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Kündigungsrecht für Yacht-Charter-Vertrag trotz Reisewarnung wegen Corona-Pandemie

LG München I – Az.: 15 O 13263/20 – Urteil vom 25.06.2021

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 16.340,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Rückzahlungsansprüche aus einem Schiffsmietvertrag.

Der Kläger ist deutscher Staatsbürger und wohnt in Deutschland.

Kündigungsrecht für Yacht-Charter-Vertrag trotz Reisewarnung wegen Corona-Pandemie
(Symbolfoto: 4 PM production/Shutterstock.com)

Der Kläger und die Beklagte schlossen über das Vermittlungsbüro … am 06.02.2020 per E-Mail einen Yacht-Charter-Vertrag ohne Begleitpersonal (bareboat charter) für den Zeitraum vom 29.08.2020 bis zum 05.09.02020 zum Preis von 16.340,00 EUR für insgesamt 6 Personen.

Die vertragsgemäße Nutzung der gemieteten Yacht sollte im Fahrgebiet der Balearen erfolgen.

Daneben wurden die auf Deutsch vorgelegten AGB der … zum Bestandteil des Vertrags.

Die Website der von der Beklagten beauftragten Vermittlerfirma … ist unter anderem in deutscher Sprache verfasst.

Sämtliche Kommunikation im Hinblick auf den Vertrag erfolgten in deutscher Sprache. Der Chartervertrag ist in englischer Sprache. Der deutschsprachige Kundenanteil der Beklagten beträgt 35 %.

Der Kläger zahlte sowohl die vereinbarte Anzahlung in Höhe von 8.170,00 € als auch die noch ausstehenden 8.170,00 € an die … .

Aufgrund der Corona-Pandemie sprach das Auswärtige Amt eine Reisewarnung für das Festland Spanien und die Balearen ab 14.08.2020 aus. Die Reisewarnung wurde damit begründet, dass bei Reisen in diese Gebiete die Gefahr einer Covid-19 Erkrankung bestehe und daher eine Gefahr für Leib und Leben.

Dennoch erklärte Gesundheitsminister Spahn (Anlage B1), dass Reisen nach Spanien unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln weiter möglich seien. Die Corona-Tests für Reiserückkehrer sollten weiterhin kostenlos bleiben. Man müsse nur bis zum negativen Testergebnis in Quarantäne. Spahn erklärte auch, dass eine Testung auch im Urlaubsland vorgenommen werden könne.

Daraufhin erklärte der Kläger mit E-Mail vom 15.08.2020 die Stornierung der Reise. Am 18.08.2020 erklärte der Kläger erneut die Stornierung und setzt eine Frist zur Rückerstattung der geleisteten Anzahlung bis zum 21.08.2020.

Mit Schriftsatz vom 15.02.2021 erklärten die Prozessbevollmächtigten des Klägers den Widerruf des Vertrages.

Der Kläger ist der Ansicht, es bestehe ein Rücktrittsrecht gem. § 323 Abs. 4 BGB, da die Beklagte ihrerseits dem Kläger die Mietsache nicht überlassen könne, da der Kläger zum vereinbarten Übergabe- und Überlassungstermin aufgrund der Corona-Krise nicht anwesend sein werde. Der Kläger sei entschlossen gewesen, die Reise nicht anzutreten, da die Möglichkeit einer Gefährdung für sich und seine Familie bestanden habe. Darüber hinaus sei ihm die Reise wegen anschließender zwangsläufiger Quarantäne vierer Erwachsener und zwei schulpflichtiger Kinder nicht möglich gewesen. Aufgrund der Erfahrungen rund um Corona sei eine Verlegung der Buchung keine Option, da der Kläger sich entschlossen habe, ein eigenes Schiff zu kaufen (Anlage K5).

