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Kündigung wegen unerlaubter Privatnutzung des Firmencomputers

Bundesarbeitsgericht

Az: 2 AZR 200/06

Urteil vom 31.05.2007


In Sachen hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2007 für Recht erkannt:

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. September 2005 – 6 Sa 311/05 – teilweise aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen hat.

2. Der Rechtsstreit wird in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:
Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer fristgemäßen Kündigung, die die Beklagte auf eine unerlaubte Privatnutzung des Dienst-PC während der Arbeitszeit stützt.

Der verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem 1. Januar 1999 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Bauleiter tätig.

Am 4. Dezember 2004 überprüfte die Beklagte den dem Kläger zur Verfügung gestellten Dienst-PC. Auf diesen konnten auch andere Mitarbeiter, zumindest Frau K und Herr E, Zugriff nehmen. Eine betriebliche Regelung über die private Nutzung des Dienst-PC besteht nicht. Bei der Überprüfung sicherte die Beklagte eine Reihe von Bild- und Videodateien mit teilweise erotischem Inhalt und stellte außerdem fest, dass von diesem Dienst-PC im Internet Erotikseiten aufgesucht worden waren. Der Kläger hatte für einige Tage, an denen die genannten Dateien aufgerufen worden waren, Überstunden bei der Beklagten abgerechnet.

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich, hilfsweise ordentlich.

Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt und seine Weiterbeschäftigung begehrt. Er hat geltend gemacht: Er habe den Dienst-PC während der Arbeitszeit nicht privat genutzt, um sich DVDs oder Videodateien mit erotischem Inhalt anzusehen. Er habe auch keine Internetseiten mit erotischem Inhalt aufgerufen. Er habe an einigen von der Beklagten genannten Tagen gar keinen Zugriff auf den Dienst-PC gehabt. Beispielsweise sei er am Samstag, den 21. Februar 2004 nicht im Betrieb, sondern auf einer Baustelle in G gewesen.

Der Kläger hat – soweit dies noch für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist – beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten gemäß Schreiben vom 6. Dezember 2004 aufgelöst worden ist,

2. für den Fall des Obsiegens, die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits zu den bisherigen Arbeits- und Vertragsbedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt:

Die ordentliche Kündigung sei aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Der Kläger habe im Jahr 2004 während der Arbeitszeit sich Erotikbilddateien, die er selbst durch CD oder DVD auf den Dienst-PC geladen bzw. sich aus dem Internet gezogen habe, angesehen. Diese Vertragspflichtverletzung wiege umso schwerer, als er an diesen Tagen jeweils Überstunden zu Unrecht geltend gemacht habe.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten noch durch die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung aufgelöst worden ist und die Beklagte zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die erstinstanzliche Entscheidung teilweise abgeändert. Es hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung beendet worden ist. Im Übrigen hat es auf die Berufung der Beklagten das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für den Kläger zugelassenen Revision begehrt er die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe:

A. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar liege kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vor, da die Beklagte den Kläger vor dem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung nicht abgemahnt habe. Es liege weder eine Benutzungsregelung, gegen die der Kläger verstoßen habe, vor noch habe die Beklagte ihm sonstige Vorgaben gemacht. Da das Handeln des Klägers nicht so verwerflich sei und auch keinen Betrugsversuch darstelle, hätte die Beklagte zur Bejahung eines wichtigen Grundes darlegen müssen, welche Arbeiten des Klägers liegen geblieben und deshalb während dessen Überstunden nachgearbeitet worden seien. Nur auf Grund einer solchen Darlegung könne beurteilt werden, ob ein unredliches, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigendes Verhalten vorliege.

Das Verhalten des Klägers rechtfertige aber eine ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen. Das Berufungsgericht sei davon überzeugt, dass der Kläger sich die von der Beklagten bezeichneten Dateien angesehen habe. Seine Einlassungen seien insoweit unerheblich. Er habe seine Pflichtverletzung klar erkennen können. Deshalb sei es an ihm gewesen, darzulegen, zu welchen Zeiten er als Nutzer des PCs ausscheide. Sein Einwand, er sei beispielsweise am 21. Februar 2004 gar nicht im Betrieb anwesend gewesen, sei unerheblich. Die Beklagte brauche es nicht zu dulden, dass durch ein Einloggen in erotische Internetprogramme sie als Nutzer erfasst werde und Gefahr laufe, als „Pornobenutzer“ identifiziert und qualifiziert zu werden. Hinzu komme die Gefahr, andere Betriebsangehörige oder Besucher könnten durch die auf dem Bildschirm erscheinenden Bilder peinlich berührt werden. Deshalb liege auch keine sozial adäquate Situation vor, in der ein Arbeitnehmer in einem Zeitraum, in dem er nichts zu tun habe, sich mit anderen Dingen beschäftigen könne. Das Betrachten von pornografischen Dateien zähle nicht hierzu. Deshalb habe es auch keiner Abmahnung bedurft. Der Kläger habe wissen müssen, dass die Beklagte sein Handeln nicht dulden werde.

