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Kündigungsfristen – Mietvertrag vor Mietrechtsreform

BUNDESGERICHTSHOF

Az.: VIII ZR 240/02

Verkündet am: 18.06.2003

Vorinstanzen: LG Hamburg, AG Hamburg


Leitsatz:

§ 573 c Abs. 4 BGB ist auf Formularklauseln in einem vor dem 1. September 2001 abgeschlossenen Mietvertrag, die hinsichtlich der Kündigungsfristen die damalige gesetzliche Regelung wörtlich oder sinngemäß wiedergeben, nach Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB nicht anzuwenden.


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2003 für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des Landgerichts Hamburg – Zivilkammer 11 – vom 19. Juli 2002 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Hamburg, Abteilung 815 B, vom 18. Februar 2002 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit Vertrag vom 2. Juli 1987 mieteten der Kläger und eine inzwischen ausgeschiedene Mitmieterin von den Rechtsvorgängern der Beklagten ab dem 1. Juli 1987 eine Wohnung in H. § 2 des dabei verwendeten Vordrucks hat auszugsweise folgenden Inhalt:

㤠2 Mietzeit

1. Das Mietverhältnis beginnt am 1… J.ulj. 1.987■

2. Das Mietverhältnis endet mit Ablauf des Monats, zu dem der Vermieter oder der Mieter die Kündigung ausgesprochen hat. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum …………………möglich.

Die Kündigungsfrist beträgt für beide Vertragsteile

3 Monate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums bis zu 5 Jahre verstrichen sind,

6 Monate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums mehr als 5 Jahre verstrichen sind,

9 Monate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums mehr als 8 Jahre verstrichen sind,

12 Monate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums mehr als 10 Jahre verstrichen sind.“

In einem Nachtrag zu dem Mietvertrag vereinbarten die Parteien am 12. Januar 2001, daß das Mietverhältnis ab dem 1. Februar 2001 mit dem Kläger als alleinigem Hauptmieter fortgesetzt werde. In dieser Vereinbarung heißt es weiter:

„Alle übrigen Bestimmungen des Vertrages bleiben bestehen, soweit sie nicht durch Zeitablauf überholt sind.“

Mit Schreiben vom 5. September 2001 kündigte der Kläger das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2001. Die Beklagten wiesen die Kündigung mit der Begründung als nicht fristgerecht zurück, das Mietverhältnis ende aufgrund der Kündigung erst zum 30. September 2002.

Der Kläger hat die Feststellung begehrt, daß das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2001 endet. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht hat ausgeführt (abgedruckt in NJW 2002, 3035):

Das Mietverhältnis sei zum 31. Dezember 2001 beendet worden. Die für diesen Zeitpunkt ausgesprochene Kündigung des Klägers sei wirksam, weil die kurze Kündigungsfrist des § 573 c Abs. 1 Satz 1 BGB nach Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB auch für Mietverhältnisse gelte, die am 1. September 2001 bereits länger als fünf Jahre bestanden hätten. Eine dem Mieter nachteilige Vereinbarung längerer Kündigungsfristen sei nach § 573 c Abs. 4 BGB unwirksam, sofern nicht die längere Kündigungsfrist vor dem 1. September 2001 „durch Vertrag vereinbart“ worden sei. Aus den Gesetzesmaterialien zu der Übergangsvorschrift ergebe sich, daß die nach § 573 c Abs. 4 BGB zwingende Neuregelung der Kündigungsfrist für den Mieter nach der Beschlußempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 14/5663) auf vor dem 1. September 2001 geschlossene Mietverträge nur dann keine Anwendung habe finden sollen, wenn die Vereinbarung längerer Kündigungsfristen in diesen Verträgen „ganz bewußt“ getroffen worden sei. Diese Forderung des Rechtsausschusses sei eindeutig und bedeute, daß nur besonders ausgehandelte längere Kündigungsfristen für den Mieter über den 1. September 2001 hinaus Bestand hätten, also Individualvereinbarungen oder im einzelnen ausgehandelte Formularklauseln. Diese Voraussetzungen für eine Fortgeltung der vertraglichen Kündigungsfristen seien bei dem vorliegenden Formularvertrag, dessen Staffelung der Kündigungsfristen in § 2 Nr. 2 des Vertrages lediglich die gesetzlichen Kündigungsfristen des bisherigen § 565 Abs. 2 BGB a.F. übernehme, nicht erfüllt. Für ein individuelles Aushandeln dieser Kündigungsfristen des Mietvertrages hätten sich hier keine Anhaltspunkte ergeben. Es sei nicht deutlich geworden, daß die Kündigungsfristen bei Vertragsabschluß erörtert und mit eigenständiger Bedeutung behandelt worden seien.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.