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 16.340,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 21.08.2020 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt an den Kläger die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 1072,77 EUR an den Kläger zu erstatten.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Landgericht München I nicht zuständig sei und spanisches Recht anwendbar sei. Die Gerichtsstandvereinbarung der AGB sei wirksam.

Es habe zwar eine Reisewarnung gegeben, jedoch kein Reiseverbot. Sowohl Flüge als auch Hotels seien weiterhin verfügbar gewesen. Darüber hinaus habe der Kläger eine Jacht ohne Begleitpersonal gebucht, sodass hier die Ansteckungsgefahr gering sei. Die Mieter eines Schiffes hielten sich in der Regel in einem geschlossenen Personenkreis auf dem Schiff auf.

Ferner habe keine zwangsläufige zweiwöchige Quarantänepflicht bestanden.

Die vom Kläger gemietete Jacht habe in der gebuchten Zeit zur Verfügung gestanden. Im Anmietzeitraum habe es weder ein Auslaufverbot für Jachten noch ein Einreiseverbot gegeben.

Schließlich hätte die Klage auch nicht am Wohnort des Geschäftsführers des Beklagten in Köln zugestellt werden dürfen, da die Beklagte dort keinen Geschäftssitz habe.

Wegen Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Verhandlungsprotokoll vom 07.05.2021 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

A.

Die Klage ist zulässig.

I. Das Landgericht München I ist international nach Art. 17 Abs. 1 lit. c), Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 Brüssel Ia-VO zuständig.

1. Nach diesen Vorschriften kann ein Verbraucher vor dem Gericht des Ortes, an dem er seinen Wohnsitz hat, gegen den anderen Vertragspartner klagen, wenn Gegenstand des Verfahrens Ansprüche aus einem Vertrag sind, der in den Bereich einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit fällt, die der andere Vertragspartner auf irgendeinem Weg auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers oder auf mehrere Mitgliedstaaten, einschließlich dieses Staates, ausgerichtet hat.

2. Der Kläger agierte als Verbraucher i.S.v. Art. 17 Abs. 1 Brüssel Ia-VO.

a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind Verbraucher natürliche Personen, die zu einem privaten Zweck einen Vertrag schließen, der nicht einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 20.01.2005, C 464/01; BGH, Urteil vom 09.02.2017 – IX ZR 67/16, Rn. 13; Urteil vom 09.02.2017 – IX ZR 103/16, Rn. 52; BGHZ 167, 81 Rn. 18; Zöller/Geimer , ZPO 33. Aufl. Art. 17 EuGVVO Rn. 5; Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Stand August 2020, Art. 17 EuGVVO Rn. 23). Ob die Verbrauchereigenschaft gegeben ist, ist nach der Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrages in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht nach der subjektiven Stellung dieser Person zu bestimmen, so dass ein und dieselbe Person im Rahmen bestimmter Geschäfte als Verbraucher und im Rahmen anderer als Unternehmer angesehen werden kann. Es fallen nur Verträge unter diese Sonderregelung, die eine Einzelperson ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung und unabhängig von einer solchen schließt, d.h., die dem Zweck dienen, ihren Eigenbedarf beim privaten Verbrauch zu decken, wohingegen der Schutz des Verbrauchers, des schwächer angesehenen Verbrauchers, nicht gerechtfertigt ist bei Verträgen, deren Zweck in einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit besteht.

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Kläger als Verbraucher anzusehen. Durchgreifende Einwände hiergegen ergeben sich aus dem Beklagtenvortrag nicht.

Der Kläger hat ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung einen Erholungsurlaub für sich und seine Familie gebucht. Damit hat er ausschließlich einen privaten Zweck verfolgt.

3. Auf der Grundlage des Sach- und Streitstandes ist weiter davon auszugehen, dass „der andere Vertragspartner“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 lit c) Brüssel Ia-VO eine beruflich bzw. gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hatte, diese auch auf die Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet war und der mit dem Kläger geschlossene Schiffsmietvertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

Im vorliegenden Fall ist eine Besonderheit, dass sich die Beklagte durch die spanische Vermittlerfirma … vertreten ließ, § 164 BGB. Damit werden die Willenserklärungen der Vermittlerfirma … der Beklagten zugerechnet.

