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Kündigung LKW Fahrer wegen Auftragsrückgang

Landesarbeitsgericht Köln

Az: 5 Sa 1077/08

Urteil vom 12.01.2009


Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.08.2008

– 4 Ca 1030/08 – wird teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 28.01.2008 rechtsunwirksam ist.

2. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird gemäß § 9 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung von 2.000,00 € zum 29.02.2008 aufgelöst.

3. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Dezember 2007 an den Kläger 2.081,99 € brutto abzüglich am 11.01.2008 gezahlter 849,44 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen.

4. Die Beklage wird verurteilt, für den Monat Januar 2008 an den Kläger 2.246,99 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2008 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, für den Monat Februar 2008 an den Kläger 2.081,99 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2008 zu zahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Gehaltsabrechnung für Oktober und Dezember 2007 zu erstellen und dem Kläger auszuhändigen sowie über die vom Kläger im Zeitraum 20.06.2008 bis 29.02.2008 verdienten Provision Abrechnungen zu erteilen.

7. Unter Abweisung der Klage im Übrigen werden die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

8. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3.

9. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und um Entgeltansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Der Kläger war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 82 ff. d. A.) als Kraftfahrer in dem Speditionsunternehmen der Beklagten, in dem mehr als 10 Arbeitnehmer tätig sind, beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist ein Bruttogrundgehalt von 520,00 € zuzüglich Provisionen vereinbart. Monatlich erzielte der Kläger ein Einkommen von durchschnittlich ca. 2.050,00 €. Aufgrund einer schriftlichen Betriebsanweisung für das Fahrpersonal, die der Kläger unterschrieben hat (Bl. 272 ff. d. A.), bestand die Verpflichtung, bei Unfällen oder besonderen Vorkommnissen den Arbeitgeber unverzüglich zu unterrichten und über den Unfallhergang unverzüglich einen Bericht zu erstellen und durch eine Unfallskizze zu ergänzen.

Am 05.11.2007 kam es zu einer Auseinandersetzung des Klägers mit seiner Ehefrau und gemäß Verfügung der Kreispolizeibehörde vom 05.11.2007 (Bl. 38 d. A.) zu einer Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot. Der Kläger war daraufhin in stationärer Behandlung einer Fachklinik für Psychiatrie vom 07.11.2007 bis zum 12.12.2007. Laut Bescheinigung der Klinik vom 19.12.2007 (Bl. 57 d. A.) befand sich der Kläger zum Entlassungszeitpunkt in einer körperlichen und psychischen Verfassung, die aus medizinischer Sicht das Führen eines Fahrzeugs als unbedenklich erscheinen ließ.

Laut Vergütungsabrechnung für den Monat November 2007 betrug der Bruttolohn für diesen Monat 2.015,99 €. Für den Monat Dezember 2007 zahlte die Beklagte an den Kläger lediglich 849,44 € netto aus. Am 28.01.2008 erhielt der Kläger durch einen Boten der Beklagten überbracht ein Kündigungsschreiben, in dem das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 29.02.2008 gekündigt wurde. Im anwaltlichen Schreiben vom 30.01.2008 (Bl. 18 f. d. A.) ließ der Kläger ausführen:

„Unser Mandant legt uns Ihr Kündigungsschreiben vom 28.01.2008 vor, mit dem Sie das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 29.02.2008 kündigen wollen. Dieses Kündigungsschreiben ist offensichtlich nicht vom Geschäftsführer der Firma … GmbH unterzeichnet worden. Wir rügen daher aus Gründen anwaltlicher Vorsorge bereits jetzt die Bevollmächtigung derjenigen Person, die das Kündigungsschreiben vom 28.01.2008 unterzeichnet und weisen die Kündigung zurück.“

Mit der am 06.02.2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage macht der Kläger die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung geltend.

Für Januar 2008 rechnete die Beklagte laut Vergütungsabrechnung (Bl. 37 d. A.) einen Bruttolohn von 2.206,99 € ab, für Februar 2008 (Vergütungsabrechnung Bl. 73 d. A.) einen Bruttolohn in Höhe von 1.544,89 €. Die sich daraus ergebenden Nettobeträge zahlt die Beklagte nicht aus.

Durch Klageerweiterung hat der Kläger begehrt, die Beklagte zur Auszahlung eines Bruttolohns in Höhe von 2.246,99 € für die Monate Dezember 2007 bis Juni 2008 zu verurteilen sowie Gehaltsabrechnungen für Oktober und Dezember 2007 zu erstellen und Provisionsabrechnungen für die Zeit vom 20.06.2006 bis zum 30.04.2008.

Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, dass die Kündigung bereits deshalb rechtsunwirksam sei, weil es sich bei der Unterschrift auf dem Kündigungsschreiben nicht um die Unterschrift des Geschäftsführers der Beklagten handele. Zudem sei weder ein betriebsbedingter noch ein personenbedingter Kündigungsgrund gegeben. Der Kläger sei nach seiner Entlassung aus der psychiatrischen Klinik wieder arbeitsfähig gewesen. Er habe die entsprechende Bescheinigung der Klinik der Beklagten rechtzeitig zugänglich gemacht.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Kündigung sei sowohl betriebsbedingt als auch personenbedingt begründet. Bei der Beklagten habe es in den letzten Monaten einen erheblichen Rückgang der Auftragslage gegeben. Hinzu sei gekommen, dass die Beklagte eine neue Halle habe bauen lassen, deren Baufortschritt sich verzögert habe. Dadurch sei ein erheblicher Überhang an Arbeitskräften entstanden. Die Kündigung sei zudem personenbedingt begründet. Der Kläger müsse als psychisch labil beschrieben werden. Er habe aufgrund von Schwierigkeiten mit seiner Lebensgefährtin am 05.11.2007 seinen Sohn aus dem Fenster gehalten und gedroht, diesen fallen zu lassen. Aufgrund dieses Verhaltens sei es zu der Einweisung in die psychiatrische Klinik gekommen. Der Kläger sei insoweit für das Speditionsunternehmen der Beklagten nicht mehr tragbar. Die Bescheinigung der psychiatrischen Klinik vom 19.12.2007 sei unbrauchbar, die Bescheinigung sei zudem wesentlich später vorgelegt worden.

