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Kreuzfahrt – Rückzahlung Reisepreis

Ohne Stornogebühren und Entschädigung für vertanen Urlaub

LG Rostock – Az.: 1 O 259/20 – Urteil vom 09.10.2020

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.653,36 € zu zahlen sowie an Frau S. K., weitere 1.041,44 € jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.12.2019.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 18 % und die Beklagte zu 82 %.

3. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagte ist das Urteil vorläufig vollstreckbar; der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger verlangt Rückzahlung des Reisepreises ohne Abzug von Stornogebühren und Entschädigung für vertanen Urlaub.

Der Kläger und seine Ehefrau sind schon seit 2010 Kunden der Beklagten. Bei jeder Kreuzfahrt werden die Personalien der Reisekunden mittels eines sog. Bordmanifests, das die Reisekunden ausfüllen müssen, erfasst. Die Personalien der Ehefrau des Klägers waren hinsichtlich der Reihenfolge der Vornamen falsch eingegeben und gespeichert worden. Bei mehreren vorherigen Kreuzfahrten des Klägers und seiner Ehefrau war die Vertauschung nicht aufgefallen.

Der Buchung der streitgegenständlichen Reise war ein Gespräch des Klägers mit einer Mitarbeiterin der Beklagten – Frau W. – am 14.05.2019 vorausgegangen. Das hieraufhin per E-Mail übersandte Angebot nahm der Beklagte telefonisch am 15.05.2019 an. Bei der Reise handelte es sich um eine Ostasienkreuzfahrt mit der A. für den Zeitraum vom 25.11.2019 bis 09.12.2019 zu einem Gesamtreisepreis in Höhe von 8.331,52 €. Die Reise sollte beinhalten den Hin- und Rückflug in der Business-Class der Fluggesellschaft Lufthansa, Transfer vom Flughafen zum Schiff und zurück sowie eine 12-tägige Schiffsrundreise auf dem Schiff der Beklagten. Auf die Buchungsbestätigung wird verwiesen (Anlage K 1 zur Klageschrift).

Am 13.11.2019 stellte sich beim Ausfüllen des Bordmanifests heraus, dass die Vornamen der Ehefrau des Klägers in falscher Reihenfolge erfasst waren (falscher Namenszug: K. S. H.; richtiger Namenszug: S. K. H.). Mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 20.11.2019 (Anlage K 5 zur Klageschrift) verlangte der Kläger die Namenskorrektur bis zum 21.11.2019, 13:00 Uhr.

Die Beklagte lehnte unter dem 22.11.2019 die verlangte kostenneutrale Korrektur ab (Anlage K6 zur Klageschrift). Mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 23.11.2019 erklärte der Kläger hieraufhin den Rücktritt vom Reisevertrag und verlangte uneingeschränkte Rückzahlung des Reisepreises und Entschädigung für vertanen Urlaub.

Die Beklagte behielt vom Reisepreis einen Betrag in Höhe von 7.611,92 € als Stornogebühren ein.

Der Kläger begründet seine Klage wie folgt:

Die Namen des Klägers und seiner Ehefrau seien nicht abgefragt worden. Die Beklagte habe es versäumt, auf die Bedeutung und Wichtigkeit der Vornamensreihenfolge hinzuweisen. Frau W. habe gemeint, dass ein Abgleich der persönlichen Daten der Reisenden nicht notwendig sei, da diese ja im System hinterlegt seien.

Gegenstand der Klage sind in der Hauptsache die einbehaltenen Stornogebühren in Höhe von 7.611,92 € und ein immaterieller Schadensersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit in Höhe des hälftigen Reisepreises (4.165,76 €).

Der Kläger beantragt:

1.

Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger einen Betrag in Höhe von 11.777,68 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5,00 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 05.12.2019 zu zahlen.

2.