Für die Frage, ob die Tätigkeit auch auf die Bundesrepublik Deutschland ausgeübt wurde, kommt es daher nicht nur darauf an, ob die Beklagte eine operative / berufliche und/oder gewerbliche Tätigkeit auf dem Hoheitsgebiet der BRD entfaltet oder ihre Tätigkeit hierhin ausgerichtet hat, sondern auch auf die Vermittlerfirma …

a) Die Vermittlerfirma … hat die streitgegenständliche Jacht auch an deutsche Kunden angeboten. Das Gericht hat sich selbst die Website der Vermittlerfirma … unter … angesehen (Bl. 59 d.A.). Daraus hat sich für das Gericht ergeben, dass die Jachten auch an deutsche Kunden angeboten werden und daher die Tätigkeit auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet ist.

b) Ein „Ausrichten“ gewerblicher oder beruflicher Tätigkeit auf den Verbraucherstaat liegt vor, wenn der offenkundige Wille des Vertragspartners festgestellt werden kann, Verbraucher in diesem Staat als Kunden zu gewinnen, er also zu einem Vertragsschluss mit ihnen bereit ist. Das ist der Fall, wenn der Vertragspartner dort in irgendeiner Form für seine Leistungen Werbung betreibt. Der nicht abschließende Kriterienkatalog des EuGH umfasst: internationaler Charakter der Tätigkeit, Anfahrtsbeschreibung von anderen Mitgliedstaaten aus, Verwendungsmöglichkeit einer ausländischen Sprache oder Währung, Verwendung einer Telefonnummer mit internationaler Vorwahl, Erwähnung einer internationalen Kundschaft mit Kunden auch aus fraglichem Mitgliedstaat, internationaler Domainname oberster Stufe („.com“), etc (Musielak/Voit/Stadler , 18. Aufl. 2021, EuGVVO Art. 17 Rn. 8).

c) Die Website der Vermittlerfirma … hat einen internationalen Domainnamen. Zwar handelt es sich um eine spanische S.L., dennoch zeigt schon der Domainname „.com“, dass sie zumindest die Jachten nicht nur in Spanien anbieten wollen. Es ist unstreitig, dass die Vermittlerfirma … international vermittelt.

Ferner ist die Startseite der Website, zumindest wenn man diese aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufruft, auf deutscher Sprache (Anlage K12). Zwar ist es hier auch möglich, die Sprache durch klicken auf die entsprechenden Länderflaggen zu ändern, dennoch ist es ach möglich, die Seite auf Deutsch zu lesen. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob auch die deutsche Sprache auf der Startseite erscheint, wenn man die Seite von einem anderen Staat öffnet. Die Vermittlerfirma … hatte damit zumindest auch den Willen, Verbraucher aus Deutschland als Kunden zu gewinnen.

Weiterer Anknüpfungspunkt für die Annahme, dass die Vermittlerfirma … ihre gewerbliche Tätigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet hat, ergibt sich weiter daraus, dass der Schriftverkehr mit dem Kläger in deutscher Sprache geführt wurde.

Auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wurden in deutscher Sprache ausgehändigt.