Die Kündigung des Klägers vom 5. September 2001 beendete das Mietverhältnis nicht, wie das Berufungsgericht angenommen hat, bereits zum 31. Dezember 2001, sondern erst zum 30. September 2002. Nach § 2 Nr. 2 des Mietvertrages vom 2. Juli 1987 betrug die Kündigungsfrist für beide Vertragsteile zwölf Monate, weil seit der Überlassung des Wohnraums mehr als zehn Jahre vergangen waren. Diese Formularklausel ist nicht nach § 573 c Abs. 4 BGB deshalb unwirksam, weil die aus dem Vertrag sich ergebende Kündigungsfrist von der Kündigungsfrist nach § 573 c Abs. 1 BGB zum Nachteil des Mieters abweicht. Denn § 573 c Abs. 4 BGB findet nach Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, weil die Kündigungsfristen in § 2 Nr. 2 des Mietvertrages vor dem 1. September 2001 durch Vertrag vereinbart worden sind. Die Übergangsvorschrift des Art. 229 §3 Abs. 10 EGBGB ist nicht einschränkend dahin auszulegen, daß § 573 c Abs. 4 BGB auf Formularklauseln in einem vor dem 1. September 2001 abgeschlossenen Mietvertrag, die – wie hier – hinsichtlich der Kündigungsfristen die damalige gesetzliche Regelung des § 565 Abs. 2 BGB a.F. sinngemäß wiedergeben, anzuwenden wäre.

1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß die in § 573 c Abs. 1 BGB bestimmten Fristen für die ordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum, die durch das am 1. September 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) vom 19. Juni 2001 (BGBI. I, S. 1149) gegenüber § 565 Abs. 2 BGB a.F. geändert worden sind, grundsätzlich auch für Mietverhältnisse gelten, die vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes eingegangen wurden, wenn die ordentliche Kündigung – wie hier – nicht vor dem I.September 2001 zugegangen ist. Dies ergibt sich aus der Übergangsvorschrift in Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB, nach der die bisherigen gesetzlichen Vorschriften – unter anderem § 565 BGB a.F. – nur im Falle einer vor dem 1. September 2001 zugegangenen Kündigung weiter anzuwenden sind.

2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, daß die Neuregelung der Kündigungsfristen insoweit zwingend ist, als zum Nachteil des Mieters von § 573 c Abs. 1 und 3 BGB abweichende Vereinbarungen über die Kündigungsfristen unwirksam sind (§ 573 c Abs. 4 BGB). Die in § 2 des vorliegenden Mietvertrages bestimmten Kündigungsfristen weichen zum Nachteil des Mieters von § 573 c Abs. 1 BGB dann ab, wenn seit der Überlassung des Wohnraums fünf Jahre oder mehr vergangen sind. In diesem Fall gelten nach dem Mietvertrag – entsprechend der früheren gesetzlichen Regelung (§ 565 Abs. 2 BGB a.F.) – für eine Kündigung des Mieters nach Vertragsdauer gestaffelte Fristen, welche die in § 573 c Abs. 1 Satz 1 BGB für eine Kündigung des Mieters einheitlich bestimmte Frist von drei Monaten ab einem Zeitraum von fünf Jahren zwischen der Überlassung des Wohnraums und der Kündigung übersteigen. Damit sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Unwirksamkeit der Vertragsbestimmung nach § 573 c Abs. 4 BGB zwar erfüllt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist § 573 c Abs. 4 BGB jedoch nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil die zum Nachteil des Mieters von § 573 c Abs. 1 abweichenden Kündigungsfristen in § 2 Nr. 2 des Mietvertrages vom 2. Juli 1987 vor dem 1. September 2001 „durch Vertrag vereinbart“ worden sind.

3. In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und den dazu bislang veröffentlichten Stellungnahmen (Nachweise bei Palandt-Weidenkaff, BGB, 62. Aufl., § 573 c Rdnr. 3 und Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 8. Aufl., § 573 c BGB Fn. 37) ist allerdings umstritten, ob eine Formularklausel der hier vorliegenden Art in einem vor dem 1. September 2001 abgeschlossenen Mietvertrag, die von der früheren gesetzlichen Regelung der Kündigungsfristen in § 565 Abs. 2 BGB a.F. nicht abweicht, sondern die damaligen gesetzlichen Kündigungsfristen wörtlich oder sinngemäß wiedergibt, seit dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes nach § 573 c Abs. 4 BGB unwirksam ist oder ob auf eine solche Formularklausel § 573 c Abs. 4 BGB nach Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB nicht anzuwenden ist.

