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Kündigung eines Werbeagenturvertrages

AG Pfaffenhofen, Az.: 1 C 1050/17, Urteil vom 25.04.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.975,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.09.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 2.975,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche aus Werbeagenturvertrag gegen die Beklagte geltend.

Die Klägerin ist eine Werbeagentur und wurde von der Beklagten mit Werbeagenturleistungen beauftragt.

Kündigung eines Werbeagenturvertrages
Symbolfoto: Von Asier Romero /Shutterstock.com

Die Parteien hatten einen Agenturrahmenvertrag abgeschlossen. Dabei hatte die Beklagte das Angebot der Klägerin mit Auftragsbestätigung vom 17.05.2017 unterzeichnet und hiermit das Angebot der Klägerin angenommen. Zum Leistungsportfolio des Rahmenvertrages gehörten die im Leistungskatalog aufgeführten Leistungen, die jedoch im Einzelnen gesondert zu beauftragen waren.

Als Vergütung hatten die Parteien eine Monatspauschale von 2.500,00 € netto zzgl. MwSt, brutto somit 2.945,00 € vereinbart.

Gemäß Vereinbarung war die Vergütung grundsätzlich im Voraus für drei Monate zu zahlen. Alternativ wurde eine monatliche Vorauszahlung vereinbart, sofern die Beklagte binnen 14 Tage ab Auftragserteilung ein SEPA-Firmenlastschrift-Mandat erteilt. Ein solches wurde durch die Beklagte erteilt. Als Startdatum war lt. Vertrag der 01.07.2017 vereinbart worden. Als Laufzeit hatten die Parteien eine unbefristete Laufzeit mit einer Kündigungsfrist von vier Monaten zum Monatsende vereinbart.

Daneben hatten die Parteien für die erste Vertragslaufzeit eine sog. Probezeit vereinbart. Binnen dieser Probezeit bestand für die Beklagte die Möglichkeit, binnen des zweiten Vertragsmonats zum Ende des dritten Vertragsmonats zu kündigen. Die Kündigungsfrist der Probezeit endete somit am 01.09.2017.

Nach einer Präsentation bei der Klägerin übersandte der Geschäftsführer der Klägerin an die Beklagte eine E-Mail vom 09.08.2017, 12:03 Uhr, die auszugsweise lautet:

„Die Kollegen teilten Ihnen bereits gestern mit, dass wir heute einen ganztägigen Betriebsausflug haben und daher nicht erreichbar bzw. verfügbar sind. Ich bitte das zu respektieren. Ich finde es sehr bedauerlich, dass Sie die Zusammenarbeit mit sämtlichen Kollegen und auch bezüglich aller von uns vorgeschlagenen Themen/Inhalte scheinbar in jeglicher Hinsicht, allerdings ohne eine wirkliche Argumentation ablehnen. Ihr leider sehr emotionales und wenig konstruktives Feedback zur Präsentation des Grobkonzepts gestern haben mir alle betreffenden Kollegen schon mitgeteilt. In diesem Zusammenhang darf ich Sie höflich dazu auffordern, meine Kollegen nicht mehr telefonisch zu kontaktieren, um diese (wie gestern) leider wirklich unsachlich, emotional und vor allem in einer unangemessenen Lautstärke anzugehen und zu beleidigen.

Ein persönlicher, bzw. telefonischer Austausch scheint aus beschriebenen Gründen kaum möglich, weshalb ich Sie auch höflich darum bitte – vor allem auch um Missverständnisse vorzubeugen und wenig Interpretationsspielraum zu haben – dass Sie uns Ihr Feedback zur Präsentation bitte schriftlich mitteilen.

Wir sind alle morgen wieder im regulären Einsatz. Sie können bis morgen mit der Übersendung der Präsentation rechnen.