B. Dem folgt der Senat weder im Ergebnis noch in der Begründung. Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund iSv. § 1 Abs. 2 KSchG angenommen.

I. Bei der Frage der Sozialwidrigkeit einer Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob das Landesarbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der der Tatrichter einen Beurteilungsspielraum hat, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (st. Rspr. des Senats, beispielsweise 12. Januar 2006 – 2 AZR 21/05 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67; 10. Oktober 2002 – 2 AZR 472/01 – BAGE 103, 111).

11. Diesem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

1. Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers iSv. § 1 Abs. 2 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht – in der Regel schuldhaft – erheblich verletzt, das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint (Senat 12. Januar 2006 – 2 AZR 21/05 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 67; 24. Juni 2004 – 2 AZR 63/03 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 49 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 63).

Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt dabei das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken (Senat 12. Januar 2006 – 2 AZR 179/05 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68; 21. November 1996 – 2 AZR 357/95 – AP BGB § 626 Nr. 130 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 56). Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde zukünftig den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (ErfK/Ascheid/Oetker 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 297). Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Diese dient der Objektivierung der negativen Prognose (Staudinger/Preis BGB 13. Aufl. § 626 Rn. 109). Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen (ErfK/Ascheid/Oetker § 1 KSchG Rn. 300; Staudinger/Preis BGB § 626 Rn. 106). Die Abmahnung ist insoweit notwendiger Bestandteil bei der Anwendung des Prognoseprinzips.

2. In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Entscheidung des Landes- arbeitsgerichts bereits deshalb als unrichtig, weil es – selbst wenn eine erhebliche Pflichtverletzung seitens des Klägers vorliegen sollte – die notwendige umfassende Interessenabwägung überhaupt nicht vorgenommen hat.

3. Auch ist die Begründung des Berufungsurteils in sich widersprüchlich. Warum die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen des Fehlens einer Abmahnung rechtsunwirksam ist, die (hilfsweise erklärte) ordentliche Kündigung hingegen keiner Abmahnung bedarf, hat das Landesarbeitsgericht nicht widerspruchsfrei begründet.

4. Die Entscheidung erweist sich zudem als unzutreffend, weil das Landesarbeitsgericht auch eine mögliche erhebliche Pflichtverletzung des Klägers nicht ausreichend konkretisiert und festgestellt hat. Damit hat es den Charakter des verhaltensbedingten Kündigungsgrunds iSv. § 1 Abs. 2 KSchG verkannt.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. insbesondere die Entscheidungen vom 7. Juli 2005 – 2 AZR 581/04 – BAGE 115, 195 und vom 12. Januar 2006 – 2 AZR 179/05 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68; 27. April 2006 – 2 AZR 386/05 – AP BGB § 626 Nr. 202 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 11) kommt als kündigungsrelevante Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten bei einer privaten Nutzung des Internets oder des Dienst-PCs ua. in Betracht:

– Das Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme („unbefugter Download“), insbesondere wenn damit einerseits die Gefahr möglicher Vireninfizierungen oder anderer Störungen des – betrieblichen – Systems verbunden sein könne oder andererseits von solchen Daten, bei deren Rückverfolgung es zu möglichen Rufschädigungen des Arbeitgebers kommen kann, beispielsweise, weil strafbare oder pornografische Darstellungen heruntergeladen werden;

– die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internetanschlusses als solche, weil durch sie dem Arbeitgeber möglicherweise – zusätzliche – Kosten entstehen können und der Arbeitnehmer jedenfalls die Betriebsmittel

– unberechtigterweise – in Anspruch genommen hat;

– die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internets oder anderer Arbeitsmittel während der Arbeitszeit, weil der Arbeitnehmer während des Surfens im Internet oder einer intensiven Betrachtung von Videofilmen oder -spielen zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringt und dadurch seiner Arbeitspflicht nicht nachkommt und sie verletzt.

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b) Keine dieser möglichen Pflichtverletzungen hat das Landesarbeitsgericht in hinreichender Weise festgestellt.

aa) Es hat nicht festgestellt, in welcher Menge Daten aus dem Internet bzw. auf Grund anderer Medien in das betriebliche Betriebssystem eingebracht wurden und es dadurch ggf. zu welchen – erheblichen – Belastungen oder Störungen der betrieblichen Datensysteme gekommen ist bzw. welche konkrete Störungsgefahr bestanden hat.

bb) Es hat nicht festgestellt, ob durch die private Nutzung des Internets durch den Kläger für die Beklagte zusätzliche Kosten konkret entstanden sind.

cc) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht auch nicht weiter festgestellt, ob und in welchem Umfang der Kläger während der Arbeitszeit unter Vernachlässigung seiner in diesem Zeitraum zu erfüllenden Arbeitspflichten seine geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht hat.

dd) Soweit das Landesarbeitsgericht zur Begründung eines verhaltensbedingten Kündigungsgrunds darauf verweist, „andere Betriebsangehörige oder Besucher“ könnten von den aufgerufenen Bildern „peinlich berührt“ werden, fehlt es an konkreten Feststellungen für eine konkrete Gefährdung. Im Übrigen stellt dieser Aspekt allein – solange durch die Bilder keine Straftat begangen wird – nicht zwingend eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht per se dar.

