Eine Kündigung wegen Minderleistung ist zwar grundsätzlich möglich, wenn eine erhebliche Minderleistung des Arbeitnehmers vorliegt, aber oft nicht so einfach. Die Minderleistung muss nachweisbar und nicht nur vorübergehend sein. Außerdem muss der Arbeitgeber darlegen können, dass die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht den Erwartungen des Arbeitgebers entspricht und erheblich unter dem Durchschnitt liegt.
Eine Kündigung wegen Minderleistung ist dann möglich, wenn die Minderleistung des Arbeitnehmers nicht nur einmalig, sondern wiederholt aufgetreten ist und auch nach Abmahnungen nicht abgestellt werden konnte. Wie sich jedoch eine erheblich unterdurchschnittliche Arbeitsleistung definiert und was das Landesarbeitsgericht in Köln zu einem solchen Fall sagt, erfahren Sie im folgendem Artikel.
Übersicht:
- Leistungsdruck vs. Low-Performer
- Betriebsbedingte Kündigung oft Mittel zum Zweck
- Die Kündigung wegen Minderleistung ist schwierig, aber nicht unmöglich
- Die Kündigung scheitert nicht selten an einem Punkt
- Die rechtliche Situation in Deutschland
- Das Landesarbeitsgericht Köln entschied anders
- Der Fall eines 50-jährigen Arbeitnehmers beschäftigte das LAG Köln
- Der Arbeitnehmer forderte vor dem Arbeitsgericht Köln Kündigungsschutz
- Der Arbeitgeber darf eine Mindestleistung erwarten
- Direktionsrecht des Arbeitgebers
- Wann geht der Gesetzgeber von einer Minderleistung aus?
- Das Gespräch zum Arbeitnehmer suchen
- Haben Sie eine Kündigung erhalten?
Leistungsdruck vs. Low-Performer
In etlichen Unternehmen wird an die Arbeitnehmer ein gewisses Leistungsniveau erwartet, welches bedauerlicherweise nicht von jedem Arbeitnehmer so erfüllt werden kann. Wenn ein Arbeitgeber bemerkt, dass es sich bei dem Arbeitnehmer um einen sogenannten „low Performer“ handelt, so möchte der Arbeitgeber diesen Arbeitnehmer nur zu gerne aus dem Unternehmen entfernen.
Betriebsbedingte Kündigung oft Mittel zum Zweck
Mittels der betriebsbedingten Kündigung ist dieses Ansinnen durchaus mit weniger Hürden verbunden, weshalb dieser Schritt in der gängigen Praxis auch regelmäßig vollzogen wird. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass eine betriebsbedingte Kündigung in der gängigen Praxis einfacher realisierbar ist als eine Kündigung aufgrund von Minder- bzw. Schlechtleistung des Arbeitnehmers. Dementsprechend stellt sich nunmehr jedoch die Frage, wann genau die Kündigung wegen Minderleistung überhaupt möglich ist.
Die Kündigung wegen Minderleistung ist schwierig, aber nicht unmöglich
Zunächst erst einmal muss betont werden, dass eine Kündigung aufgrund von Minderleistung rechtlich betrachtet nicht unmöglich ist. Eine derartige Kündigung ist jedoch an gewisse Risiken geknüpft, da ein Arbeitgeber zunächst erst einmal die schwache Arbeitsleistung des Arbeitnehmers richtig einschätzen muss. Um dies zu erreichen ist es erforderlich, dass die Durchschnittsleistung der Arbeitnehmer in dem Unternehmen bekannt sind und von dem Arbeitgeber in einem etwaigen Gerichtsverfahren auch so benannt werden können. Dies ist aus dem Grund erforderlich, da die Beweislast für die Minderleistung des Arbeitnehmers in einem Gerichtsverfahren ausdrücklich bei dem Arbeitgeber liegt.