Wir werden umgehend auf Ihr Feedback eingehen und hoffen, dass Sie ebenfalls an einem konstruktiven und professionellen Dialog interessiert sind.“

Die Beklagte hatte mit Email vom 15.08.2017, 21:04.29 Uhr eine Kündigung erklärt. Diese lautet:

„Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr C, bezugnehmend auf meine E-Mail vom 13.08.2017 spreche ich Ihnen hiermit fristgerecht mit sofortiger Wirkung meine Vertragskündigung aufgrund einseitig unterlassener Vertragsvereinbarung aus. Die entsprechende schriftliche Kündigung geht Ihnen noch in dieser Woche per Post zu.“

Hierauf antwortete die Klägerin mit Email vom 18.08.2017, 10:31.55 Uhr wie folgt:

„Sehr geehrte Frau G, Ihre Kündigung müssen wir in der ausgestellten Form leider zurückweisen. Sie wurde an die falsche Firma – die XY – gerichtet, statt an die YZ, die auch Ihr Vertragspartner ist. Außerdem ist die Kündigung dem Wortlaut nach vermutlich als fristlose Kündigung zu deuten, die wir schon deshalb zurückweisen müssen, weil kein Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt. Wir deuten die Kündigung daher in eine ordentliche Kündigung mit Ablauf des Vertrags zum 30.09.2017 um und stehen weiter leistungsbereit zur Verfügung.“

Die Klägerin rechnete mit Rechnung vom 01.09.2017 die Vergütung für den Leistungszeitraum 01.09.2017 – 30.09.2017 i.H.v. 2.975,00 € brutto ab.

Mit Schreiben vom 30.08.2017 erklärte der Beklagtenvertreter unter anderem:

„Aufgrund der zugegangenen und in der Sache berechtigten außerordentlichen Kündigung unserer Mandantin sehen für den September 2017 keine Rechtsgrundlage für ihr Unternehmen auf Zahlung der Vergütung. Die Ihnen erteilte Ermächtigung zum Lastschrifteinzug wird hiermit ausdrücklich widerrufen. Abbuchungen vom Konto der von uns vertretenen Partei sind damit unzulässig und haben zu unterbleiben. Unsere Mandantschaft hat ihr Bankinstitut entsprechend in Kenntnis gesetzt. Wir gehen davon aus, dass Sie den Widerruf der Einzugsermächtigung akzeptieren und sich damit die Angelegenheit erledigt hat.“

Eine Zahlung durch die Beklagte erfolgte nicht.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich bei der getroffenen Vereinbarung um einen Dienstleistungsvertrag, welcher ggfs. auch eine Geschäftsbesorgung zum Inhalt habe, handele. Insoweit käme es auf den Willen der Parteien maßgebend an. Diesbezüglich würde ein Dienstvertrag gem. §§ 611 ff. vorliegen. Insoweit wird auf die Entscheidung OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 31.05.2011, AZ: 24 U 58/11, hingewiesen. Dabei sei die Tätigkeit der Klägerin auch nicht an einen bestimmten Erfolg geknüpft und dementsprechend auch nicht die monatliche Vergütung. Diesbezüglich wird weiter verwiesen auf die Entscheidung des OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 16.01.2014, AZ: 19 U 149/13. Der Vertragsbeginn sei der 01.07.2017 gewesen. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten sei am 17.08.2017 erfolgt, wobei kein außerordentlicher Kündigungsgrund vorliege. Das Vertragsverhältnis würde somit am 30.09.2017 enden, so dass die Klägerin daher einen Anspruch auf die entsprechende Vergütung für den ganzen September habe. Die Klägerin habe ihre Leistung weiterhin angeboten und auch erbracht, während die Beklagte diese nicht angenommen bzw. abgerufen habe. Insoweit könne sich die Klägerin jetzt berechtigterweise auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen. Ersparte Aufwendungen seien nicht anzurechnen, da die Klägerin ihr Personal in Bereitschaft gehalten habe und damit keinerlei Aufwendungen erspart worden seien.

