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Betriebsbedingte Kündigung und Übergang des Arbeitsverhältnisses

BUNDESARBEITSGERICHT

Az.: 2 AZR 195/01

Urteil vom 15.8.2002


Leitsätze

Im Fall eines bevorstehenden Teilbetriebsübergangs muß der Arbeitgeber einem davon betroffenen Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz anbieten, sobald er damit rechnen muß, der Arbeitnehmer werde dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen.


Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. Dezember 2000 – 12 Sa 1150/00 – aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

Der 1944 geborene, verheiratete und einem studierenden Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist gelernter Kfz-Mechaniker. Seine Ehefrau ist nicht erwerbstätig. Er trat im Jahre 1968 in die Dienste der Beklagten, die einen Buch- und Zeitungsverlag betreibt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht geschlossen. Der Kläger arbeitete seit seiner Einstellung bis zur Kündigung ausschließlich als Auslieferungsfahrer. Mit einem Kleintransporter brachte er nachts die bei der Beklagten gedruckten Zeitungen an die Verteilerstellen. Er erhielt Vergütung nach der Lohngruppe V des Lohnrahmentarifvertrages für die Druckindustrie und verdiente zuletzt durchschnittlich 7.700,00 DM brutto im Monat.

Die Beklagte entschloß sich 1998, den gesamten Ladebereich und den Fuhrpark mit damals noch zwei Fahrern zum 1. März 1999 auf das Logistikunternehmen F GmbH & Co (im folgenden: F.) zu übertragen. Am 18. Januar 1999 und erneut – diesmal schriftlich – am 21. Januar 1999 unterrichtete sie die davon betroffenen Arbeitnehmer, darunter den Kläger, über den bevorstehenden Betriebsteilübergang und den damit verbundenen Übergang der Arbeitsverhältnisse auf F. Mit Schreiben vom 11. Februar 1999 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses, weil er im Versand weiter beschäftigt werden könne.

Nach Anhörung des bei ihr eingerichteten Betriebsrates kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 16. März 1999 zum 31. Oktober 1999 und stellte ihn von der Arbeit frei.

Mit der am 26. März 1999 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend gemacht. Zu Unrecht habe die Beklagte keine Sozialauswahl vorgenommen. Die Beklagte stelle im Versand ständig neue und ungelernte Kräfte ein. Obwohl sich sein Arbeitsverhältnis auf die Arbeit eines Auslieferungsfahrers konkretisiert habe, könne er sowohl Hilfstätigkeiten bei der Rotation (Rolleur) als auch die Aufgaben eines Maschinenbedieners ausüben. Unter den – abgesehen von der Einarbeitungsphase nach Lohngruppe V oder VI vergüteten – Rolleuren und Maschinenbedienern seien mehrere sozial weniger schutzbedürftig als er. Das gelte vor allem für den erst zum 25. Januar 1999 eingestellten Herrn B.

Der Kläger hat beantragt festzustellen, daß die Kündigung der Beklagten vom 16. März 1999, dem Kläger zugegangen am 18. März 1999, unwirksam ist.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, daß sie nach Übertragung des Ladebereichs und Fuhrparks keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für den Kläger habe. Zu einer Sozialauswahl sei sie nicht verpflichtet gewesen, da es keine objektiv vertretbaren Gründe für den Widerspruch des Klägers gegeben habe. Abgesehen davon seien die vom Kläger benannten Arbeitnehmer nicht mit ihm vergleichbar, weil er auf deren Arbeitsplätze nur durch Änderungskündigung hätte versetzt werden können. Herr B habe sich auf die Stelle eines Maschinenbedieners im Dezember 1998 beworben. Er habe Abitur und eine abgeschlossene Berufsausbildung als Elektrotechniker. Im Unterschied zum Kläger erfülle er die erhöhten Anforderungen speziell im Gebiet der Elektrotechnik. Deshalb habe sie mit ihm am 18. Januar 1999 einen Arbeitsvertrag geschlossen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger weiterhin die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO aF).

