AG Berlin-Mitte – Az.: 124 C 160/18 – Urteil vom 29.03.2019
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Rückzahlung von vom Kläger veranlassten Kreditkartenumsätzen.
Zwischen dem Kläger und der Beklagten bestand ein Kreditkartenvertrag über eine … Kreditkarte Gold in Gestalt einer … Kreditkarte. In dem Zeitraum vom 9.9.2015 bis zum 7.11.2016 wurde der Kläger im Rahmen eines im Internet veranstalteten Glücksspiels über die jedermann zugänglichen Casino-Internetseiten Pokerstars, Betsafe und Winamax zur Zahlung veranlasst. Er nutzte für die Zahlungen in Höhe von insgesamt 3.563,80 € die von der Beklagten ausgestellte Kreditkarte. In den Kreditkartenabrechnungen wurden die Online-Glücksspielanbieter namentlich genannt. Die Zahlungen an die Online-Casinos sind mit einem sog. Merchant Category Code (MCC) gekennzeichnet. Die Online-Glücksspielunternehmen arbeiten zusammen mit dem Kreditkartensystem … international. Damit die Kreditkartenzahlung überhaupt möglich wird, muss der Online-Glücksspielanbieter diese Zahlungsart akzeptieren. Die Akzeptanz der Kreditkartenzahlung erfolgt durch den Abschluss sog. Akzeptanz- bzw. Akquisitionsverträge.
Der Kläger behauptet, über die genannten Portale an Glücksspielen wie Black Jack, Roulette und Poker teilgenommen zu haben. Dem Kläger sei nicht bewusst gewesen, dass er an illegalen Glücksspielen teilgenommen habe. Er meint, der Beklagten habe es bewusst gewesen sein müssen, dass es sich bei den veranlassten Zahlungen um Zahlungen für Online-Glücksspiele gehandelt habe. Da der Beklagten aufgrund ihrer Pflichtverletzung gegenüber dem Kläger aus dem Kreditkartenvertrag kein Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 670, 675 Abs. 1 BGB zustehe, habe der Kläger gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Klageforderung. Die Beklagte sei gegenüber dem Kläger zur Zahlungsverweigerung gegenüber den Glücksspielanbietern verpflichtet gewesen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.563,80 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2017 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, wenn der Kläger an unerlaubtem Glücksspiel teilgenommen habe, so sei dies für sie jedenfalls nicht erkennbar gewesen. Die Beklagte meint, sie sei nicht zur Rückzahlung an den Kläger verpflichtet.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückbuchung gemäß §§ 667, 675f, 675 c Abs. 1 BGB zu.
Der Kläger hat die Zahlungen durch Eingabe seiner Kreditkartendaten auf den Internetseiten der jeweiligen Glücksspielanbieter selbst veranlasst und autorisiert, so dass die Beklagte aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Kreditkartenvertrages verpflichtet war, diese auszuführen. Der Beklagten entstand dadurch gegenüber dem Kläger ein Aufwendungsersatzanspruch gemäß §§ 670, 675c Abs. 1, 675f BGB.
Der Anspruch besteht aber dann nicht, wenn der Beauftrage – hier die Beklagte – die Aufwendungen nicht für erforderlich i. S. d. § 670 BGB halten durfte. Soweit das Vertragsunternehmen ordnungsgemäße Belastungsbelege einreicht, kann das Kreditunternehmen, welches sich an die Weisungen des Auftraggebers zu halten hat, die Zahlung grundsätzlich für erforderlich halten, ohne zu prüfen, ob im Valutaverhältnis eine wirksame Forderung besteht (BGH, Urteil vom 24.11.2002, XI ZR 420/01). Die Zahlung des Kreditkartenunternehmens an das Vertragsunternehmen ist ausnahmsweise dann keine Aufwendung, die das Kreditkartenunternehmen für erforderlich halten darf, wenn das Vertragsunternehmen das Kreditkartenunternehmen rechtsmissbräuchlich in Anspruch nimmt (BGH, Urteil v. 24.9.2002, Az: XI ZR 420/01, Rn. 19, juris). Dann ist das Kreditkartenunternehmen zur Zahlungsverweigerung nicht nur berechtigt, sondern aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrages mit dem Karteninhaber auch verpflichtet. Eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Kreditkartenunternehmens liegt nur vor, wenn das Vertragsunternehmen seine formale Rechtsposition ersichtlich treuwidrig ausnutzt. Das ist nur dann der Fall, wenn offensichtlich oder liquide beweisbar ist, dass dem Vertragsunternehmen eine Forderung aus dem Valutaverhältnis gegen den Karteninhaber nicht zusteht (BGH, Urteil v. 24.9.2002, Az: XI ZR 420/01, Rn. 19, juris).
Ob der Kläger tatsächlich an illegalen Glücksspielen teilgenommen hat, kann hier dahinstehen. Da gem. § 4 Abs. 1 GlüStV Glücksspiele grundsätzlich verboten sind, lag zwar nahe, dass den Vertragsunternehmen eine Forderung aus dem Valutaverhältnis nicht zustand. Dann war der Vertrag zwischen dem Kläger und dem Vertragsunternehmen nichtig. Es war aber für die Beklagte nicht offensichtlich oder liquide beweisbar, dass der Kläger gerade an solchen Spielen teilgenommen hat. Die Übermittlung des Merchant Category Code vermittelt lediglich die Kenntnis, dass es sich um Forderungen aus Wetten handelt. Diese sind jedoch nicht generell illegal. Gerade die von dem Kläger als Vertragspartner gewählten Spieleanbieter vermitteln auch zugelassene Sportwetten, so dass allein aus dem MCC nicht erkennbar war, welche Verträge der Kläger mit den Vertragsunternehmen geschlossen hatte. Das von der Beklagten zusätzlich erhobene Entgelt von 3 % des Transaktionsumsatzes bezieht sich nicht nur auf Casinoumsätze, sondern auch auf Lotto- und Wettumsätze.
Auch aus dem Abschluss von Akquisitionsverträgen lässt sich keine generelle Nichtigkeit von Forderungen dieser Vertragsunternehmen folgern.
Schließlich ist es dem Karteninhaber verwehrt, das Kreditkartenunternehmen nach Ausgleich ordnungsgemäß unterzeichneter Belastungsbelege auf einen etwaigen Rückforderungsanspruch gegen das Vertragsunternehmen zu verweisen, wenn er es – wie hier – vor Begleichung der Belastungsbelege versäumt hat, das Kreditkartenunternehmen in die Lage zu versetzen, offensichtliche oder liquide beweisbare Einwendungen gegen die Forderung des Vertragsunternehmens aus dem Valutaverhältnis zu erheben (BGH, Urteil v. 24.9.2002, Az: XI ZR 420/01, Rn. 23, juris). Das gleiche muss auch bei ordnungsgemäß angewiesenen Online-Zahlungen gelten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.