Die Klägerin beantragt zuletzt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.975,09 € nebst Zinsen i.H.v. 9 % über dem Basiszinssatz seit dem 09.09.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass aufgrund der ausgesprochenen Kündigung für den Zeitraum September 2017 der Klägerin kein Anspruch mehr zustünde. Die Beklagte sei enttäuscht gewesen über den bisherigen Ablauf. Während noch vor Vertragsschluss die Beklagte von der Kreativität der Mitarbeiter der Klägerin begeistert gewesen sei, sei ihr späterhin lediglich ein Werbeflyer vorgeschlagen worden. Die Präsentation am 08.08.2017 und die dabei erfolgte Powerpoint-Präsentation seien für die Beklagte ebenfalls enttäuschend gewesen. Es sei lediglich der Ist-Zustand des klägerischen Unternehmens geschildert worden, zukunftsweisendes insbesondere wie die Beklagte an den Markt komme, sei bisher durch die Klägerin nicht erbracht worden. Zum Zeitpunkt der Präsentation am 08.08.2017 hätte die Beklagte bereits Zahlung für Juli und August i.H.v. 5.890,00 € geleistet. Die Beklagte sei von der PowerPoint-Präsentation am 08.08.2017 enttäuscht gewesen und würde mit ihrer Firma um ihr unternehmerisches Überleben kämpfen. Die Hoffnungen der Beklagten in die Klägerin seien durch die Präsentation am 08.08.2017 stark enttäuscht worden. Ein Konzept oder ein Handlungsleitfaden sei weder erarbeitet noch der Beklagten für einen möglichen Messebesuch zur Verfügung gestellt worden. Die Beklagte habe bei der Rückfahrt am 08.08.2017 mit Mitarbeitern der Klägerin und dem Geschäftsführer der Klägerin telefoniert. Daraufhin habe die Beklagte eine E-Mail vom 09.08.2017 erhalten und aufgrund dessen gekündigt. Mit dieser Email hätte die Geschäftsleitung der Klägerin eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass ein persönlicher bzw. telefonischer Austausch zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht mehr stattfinden werde. Aufgrund dieser Kontaktsperre sei das Vertrauensverhältnis zur Klägerin seitens der Beklagten komplett erloschen, weshalb diese mit Datum vom 15.08.2017 die außerordentliche Kündigung ausgesprochen habe. Das Vertragsverhältnis sei damit außerordentlich zum 15.08.2017 beendet worden. Es sei ein persönlicher intensiver Austausch zwischen der Beklagten und den Mitarbeitern der Klägerin erforderlich, dieser sei aufgrund des Kontaktverbots allerdings ausgeschlossen, so dass ein außerordentlicher Kündigungsgrund bestanden hätte.

Das Gericht hat mit der Terminsladung vom 21.02.2018 gerichtlichen Hinweis erteilt wie folgt:

„Offensichtlich stützt die Beklagtenseite ihre außerordentliche Kündigung auf offenbar bei der Beklagten subjektiv verortete andere Erwartungen an die Klagepartei. Desweiteren wird die außerordentliche Kündigung mit einem „persönlichen Kontaktverbot“ begründet. Dieses wird aus der E-Mail vom 09.08.2017 hergeleitet. Allerdings kann ein solches dort nicht festgestellt werden. Es soll lediglich über die erfolgte Präsentation ein schriftliches Feedback erfolgen. Zu mehr gibt die E-Mail keinen Interpretationsspielraum. Alles in allem wird mit stark enttäuschten Hoffnungen begründet.Soweit der außerordentliche Kündigungsgrund hierin gesehen werden soll, sind die vorgelegten Beweise nicht ausreichend bzw. nicht aussagekräftig genug. Auch lassen diese den Schluss der Beklagten gerade nicht zu!“

Im Termin vom 25.04.2018 hatte die Beklagtenseite die E-Mail der Klägerin an die Beklagte vom 15.08.2017, 21:51 Uhr, Maßnahmenkatalog Grobplanung ohne Vertriebsvideo und mit Vertriebsvideo, eine E-Mail des Geschäftsführers der Klägerin an die Beklagte vom 14.08.2017, 8:47 Uhr, eine E-Mail der Beklagten an die Klägerin vom 13.08.2017, 14.02 Uhr sowie den Fragebogen Workshop Vorbereitung vorgelegt.