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, für den Kläger habe nach der Teilbetriebsveräußerung keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr bestanden. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz habe der Kläger nicht aufgezeigt. Das gelte auch für die jetzt mit Herrn B besetzte Stelle. Zwar könne sich der Arbeitgeber nicht auf den von ihm selbst verursachten Wegfall einer freien Stelle berufen, wenn er diesen Wegfall vorher bewußt durch eine anderweitige Stellenbesetzung verursacht habe. Die Beklagte habe aber bei Abschluß des Arbeitsvertrages mit Herrn B nichts von einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger gewußt und mit dem Widerspruch des Klägers auch nicht rechnen müssen. Eine Sozialauswahl mit den Rolleuren und Maschinenbedienern habe die Beklagte nicht vornehmen müssen, weil sie nicht berechtigt gewesen sei, dem Kläger diese Tätigkeiten durch Ausübung ihres Direktionsrechtes zuzuweisen. Die vertraglich geschuldete Tätigkeit des Klägers habe sich in derjenigen eines Auslieferungsfahrers erschöpft.

II. Dem folgt der Senat nur zum Teil.

1. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Klage nicht abgewiesen werden.

a) Bei der Beantwortung der Frage, ob eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt ist, weil dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, geht es um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Diese kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das Landesarbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil die Rechtsbegriffe selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der dem Tatsachenrichter ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat, und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr. vgl. zB BAG 26. September 1996 – 2 AZR 200/96 – BAGE 84, 209, 212).

b) Mit der Ausgliederung des Fuhrparks zum 1. März 1999 entfiel der Beschäftigungsbedarf für Auslieferungsfahrer und damit auch für den Kläger. Das sieht die Revision ebenso.

c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, es habe auch auf keinem anderen Arbeitsplatz eine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung bestanden, ist jedoch rechtsfehlerhaft. Sie verstößt gegen § 1 Abs. 2 KSchG iVm. § 162 BGB.

aa) Dringende betriebliche Erfordernisse, die zum Wegfall eines Arbeitsplatzes geführt haben, sind nur dann zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung geeignet, wenn keine Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung besteht (st. Rspr. BAG 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 66, 61; 17. September 1998 – 2 AZR 419/97 – AP BGB § 626 Nr. 148 = EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 3; 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 47 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 104). Im Kündigungsschutzprozeß gilt insoweit eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast: Der Arbeitgeber genügt zunächst seiner Darlegungslast, wenn er allgemein vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht möglich. Auf nähere Darlegungen des Arbeitnehmers, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muß der Arbeitgeber dann eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich gewesen sei (st. Rspr. vgl. BAG 24. März 1983 – 2 AZR 21/82 – BAGE 42, 151; 17. September 1998 – 2 AZR 419/97 – aaO; 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – aaO). Dabei genügt es für die Darlegungen des Arbeitnehmers, wenn er angibt, welche Art der Beschäftigung gemeint ist (vgl. BAG 24. März 1983 – 2 AZR 21/82 – aaO; ebenso für eine personenbedingte Kündigung: 5. August 1976 – 3 AZR 110/75 – AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 2). Der Arbeitnehmer muß im allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen (BAG 6. November 1997 – 2 AZR 253/97 – NZA 1998, 833).