Nach Auffassung des Senats ist eine Formularklausel in einem vor dem I.September 2001 abgeschlossenen Mietvertrag, die hinsichtlich der Kündigungsfristen die damalige gesetzliche Regelung wörtlich oder sinngemäß wiedergibt, im Sinne des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB „durch Vertrag vereinbart“ worden und damit nicht nach § 573 c Abs. 4 BGB unwirksam. Der Ansicht des Berufungsgerichts, Art. 229 §3 Abs. 10 EGBGB sei einschränkend dahin auszulegen, daß § 573 c Abs. 4 BGB nur dann nicht eingreife, wenn eine Individu-alabrede über die Kündigungsfristen vorliege oder wenn – im Falle einer formularvertraglichen Wiedergabe früherer gesetzlicher Kündigungsfristen – die Parteien die Formularklausel besonders erörtert und ausgehandelt hätten, kann nicht gefolgt werden.

a) Die Bedeutung der Formulierung „durch Vertrag vereinbart“ in Art. 229 §3 Abs. 10 EGBGB ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht deshalb unklar, weil sie sprachlich eine Verdoppelung („Vertrag“, „Vereinbarung“) enthält. Aus dem Sinnzusammenhang des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB ergibt sich, daß mit der Formulierung „durch Vertrag vereinbart“ gemeint ist: „durch Mietvertrag vereinbart“. Zu mietvertraglichen Vereinbarungen über Kündigungsfristen gehören nicht nur Individualabreden, sondern auch vorformulierte Vertragsbestimmungen über Kündigungsfristen. Auch derartige Formularklauseln in einem Mietvertrag sind Gegenstand vertraglicher Vereinbarung. Dies gilt nicht nur, wenn sie von einer gesetzlichen Regelung abweichen, sondern jedenfalls auch dann, wenn sie – wie im vorliegenden Fall – die bei Vertragsschluß geltende, teilweise dispositive gesetzliche Regelung der Fristen für eine ordentliche Kündigung wörtlich oder sinngemäß wiedergeben und dadurch in den Parteiwillen aufnehmen (arg. § 307 Abs. 3 BGB, früher § 8 AGBGB; vgl. auch KG, WuM 1998, 149 zu einer formularvertraglichen Vereinbarung der – zwingenden – gesetzlichen Kündigungsfrist nach § 120 Abs. 2 ZGB DDR). Dispositive gesetzliche Kündigungsfristen, die Gegenstand vertraglicher Vereinbarung werden, erhalten dadurch – unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Individual- oder Formularvereinbarung handelt – einen von der gesetzlichen Regelung losgelösten, vertraglichen Geltungsgrund.

b) Auch aus dem sachlichen Zusammenhang von Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB mit § 573 c Abs. 4 BGB ergibt sich, daß alle vertraglichen Vereinbarungen über Kündigungsfristen von der Übergangsvorschrift erfaßt werden, unabhängig davon, ob es sich um Individualabreden oder Formularklauseln handelt. Indem die Übergangsvorschrift die Anwendung des § 573 c Abs. 4 BGB auf einen zeitlich eingegrenzten Kreis mietvertraglicher Vereinbarungen über die Kündigungsfristen beschränkt, setzt Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB voraus, daß die betreffenden Vereinbarungen unter § 573 c Abs. 4 BGB fallen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen in beiden Vorschriften sind insoweit die gleichen. § 573 c Abs. 4 BGB bezieht sich auch – und gerade – auf von § 573 c Abs. 1 und 3 BGB abweichende Klauseln in Formularmietverträgen. Für die Übergangsvorschrift, die den Eintritt der Rechtsfolge des § 573 c Abs. 4 BGB auf nach dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes abgeschlossene Vereinbarungen beschränkt, gilt nichts anderes. Auch in Art. 229 §3 Abs. 10 EGBGB geht es ebenso wie in § 573 c Abs. 4 BGB sowohl um individualvertragliche als auch um formularvertragliche Vereinbarungen von Kündigungsfristen, die zum Nachteil des Mieters von den gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 573 c Abs. 1 und 3 BGB abweichen.