Der Umstand, dass der Vertrag (Yacht Charter Reservation, Anlage K1) in englischer Sprache verfasst ist, ändert daran nicht, da nach Art. 17 Abs. 1 lit. c) EuGVVO nur verlangt wird, dass die Tätigkeit des Unternehmers auch auf den Heimatstaat des Verbrauchers ausgerichtet ist.

d) Die Beklagte hat die Vermittlerfirma … beauftragt und damit zum Ausdruck gebracht, dass auch sie (die Beklagte) bereit ist mit Verbrauchern aus der Bundesrepublik Deutschland Verträge zu schließen. Ferner wusste die Beklagte auch, dass die Vermittlerfirma … auch deutschsprachige und deutsche Kunden anwirbt. Die Beklagte selbst hat vorgetragen, dass der deutschsprachige Kundenanteil 35 % beträgt, das ist immerhin ca. jeder 3. Kunde. Der Beklagten war somit bewusst, dass die Vermittlerfirma … auch deutsche und deutschsprachige Kunden anwirbt. Aus den vorgelegten E-Mails (Anlage K6) ergibt sich ferner, dass der deutschsprachige Ansprechpartner der Vermittlerfirma … auch mit der Beklagten in Verbindung stand. Die Stornierungsanfrage des Klägers wurde auch von der Beklagten beantwortet, jeweils über den deutschsprachigen Vermittler.

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Die Beklagte hat auch nicht bestritten, dass sie eine Vermittlerfirma beauftragt hat. Sie hat nur bestritten, dass sie eine Vermittlerfirma beauftragt habe, welche ihr Hauptaugenmerk auf die Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet habe. Es ist jedoch vorliegend nicht notwendig, dass die Vermittlerfirma … ihr Hauptaugenmerk auf die Bundesrepublik Deutschland legt, sondern auch mit deutschen Kunden Verträge schließen will. Es kommt nicht darauf an, ob die Beklagte ausdrücklich darauf abzielt, ihre gewerbliche Tätigkeit nur auf die Bundesrepublik Deutschland auszurichten.

II. Die Gerichtsstandvereinbarung in Ziff. 18 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist unwirksam.

Nach Art. 19 Brüssel Ia-VO sind Gerichtsstandsvereinbarungen in Verbrauchersachen nur zulässig, wenn die Vereinbarung nach Entstehung der Streitigkeit (Nr. 1) oder bereits vor ihrer Entstehung in der Weise getroffen wird, dass der Verbraucher die Befugnis zur Anrufung eines anderen als der im 4. Abschnitts aufgeführten Gerichte erhält (Nr. 2) oder wenn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Verbraucher und Vertragspartner einen gemeinsamen Wohnsitz bzw. gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben (Nr. 3).

In Betracht kommt vorliegend nur Art. 19 Nr. 2 Brüssel Ia-VO. Demnach müsste dem Verbraucher also die Befugnis eingeräumt worden sein, in einem anderen Land außer der Bundesrepublik Deutschland zu klagen. Vorliegend wurde jedoch nicht zugunsten des Verbrauchers von seinem Verbrauchergerichtsstand abgewichen, sondern ihm wurde sogar durch die ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung die ansonsten bestehende Klagemöglichkeiten genommen. Dies ist nicht möglich, sodass die Gerichtsstandvereinbarung unwirksam ist.

III. Nach § 170 ZPO war eine Zustellung an die Privatanschrift des Geschäftsführers der Beklagten wirksam (so auch MüKoZPO/Häublein/Müller , 6. Aufl. 2020, ZPO § 170 Rn. 8).

B.

Die Klage ist nicht begründet.

I. Nach Art. 6 Abs. 1 lit. b) ROM-I-VO ist vorliegend deutsches Recht anwendbar.

Art. 3 ROM-I-VO konstituiert den Rechtsgrundsatz, dass den Parteien eines Vertrags die freie Rechtswahl obliegt. Diese freie Rechtswahl erfährt durch die sog. Sonderanknüpfung in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ROM-I-VO allerdings die Ergänzung, dass in den Fällen des Art. 6 Abs. 1 lit. a oder b ROM-I-VO die Rechtswahl nicht dazu führen darf, dass dem Verbraucher der Schutz seiner zwingenden Heimatvorschriften entzogen werde.