Durch Urteil vom 14.08.2008 hat das Arbeitsgericht dem Kündigungsschutzantrag stattgegeben. Betriebsbedingte Kündigungsgründe lägen nicht vor. Aus dem Beklagtenvortrag sei nicht erkennbar, ob und warum der Arbeitsplatz des Klägers aus betriebsbedingten Gründen weggefallen sei. Die Kündigung sei nicht als personenbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt, denn der Kläger sei zum Zeitpunkt der Kündigung unstreitig arbeitsfähig gewesen. Aus der ärztlichen Bescheinigung vom 19.12.2007 folge zudem, dass keine Bedenken gegen das Führen eines Fahrzeugs bestünden. Den Zahlungsansprüchen des Klägers hat das Arbeitsgericht teilweise stattgegeben und zwar für Januar und Februar 2008 entsprechend den erteilten Lohnabrechnungen, und für März bis Juni 2008 in Höhe von jeweils 1.621,47 € brutto. Ferner hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Erstellung der Lohnabrechnungen für Oktober und Dezember 2007 verurteilt und zur Erteilung von Provisionsabrechnungen für die Zeit vom 20.06.2006 bis zum 30.04.2008. Alle darüber hinausgehenden Ansprüche hat das Arbeitsgericht abgewiesen.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien fristgerecht Berufung einlegen lassen.

Die Beklagte verteidigt die ausgesprochene Kündigung und hat zudem in der Berufungsinstanz erstmals einen Auflösungsantrag gestellt.

Die Kündigung sei betriebsbedingt gerechtfertigt gewesen. Der Neubau der Lagerhallen auf dem Betriebsgelände habe sich verzögert. Die alten Hallen seien bereits abgerissen gewesen, so dass das Betriebsgelände während der Bauzeit nicht mehr für die Lagerung von Speditionsmaterial geeignet gewesen sei. Dadurch, dass sich der Neubau verzögert habe, sei es zu einer Einschränkung der betrieblichen Leistung der Beklagten gekommen. Die Beklagte habe sich gezwungen gesehen, den Fuhrpark umzustellen und mehr Fernverkehr durchzuführen, was jeweils einen LKW-Führerschein der Klasse II voraussetze, den der Kläger nicht habe. Der Arbeitsplatz des Klägers sei weggefallen. Richtig sei allerdings, dass auch neue Mitarbeiter eingestellt worden seien, und zwar Anfang Mai 2008 Herr M H und im Februar 2008 Herr L .

Die Kündigung sei zudem personenbedingt begründet, da der Kläger seine Eignung nicht nachgewiesen habe. Angesichts der vorhandenen Vorbelastungen könne von einer Eignung des Klägers nicht ausgegangen werden. Die Beklagte wolle das Risiko, einen psychisch labilen Fahrer auf einem LKW einzusetzen, nicht eingehen.

In jedem Fall sei der Auflösungsantrag begründet. Unter Bezugnahme auf die überreichten Lichtbilder (Bl. 268 ff. d. A.) trägt die Beklagte hierzu vor, der Kläger habe einen Schaden an dem von ihm gefahrenen LKW verursacht. Entgegen der vom Kläger unterschriebenen Arbeitsanweisung habe er diesen Schaden nicht gemeldet. Der Zeuge H habe den Schaden entdeckt. Als er den Kläger auf den Unfall angesprochen habe und gefragt habe, warum er den Unfall nicht gemeldet habe, habe dieser geantwortet, er könne dazu nichts sagen, es sei ihm egal. Angaben zum Unfallhergang habe der Kläger nicht gemacht. Gegenüber dem hinzugerufenen Geschäftsführer habe der Kläger nur abgewinkt und gemeint, der Geschäftsführer habe eben Pech gehabt. Danach habe er beide Personen stehen gelassen. Es stehe damit fest, dass der Kläger einen Unfall, den er verschuldet habe, nicht gemeldet habe. Aufgrund der Beschädigung am LKW müsse auch davon ausgegangen werden, dass ein Fremdschaden vorliege, so dass der Vorwurf der Unfallflucht im Raume stehe. All dies sei dem Kläger, wie er gegenüber dem Zeugen H erklärt habe, völlig egal gewesen. Desweiteren stützt die Beklagte ihren Auflösungsantrag darauf, dass sich der Kläger im Februar 2008 täglich an der Imbissbude, an der sich die Fahrer der Beklagten in den Pausen aufhielten, abfällig über die Beklagte geäußert habe, insbesondere gesagt habe, bei der Beklagten werde nur betrogen und gelogen, Überladungen der Fahrzeuge seien an der Tagesordnung und die Überschreitung von Fahrtzeiten auf Anordnung immer vorlägen.