Die Kündigung scheitert nicht selten an einem Punkt
In der gängigen Praxis kann eine Kündigung aufgrund von Minderleistung des Arbeitnehmers nur zu häufig die rechtliche Wirksamkeit nicht entfalten, da der Arbeitgeber die durchschnittliche Arbeitsleistung überhaupt nicht benennen kann. Dies ist jedoch auch überaus problematisch, da der Begriff „Durchschnitt“ nicht genau definiert werden kann. Im Zusammenhang mit der praktischen Arbeit eines Arbeitnehmers ist diese Definition sogar noch schwieriger. Dementsprechend kann in einem Gerichtsverfahren diese Einschätzung auch kaum erfolgen.
Die Bestimmung des Durchschnitts ist oftmals nur dann möglich, wenn ein Arbeitnehmer im Zuge der Arbeitstätigkeit Stückzahlen verarbeiten oder gewisse Mengen mittels Fließbandarbeit abliefern müsste.
Die rechtliche Situation in Deutschland
Der Gesetzgeber in Deutschland geht dann von einer Minderleistung aus, wenn die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers eine erhebliche Abweichung von der durchschnittlichen Leistung aufweist. Sollte dem Arbeitgeber der Beweis gelingen, dass dies bei dem betreffenden Arbeitnehmer so der Fall ist, so ist dieser Beweis jedoch für die rechtlich wirksame Kündigung nicht ausreichend. Für den Arbeitnehmer gibt es in derartigen Fällen immer noch die Option, den Beweis dafür zu erbringen, dass alle nur erdenklichen Kräfte für die durchschnittliche Arbeitsleistung erbracht wurden.
Sofern der Arbeitnehmer den Nachweis dahin gehend erbringen kann, dass er alle Kräfte für das Erbringen der Durchschnittsleistung aufgewendet hat, so bringt dies die Unwirksamkeit der Kündigung mit sich. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich ein „low Performer“ ist.
Das Landesarbeitsgericht Köln entschied anders
Obgleich in der gängigen Praxis Arbeitnehmer für gewöhnlich ausgezeichnete Chancen haben, sich gegen eine Kündigung wegen Minderleistung zur Wehr zu setzen, so gibt es auch immer wieder anderslautende Gerichtsurteile. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat mit Urteil v. 03. Mai 2022 (Aktenzeichen 4 Sa 548/21) die früher geltende Rechtsprechung von dem Bundesarbeitsgericht (BAG) aufgegriffen. Das BAG hat mit dem 17. Januar 2008 ein Urteil gesprochen (Aktenzeichen 2 AZR 536/00), welches die deutliche Minderleistung eines Arbeitnehmers als Anhaltspunkt für die Vertragsverletzung rechtfertigt und damit auch eine Kündigung legitimieren kann.
Der Fall eines 50-jährigen Arbeitnehmers beschäftigte das LAG Köln
Das LAG Köln hatte einen Fall zu entscheiden, bei welchem ein Arbeitnehmer seit dem Jahr 2011 für den Arbeitgeber als Kommissionierer im Segment Lebensmittellogistik beruflich angestellt war. Die Kommissionierungen wurden durch ein Warenwirtschaftssystem gesteuert, welches regelmäßig Kundenaufträge erfasste. Die Basisleistung des Arbeitnehmers war seitens des Arbeitgebers im Rahmen einer Betriebsvereinbarung betrieblich festgelegt, sodass die Normleistung von 100 Prozent durch den Arbeitgeber einwandfrei definiert und auch dokumentiert werden konnte. Der Arbeitnehmer war jedoch in keinem einzigen Monat mehr dazu in der Lage, diese Normleistung zu erreichen.
Dementsprechend führte der Arbeitgeber ein Gespräch mit dem Arbeitnehmer, welches nach einer Weile nochmals wiederholt wurde. Die Leistungen des Arbeitnehmers wiesen keine Verbesserung auf, sodass der Arbeitgeber sich zu zwei Abmahnungen in den Folgemonaten gezwungen sah. Nachdem auch diese Maßnahmen nicht zu einer Leistungssteigerung geführt hatten, sprach der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die ordentliche Kündigung aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers aus.