Die Beklagte wird verurteilt vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 490,99 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5,00 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 05.12.2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt sich gegen die Klage wie folgt: Die dem Kläger übersandten Angebotsunterlagen hätten die „falsche“ Vornamensreihenfolge betr. seine Ehefrau aufgewiesen. Es wäre Aufgabe des Klägers gewesen, auch die Namen zu überprüfen und ggf. zu korrigieren. Da eine Korrektur nicht erfolgt sei, habe auch die Buchungsbestätigung die falsche Vornamensreihenfolge aufgewiesen. Ein Anspruch wegen vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sei unbegründet, weil sich die Beklagte im Zeitpunkt des anwaltlichen Schreibens vom 23.11.2019 nicht in Verzug befunden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien und die vorgelegten Urkunden verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist im erkannten Umfang begründet.

1.

Der Kläger hat den Reisevertrag stornierungskostenfrei kündigen dürfen (§ 651l BGB i.V.m. § 651i Abs. 3 Nr. 5 BGB).

a.

Kreuzfahrt - Rückzahlung Reisepreis
(Symbolfoto: Von Denis Belitsky/Shutterstock.com)

Der Reiseveranstalter hat dem Reisenden die Pauschalreise frei von Reisemängeln zu verschaffen (§ 651i Abs. 1 BGB). Ein Reisemangel liegt auch vor, wenn der Reiseveranstalter die versprochenen Reiseleistungen nicht verschafft bzw. verschaffen kann (§ 651i Abs. S. 3 BGB). Das Kündigungsrecht kann bereits vor Reiseantritt ausgeübt werden (BGH, Urteil vom 16.1.2018 – X ZR 44/17, NJW 2018, 1534 Rn. 14 zum alten Recht). Voraussetzung hierfür ist, dass der Reiseveranstalter eine im wesentlichen mangelfreie Reise nicht gewährleisten kann.

Die stornierungskostenfreie Kündigung wegen eines erheblichen Reisemangels ist ausgeschlossen, wenn der Reisemangel nicht der Sphäre des Reiseveranstalters zugerechnet werden kann, sondern aus dem Verantwortungsbereich des Reisenden herrührt.

b.

Der Grund dafür, dass die Beklagte die versprochene Reiseleistung nicht erbracht hat, liegt – unstreitig – darin begründet, dass die Beklagte die Transferflüge betr. die Ehefrau des Klägers nicht mit deren richtigen Vornamensreihenfolge gebucht hat. Der diesbezügliche Irrtum hat zwar seinen Ursprung in der Sphäre des Klägers. Der mehr als 10 Tage vor dem Abreisedatum und damit frühzeitig informierten Beklagten hätte es aber oblegen, diesen Irrtum zu korrigieren. Dass ihr dies nicht kostenneutral möglich gewesen ist, wie sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, hat sie nicht dargelegt. Die Gelegenheit, hierzu ergänzend Stellung zu nehmen, hat sie nicht genutzt. Weder hat sie dazu vorgetragen, dass ihre Vertragsbeziehung zum Flugunternehmen eine kostenneutrale Korrektur der Reihenfolge von Vornamen nicht zulässt, noch dazu, dass eine kostenneutrale Korrektur wegen der maßgeblichen Einreisebestimmungen des Ziel- bzw. Abflugflughafens nicht möglich ist. Der Kammer sind solche vertraglichen und reiserechtlichen Beschränkungen auch nicht bekannt. Dies gilt umso mehr, als nach dem Gesetz sogar eine Vertragsübertragung vorgesehen ist (§ 651e BGB).

c.

Die Beklagte kann sich nicht auf ihren Hinweis in der Buchungsbestätigung vom 15.05.2019 berufen, wo es wie folgt heißt:

„Das von Ihnen gebuchte An/Abreisepaket „Flex Flug“ wurde zum tagesaktuellen Preis bei der Airline eingebucht. Für jede Änderung fallen Gebühren in Höhe von 100% des Flugpreises an. Umbuchungen und Namensänderungen sind nicht möglich. Wir bitten Sie zu berücksichtigen, dass sich die Fluggesellschaft Anpassungen der Reservierungen (z.B. Flugzeiten) vorbehält.“