Zahlungsansprüche könne der Kläger nicht geltend machen. Die abgerechneten Gehaltszahlungen für Januar und Februar 2008 seien mit Recht zurückgehalten worden, da der Kläger ein ihm zur Verfügung gestelltes betriebliches Handy nicht zurückgegeben habe. Weitere Entgeltansprüche stünden dem Kläger nicht zu, insbesondere könne er seinen Anspruch nicht auf Durchschnittsberechnungen stützen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Provisionsabrechnungen, da er in der Vergangenheit diesbezüglich keine Beanstandungen erhoben oder Nachfragen gestellt habe.

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Die Beklagte beantragt,

1. die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 14.08.2008 abzuweisen.

2. Hilfsweise das Arbeitsverhältnis der Parteien zum Ablauf des 29.02.2008 aufzulösen und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine angepasste Abfindung als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes zu zahlen.

3. Die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14.08.2008 zurückzuweisen.

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2. Den Hilfsantrag der Beklagten, gerichtet auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, gegen Abfindungszahlung abzuweisen.

3. An den Kläger das Gehalt für den Monat Dezember 2007 in Höhe von 2.081,99 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 abzüglich am 11.01.2008 gezahlter 849,44 € netto zu zahlen.

4. An den Kläger für das Gehalt Februar 2008 weitere 537,10 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit dem 01.03.2008 zu zahlen.

5. An den Kläger für die Gehälter März bis Juni 2008 weitere 1.842,08 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2008, 01.05.2008, 01.06.2008 und 01.07.2008 aus jeweils 460,52 € zu zahlen.

6. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die Gehälter für den Zeitraum Juli 2008 bis Oktober 2008 in Höhe von 8.327,96 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.081,99 € seit dem 01.08.2008, 01.09.2008, 01.10.2008 und 01.11.2008 zu zahlen.

Der Kläger trägt vor, die ausgesprochene Kündigung sei rechtsunwirksam. Zwischen der Tätigkeit des Klägers für die Beklagte als Fahrer und den Abriss bzw. Neubauaktivitäten auf dem Grundstück bestehe keinerlei Zusammenhang. Unrichtig sei daher auch, dass die Beklagte aufgrund der Bautätigkeiten sich gezwungen gesehen habe, ihren Fuhrpark für die Zukunft umzustellen. Die Beklagte habe zudem nach Ausspruch der im Streit befindlichen Kündigung zwei weitere LKW-Transporter der Marke Citroen angeschafft, für die ebenfalls kein LKW-Führerschein benötigt werde. Die Beklagte habe zudem ihre Belegschaft seit 2007 um mehr als 50 % gesteigert. Unzutreffend sei die Ansicht der Beklagten, der Kläger habe nach seiner Entlassung aus der Psychiatrie keine ausreichende Befähigung mehr gehabt, einen LKW führen zu dürfen. Aus der Bescheinigung der Klinik vom 19.12.2007, die am 28.12.2007 von der Ehefrau des Klägers an die Beklagte überreicht worden sei, ergebe sich eindeutig, dass keine Bedenken gegen das Führen von Fahrzeugen bestünden. Das zeige sich auch an dem Umstand, dass die Beklagte den Kläger ab dem 07.01.2008 tatsächlich als Fahrer auch eingesetzt habe.

Unbegründet sei der Auflösungsantrag der Beklagten. Der Kläger habe sich nicht abfällig über die Beklagte geäußert. Die Beschädigung des LKWs sei ebenfalls nicht geeignet, einen Auflösungsantrag zu begründen. Hierzu hat der Kläger zunächst im Schriftsatz vom 04.11.2008 (Seite 18 des Schriftsatzes – Bl. 204 d. A.) vorgetragen, zu dem Schaden sei es dadurch gekommen, dass der Kläger bei einem Rangiermanöver mit dem Trittbrett des LKW gegen einen feststehenden Gegenstand geraten sei, so dass das Trittbrett abgerissen sei. Diesen Schaden habe der Kläger am Tag des Schadensereignisses sowohl gegenüber dem Zeugen H als auch gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten angezeigt (Beweis: Zeugnis A H ). Es handele sich zudem um einen Bagatellschaden; außerdem sei das Führen eines LKW eine gefahrengeneigte Arbeit. Im Schriftsatz vom 05.01.2009 (Bl. 282 ff. d. A.) hat der Kläger vorgetragen, der Schaden sei entstanden anlässlich einer Fahrt im Gewerbegebiet Niederkassel. Der Kläger habe sich entschieden, an einer Imbissbude, die an der Niederkasseler Straße gelegen war, ein Brötchen zu holen. Er habe beabsichtigt, den LKW auf einem der Imbissbude gegenüberliegenden Randstreifen abzustellen. Da es an diesem Morgen stark geregnet habe und der in Rede stehende Randstreifen mit einer großflächigen Wasserpfütze bedeckt gewesen sei, sei der Kläger mit dem LKW an den rechten Fahrbahnrand und auf den Randstreifen gefahren. Dabei sei er unvorhersehbar in ein Schlagloch, das am rechten Fahrbahnrand im Bereich des Randstreifens war und von der Wasserlache verdeckt gewesen sei, geraten. Der LKW sei daraufhin auf der rechten Seite eingesackt, so dass das Trittbrett an der Beifahrerseite auf die Fahrbahn bzw. den dort vorhandenen Bordstein aufgeschlagen sei. Dabei sei das Trittbrett gerissen und die Halterungen beschädigt worden. Von diesem Schadensereignis habe der Kläger den Zeugen H sofort nach Rückkehr auf das Firmengelände informiert. Der Kläger habe zudem nochmals gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten und gegenüber dem Zeugen H den Hergang des Schadensfalls im Einzelnen geschildert. Dabei hat der Kläger darauf verwiesen, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Schaden um den ersten und einzigen Schaden handele, den er verursacht habe. Der Kläger habe zudem erklärt, dass er den Schaden bedauere. Er habe sich weder respektlos noch abfällig geäußert (Beweis Zeugnis A H ).