bb) Die Beklagte hatte sich – entsprechend der zunächst ihr obliegenden Darlegungslast – darauf berufen, das Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger sei entfallen. Demgegenüber hat der Kläger keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aufgezeigt, die bei Ausspruch der Kündigung oder voraussehbar im Laufe der Kündigungsfrist bestanden hätte. Das hat auch das Landesarbeitsgericht – insoweit noch zutreffend – erkannt. Zwar hat der Kläger mehrfach vorgetragen, er könne als „Rolleur“ oder als Maschinenbediener arbeiten. Er hat dabei aber stets zugleich entweder darauf verwiesen, diese Arbeitsplätze seien mit sozial weniger schutzbedürftigen Arbeitnehmern besetzt, oder die Beklagte aufgefordert, die Sozialdaten der Arbeitnehmer mitzuteilen, die auf diesen Arbeitsplätzen eingesetzt werden. Trägt aber der Arbeitnehmer selbst vor, die Arbeitsplätze, auf denen er weiterbeschäftigt werden möchte, seien mit anderen Arbeitnehmern besetzt, so legt er gerade keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einer freien Stelle dar. Auch das Vorbringen des Klägers, die Beklagte beschäftige im Versand ständig neue und ungelernte Arbeitskräfte, läßt nicht erkennen, der Kläger habe damit eine Beschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz darlegen wollen. Zum einen hat der Kläger dies zur Stützung seiner Rüge nicht ordnungsgemäßer Sozialauswahl vorgetragen, was es bereits nahelegt, daß es ihm auch dabei um besetzte, nicht um freie Stellen ging. Dem entspricht es, daß die Revision insoweit keine Rüge erhebt. Zum andern ist, wie das Landesarbeitsgericht – ebenfalls noch zutreffend – ausgeführt hat, in dem Hinweis des Klägers auf „neue und ungelernte“ Arbeitskräfte nicht mehr als ein allgemeiner Verweis auf die normale Fluktuation zu sehen. Diese muß der Arbeitgeber aber im Fall der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung bei Prüfung einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht berücksichtigen. Ansonsten würde er zur Haltung einer Personalreserve gezwungen, die das Gesetz nicht von ihm verlangt (BAG 15. Dezember 1994 – 2 AZR 327/94 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 67 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 75; anders bei außerordentlicher betriebsbedingter Kündigung: 17. September 1998 – 2 AZR 419/97 – AP BGB § 626 Nr. 148 = EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 3).

d) Die Annahme, die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger die Weiterbeschäftigung auf dem mit Herrn B besetzten Arbeitsplatz anzubieten, ist mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung nicht aufrechtzuerhalten.

aa) Besteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber mit dem Wegfall des bisherigen Beschäftigungsbedürfnisses rechnen muß, eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu gleichen oder zumutbaren geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen Arbeitsplatz, so kann der Arbeitgeber diese nicht dadurch zunichte machen, daß er die freie Stelle zunächst besetzt und erst dann die Kündigung ausspricht (st. Rspr. vgl. BAG 10. November 1994 – 2 AZR 242/94 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77; 5. Oktober 1995 – 2 AZR 269/95 – BAGE 81, 86). Der Arbeitgeber kann sich nicht auf den von ihm selbst – gewissermaßen uno actu mit der Kündigung – verursachten Wegfall der freien Stelle berufen (§ 162 BGB). Eine sozialwidrige Kündigung liegt auch dann vor, wenn in dem für die Beurteilung für die Wirksamkeit der Kündigung maßgeblichen Kündigungszeitpunkt zwar keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer mehr bestand, dem Arbeitgeber aber die Berufung auf das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus dem in § 162 Abs. 1 und 2 BGB normierten Rechtsgedanken verwehrt ist, weil er diesen Zustand selbst treuwidrig herbeigeführt hat (BAG 25. April 2002 – 2 AZR 260/01 – nv.; 6. Dezember 2001 – 2 AZR 695/00 – EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 115; 21. September 2000 – 2 AZR 440/99 – BAGE 95, 350). Das hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

