

Der Raum, in dem sich der nächstgelegene Laserdrucker befindet, ist jedenfalls einer Belüftung zugänglich und das Schließen von Fenstern während der Nacht ist dabei ohne Bedeutung, da während dieser Zeit regelmäßig eine Benutzung auch nicht stattfindet.

Der Beklagte hat damit alles Zumutbare getan, um eine Beeinträchtigung des Klägers weitgehend zu vermeiden.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger in einer Vielzahl sonstiger Gebäude und Räumlichkeiten solchen Beeinträchtigungen ausgesetzt sein kann.

Ein Austausch aller im Verwaltungsgebäude befindlichen Laserdrucker durch solche, die auf Tintenstrahlbasis arbeiten, ist dem Beklagten schon in organisatorischer Hinsicht nicht zuzumuten.

Eine solche Umorganisation ist dem Beklagten erst Recht deswegen unzumutbar, weil jedenfalls Zweifel bleiben, ob die Beschwerden des Klägers überhaupt mit Bedingungen an seinem Arbeitsplatz beim Beklagten zu hängen und auf solche zurückzuführen sind.

Herr Dr. K2 gibt in seiner Stellungnahme vom 18.05.2008 an, es bestehe die Vermutung, dass eine am Arbeitsplatz vorhandene inhalative Noxe für die Beschwerden des Klägers verantwortlich sei, diese Vermutung könne aber nur mit Hilfe spezieller Untersuchungsverfahren bewiesen werden.

Auch die gutachterliche Äußerung des Dr. P1 vom 25.05.2008 gibt lediglich her, dass Anamnese und Krankheitsverlauf Hinweise auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Entstehung der Erkrankung und einer berufsbedingten schädigenden Einwirkung von Tonerstaub auf die Atemwege abgeben. Auf die Frage, ob aus medizinischer Sicht objektiv der Zwang zum Unterlassen aller Tätigkeiten besteht, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein könnten, wird auf die Durchführung einer weiteren Untersuchung verwiesen.

Lässt sich daher nicht einmal mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass ein Austausch von Geräten auf Laserdruckbasis zu einer Änderung des Gesundheitszustandes des Klägers führt, sind dem Beklagten keine prophylaktischen Maßnahmen in dieser Größenordnung zuzumuten.

C.

Der Kläger hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Gründe für die Zulassung der Revision bestanden nach § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

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