Zur Begründung seiner eigenen Berufung trägt der Kläger vor, die verlangten Zahlungsansprüche seien begründet, einschließlich derjenigen, die klageerweiternd in der Berufungsinstanz geltend gemacht worden seien. Ausgehend davon, dass der Kläger unter Zusammenrechnung aller Monate von Juni 2006 bis Februar 2008 einen monatlichen Durchschnittsverdienst von 2.081,99 € erhalten habe (Berechnung des Klägers Bl. 201 f. d. A.), könne er diesen Durchschnittsverdienst auch für die Monate ab Dezember 2007 bis Oktober 2008 verlangen und insoweit mehr, als das Arbeitsgericht ausgeurteilt habe.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Landesarbeitsgericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 12.01.2009 den vorbereitend geladenen Zeugen H zum Beweisthema „Beschädigung des LKW“ und die vorbereitend geladenen Zeugen P M und M S zum Beweisthema „Abfällige Äußerung des Klägers über die Beklagte“ als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hatte nur zum Teil Erfolg, die Berufung des Klägers hatte ganz überwiegend keinen Erfolg.

I. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Berufung des Klägers sind zulässig. Die Berufungen waren jeweils statthaft. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Berufung des Klägers sind fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsfrist bzw. bezüglich des Klägers innerhalb der auf Antrag verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet worden.

II. Die Berufung der Beklagten hatte nur zum Teil Erfolg.

1. Ohne Erfolg musste die Berufung der Beklagten hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages bleiben. Denn mit zutreffenden Erwägungen hat bereits das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten den Maßstäben des § 1 Abs. 2 KSchG nicht standhält. Sie ist weder betriebsbedingt, noch personenbedingt gerechtfertigt.

a. Nicht gefolgt werden kann der Klägerseite allerdings darin, dass die Kündigung bereits deshalb rechtsunwirksam wäre, weil sie nicht vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnet worden wäre. Die schriftliche Kündigung vom 28.01.2008 stammte von der Beklagten. Sie war dem Kläger durch den bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter Herrn D als Boten überbracht worden. Dass die Kündigung von der Beklagten stammte, ist von der Klägerseite in dem anwaltlichen Schreiben vom 30.01.2008 nicht in Zweifel gezogen worden, denn es heißt dort, gerichtet an die Beklagte, „Unser Mandat legt uns Ihr Kündigungsschreiben vom 28.01.2008 vor“.

Aussteller der Kündigung war zweifelsfrei der Geschäftsführer der Beklagten, Herrn H G J , der aufgrund seiner Funktion als Geschäftsführer ohne weitere Vollmacht kündigungsberechtigt war. Dass Herr J Aussteller der Kündigung war, ergab sich unmittelbar dem Kündigungsschreiben selbst, in dem unterhalb der Unterschrift maschinenschriftlich der Zusatz „H. G J “ aufgeführt war.

Entgegen der Rüge der Klägerseite bestehen auch keinerlei Zweifel daran, dass die Unterschrift unter dem Kündigungsschreiben von dem maschinenschriftlich dort aufgeführten Aussteller H. G J stammte. Denn der Unterschriftszug entspricht demjenigen, den der Geschäftsführer der Beklagten auf dem Originalarbeitsvertrag vom 20.06.2008 (Bl. 85 d. A.) geleistet hat. Von diesem hatte der Kläger bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages Kenntnis. Auch die Prozessvollmacht des Geschäftsführers der Beklagten (Bl. 25 d. A.) weist einen entsprechenden Unterschriftszug auf.

Zweifel an der Formwirksamkeit der Kündigungserklärung bestehen daher nicht.

b. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass keine betriebsbedingten Kündigungsgründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG vorliegen. Eine Kündigung ist aus dringenden betrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt (siehe BAG Urteil vom 13.03.2008 – 2 AZR 1037/06 – NZA 2008, Seite 878; BAG Urteil vom 01.02.2007 – 2 AZR 710/05 – , AP Nr. 6 zu § 162 BGB).

Im vorliegenden Fall ist nicht zu erkennen, dass der Beschäftigungsbedarf für den Arbeitsplatz, den Kläger ausgefüllt hat, aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung weggefallen wäre. Insoweit kann die Beklagte nicht auf den Neubau des Lagergebäudes verweisen. Denn allein dadurch fällt der Beschäftigungsbedarf für LKW-Transporte, die der Kläger ausgeführt hat, nicht weg. Unbestritten ist vielmehr die Behauptung der Klägerseite geblieben, dass der vom Kläger gefahrene LKW auch nach dem Ausscheiden des Klägers weiterhin genutzt worden ist. Unbestritten geblieben ist ferner die weitere Behauptung, dass die Beklagte weitere kleinere LKW, für die kein Führerschein der Klasse II erforderlich war, angeschafft hat. Dies spricht im Gegenteil dafür, dass der Umfang an Transporttätigkeiten ausgeweitet worden ist. Unerheblich ist, ob dabei in betriebswirtschaftlicher oder steuerlicher Hinsicht Verluste aufgetreten sind. Es liegt in der unternehmerischen Freiheit begründet, den Arbeitsumfang aufrecht zu erhalten oder sogar auszubauen und dabei – vorübergehend – auch Verluste in Kauf zu nehmen.