Der Arbeitnehmer forderte vor dem Arbeitsgericht Köln Kündigungsschutz
Die Kündigung des Arbeitgebers wollte der Arbeitnehmer so nicht hinnehmen und reichte Klage vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Köln ein. Der Arbeitnehmer forderte in der Klage Kündigungsschutz sowie auch, dass die Abmahnungen aus der Personalakte entfernt werden. Als Begründung gab er an, dass die von ihm zu bearbeitenden Aufträge erheblich zeitaufwendiger als die Durchschnittsaufträge in dem Unternehmen seien, welche von den Kollegen bearbeitet werden. Das Arbeitsgericht folgte der Sichtweise des Mannes nicht und wies die Klage, sodass der Mann das Rechtsmittel der Berufung einlegte. Vor dem LAG Köln scheiterte der Arbeitnehmer erneut.
Der Arbeitgeber darf eine Mindestleistung erwarten
In seiner Urteilsbegründung gab das LAG Köln an, dass dem reinen Grundsatz nach der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber aus dem Arbeitsvertrag heraus lediglich die Arbeitsleistung an sich schuldet. Der Erfolg der Arbeitsleistung ist dementsprechend nicht von dem Arbeitnehmer geschuldet, allerdings darf der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer eine gewisse Mindestleistung durchaus erwarten. Das BAG hat diese Mindestleistung auch konkretisiert, sodass rechtlich auch davon ausgegangen werden darf, dass Arbeitnehmer den arbeitsvertraglichen Pflichten in dem Fall nachkommen, wenn diese konkretisierte Mindestleistung erfüllt wird. Das persönliche Leistungsvermögen des Arbeitnehmers muss hierbei jedoch berücksichtigt werden.
Direktionsrecht des Arbeitgebers
Sollte sich die Arbeitsleistung im Hinblick auf die Qualität oder Menge nicht definieren lassen, so ist der Inhalt von dem Leistungsversprechen an das Direktionsrecht des Arbeitgebers geknüpft. Der Arbeitgeber hat hierbei jedoch die subjektive Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers einzuschätzen und darf auch nicht automatisch von dem Arbeitnehmer permanente Höchstleistungen voraussetzen.
Wann geht der Gesetzgeber von einer Minderleistung aus?
In der permanenten Rechtsprechung des BAG wird dann von einer konkretisierten Minderleistung gesprochen, wenn die durchschnittliche Leistung des Arbeitnehmers langfristig betrachtet die Durchschnittsleistung in dem Unternehmen um 1/3 unterschreitet. In derartigen Fällen spricht der Gesetzgeber von einer erheblichen Minderleistung. Im Zuge eines Gerichtsverfahrens ist der Arbeitgeber jedoch in der Beweispflicht und muss sämtliche Rahmenumstände, die für die Minderleistung relevant sein können, darlegen. In dem vorliegenden Fall war der Arbeitgeber hierzu in der Lage, sodass die ausgesprochene Kündigung aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers als rechtlich wirksam angesehen wurde. Der Arbeitnehmer musste also die Kündigung des Arbeitgebers als solche akzeptieren.
Das Gespräch zum Arbeitnehmer suchen
Empfehlenswert ist es jedoch für Arbeitgeber, zunächst das Gespräch mit dem Arbeitnehmer zu suchen und die Gründe für die Minderleistung zu erforschen. Diese Maßnahme ist im Zuge der Fürsorgepflicht, welche ein Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer hat, auf jeden Fall sehr sinnvoll. Mitunter lassen sich die Probleme des Arbeitnehmers ja lösen und auf diese Weise wird eine Steigerung des Leistungspotenzials erreicht, wovon das Unternehmen des Arbeitgebers dann profitiert.
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