Diese – nach Kenntnis der fortlaufend mit Reisevertragssachen ähnlicher Art befassten Kammer – als Allgemeine Vertragsbestimmung zu qualifizierende Regelung stellt eine unangemessene Benachteiligung des Reisenden dar. Zum einen ist sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Zum anderen werden wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. § 651e BGB erlaubt eine Vertragsübertragung (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Das Reiseunternehmen darf nur die hierdurch bedingten Mehrkosten geltend machen. Dass diese immer und ausnahmslos 100 % der Flugreisekosten betragen, ist abwegig. Dies gilt umso mehr, als es nicht um eine Vertragsübertragung, sondern nur um eine Korrektur der Vornamensreihenfolge eines Reisenden geht (ebenso zum alten Recht LG München I, Schlussurteil v. 26.9.2013 – 12 O 5413/13, BeckRS 2014, 4019, beck-online).

2. Anspruch wegen vertanen Urlaubs (§ 651n Abs. 2 BGB)

Dem Kläger steht ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 2.082,88 € zu.

a. Aktivlegitimation

Die Kammer hält den Kläger bereits aufgrund des Reisevertrags für aktivlegitimiert, auch soweit er einen Entschädigungsanspruch geltend macht, der in der Person seiner Ehefrau entstanden ist. Einer Abtretung des Anspruchs an ihn durch seine Ehefrau hat es nicht bedurft. Seinen Klageantrag legt die Kammer interessengerecht dahin aus, dass er Zahlung an seine Ehefrau geltend macht, soweit der Entschädigungsanspruch in ihrer Person entstanden ist.

Die Kammer ist der Ansicht, dass dem Reisenden i.S.d. § 651a Abs. 1 BGB unabhängig von der Abtretung ein eigener Anspruch auf Zahlung der Entschädigung an die Mitreisenden zusteht. Buche der Reisende eine Reise für sich und weitere Mitreisende, so handele es sich, soweit Reiseleistungen gegenüber den Mitreisenden erbracht werden sollen, im Zweifel um einen Vertrag zugunsten Dritter, in welchem Fall, sofern nicht ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist, nach § 335 BGB auch dem Versprechensempfänger, also dem Reisenden, ein Anspruch auf Leistung an den Dritten zustehe, und zwar nicht nur hinsichtlich der Primärleistung, sondern auch für Sekundäransprüche, insbesondere Schadensersatzansprüche. Dass mit der Entschädigung in Geld ein immaterieller Schaden ausgeglichen werden soll, zwinge nicht dazu, den Anspruch als höchstpersönlich anzusehen, zumal der BGH ausdrücklich die Anknüpfung der Anspruchshöhe an den Reisepreis als taugliches Bemessungskriterium gebilligt habe (vgl. u.a. MüKoBGB/Tonner, 8. Aufl. 2020 Rn. 54, BGB § 651n Rn. 54).

b.

Die Beklagte hat den Ausfall bzw. die Vereitelung der Reise zu vertreten. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass sie das Reisehindernis nicht mit zumutbarem Aufwand hätte beseitigen können.

c.

Bei der Bemessung des Anspruchs hat sich die Kammer von folgenden Grundsätzen leiten lassen:

Sinn und Zweck der Entschädigungsregelung ist es, dem Reisenden einen Ausgleich für die entgangene Urlaubsfreude zu verschaffen. Die Bemessung der Entschädigung ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, der alle zur Bemessung geeigneten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beachten hat (vgl. BGH, Urt. v. 11.01.2005, X ZR 118/03, Rn. 26 u. 31 – juris). Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, durch § 651n Abs. 2 BGB einen bestimmten Bemessungsmaßstab vorzugeben (vgl. die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 8/2343, S. 11; so inhaltlich auch schon der Regierungsentwurf BT-Drucks. 8/786, S. 30). Das Gesetz geht davon aus, dass für die Bemessung der Entschädigung sämtliche Umstände des Einzelfalls zu würdigen sind. Wird die Reise durchgeführt und ist sie erheblich mangelhaft, kommt es auf das Ausmaß der Beeinträchtigung der Reise an; die Schwere des dem Reiseveranstalter zur Last fallenden Verschuldens ist besonders zu berücksichtigen.

