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Kündigungsausschluss in Wohnraummietvertrag

Bundesgerichtshof

Az: VIII ZR 270/07

Urteil vom 12.11.2008


Leitsatz:

Ein formularmäßig erklärter, einseitiger Verzicht des Mieters von Wohnraum auf sein ordentliches Kündigungsrecht benachteiligt den Mieter nicht unangemessen, wenn der Kündigungsausschluss zusammen mit einer nach § 557a BGB zulässigen Staffelmiete vereinbart wird und seine Dauer nicht mehr als vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung beträgt (Bestätigung von BGH, Urteil vom 23. November 2005 VIII ZR 154/04, NZM 2006, 256).


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2008 für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts München II vom 25. September 2007 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Dachau vom 30. Januar 2007 abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 497,57 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Juli 2006 zu zahlen. Die Widerklage wird abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte war Mieter einer Wohnung der Klägerin in K. .

In § 2 des Formularmietvertrages heißt es:

„1. Das Mietverhältnis beginnt am 15.8.2004 und wird auf unbestimmte Dauer geschlossen. Es gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen für Wohnraum.

Der Mieter verzichtet unwiderruflich auf sein ordentliches gesetzliches Kündigungsrecht für die ersten 24 Monate der Mietzeit. Sein außerordentliches gesetzliches Kündigungsrecht bleibt davon unberührt.“

Ferner ist in § 3 des Vertrags zur Miete vereinbart:

„1. Der Mietzins, ausgenommen Betriebskosten, über die nach § 4 des Mietvertrags gesondert abzurechnen ist, beträgt bei Beginn des Mietverhältnisses 310 EUR.

2. Staffelmiete

Darüber hinaus wird folgende Staffelmiete vereinbart:

Datum| Wohnungsmiete
1. ab dem 1.9.2005 bis 31.8.2006| 319,30
2. ab 1.9.2006 bis 31.8.2007| 328,90
3. ab 1.9.2007 bis 31.8.2008| 338,70

… .“

Der Beklagte kündigte das Mietverhältnis mit einem bei der Klägerin am 29. September 2005 eingegangenen Schreiben zum 31. Dezember 2005 und zog aus. Die Klägerin begehrt Miete für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 15. April 2006, da sie die Wohnung erst zu diesem Zeitpunkt anderweit vermieten konnte. Im vorliegenden Rechtsstreit macht sie einen Betrag von 497,57 EUR nebst Verzugszinsen geltend, der nach Verrechnung mit der Mietkaution unter Berücksichtigung weiterer unstreitiger Beträge zu ihren Gunsten verbleibt. Der Beklagte begehrt Klageabweisung und im Wege der Widerklage Zahlung eines Betrages von 899,98 EUR, der sich bei der Kautionsabrechnung ohne Berücksichtigung der zwischen den Parteien streitigen Miete für die Zeit vom 1. Januar bis 15. April 2006 zu seinen Gunsten ergibt.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren und den Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Das Amtsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin die geltend gemachte Miete für den Zeitraum vom 1. Januar bis 15. April 2006 nicht zustehe, denn die Kündigung des Beklagten vom 29. September 2005 habe das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2005 beendet.

Bei der in § 2 des Formularmietvertrags enthaltenen Klausel über den Kündigungsausschluss handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Insbesondere sei die Klausel nicht handschriftlich oder in sonstiger Weise eingefügt, die einen Rückschluss auf eine Individualvereinbarung zulassen würde. Der Kündigungsausschluss sei gemäß § 307 Abs. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam, weil er nur für den Mieter gelte; ein derartiger einseitiger Kündigungsausschluss könne nicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das Mietverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 29. September 2005 gemäß § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB zum 31. Dezember 2005 beendet worden. Die Kündigung ist nicht zu diesem Zeitpunkt wirksam geworden, weil das Recht des Beklagten, das Mietverhältnis ordentlich mit einer Frist von drei Monaten zu kündigen (§ 573c Abs. 1 Satz 1 BGB) im Mietvertrag wirksam für die Dauer von 24 Monaten ausgeschlossen worden ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hält der in § 2 des Mietvertrags formularmäßig vereinbarte einseitige Kündigungsverzicht des Mieters der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB stand.