Eine betriebsbedingte Kündigung käme nur in Betracht, wenn die Beklagte die Zahl der LKW und den Umfang der von ihr durchgeführten Transporte so reduziert hätte, dass sich der Bedarf an Fahrern, die wie der Kläger nicht über den Führerschein der Klasse II verfügen, reduziert hätte. Für eine solche Reduzierung ist nichts ersichtlich.

Die Kündigung ist daher betriebsbedingt nicht gerechtfertigt.

c. Die Kündigung ist auch nicht aus personenbedingten Gründen gemäß § 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt. Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass eine auf die mangelnde psychische Eignung des Klägers gestützte Kündigung erst in Betracht zu ziehen wäre, wenn feststände, dass der Kläger in Zukunft nicht mehr als Kraftfahrer eingesetzt werden dürfte. Zum Zeitpunkt der Kündigung war der Kläger jedoch unstreitig arbeitsfähig. Laut ärztlicher Bescheinigung vom 19.12.2007 bestanden keine Bedenken im Hinblick auf das Führen eines Fahrzeugs. Entscheidend ist dabei die objektive Lage, nicht der Umstand, wann die ärztliche Bescheinigung der Beklagten überreicht worden ist. Zudem hat die Beklagte durch ihr eigenes Verhalten deutlich gemacht, dass die von ihr angemeldeten Zweifel kein durchgreifender Hinderungsgrund für den Einsatz des Klägers als Fahrer waren, da sie den Kläger unstreitig ab dem 07.01.2008 als Fahrer wieder eingesetzt hat.

Die Kündigung ist daher sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 2 KSchG. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten musste erfolglos bleiben.

2. Erfolg hatte die Beklagte allerdings mit ihrem erstmals in der Berufungsinstanz gestellten Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 KSchG.

a. Voraussetzung für einen solchen Auflösungsantrag des Arbeitgebers ist zunächst, dass die Kündigung sozialwidrig im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG ist und keine anderen Unwirksamkeitsgründe vorliegen. Denn die Auflösungsmöglichkeit gemäß § 9 KSchG besteht für den Arbeitgeber nur, wenn die Kündigung allein wegen des Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 KSchG und nicht aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist (BAG Urteil vom 27.09.2001 – 2 AZR 389/00 -, NZA 2002, Seite 1171).

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt, denn die Kündigung scheitert allein an § 1 Abs. 2 KSchG. Sonstige Unwirksamkeitsgründe, insbesondere Formmängel, sind – wie dargelegt – nicht gegeben.

b. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Dabei sind an das Vorliegen solcher Gründe strenge Anforderung zu stellen, weil der grundrechtliche Gehalt des Kündigungsschutzes zu berücksichtigen ist (siehe Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 22.10.2004, NZA 2005, Seite 41 ff.).

Eine Wiederholung der Kündigungsgründe reicht insoweit nicht, es müssen vielmehr zusätzliche greifbare Tatsachen vorliegen, die die Annahme begründen, dass ein gedeihliches Zusammenwirken im Arbeitsverhältnis nicht mehr zu erwarten sein wird. Dabei kann der Arbeitgeber sich nicht auf solche Gründe berufen, die von ihm selbst oder von Personen, für die er einzustehen hat, provoziert worden sind (siehe Bundesarbeitsgericht Urteil vom 02.06.2005 – 2 AZR 234/04 -, NZA 2005, Seite 1208).

Andererseits ist nicht erforderlich, dass hinsichtlich der Auflösungsgründe ein Verschulden des Arbeitnehmers vorliegt. Es kommt allein darauf an, ob die objektive Lage beim Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beim Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen muss, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer ernstlich gefährdet ist. Die dabei erforderliche Gesamtabwägung verlangt eine Berücksichtigung aller Umstände, die für oder gegen die Prognose sprechen, eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien sei nicht mehr zu erwarten (siehe Bundesarbeitsgericht Urteil vom 23.06.2005 – 2 AZR 256/04 -, NJW 2006, Seite 1307 ff.). Aus § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG folgt aber nicht, dass eine Unzumutbarkeit des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses im Sinne von § 626 BGB gegeben sein müsste. Die Gründe müssen nicht in vollem Umfang geeignet sein, eine Kündigung sozial zu rechtfertigen. Es reicht, dass sie so schwerwiegend sind, dass die tragende Basis für die weitere Zusammenarbeit entfallen ist. Nicht notwendig ist es, dass es sich um Tatsachen nach Ausspruch der Kündigung handelt (siehe Erfurter Kommentar/Kiel, § 9 KSchG, Randziffer 19 ff. m. w. N.; Ahrscheidt/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 3. Auflage, § 9 KSchG, Randziffer 51 ff.).

c. Im vorliegenden Fall liegen greifbare über die Kündigungsgründe hinausgehende Gründe vor, die eine weitere, den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit, nicht erwarten lassen, und die nicht durch den Arbeitgeber verursacht oder provoziert worden sind. Diese Gründe folgen aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Landesarbeitsgericht am 12.01.2009. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass alle drei vernommenen Zeugen glaubhaft und wahrheitsgemäß ausgesagt haben und in vollem Umfang glaubwürdig sind.