Daneben hatte die Beklagtenseite noch nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatz vom 08.06.2018 (Bl. 28/30) bei Gericht eingereicht. Dieser wurde mit Verfügung vom 09.05.2018 an die Klagepartei weitergeleitet.

Im Übrigen wird auf das Protokoll vom 25.04.2018 und hier auf die informatorische Anhörung der Beklagten und des Klägervertreters sowie auf die Schriftsätze und die dort gemachten Vorträge als auch auf die vorgelegten Anlagen vollinhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage war voll umfänglich begründet.

Danach stand der Klägerin gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung aus dem streitgegenständlich zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag i.H.d. geltend gemachten 2.975,00 € zu.

Übereinstimmend hatten die Parteien einen Vertrag geschlossen, wonach aufgrund der von der Beklagten an die Klägerin erteilten SEPA-Lastschrift eine monatliche Vorauszahlung vereinbart worden war.

Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien war als Dienstvertrag einzuordnen.

„Der zwischen den Parteien zu Stande gekommene Vertrag ist – worüber sich die Parteien inzwischen einig sind – als Dienstvertrag einzuordnen, der eine Geschäftsbesorgung zum Inhalt hat (§§ 611, 675 I BGB). Dass der Vertrag insoweit auch werkvertragliche Elemente enthält, als die Bekl. etwa die Erstellung von Konzepten und die Entwicklung verschiedener Werbemaßnahmen schuldete, ändert an der grundsätzlichen rechtlichen Qualifikation nichts. Lediglich wenn ausschließlich ein herbeizuführender Erfolg den Gegenstand der Verpflichtung bilden würde, wäre eine andere Beurteilung gerechtfertigt (vgl. BGH, NJW 1994, 1069 [1070]; Senat, Urt. v. 21. 9. 2010, I-24 U 30/10, zur Tätigkeit des Rechtsanwalts; OLG Düsseldorf [15. Zivilsenat], NJW-RR 2006, 1074; s. auch OLG Köln, MDR 1980, 667, zur Tätigkeit eines Steuerberaters). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn die Kl. schuldete ausweislich des Vertrags die Beratung und Betreuung der Bekl. sowie die Planung und Gestaltung der unter Nrn. 1 ff. genannten Maßnahmen, wobei diese nur einen „Basisrahmen“ darstellen sollten. Dabei sollte sie für ihre Leistungen von bis zu 25 Agenturarbeitsstunden monatlich ein Honorar von 2500 Euro erhalten. Schwerpunkt der Tätigkeit der Kl. war damit eine für den Dienstvertrag charakteristische (vgl. BGH, NJW 2000, 1107; NJW 2002, 595) allgemeine, laufende Tätigkeit (vgl. auch OLG Hamburg, Urt. v. 29. 8. 1996 – 3 U 121/95: Verträge zwischen Werbeagentur und werbungtreibendem Unternehmen, die auf Beratung und Konzeptionierung von Werbekampagnen abzielen und mit monatlich fälligen Pauschalbezügen honoriert werden, sind Dienstverträge gem. BGB §§ 611 ff.).“ (OLG Düsseldorf, Hinweisbeschl. v. 31. 5. 2011 − 24 U 58/11 in NJOZ 2012, 342, beck-online)

Der Anspruch war auch nicht entfallen aufgrund der erklärten Kündigung der Beklagten in der Email vom 15.08.2017, 21:04 Uhr.

Dort hatte die Beklagte auf ihre eigene Email vom 13.08.2017 Bezug genommen und sprach insoweit fristgerecht mit sofortiger Wirkung ihre Vertragskündigung aus.