Die Rechtsprechung geht bei der Bemessung der Entschädigung in erster Linie vom vereinbarten Reisepreis aus. Die Eignung des Reisepreises als Bemessungsmaßstab entspricht der Vorstellung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 8/2343, S. 11) und wird höchstrichterlich gebilligt (vgl. BGH, Urt. v. 11.01.2005, X ZR 118/03, Rn. 29 – juris).Die Ansicht, für jeden gänzlich vertanen Urlaubstag den gezahlten Reisepreis in voller Höhe als Richtschnur anzulegen, ist jedenfalls dann verfehlt, wenn die Reise insgesamt ausfällt. Vertretbar ist allerdings auch in solchen Fällen, den Reisepreis für die Bemessung der Höhe der Entschädigung heranzuziehen. Der Fall des vollständigen Ausfalls einer Reise ist aber regelmäßig nicht einem Fall gleichzustellen, in dem die Reise wegen Mängel der Leistung des Veranstalters so erheblich beeinträchtigt worden ist, dass der Erfolg der Reise (nahezu) vollständig verfehlt worden ist und deshalb eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises angemessen sein kann.

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Der Grad des Verschuldens des Reiseveranstalters ist insoweit relevant, als es den Grund für den Ausfall der Reise mitbedingt hat. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Anspruch gem. § 651n Abs. 2 BGB ein Verschulden voraussetzt, weshalb nur eine über das Übliche hinausgehende Sorgfaltspflichtverletzung relevant sein kann. Etwaige Verletzungen der Hinweis- und Informationspflichten im Zusammenhang mit dem Ausfall der Reise können nur dann eine höhere Entschädigung rechtfertigen, wenn sie Unannehmlichkeiten für den Reisenden bedingt haben, die der Risikosphäre des Reiseveranstalters zuzurechnen sind.

Die Rechtsprechung des BGH hat eine Entschädigung in Höhe von 50 % des Reisepreises ebenso unbeanstandet gelassen (BGH Urt. v. 11.01.2005 – X ZR 118/03, NJW 2005, 1007 für eine ausgefallene zweiwöchige Reise auf den Malediven) wie eine Entschädigung in Höhe von 73 % des Reisepreises (BGH, Urt. v. 29.05.2018, X ZR 94/17, NJW 2018, 3173 für eine ausgefallene zweiwöchige Karibikreise; OLG Köln Urt. v. 19.7.2017 – 16 U 31/17, BeckRS 2017, 125642 Rn. 21, beck-online). Bei der Bemessung ist zu beachten, dass dem Schadensersatzrecht eine Pönalisierung fremd ist und eine Überkompensation nicht erfolgen darf.

Unerheblich ist, wie der Reisende die geplante Urlaubszeit anderweitig verbracht hat. Denn mit der Vereitelung der Reise steht zugleich der haftungsausfüllende Tatbestand der vertanen Urlaubszeit fest (BGH Urt. v. 11.01.2005 – X ZR 118/03 m.w.N. zum Streitstand). Eine „Rückgabe des Urlaubs“ nebst Weiterarbeit oder ein Ersatzurlaub tangieren die Höhe des Entschädigungsanspruchs deshalb nicht, weil der Reisende nicht gem. § 254 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, sich in dieser Zielrichtung zu bemühen.

Relevanz kann der Umstand haben, welche Bedeutung die ausgefallene Reise für den Reisenden hat und ob sie für ihn nachholbar ist. Auch der Umfang der Mühe, die Reise zu planen und vorzubereiten, ist zu berücksichtigen. Ebenso kann für die Bemessung der Entschädigung eine Rolle spielen, welchen Aufwand der Reisende betreiben muss, um einen Ersatzurlaub zu planen und zu buchen.

Es kann für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sein, dass es sich um eine hochpreisige und attraktive Reise gehandelt hat und dass der Reiseveranstalter es versäumt hat, den Reisenden in angemessener Zeit vom Ausfall der Reise zu unterrichten, wodurch es ihm erschwert worden ist, die Zeit anders zu verplanen.