bb) Im Fall eines bevorstehenden Teilbetriebsübergangs weiß der Arbeitgeber, daß das Beschäftigungsbedürfnis für die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer entfallen wird, falls sie von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen. Er befindet sich in keiner anderen Lage als der Arbeitgeber, der den Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit auf Grund einer Reorganisation vorhersieht: Der Arbeitgeber kann sich deshalb im Fall des absehbaren Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit in Folge bevorstehenden Betriebsübergangs der Möglichkeit anderweitiger, zumutbarer Weiterbeschäftigung im bisherigen Betrieb nicht ohne Verletzung des in § 162 BGB niedergelegten Grundgedankens verschließen. Deshalb muß er dem Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung auf dem zumutbaren freien Arbeitsplatz – ggf. auch zu veränderten Bedingungen – anbieten, wenn er mit dem Widerspruch des Arbeitnehmers rechnen muß. Da das Widerspruchsrecht als Ausdruck des Umstandes, daß dem Gläubiger ein Schuldnerwechsel nicht gegen seinen Willen aufgedrängt werden kann, an keine besonderen Gründe gebunden ist (BAG 18. März 1999 – 8 AZR 190/98 – BAGE 91, 129; 19. März 1998 – 8 AZR 139/97 – BAGE 88, 196; KR-Pfeiffer 6. Aufl. § 613 a BGB Rn. 109), muß der Arbeitgeber grundsätzlich jedenfalls ab dem Zeitpunkt mit dem Widerspruch rechnen, in dem er den Arbeitnehmer von dem bevorstehenden Betriebsübergang unterrichtet, der Arbeitnehmer also Kenntnis von dem Betriebsübergang hat. Ob auch in davor liegenden oder deutlich späteren Zeiträumen mit einem Widerspruch gerechnet werden muß, kann im vorliegenden Fall offenbleiben. Es liegt zwar nahe, im Interesse der betrieblichen Handhabbarkeit den Zeitraum zu begrenzen, innerhalb dessen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer berücksichtigt werden müssen, die von einem bevorstehenden Betriebsübergang betroffen sein werden. Hier bietet sich jetzt die Zeit zwischen der Unterrichtung (§ 613 a Abs. 5 BGB nF) und dem Ablauf der Frist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB nF an. Letztlich kann diese Frage hier aber offenbleiben, da die Beklagte den Kläger unstreitig am 18. Januar 1999 von dem Übergang unterrichtet hat. Sie mußte demnach jedenfalls ab dem 18. Januar mit einem Widerspruch des Klägers rechnen. Da die Beklagte erst an diesem Tag den Vertrag mit Herrn B unterzeichnet hat, hätte sie dem Kläger die Weiterbeschäftigung auf dem mit Herrn B besetzten Arbeitsplatz anbieten können und müssen, wenn es sich, wie der Kläger behauptet und die Beklagte bestreitet, um eine zumutbare Möglichkeit der Beschäftigung handelte.

III. Die Sache mußte an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden, weil sich das Berufungsurteil nicht aus anderen Gründen als zutreffend erweist und der Senat in der Sache nicht entscheiden kann, da der Sachverhalt noch nicht hinreichend aufgeklärt ist (§§ 563, 565 Abs. 1 ZPO).

1. Ob die Kündigung sozialwidrig iSd. § 1 Abs. 2 KSchG ist, kann noch nicht beurteilt werden. Die – insoweit darlegungs- und beweisbelastete – Beklagte hat behauptet, für den mit Herrn B besetzten Arbeitsplatz fehle dem Kläger die Qualifikation. Ist dies der Fall und war sie auch nicht nach einer der Beklagten zumutbaren Fortbildung oder Umschulung des Klägers zu erreichen, so war eine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem vergleichbaren Arbeitsplatz nicht vorhanden (vgl. BAG 6. Dezember 2001 – 2 AZR 695/00 – aaO; 29. Januar 1997 – 2 AZR 49/96 – RzK I 5 c Nr. 82; KR-Etzel 6. Aufl. § 1 KSchG Rn. 559 und 724).