Als Begründung war in dieser Email aufgeführt worden: „Aufgrund einseitig unterlassener Vertragsvereinbarung“.

Von Beklagtenseite wurde allerdings mit Klageerwiderung vom 19.02.2018 erklärt, dass die Beklagte von der PowerPoint-Präsentation am 08.08.2018 „maßlos enttäuscht“ gewesen sei. Insoweit habe die Beklagte entsprechende Hoffnungen gehabt, die durch die Präsentation am 08.08.2017 stark enttäuscht worden seien. Als Reaktion auf Telefonate der Beklagten mit der Klägerin bzw. deren Mitarbeiter bzw. dessen Geschäftsführer hatte der Geschäftsführer der Klägerin am 09.08.2017 um 12: 03 Uhr eine Email an die Beklagte versandt, in der er u.a. darum bat, „Ihr Feedback zur Präsentation bitte schriftlich mitteilen.“ Insoweit hatte der Geschäftsführer der Klägerin in dieser Email die Beklagte gebeten, nicht mehr persönlich bzw. telefonisch sich hinsichtlich der Präsentation auszutauschen, sondern dies schriftlich durchzuführen.

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Darin sah die Beklagte ein Kontaktverbot, so dass in der Klageerwiderung ein außerordentlicher Kündigungsgrund in dem in der E-Mail ausgesprochenen Kontaktverbot der Beklagten mit der Klägerin gesehen wurde.

Im Termin vom 25.04.2018 erfolgte dann nach dem gerichtlichen Hinweis, der bereits in der Ladungsverfügung vom 21.02.2018 gemacht wurde, nähere Darstellungen und Ausführungen der Beklagten, aus der die Enttäuschung der Beklagten deutlich herauszuhören war. Desweiteren war auch festzustellen, dass die Beklagte an die Klägerin konkrete subjektive Erwartungen hatte, die nach Ansicht der Beklagten enttäuscht worden wären.

Trotz des Hinweises des Gerichts bereits ausgesprochen in der Ladungsverfügung wurden von Beklagtenseite in diesem Zusammenhang ausgetauschte Emails vom 13.08.2017 und vom 15.08.2017 erst im Termin ausgehändigt. Ein Schriftsatz hierzu war trotz des gerichtlichen Hinweises vor dem Termin nicht erfolgt. In den übergebenen Emails fand sich außerdem noch eine Email vom 14.08.2017. Desweiteren wurde im Termin auch der von der Beklagten ausgefüllte Fragebogen Workshop-Vorbereitung übergeben.

Auf die Frage des Gerichts, warum diese Dinge erst im Termin heute übergeben worden seien, wurde von Beklagtenseite und insbesondere vom Beklagtenvertreter ausgeführt, dass dies auch noch in der mündlichen Verhandlung möglich wäre.

Die Klagepartei rügte insoweit Verspätung.

Streitgegenständlich handelt es sich bei den vorgelegten Emails und Schreiben um tatsächliches Vorbringen, auf die die Klägerseite unmittelbar hätte eingehen können. Im Hinblick auf die Email vom 15.08.2017, 21:51 Uhr hatte der Klägervertreter auch eine Stellungnahme abgegeben. Er hat hierzu im Protokoll ausgeführt „…dass die Kündigung bereits ausgesprochen worden war, bevor überhaupt von Seiten der Klägerin die Reaktion in dieser oben erwähnten Email erfolgen konnte. Da war schon die Kündigung erfolgt.“

Im Übrigen konnte das Vorbringen nicht als verspätet zurückgewiesen werden, da der Klägervertreter eine Schriftsatzfrist hätte beantragen können und eine solche erhalten hätte. Ein solcher Antrag wurde von Klägerseite allerdings nicht gestellt. Dementsprechend kam es streitgegenständlich nicht zu einer Verzögerung des Verfahrens.