aa. Nicht bestätigt ist durch die Beweisaufnahme, der Vortrag der Beklagtenseite, der Kläger habe anlässlich des häufigen Zusammentreffens mit ehemaligen Arbeitskollegen an einer Imbissbude abfällige und ehrverletzende Behauptungen über die Beklagte getätigt. Der Vortrag, der Kläger habe geäußert, bei der Beklagten werde gelogen und betrogen und es kämen ständig Überschreitungen von Lenk- und Ruhezeiten sowie Überschreitungen des zulässigen Transportgewichts vor, ist durch die Vernehmung der Zeugen nicht bestätigt worden. Vielmehr haben weder der Zeuge S noch der Zeuge M solche Aussagen bestätigen können. Beide Zeugen haben vielmehr deutlich gemacht, dass sie die behaupteten Äußerungen vom Kläger nicht vernommen hätten, dass der Kläger lediglich allgemeine Unmutsäußerungen im Rahmen allgemeiner Gespräche unter Arbeitskollegen von sich gegeben habe. Hierauf lässt sich ein Auflösungsantrag folglich nicht stützen.

bb. Nachgewiesen ist durch die glaubhafte Aussage des Zeugen H hingegen, dass der Kläger seine Informationspflichten in Bezug auf den von ihm verursachten Schaden an dem Firmen-LKW nicht erfüllt hat. Die Version des Klägers, für die er den Zeugen H ebenfalls benannt hat, wonach er von sich aus dem Zeugen H und dem Geschäftsführer Herrn J den Schaden meldet und den Hergang des Schadensereignisses im Einzelnen geschildert hätte, ist durch die Beweisaufnahme widerlegt worden. Bestätigt worden ist stattdessen die gegenteilige Version der Beklagten, die sich ebenfalls auf das Zeugnis des Zeugen H berufen hat, wonach der Kläger keinerlei Anstalten unternommen hat, den Schaden von sich aus zu melden und – auf den Schaden angesprochen – gleichgültig und provozierend reagiert hat.

Der Zeuge H hat ausgesagt, dass er von sich aus den Schaden an dem LKW (Lichtbilder Bl. 268 ff d.A.), den der Kläger fuhr, festgestellt hat. Der Kläger habe ihn auf den Schaden nicht angesprochen. Vielmehr habe er – der Zeuge – den Kläger von sich aus auf den Schaden ansprechen müssen. Detaillierte Auskünfte habe der Kläger nicht gegeben, sondern stattdessen u. a. geäußert, „Ist halt passiert, ist doch egal.“. In dieser Weise habe sich der Kläger auch gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten verhalten.

Die Aussage des Zeugen H ist in vollem Umfang glaubhaft. Gegen die Glaubhaftigkeit spricht nicht, dass sich der Zeuge hinsichtlich des Zeitpunkts des Vorfalls nicht völlig sicher war. Angesichts des erheblichen Zeitraums, der seither verstrichen ist, ist es erklärlich, dass der Zeuge nicht sicher sagen konnte, ob sich das Ganze bereits im Oktober oder wie der Zeuge nach seiner Erinnerung meinte – im Januar – zugetragen hatte. Kein Bedenken lässt sich auch aus der schriftlichen Bestätigung über den Hergang (Bl. 181 d. A.) herleiten. Im Wesentlichen stimmt diese Bestätigung mit der Aussage des Zeugen überein. Denn dort ist ebenfalls aufgeführt, dass der Kläger – angesprochen von dem Geschäftsführer auf den beschädigten LKW – in unverschämten und respektlosen Ton geantwortet habe, dass es halt so sei, dass das Fahrzeug beschädigt sei und dass dies halt Pech sei. Soweit überhaupt Abweichungen festzustellen sind, spricht dies nicht gegen sondern für die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen, denn dies unterstreicht, dass der Zeuge keine anhand des schriftlichen Bestätigungstextes auswendig gelernte Aussage gemacht hat, sondern erkennbar nach bestem Wissen und Gewissen seine tatsächliche Erinnerung an den damaligen Vorfall wiedergegeben hat.

Die Richtigkeit der Aussage des Zeugen wird durch den wechselnden und widersprüchlichen Vortrag des Klägers in diesem Punkt unterstrichen. Während der Kläger zunächst hatte vortragen lassen, der Schaden sei dadurch eingetreten, dass er beim Rangieren an einen festen Gegenstand geraten sei (Schriftsatz vom 04.11.2008), hat der Kläger zwei Monate später im Schriftsatz vom 05.01.2009 vortragen lassen, der Schaden sei beim Fahren in eine Wasserlache auf einem Randstreifen an der Niederkasseler Straße durch Bordsteinberührung eingetreten. Hinsichtlich beider Versionen hatte der Kläger jeweils behaupten lassen, er habe den Zeugen H jeweils über Schadensfall und Schadensverlauf informiert. Während der Kläger somit nicht nachvollziehbar darlegen konnte, welche Version er dem Zeugen H geschildert haben wollte, hat der Zeuge H glaubhaft ausgeführt, dass der Kläger über Schadensverlauf und Schadensursache überhaupt nichts gesagt, auch nicht beispielsweise über den Schadensort, sondern gleichgültig und abweisend reagiert hat. Auch eine Unfallskizze oder einen schriftlichen Unfallbericht hat der Kläger trotz der diesbezügliche bestehenden schriftlichen Arbeitsanweisung nicht erstellt.

Es steht folglich fest, dass der Kläger seinen Informationspflichten, die er aufgrund des von ihm verursachten Schadens hatte, nicht nachgekommen ist. Auf die Frage, wann genau der Vorfall stattgefunden hat, kam es nicht mehr an, da sowohl der Schaden, als auch die Verursachung durch den Kläger, unstreitig sind. Demzufolge kam es auf den vom Kläger behaupteten genauen Zeitpunkt und die Vernehmung des erkrankten Zeugen N nicht mehr an, zumal dieser beim entscheidenden Gespräch zwischen dem Kläger und dem Zeugen H sowie dem Geschäftsführer der Beklagten nicht anwesend war und für die diesbezüglich getätigten Äußerungen nicht als Zeuge benannt worden ist.