Dabei gilt es auch zu beachten, dass das Landesarbeitsgericht lediglich Feststellungen zu „erotischen“ Bildern getroffen hat, es aber in der Entscheidungsbegründung vom Betrachten „pornografischer“ Dateien spricht.

C. Auf Grund der unzureichenden tatsächlichen Feststellungen lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund vorliegt. Deshalb war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I. Ob der Kläger durch seine – noch konkret zu ermittelnden – Handlungen seine vertraglichen Pflichten erheblich verletzt hat, wird das Landesarbeitsgericht im Einzelnen aufzuklären haben. Es wird der Beklagten Gelegenheit geben müssen, mögliche Vertragspflichtverletzungen näher als bisher vorzutragen.

1. Dabei wird es berücksichtigen müssen, dass es sich auch nach dem Vorbringen der Beklagten vorliegend nicht um eine sogenannte exzessive Privatnutzung des Internets handelt (anders als im Fall des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Juli 2005 bzw. in der Entscheidung vom 27. April 2006). Nur im Fall einer solchen exzessiven Nutzung des Mediums, die eine schwere Vertragspflichtverletzung darstellen würde, kann – ohne dass der Arbeitgeber vorher irgendwelche Beschränkungen angeordnet hat – davon ausgegangen werden, dass allein die Verletzung der arbeitsvertraglichen Leistungspflichten ohne Abmahnung zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen kann. Bei einer „schweren Pflichtverletzung“ ist nämlich regelmäßig dem Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit seines Handels ohne Weiteres genauso erkennbar, wie der Umstand, dass eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl. BAG 10. Februar 1999 – 2 ABR 31/98 – BAGE 91, 30; 12. Januar 2006 – 2 AZR 179/05 – AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Nur deshalb kann von dem Erfordernis einer Abmahnung abgesehen werden. Vorliegend fehlen hierzu jedoch jegliche Feststellungen. Dies gilt umso mehr, als für zahlreiche Tage von der Beklagten in den Instanzen überhaupt nur eine „minutenweise“ unerlaubte Nutzung behauptet wurde.

2. Das Landesarbeitsgericht wird weiter berücksichtigen müssen, dass ggf. allein aus dem Umstand, dass der Kläger an einigen Tagen, an denen er seinen Dienst-PC zum Betrachten von erotischen DVDs oder CDs bzw. von Internetseiten benutzt haben soll, auch „Überstunden“ abgerechnet hat, noch keine erhebliche Pflichtverletzung folgt. Insoweit fehlt es an Feststellungen, in welchem konkreten Umfang der Kläger während der normalen Arbeitszeit seine Arbeit vernachlässigt und sie deshalb während der Überstunden verrichtet haben soll. Auch fehlt es an Feststellungen, dass an den genannten Tagen eine exzessive Nutzung stattgefunden hat.

3. Das Berufungsgericht wird weiter beachten müssen, dass bisher keine hinreichenden Feststellungen vorliegen, an welchen Tagen der Kläger den Dienst-PC privat genutzt hat. Dies gilt umso mehr, als der Kläger eine Nutzung an den von der Beklagten in den Instanzen genannten Tagen bestritten hat. Da der Kläger aber nicht alleine auf den Dienst-PC Zugriff hatte, ist – entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts – sein Bestreiten auch nicht unbeachtlich. Dies gilt umso mehr, als er auch für einige konkrete Tage – insbesondere den 21. Februar 2004 – substanziiert dargelegt hat, dass wegen seiner Abwesenheit eine Privatnutzung nicht erfolgt sein könne. Ein solcher Einwand ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht unbeachtlich. Dem Kläger obliegt insoweit nicht die Darlegungs- und Beweislast. Es wäre vielmehr an der Beklagten, einen möglichen erheblichen Rechtfertigungseinwand substanziiert auszuräumen bzw. die zur Kündigung berechtigende Pflichtverletzung im Einzelnen konkretisiert darzulegen (s. BAG 24. November 1983 – 2 AZR 327/82 – AP BGB § 626 Nr. 76 = EzA BGB § 626 nF Nr. 88; 6. August 1987 – 2 AZR 226/87 – AP BGB § 626 Nr. 97 = EzA BGB § 626 nF Nr. 109).

II. Bei seiner abschließenden Wertung wird das Landesarbeitsgericht auch zu berücksichtigen haben, dass es die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung
damit begründet hat, vor ihrem Ausspruch hätte die Beklagte den Kläger zwingend abmahnen müssen. Warum dies im Gegensatz dazu bei einer ordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung nicht der Fall sein soll, wird es im Rahmen der Beurteilung einer möglichen Pflichtverletzung und ihres Gewichts ggf. näher erläutern müssen.

III. Schließlich wird das Landesarbeitsgericht – sofern überhaupt eine erhebliche Pflichtverletzung des Klägers gegeben ist – abschließend eine umfassende Interessenabwägung vornehmen müssen.

IV. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten – einschließlich der der Revision – erneut zu entscheiden haben.

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