Allerdings lag entgegen der Ansicht der Beklagtenpartei kein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vor.

So wurde von Beklagtenseite angeführt, dass ein wichtiger Grund i.S.d. § 314 I BGB gegeben sei.

Der Paragraph 314 BGB wurde im Zuge der Schuldrechtsmobilisierung als außerordentlicher Kündigungsgrund für ein Dauerschuldverhältnis eingeführt, da im Schuldrecht ein solcher Kündigungsgrund bis dahin nicht unbekannt war; vielmehr zeichnet § 314 I BGB die in der Rechtspraxis bereits zuvor entwickelten Grundsätze über die Möglichkeit einer außerordentlichen Beendigung von Dauerschuldverhältnissen nach. Zentrales Tatbestandsmerkmal stellt demnach das Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ zur Beendigung des Dauerschuldverhältnisses dar, welche in § 314 I S. 2 BGB weiter konkretisiert wird. Demnach liegt ein wichtiger Grund vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Schon die sehr wertungsoffene und mit unbestimmten Rechtsbegriffen übersäte Definition des wichtigen Grundes verdeutlicht, dass sich strenge schematische Beurteilungen verbieten. Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass es der Rechtspraxis nicht gestattet ist, Auslegungsgrundsätze aufzustellen; solche Grundsätze sind vielmehr im Interesse der Rechtssicherheit unverzichtbar, um eine einheitliche Anwendungspraxis zu garantieren. Die Anwendung solcher Grundsätze hat stets unter Berücksichtigung der konkreten Einzelfallumstände zu erfolgen, wodurch keiner der entwickelten Auslegungsgrundsätze einen absoluten Geltungsanspruch für sich behaupten kann. Somit sind im ersten Schritt die für die Interessenbewertung und Abwägung maßgeblichen Einzelfallumstände zu ermitteln. Weitestgehend anerkannt ist hierbei eine Abgrenzung nach Risikosphären. So sollen im Allgemeinen nur solche Einzelfallumstände zur Kündigung berechtigen, die in den Risikobereich des Kündigungsgegners fallen. Die grundsätzliche Begrenzung der zur Kündigung berechtigten Umstände hat ihren Ursprung im Schutzzweck des § 314 BGB, welcher Mitnichten den Grundsatz pacta sund servanda in sein Gegenteil verkehren will, sondern lediglich dem Selbstbestimmungsrecht des sich langfristig Bindenden in solchen Ausnahmefällen den Vorrang einräumen will, in denen diesem ein Festhalten an seinem erklärten Versprechen nicht zugemutet werden kann. Solche Unzumutbarkeit lässt sich indes regelmäßig nur dann positiv feststellen, wenn diese aus Umständen herrührt, welche nach der vertraglichen Risikoverteilung den Verantwortungsbereich des Kündigenden entzogen sind. Die vertragliche Risikoverteilung ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und den anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften.

Der zur Vertragsstörung führende Umstand ist in vorliegendem Fall die enttäuschte Erwartung der Beklagten. Diese hatte sich aufgrund des mit der Klägerin geschlossenen Flatrate-Vertrag andere, konkretere, detailliertere Werbemaßnahmen versprochen. Darüber hinaus war die Beklagte auch maßlos enttäuscht über die durchgeführte PowerPoint-Präsentation. Dies hatte die Beklagte sowohl telefonisch als auch mit Email vom 13.08.2017, 14:02 Uhr gegenüber dem Geschäftsführer der Klägerin zum Ausdruck gebracht. Allerdings konnte die Beklagte nicht nachweisen, dass ihre Erwartungen Teil der Geschäftsgrundlage geworden waren. Im Zweifel gilt dabei, wie oben bereits ausgeführt, dass diese nicht in die Geschäftsgrundlage eingeflossen sind.