1. Zutreffend und von der Revision unangegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei der Vertragsklausel in § 2 des Mietvertrags um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.

2. Entgegen der von der Revisionserwiderung erhobenen Gegenrüge scheitert die Einbeziehung der Klausel in den Vertrag nicht an § 305c Abs. 2 BGB. Selbst wenn die Klausel, wie die Revisionserwiderung meint, nicht eindeutig regelte, ob das Mietverhältnis erstmals zum Ablauf von zwei Jahren gekündigt oder die Kündigungserklärung erstmals nach Ablauf dieses Zeitraums abgegeben werden kann, hätte eine diesbezügliche Mehrdeutigkeit nach § 305c Abs. 2 BGB lediglich zur Folge, dass die Klägerin die ihr ungünstigste Auslegungsvariante gegen sich gelten lassen müsste; auch danach wäre das Mietverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 29. September 2005 aber erst nach dem Zeitpunkt beendet worden, für den die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit Miete begehrt.

3. Der formularmäßige Kündigungsausschluss in § 3 des Mietvertrags hält auch der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB stand.

a) Wie der Senat bereits mit Urteil vom 23. November 2005 (VIII ZR 154/04, NZM 2006, 256, Tz. 13 ff.) entschieden hat, benachteiligt ein formularmäßig erklärter, einseitiger Kündigungsverzicht des Mieters von Wohnraum auf sein ordentliches Kündigungsrecht den Mieter nicht unangemessen, wenn er zusammen mit einer Staffelmiete vereinbart wird und einen Zeitraum von vier Jahren nicht überschreitet. Dies gilt auch dann, wenn der Mietvertrag – wie hier – auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist (Senatsurteil vom 23. November 2005, aaO, Tz. 15). Hieran hält der Senat fest.

Die Vereinbarung einer Staffelmiete soll beiden Parteien Kalkulationssicherheit geben; sie ist auch für den Mieter insoweit vorteilhaft, als Mieterhöhungen nach §§ 558 bis 559b BGB ausgeschlossen sind (§ 557a Abs. 2 Satz 2 BGB). Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht in § 557a Abs. 3 BGB bei der Staffelmiete ausdrücklich vor, dass das Kündigungsrecht des Mieters für höchstens vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung ausgeschlossen werden kann. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist es für die Wirksamkeit des Kündigungsausschlusses nicht erforderlich, dass dieser wechselseitig auch für den Vermieter gilt. Der Gesetzgeber hat Staffelmietvereinbarungen, die einen einseitigen Ausschluss des Kündigungsrechts enthalten, bis zur Grenze von vier Jahren billigen wollen und durch die Bestimmung des § 557a Abs. 3 BGB zugelassen (Senatsurteil vom 23. November 2005, aaO, Tz. 19). Ein formularvertraglicher Kündigungsausschluss, der – wie auch hier – der gesetzlichen Regelung des § 557a Abs. 3 BGB nachgebildet ist, beinhaltet deshalb im Regelfall keine unangemessene Benachteiligung des Mieters im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB (Senatsurteil, aaO, Tz. 14). Eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) liegt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung gerade nicht vor.

b) Ohne Erfolg rügt die Revisionserwiderung ferner, dass die Regelung des Kündigungsausschlusses in § 2 des Mietvertrags nicht hinreichend klar und verständlich sei und den Mieter unter diesem Gesichtspunkt unangemessen benachteilige (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ein verständiger, nicht juristisch vorgebildeter Mieter vermag den Regelungsgehalt der Klausel ohne weiteres zu erfassen, auch wenn dafür, wie oben dargelegt, mehrere Auslegungsvarianten in Betracht kommen mögen.

III.

Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da es keiner weiteren Feststellungen bedarf, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Beklagte ist in Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils zur Zahlung des von der Klägerin geltend gemachten Betrages von 497,50 EUR nebst Zinsen zu verurteilen, der nach Verrechnung der Kaution mit der vom Beklagten für den Zeitraum von 1. Januar bis 15. April 2006 geschuldeten Miete zu Gunsten der Klägerin noch verbleibt. Die Widerklage ist abzuweisen.

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