c) Der Auffassung des Senats steht nicht entgegen, daß der Rechtsausschuß des Bundestages die Übergangsvorschrift in Art. 229 §3 Abs. 10 EGBGB anders verstanden wissen wollte, als es ihrem Wortlaut und ihrem sachlichen Zusammenhang mit § 573 c Abs. 4 BGB entspricht. Nach der Begründung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses soll Art. 229 §3 Abs. 10 EGBGB – anders als § 573 c Abs. 4 BGB – nicht alle mietvertraglichen Vereinbarungen über Kündigungsfristen, die zum Nachteil des Mieters von § 573 c Abs. 1 und 3 BGB abweichen, erfassen, sondern nur dann eingreifen, wenn Kündigungsfristen „tatsächlich vereinbart worden sind, ihnen also von den Parteien eine besondere eigenständige (konstitutive) Bedeutung zugemessen wurde“ (BT-Drucks. 14/5663, S. 83). Nur – in diesem Sinn – „echte“ Vereinbarungen sollen nach der Vorstellung des Rechtsausschusses aus Vertrauensschutzgründen respektiert und von einer rückwirkenden Nichtigkeit nach § 573 c Abs. 4 BGB verschont bleiben (aaO). Dagegen soll die Rechtsfolge des § 573 c Abs. 4 BGB auf vor dem 1. September 2001 abgeschlossene Mietverträge in der Regel anzuwenden sein, wenn diese im Rahmen einer Formularklausel den Wortlaut der bisherigen gesetzlichen Regelung der Kündigungsfristen nur wiederholt hätten und damit von der Neuregelung in § 573 c BGB zum Nachteil des Mieters abwichen (aaO).

Die Auffassung des Rechtsausschusses über die von ihm als sachgerecht angesehene Begrenzung des Vertrauensschutzes auf „echte“ Vereinbarungen über die Kündigungsfristen in Altverträgen rechtfertigt es jedoch nicht, Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB einschränkend dahin auszulegen, daß die Übergangsvorschrift auf die „Mehrzahl der Formularverträge“, wie es dem Rechtsausschuß vorgeschwebt hat, nicht anzuwenden wäre, so daß diese Verträge von der Nichtigkeitsfolge des § 573 c Abs. 4 BGB erfaßt würden. Eine Differenzierung zwischen „echten“ und „unechten“ Vereinbarungen im Sinne der Begründung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses wird in der Gesetz gewordenen Formulierung der Übergangsvorschrift und in § 573 c Abs. 4 BGB, auf den Art. 229 §3 Abs. 10 EGBGB Bezug nimmt, nicht vorgenommen. Eine Begrenzung des Vertrauensschutzes gegenüber einer (unechten) Rückwirkung des § 573 c Abs. 4 BGB auf die vom Rechtsausschuß genannten Vereinbarungen würde darüber hinaus die Rechtssicherheit beeinträchtigen und damit das auch vom Rechtsausschuß hervorgehobene Ziel der Mietrechtsreform verfehlen, durch eine verständliche und transparente Gestaltung des Mietrechts dem Rechtsfrieden zu dienen (aaO, S. 2).

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aa) Nach dem Wortlaut des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB und dem sachlichen Zusammenhang der Übergangsvorschrift mit § 573 c Abs. 4 BGB erstreckt sich der Vertrauensschutz gegenüber einer (unechten) Rückwirkung des § 573 c Abs. 4 BGB – wie dargelegt – auf alle vor dem 1. September 2001 getroffenen mietvertraglichen Vereinbarungen über Kündigungsfristen, die zum Nachteil des Mieters von § 573 c Abs. 1 und 3 BGB abweichen. Ein uneingeschränkter Bestandsschutz solcher Vereinbarungen – seien es nun Individualabreden oder formularvertragliche Klauseln – entsprach auch der Zielsetzung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Mietrechtsreformgesetz. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird darauf hingewiesen, daß Übergangsvorschriften aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit erforderlich seien, weil Mietverhältnisse zum Teil schon lange vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts bestanden hätten und Mieter und Vermieter sich auf die bis zu diesem Zeitpunkt geltende alte Rechtslage eingestellt und den Vertrag dementsprechend ausgestaltet hätten (BT-Drucks. 14/4553, S. 75). Insbesondere wird zu der Übergangsvorschrift für die Fortgeltung vertraglich geregelter Kündigungsfristen ausgeführt, durch die Regelung werde „aus Gründen des Vertrauensschutzes sichergestellt, daß vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes wirksam vereinbarte Kündigungsfristen auch zukünftig wirksam bleiben“ (BT-Drucks. 14/4553, S. 77). Der Gesetzentwurf der Bundesregierung stellte damit allein auf die Wirksamkeit früherer vertraglicher Vereinbarungen über Kündigungsfristen ab, ohne zwischen „echten“ und „unechten“ Vereinbarungen zu unterscheiden.