Insgesamt steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der Kläger entgegen seinen Behauptungen die von ihm verursachten Schaden unter Verstoß gegen die von ihm akzeptierte und unterschriebene Arbeitsanweisung nicht gemeldet hat, keine näheren Angaben zum Schadenshergang gemacht hat und auf entsprechende Rückfragen durch den Zeugen H und dem Geschäftsführer der Beklagten abweisend und gleichgültig reagiert hat. Hinzukommt, dass der Kläger den Schaden selbst, wenn man seine zuletzt vorgetragene Version des Schadensereignisses zugrundelegt, mit mindestens mittlerer Fahrlässigkeit verursacht hat. Denn es stellte einen erheblichen Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten eines Kraftfahrers dar, mit einem LKW aufgrund eines privat beabsichtigten Brötchenkaufs in eine große Wasserlache einzufahren, ohne wissen zu können oder überprüft zu haben, ob dort Schlaglöcher verborgen waren, die zu einem Einsacken und einer Beschädigung des Firmen-LKWs führen konnten.

Nicht gehört werden kann der Kläger in diesem Zusammenhang mit seinem Vorbringen, beim Fahren eines LKW handele es sich um gefahrgeneigte Tätigkeit. Denn als Anknüpfungspunkt für eine Milderung der Arbeitnehmerhaftung ist dies nicht relevant (BAG, Großer Senat , Beschluss vom 27.9.1994,NZA 94, 1083) und ändert zudem nichts an dem im vorliegenden Fall festzustellenden Fahrlässigkeitsgrad.

Es kommt schließlich hinzu, dass der Kläger im Lauf des Berufungsrechtsstreits wahrheitswidrig hat vortragen lassen, indem er bis zur Durchführung der Beweisaufnahme explizit bezogen auf zwei unterschiedliche Schadensereignisversionen vorgetragen hat, er habe von sich aus ordnungsgemäß über die von ihm verursachte Schadensentstehung im Einzelnen entsprechend der betrieblichen Anweisung informiert. Die Wahrheitswidrigkeit dieses Vortrags konnte erst durch die Beweisaufnahme erwiesen werden.

Aus allem folgt, dass eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten ist. Der Kläger hat fahrlässig am Eigentum der Beklagten einen Schaden verursacht, entgegen den betrieblichen Anweisungen, diesen weder von sich aus gemeldet, noch detaillierte Angaben zu seiner Schadensverursachung gemacht, stattdessen gleichgültig abweisend und provozierend reagiert und im Laufe des Berufungsverfahrens wahrheitswidrig vorgetragen. Damit hat der Kläger sowohl das Vertrauen der Beklagtenseite in einer sorgfältige Erfüllung seiner Arbeitspflichten und die Einhaltung der schriftlich akzeptierten Arbeitsanweisungen zerstört, als auch das Vertrauen der Beklagten in die Ehrlichkeit des Klägers. Dabei handelt es sich sämtlich um Umstände, an denen kein mitwirkendes Verschulden der Beklagtenseite festzustellen ist. Eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit ist vor diesem Hintergrund nicht mehr zu erwarten.

d. Das Arbeitsverhältnis war daher aufzulösen und zwar gemäß § 9 Abs. 2 KSchG zu dem Zeitpunkt, an dem bei es bei sozialgerechtfertigter Kündigung geendet hätte. Dies ist der Ablauf der Kündigungsfrist. Nach § 2 des mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsvertrages (Originalarbeitsvertrag Bl. 82 ff. d. A.) war eine ordentliche Kündigung zum Monatsende auszusprechen. Soweit der Kläger auf nicht ausgefüllte und nicht unterschriebene Arbeitsvertragsformulare abhebt, in denen eine Kündigung nur zum Quartalsende vorgesehen ist, vermögen diese nichts an der eindeutigen Festlegung im Originalarbeitsvertrag zu ändern. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt gemäß § 622 Abs. 1 BGB vier Wochen, so dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 28.01.2008 zum 29.02.2008 aufzulösen war.

Bei der Festsetzung der Höhe der Abfindung hat die Kammer berücksichtigt, dass das Arbeitsverhältnis nur etwas mehr als 1 ½ Jahre bestanden hat und der Kläger mithin noch keinen hohen sozialen Besitzstand erworben hatte. Zu berücksichtigen war zudem, dass die Auflösungsgründe allein vom Kläger gesetzt worden sind und der Kläger durch sein Verhalten das Eigentum der Beklagten beschädigt hat. Angesichts dessen war eine Abfindung von 2.000,00 € angemessen.

3. Soweit sich die Beklagte mit der Berufung desweiteren gegen die Verurteilung zur Zahlung der Vergütung für die Monate Januar und Februar 2008 gewendet hat, konnte die Berufung keinen Erfolg haben. Bis zum Beendigungszeitpunkt stand dem Kläger die Vergütung für die Arbeitsunfähigkeitszeiten gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz zu, für die geleistete Arbeit gemäß § 611 BGB und im Übrigen gemäß § 615 BGB aufgrund des Arbeitsangebots des Klägers im anwaltlichen Schriftsatz vom 30.01.2008. Dem entsprach es, dass die Beklagte selbst für Januar den ausgeurteilten Betrag von 2.206,99 € brutto in der Entgeltabrechnung abgerechnet hatte. Die Beklagte kann sich diesbezüglich nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen des vom Kläger nicht zurückgegebenen Handys berufen. Dieses hatte nach den Angaben des Klägers einen Wert von ca. 20,00 €. Diese Angabe ist von der Beklagtenseite nicht anhand eines spezifizierten Gegenvortrages widerlegt worden. Die Berufung auf ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich des Verdienstes für zwei Monate ist angesichts dieser Wertrelation unverhältnismäßig.