Darüberhinaus sieht die Beklagte einen Grund in dem Kontaktverbot. Die Beklagte fasst dieses Kontaktverbot aus der Email vom 09.08. als absolutes Kontaktverbot auch für die Zukunft und für das Gesamtvertragsverhältnis auf. Insoweit geht die Beklagte daher von einer Störung des Vertragsverhältnisses aus. Ein solches absolutes unumstößliches und andauerndes Kontaktverbot wurde von Klägerseite jedoch nicht ausgesprochen.

Die Beklagte hat insoweit eingeräumt, dass sie tatsächlich 26 x bei der Klägerin und dem Geschäftsführer der Klägerin angerufen hatte. Auch hatte sie angegeben, dass sie wiederholt mit Mitarbeitern der Klägerin telefoniert hatte. Dies hatte sie auf der Heimfahrt nach der Präsentation durchgeführt.

Insoweit erfolgte die Email vom 09.08. nicht ohne Anlass und ohne Grund. Aus dieser Email war entgegen der Ansicht der Beklagten lediglich der Umstand erkennbar, dass für das Feedback im Hinblick auf die Präsentation aufgrund der zahlreichen Anrufe und des von Klägerseite als „Telefonterror“ empfundenen Auftretens der Beklagten nur noch schriftlich erfolgen sollte. Es sollte insoweit nur noch schriftlich hinsichtlich des Feedbacks auf die Präsentation zwischen den Parteien kommuniziert werden. Ein weitergehendes Kontaktverbot war mit dieser Email nicht ausgesprochen worden. Außerdem war in dieser Email auch nicht ein generelles Kontaktverbot zu entnehmen, wie dies die Beklagte hier herausgelesen hat.

Vielmehr war ersichtlich, dass die Beklagte die Gunst der Stunde nutzen wollte, nachdem diese Email vom 09.08.2017 durch den Geschäftsführer der Klägerin zugegangen war, um ihrer Enttäuschung Luft zu machen. Insoweit war deutlich geworden, wie die von ihr in das Vertragsverhältnis gesetzten Erwartung maßlos enttäuscht worden waren. Sie nutzte diese Gelegenheit zur außerordentlichen Kündigung. Tatsächlich lag jedoch kein außerordentlicher Kündigungsgrund vor. Insbesondere war die maßlose Enttäuschung ein Umstand, der allein in ihrer Sphäre verortet war.

Hier wäre angezeigt gewesen, dass sich die Beklagte hierüber bereits frühzeitig gegenüber der Klägerin geäußert hätte.

So geht § 313 I BGB bei Störung der Geschäftsgrundlage auch grundsätzlich davon aus, dass der Vertrag, angepasst werden muss.

Hierzu ist allerdings erforderlich, dass die Partei, die eine Anpassung begehrt, dies auch gegenüber der anderen Partei äußert und eine entsprechende Umsetzungsfrist einräumt.

Gemäß § 313 II BGB wird eine Veränderung der Umstände auch dann angenommen, wenn sich wesentliche Vorstellung, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, sich als falsch herausgestellt haben.

Solche einseitigen Erwartungen einer Partei, die für deren Willensbildung maßgeblich sind, können zur Geschäftsgrundlage gehören, wenn sie dem anderen Teil mitgeteilt und in den gemeinsamen Geschäftswillen worden sind. Die Frage, ob lediglich eine bloße Kenntnisnahme der Erwartungshaltung des Vertragspartners oder ein Einverständnis mit der Aufnahme dieser Erwartungen in die Geschäftsgrundlage vorliegt, ist eine Wertungsfrage, die in erster Linie nach der vertraglichen Verteilung der Risiken zu entscheiden ist. Dabei ist im Zweifel eine Aufnahme in die Geschäftsgrundlage zu verneinen.

Streitgegenständlich war zu entnehmen, dass die Beklagte hier ganz andere Erwartungen offensichtlich an den Flatrate-Vertrag hatte als die Klägerin. Dennoch hatte sie nicht das Gespräch im Hinblick auf die Änderung des Vertragsverhältnisses und der Vertragsgrundlage gesucht, sondern sofort außerordentlich gekündigt.