Der Rechtsausschuß hat der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Fassung der Übergangsvorschrift ohne Änderungsvorschlag zugestimmt. Er hat zwar der Übergangsvorschrift einen vom Regierungsentwurf abweichenden Sinn verleihen wollen, von einer entsprechenden Änderungsempfehlung aber abgesehen. Dem Rechtsausschuß sind Bedenken, ob sein Verständnis der Übergangsvorschrift in der Bestimmung selbst zum Ausdruck kommt, durchaus bewußt gewesen. Er hat „zunächst erwogen, eine entsprechende Klarstellung im Gesetz vorzunehmen“ (BT-Drucks. 14/5663, S. 83). Wenn der Rechtsausschuß gleichwohl eine Klarstellung „im Ergebnis“ für nicht erforderlich gehalten hat, weil sich bereits aus dem Wortlaut der Übergangsvorschrift ausreichend ergebe, daß diese auf die Mehrzahl der Formularverträge keine Anwendung finden dürfte, so stellt dies eine sachlich unzutreffende und die Rechtsanwendung nicht bindende Auffassung über die rechtliche Bedeutung der Formulierung „durch Vertrag vereinbart“ dar. Ein Ausschluß von mietvertraglichen Formularklauseln, welche die früheren gesetzlichen Kündigungsfristen wiedergeben, ist daraus nicht herzuleiten. Auch solche Formularklauseln in Mietverträgen stellen – wie dargelegt – vertragliche Vereinbarungen im Rechtssinn dar und enthalten entgegen der Auffassung des Rechtsausschusses keine bloße Information über die gesetzlichen Kündigungsfristen. Die Vorstellungen des Rechtsausschusses über eine gebotene Einschränkung des Anwendungsbereichs der Übergangsvorschrift hätten rechtliche Wirkung nur erlangen können, wenn der Rechtsausschuß eine dafür erforderliche Änderungsempfehlung ausgesprochen hätte und die Übergangsvorschrift in entsprechend geänderter Fassung Gesetz geworden wäre.

bb) Hinzu kommt, daß einer Differenzierung zwischen „echten“ und „unechten“ Vereinbarungen bei der Anwendung der Übergangsvorschrift das Gebot der Rechtssicherheit entgegensteht, das vom Rechtsausschuß in seinen Ausführungen zur Übergangsvorschrift nicht angesprochen und berücksichtigt wird. Die vom Rechtsausschuß vorgenommene -dem Zivilrecht unbekannte-Unterscheidung zwischen „echten“ und „unechten“ Vereinbarungen hätte erhebliche Rechtsunsicherheit über den Fortbestand der in Altverträgen geregelten Kündigungsfristen zur Folge und würde damit das im Gesetzentwurf der Bundesregierung und auch in der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses hervorgehobene Ziel der Mietrechtsreform gefährden, die Rechtslage für Mieter und Vermieter klar und transparent zu gestalten und dadurch die Rechtssicherheit und den Rechtsfrieden zu fördern (BT-Drucks. 14/4553, S. 1; BT-Drucks. 14/5663, S. 2). Eine Übergangsvorschrift hat die Aufgabe, eine klare Regelung darüber zu treffen, für welche Sachverhalte das neue Recht gilt und für welche es nicht gelten soll. Dementsprechend ist in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu den Übergangsvorschriften für die Mietrechtsreform ausgeführt, sie verfolgten „das gleiche Ziel wie die Mietrechtsreform, nämlich im Interesse von Mietern und Vermietern leicht verständlich und praktikabel zu sein“ (BT-Drucks. 14/4553, S. 75). Diese Zielsetzung, die sich auch der Rechtsausschuß zu eigen gemacht hat (BT-Drucks. 14/5663, S.2), würde verfehlt, wenn der Anwendungsbereich des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB und damit die Frist für die Kündigung eines vor dem 1. September 2001 abgeschlossenen Mietvertrages durch den Mieter von den vom Rechtsausschuß für maßgeblich gehaltenen tatsächlichen Umständen abhinge.