Die Kammer erachtet es für verfehlt, beim Ausfall einer Reise eine Entschädigung in Höhe des hälftigen Reisepreises als „Sockelbetrag“ anzunehmen und jedwede weitergehende Sorgfaltspflichtverletzung des Reiseveranstalters im o.g. Sinne entschädigungserhöhend zu berücksichtigen. Maßgeblich muss vielmehr der individuelle Leidensdruck des Reisenden sein, der ihm durch den Ausfall der Reise erwachsen ist. Jedenfalls bei hochpreisigen Reisen kann es nur in besonderen Fällen eines gänzlichen Reiseausfalls, die durch ein besonderes Verschulden des Reiseveranstalters geprägt sind und gravierende Nachteile für den Reisenden haben, für gerechtfertigt, eine Entschädigung von bis zu 50 % des Reisepreises und mehr zuzusprechen. Anderenfalls würde man das Gesamtsystem des immateriellen Schadensersatzrechts aufbrechen und einer Pönalisierung und Überkompensation den Weg bereiten.

d.

Ausgehend von diesen Grundsätzen steht dem Kläger ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 25 % des Reisepreises zu.

Die vom Kläger vorgebrachten Gründe rechtfertigen es nicht, mehr als 25 % des Reisepreises zugrundezulegen. Dass der Kläger den geplanten Urlaub zu Hause hat verbringen müssen, gehört zum Kern des vom Gesetz vorgesehenen Anspruchs. Dass sich die Beklagte in einer den Kläger besonders belastenden Art und Weise seinem Ansinnen auf Korrektur der Vornamensreihenfolge verweigert hat, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat von Beginn an und eindeutig ihre Verantwortung in Abrede gestellt. Dass der Kläger sich auf eine Korrespondenz eingelassen hat, lässt die Entschädigungshöhe unberührt. Dem Umstand, dass es sich um eine hochwertige Reise gehandelt hat, wird dadurch Rechnung getragen, dass sich die Entschädigung am Reisepreis orientiert.

II.

Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat sich mit ihrem Schreiben vom 25.11.2019 – beim Kläger eingegangen am 28.11.2019 – selbst in Verzug gesetzt, so dass bereits ab dem 29.11.2019 ein Zinsanspruch gegeben gewesen wäre.

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist unbegründet. Im Zeitpunkt der Tätigkeit der späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Ansprüchen (Schreiben vom 23.11.2019) hat sich die Beklagte mit dem Anspruch auf Rückzahlung der Reisekosten infolge der Kündigung und auf Entschädigung noch nicht in Verzug befunden. Erst mit dem Schreiben vom 23.11.2019 ist der Anspruch überhaupt fällig gestellt worden.

Im Übrigen hat bereits nach dem Schreiben der Beklagten vom 22.11.2019 keine Notwendigkeit gem. § 249 BGB bestanden, einen Rechtsanwalt vorgerichtlich zu beauftragen. Der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch umfasst zwar gem. 249 Abs. 2 S. 1 BGB bei der Schädigung einer Person oder Sache grundsätzlich auch den Ersatz der durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten (vgl. z.B. OLG Saarbrücken Urt. v. 19.7.2018 – 4 U 26/17, NJW-RR 2018, 1516 Rn. 21, beck-online). Entsprechendes muss für Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche gem. § 651n BGB gelten. Der Schadensersatz- bzw. Entschädigungspflichtige hat dabei aber nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der maßgebenden Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Solange eine Forderung aber nicht fällig ist, ist die vorgerichtliche Einschaltung eines Rechtsanwalts grds. voreilig, weil der Gläubiger im Allgemeinen nicht wissen kann, ob der Schuldner seine Pflicht erfüllt. Gleiches gilt, wenn der Schädiger zu erkennen gegeben hat, er werde sich ohne ein Gerichtsverfahren dem Anspruchsverlangen nicht beugen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO.

 

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