4. Erfolg hat die Berufung der Beklagten allerdings hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung der Vergütung für die Monate März bis Juni 2006. Aufgrund des in der Berufungsinstanz gestellten Auflösungsantrages endete das Arbeitsverhältnis zum 29.02.2008. Über diesen Zeitpunkt hinaus standen dem Kläger folglich keine Vergütungsansprüche zu.

5. Keinen Erfolg hatte die Berufung der Beklagten schließlich hinsichtlich der Verurteilung zur Erteilung der Entgeltabrechnungen für die Monate Oktober und Dezember 2007 und der Erteilung von Provisionsabrechnungen.

Die Pflicht, Entgeltabrechnungen zu erteilen folgt aus § 108 GewO. Lohnabrechnungen für die Monate Oktober und Dezember 2007 hat die Beklagte nicht vorgelegt. In den vorgelegten Abrechnungen (Bl 218 – 236 d.A.) fehlen diese beiden Monate. Erfüllung bezogen auf diese beiden Monate kann daher nicht angenommen werden.

Der Anspruch auf Provisionsabrechnungen folgt aus § 65 HGB in Verbindung mit § 87 c HGB. Danach gilt die Abrechnungspflicht gemäß § 87 c HGB auch, wenn einem Arbeitnehmer Provision zugesagt worden ist ( siehe Erfurter Kommentar, 9. Aufl. 2009, § 65 HGB Rz 4 ff). Denn die Arbeitsvertragsparteien hatten eine Provisionsvergütung vereinbart. Daraus folgt dann auch die Pflicht der Beklagten, die Provisionen entsprechend abzurechnen. Diese Pflicht wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger in der Vergangenheit keine Nachfragen gestellt und keine Bedenken gegen seine Vergütung erhoben hat. Denn in einem solchen Verhalten liegt noch keine endgültige Verzichtserklärung auf entsprechende Provisionsabrechnungen (BAG Urteil vom 23.2.1982 – 3 AZR 637/79, BB 1983, 195). Der Abrechnungsanspruch ist allerdings beschränkt auf das Ende des Arbeitsverhältnisses, also auf die Zeit bis zum 29.02.2008.

III. Die Berufung des Klägers hatte ganz überwiegend keinen Erfolg.

1. Allerdings stand dem Kläger für den Monat Dezember 2007 mehr als der ausgezahlte Nettobetrag in Höhe von 849,44 € zu. Der Anspruch folgte, da der Kläger zunächst in stationärer Behandlung und arbeitsunfähig war, aus § 3 EfzG. Nach § 4 Abs. 1 a Satz 2 EfzG ist der Berechnung des in der Arbeitsunfähigkeit zu erzielenden Arbeitsverdienstes der Durchschnittsverdienst zugrunde zu legen, wenn der Arbeitnehmer eine auf das Ergebnis der Arbeit abgestellte Vergütung erhält. Dazu zählt auch die Provision. Es ist daher ein ausreichend langer Referenzzeitraum zur Ermittlung des Durchschnittsverdienstes zugrunde zu legen, der ein Jahr oder mehr umfassen kann (siehe BAG Urteil vom 21.11.2001 – 5 AZR 296/00 -, NZA 2002, Seite 439; Erfurter Kommentar/Dörner, § 4 EfzG, Randziffer 16).

Aus der vorliegend von der Klägerseite erstmals in der Berufungsinstanz vorgelegten Durchschnittsberechnung unter Einbeziehung der Verdienste ab Juni 2006 ergibt sich in nicht zu beanstandender und von der Beklagtenseite im Einzelnen auch nicht bestrittener Berechnung eine monatliche Durchschnittsvergütung in Höhe von 2.081,99 € brutto. Infolgedessen war dem Kläger für Dezember 2007 dieser Bruttobetrag abzüglich des bereits gezahlten Nettobetrages zuzusprechen.

2. Für Januar 2008 stand dem Kläger der in der Lohnabrechnung abgerechnete Betrag in Höhe von 2.206,99 € brutto zu.

Für Februar 2008 hatte der Kläger wiederum Anspruch auf den sich aus der Durchschnittsberechnung ergebenden Bruttobetrag in Höhe von 2.081,99 €, und damit mehr als den zunächst in der Entgeltabrechnung ausgewiesenen Betrag. Relevante Einwendungen, etwa unentschuldigtes Fehlen oder mangelnde Arbeitsbereitschaft trotz des anwaltlichen Schreibens vom 30.1.2008 hat die Beklagte nicht erhoben.

3. Zahlungsansprüche und damit auch Differenzansprüche für die Monate März bis Juni 2008 standen dem Kläger hingegen nicht zu, da das Arbeitsverhältnis aufgrund des erfolgreichen Auflösungsantrages der Beklagten am 29.02.2008 sein Ende gefunden hatte.

4. Erfolglos musste aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 29.02.2008 schließlich die in der Berufungsinstanz geltend gemachte Klageerweiterung des Klägers bezogen auf die Vergütung für die Monate Juli bis Oktober 2008 bleiben.

5. Insgesamt hatte die Berufung der Beklagten teilweise Erfolg, die Berufung des Klägers zum überwiegenden Teil keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hatte, sondern eine Einzelfallentscheidung auf der Basis der höchstrichterlichen Rechtsprechung war, und auch kein Fall von Divergenz vorlag.

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