Die vom Rechtsausschuß vorgenommene Unterscheidung zwischen „echten“ und „unechten“ Vereinbarungen würde die Notwendigkeit nach sich ziehen, die tatsächlichen Umstände des lange zurückliegenden Vertragsschlusses aufzuklären. Von diesen Umständen sollte es nach den Ausführungen des Rechtsausschusses abhängen, ob Formularklauseln in Altverträgen, die den Wortlaut der früheren gesetzlichen Regelung (§ 565 Abs. 2 BGB a.F.) wiederholen, nach § 573 c Abs. 4 BGB unwirksam sind oder von dieser Rechtsfolge nach Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB verschont bleiben. Es müßte aufgeklärt werden, ob der Formularklausel in dem Mietvertrag von den Parteien bei Vertragsschluß „eine besondere eigenständige (konstitutive) Bedeutung zugemessen“ worden war (aaO, S. 83). Dies wiederum soll davon abhängen, ob „sich aus dem Vertragskontext oder sonstigen Umständen bei Vertragsschluß ergibt, daß die Parteien ein besonderes Interesse an der Geltung der gesetzlichen Fristen hatten und gerade vor diesem Hintergrund diese Regelung ganz bewußt getroffen haben“ oder ob „die Parteien den Gesetzeswortlaut lediglich der Vollständigkeit halber zur bloßen Information über die bestehende Rechtslage im Vertragstext wiedergegeben haben“ (aaO, S. 83). Darüber müßten sich die Mietvertragsparteien zur Ermittlung der Frist für die Kündigung eines Mieters schon bei Ausspruch oder Entgegennahme einer solchen Kündigung Gewißheit zu verschaffen versuchen. Mietvertragsparteien ohne entsprechende Gesetzeskenntnisse würden jedoch kaum beurteilen können, ob in ihrem Fall die in den Vertrag aufgenommene frühere gesetzliche Kündigungsfrist gilt oder die der neuen gesetzlichen Regelung in § 573 c Abs. 1 BGB.

Die mit der Mietrechtsreform verknüpfte Erwartung, Mieter und Vermieter würden durch die Mietrechtsreform „in die Lage versetzt, ihre wesentlichen Rechte und Pflichten auch ohne fachlichen Beistand unmittelbar aus dem Gesetz entnehmen zu können“ (BT-Drucks. 14/4553, S. 1), wäre nicht zu verwirklichen, wenn die Ermittlung der Frist für die Kündigung eines Altvertrages durch den Mieter mit der Notwendigkeit einer aufwendigen Aufklärung der tatsächlichen Umstände des lange zurückliegenden Vertragsschlusses belastet wäre. Im übrigen wäre es in einem Streitfall wenig aussichtsreich, nach langer Zeit tatsächliche Umstände des Vertragsschlusses aufzuklären, auf die es damals nicht ankam und die deshalb von keiner Vertragspartei für spätere Beweiszwecke dokumentiert wurden.

Eine Auslegung der Übergangsvorschrift im Sinne der Vorstellungen des Rechtsausschusses würde deshalb Ungewißheit über die Wirksamkeit einer vom Mieter beabsichtigten oder ausgesprochenen Kündigung schaffen und damit Streit über eine solche Kündigung herausfordern. Die auch vom Rechtsausschuß hervorgehobene Zielsetzung der Mietrechtsreform, dem Rechtsfrieden zu dienen (BT-Drucks. 14/5663, S. 2), erfordert es, die Nichtigkeitsfolge des § 573 c Abs. 4 BGB – wie es dem Wortlaut der Übergangsvorschrift, ihrem sachlichen Zusammenhang mit § 573 c Abs. 4 BGB, der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung und dem Gebot der Rechtssicherheit entspricht – auf vor dem Inkrafttreten der Mietrechtsreform getroffene Vereinbarungen über Kündigungsfristen auch dann nicht rückwirkend anzuwenden, wenn es sich dabei um Formularklauseln handelt, in denen die Geltung der früheren gesetzlichen Kündigungsfristen wirksam vereinbart worden war. Der Mieter wird nicht unzumutbar dadurch belastet, daß er grundsätzlich an den vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen festgehalten wird. Er hat – wie schon nach bisherigem Recht (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 7. Aufl., Nach § 564 BGB, Rdnr. 10) – in den vom Rechtsausschuß angesprochenen Härtefällen einen Anspruch auf vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages, wenn er einen Ersatzmieter stellt.

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