Sie sah sich zu diesem Schritt veranlasst, um noch die Gunst der Stunde nutzen, um innerhalb der Probezeit das Vertragsverhältnis nach 3 Monaten kündigen zu können. Ansonsten wäre sie längerfristig gebunden gewesen.

Dies zeigt, dass die Beklagte überhaupt nicht den Willen hatte, mit der Klägerin über eine Änderung des Vertrages und insbesondere eine Anpassung desselben anzustreben, sondern tatsächlich einfach nur aus dem Vertrag heraus und daher einfach kündigen wollte, um innerhalb der Probezeit noch das Vertragsverhältnis zu beenden.

Daraus wird deutlich, dass innerhalb des Vertragsgefüges ein Kündigungsrecht ausgeschlossen ist, wenn sich die Vertragsstörung auch durch Anpassung des Vertrages an die veränderten Umstände insbesondere an die Erwartungshaltung der Beklagten lösen lässt.

Die Beklagte allerdings hatte diese Absicht und diese Richtung in ihrem Denken überhaupt nicht aufgenommen, sondern wollte lediglich sofort innerhalb der Probezeit noch das Vertragsverhältnis beenden. Es wäre jedoch beiden Seiten, insbesondere auch der Beklagten, zumutbar gewesen, durch Vertragsanpassung eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses herbeizuführen.

Dasselbe gilt für die Anwendung des § 626 BGB. Im Rahmen dieser Vorschrift wird deutlich, dass es besondere Umstände bedarf, dass das Vertragsverhältnis unmittelbar sofort außerordentlich beendet ist. Grundsätzlich ist hiernach vielmehr davon auszugehen, dass das Dienstverhältnis bis zum Ablauf der normalen Kündigungsfrist bzw. bis zur vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses läuft. Als Ausfluss des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist nach § 626 I BGB zugleich auch noch eine vorherige Abmahnung erforderlich, d.h., die Chance gegenüber dem Vertragspartner, sich in Zukunft vertragskonform zu verhalten. Dies war im Auftreten der Beklagten nicht zu sehen, sondern diese hatte vielmehr sofort außerordentlich gekündigt.

Im Ergebnis war festzustellen, dass ein außerordentlicher Kündigungsgrund nicht vorlag, so dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten daher unwirksam war.

Das Vertragsverhältnis wurde daher erst mit Ablauf des 30.09. beendet, so dass die Klägerin noch einen Anspruch auf die volle vertragliche Bezahlung für den Monat September i.H.v. 2.975,00 € hatte.

Daneben war festzustellen, dass „Der mithin entstandene dienstvertragliche Vergütungsanspruch der Kl. … nicht kraft Gesetztes wegen mangelhafter Dienstleistung gekürzt werden (kann), denn das Dienstvertragsrecht kennt keine Gewährleistung, weil – anders als beim Werkvertrag – kein Erfolg geschuldet wird (vgl. BGH, NJW 1963, 1301 [1302]; NJW 1981, 1211 [1212]; NJW 2004, 2817; Senat, Urt. v. 8. 2. 2011, I-24 U 112/09; OLG Düsseldorf [15. Zivilsenat], NJW-RR 2006, 1074). Zum Ausgleich für die fehlende Gewährleistungspflicht des Dienstverpflichteten hat der Dienstherr das Recht, schon auf die Ausführung der Dienstleistung durch Erteilung von konkreten Weisungen Einfluss zu nehmen und den Dienstvertrag notfalls zu kündigen, wenn der Dienstverpflichtete trotz Abmahnung den Weisungen keine Folge leistet und seine dienstvertraglichen Pflichten nur schlecht erfüllt.“ (OLG Düsseldorf, Hinweisbeschl. v. 31. 5. 2011 − 24 U 58/-11 in NJOZ 2012, 342, beck-online)

Dementsprechend war die Beklagte wie tenoriert zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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