2. Die Kündigung ist nicht bereits nach § 1 Abs. 3 KSchG sozial ungerechtfertigt.

a) Zu Recht und entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß sich auch der Arbeitnehmer, dem ohne seinen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses der Arbeitsplatz bei dem Übernehmer erhalten geblieben wäre, grundsätzlich auf eine mangelhafte Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) berufen kann (vgl. zuletzt BAG 24. Februar 2000 – 8 AZR 145/99 – nv.).

b) Ebenfalls zu Recht hat aber das Landesarbeitsgericht angenommen, daß der Kläger keine mit ihm iSd. § 1 Abs. 3 KSchG vergleichbaren Arbeitnehmer benannt hat. Die als „Rolleure“ und Maschinenbediener beschäftigten Arbeitnehmer waren nicht mit dem Kläger vergleichbar und daher nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen.

aa) An der Vergleichbarkeit iSd. § 1 Abs. 3 KSchG fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig auf einen anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann (vgl. BAG 15. Juni 1989 – 2 AZR 580/88 – BAGE 62, 116; 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61; 17. September 1998 – 2 AZR 725/97 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 36 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 36; 17. Februar 2000 – 2 AZR 142/99 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 46 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 43), wenn es also zu einem Einsatz des gekündigten Arbeitnehmers auf dem anderen Arbeitsplatz einer einvernehmlichen Vertragsänderung oder einer Änderungskündigung bedürfte (BAG 17. September 1998 – 2 AZR 725/97 – aaO).

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bb) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der Kläger sei „für die Tätigkeit eines Zeitungsauslieferungsfahrers“ eingestellt worden. Diese Feststellung ist von der Revision nicht gerügt worden. Sie findet ihre Bestätigung in der über drei Jahrzehnte hinweg ausnahmslos geübten Vertragspraxis. Es ist anerkannt, daß aus der Vertragspraxis auf den Vertragsinhalt geschlossen werden kann, wenn die Praxis den Vertragsparteien bekannt war und von ihnen gebilligt wurde (vgl. für den Werkvertrag: BGH 24. November 1998 – X ZR 21/96 – NJW-RR 1999, 347). Das gilt insbesondere für eine langjährige Praxis in Dauerschuldverhältnissen mit personenrechtlichem Charakter (vgl. für die Personenhandelsgesellschaft: BGH 5. Februar 1990 – II ZR 94/89 – WM 1990, 714; 17. Januar 1966 – II ZR 8/64 – NJW 1966, 826; für das Arbeitsverhältnis: BAG 29. Juni 1988 – 5 AZR 425/87 – nv.; 30. August 1989 – 4 AZR 181/89 – nv.). Ob dies als „Konkretisierung“ zu bezeichnen ist, kann angesichts des Umstandes, daß der Inhalt der vom Kläger vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung eindeutig festgestellt ist, dahinstehen.

cc) Die Revision beanstandet auch nicht, das Landesarbeitsgericht habe den Vertragsinhalt unzutreffend festgestellt, sondern macht geltend, eine konkretisierende Einschränkung des Weisungsrechts im Rahmen des § 315 BGB könne keine Einschränkung des gesetzlichen Kündigungsschutzes nach sich ziehen und sei deshalb in der Sozialauswahl unbeachtlich (so v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 1 Rn. 450; Linck in AR-Blattei Kündigungsschutz I B 1020.1.2 Rn. 59; Dorndorf/Weller/Hauck KSchG § 1 Rn. 1044). Ob dieser Auffassung zuzustimmen ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Mit ihr können nämlich nur Fälle gemeint sein, in denen es gerade nicht zu einer vertraglichen Eingrenzung auf eine ganz bestimmte, ausschließlich geschuldete Tätigkeit gekommen ist (vgl. v. Hoyningen-Huene/Linck aaO Rn. 449 a ff.; Linck AR-Blattei aaO Rn. 61), sondern in denen die „Konkretisierung“ lediglich als Beschränkung des dem Grunde nach unverändert fortbestehenden Leistungsbestimmungsrechts nach § 315 BGB wirkt oder der Vertrag selbst ein Versetzungsrecht vorsieht – etwa auch beschränkt auf den Fall, daß die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit entfällt. Im vorliegenden Fall ist aber vom Landesarbeitsgericht die vertragliche Eingrenzung der Leistungspflicht des Klägers auf die Tätigkeit eines Auslieferungsfahrers ausdrücklich festgestellt worden (s.o.).

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