Bei dem vorliegenden Schiffsmietvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten handelt es sich um einen Verbrauchervertrag im Sinne des Art. 6 Abs. 1 lit. b) ROM-I-VO. Die Beklagte bzw. die Vermittlerfirma … hatte ihre Tätigkeit unter anderem auch auf die Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet (s.o.). Durch die Rechtswahl wurde dem Kläger vorliegend der Schutz seiner zwingenden Heimatvorschriften entzogen, sodass die Klausel unwirksam ist.

II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlungen.

1. Die Parteien haben einen wirksamen Schiffsmietvertrag gem. § 533 HGB geschlossen. Zwar ist in der Literatur streitig, ob bei Pflichtverletzungen die mietrechtlichen Vorschriften des BGB (§§ 535 ff. BGB) – mit Ausnahme der speziellen Vorschriften über Wohnraummietverhältnisse (§ 549 Abs. 1 BGB) – Anwendung finden (so MüKoHGB/Sager , 4. Aufl. 2020, HGB § 553 Rn. 11) oder bei Leistungsstörungen auf die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts für Rücktrittsrechte und Schadenersatzansprüche zurückzugreifen ist (Oetker/Paschke , 7. Aufl. 2021, HGB § 553 Rn. 7). Auf diesen Streit kommt es indes nicht an, da der Kläger nach gar keinen Vorschriften einen Anspruch auf Rückerstattung der geleisteten Anzahlung hat.

2. Es besteht kein Anspruch auf Rückzahlung gem. §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 4 BGB. Der Kläger hat kein Rücktrittsrecht aus §§ 323 Abs. 1, 4 BGB.

a. Nach § 323 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger vom gegenseitigen Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt. Nach Abs. 4 kann der Gläubiger bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

b. Der Kläger argumentiert, dass die Beklagte die Jacht nicht zum vereinbarten Übergabe- und Überlassungstermin dem Kläger habe zur Verfügung stellen können, weil der Kläger aufgrund der Corona-Pandemie nicht hätte anwesend sein können und wollen. Die Beklagte hat bestritten, dass sie die Jacht nicht zum vereinbarten Übergabe- und Überlassungstermin dem Kläger habe zur Verfügung stellen können.

Der Kläger ist beweisbelastet für die Tatsache, dass die Beklagte nicht in der Lage gewesen sei, die Jacht zur Verfügung stellen zu können. Darauf wurde der Kläger mit Verfügung vom 18.02.2021 hingewiesen (Bl. 37 d.A.). Dennoch wurde seitens der Klagepartei kein Beweisangebot unterbreitet. Ein Bestreiten, dass die streitgegenständliche Jacht zu Beginn des Chartervertrages zur Nutzung bereitstand, ist hier nicht ausreichend.

Es der Kläger selbst, der den Vertrag nicht durchführen wollte. Zwar gab es unstreitig eine Reisewarnung, jedoch gab es kein Reiseverbot. Auch Flüge wurden weiterhin durchgeführt. Ferner äußerte sich Jens Spahn in den tagesthemen zum Thema der Reisewarnung in Spanien: Spanien-Urlaube könnten seiner Meinung nach wie geplant verbracht oder auch noch angetreten werden – allerdings mit der gebotenen Vorsicht (Anlage B1).

Darüber hinaus ist die Ansteckungsgefahr auf einer Jacht gering. Der Kläger hat eine Jacht gemietet, auf dem sich nur die 6 Reisenden aufhalten. Die Reisenden könne auf der Jacht unter sich bleiben. Die Ansteckungsgefahr ist bei dieser Art von Urlaub anders zu beurteilen wie bspw. Urlaub in einer großen Hotelanlage. Der Kläger hat es hier selbst in der Hand, wie oft er zu anderen Urlaubern Kontakte hält oder eben Kontakte vermeidet. In einer Hotelanlage hingegen begegnen sich viele Menschen an vielen Orten im Hotel – sei es zum Essen, in der Lobby oder an der Theke einer Bar.

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rückzahlung aus §§ 346 Abs. 1, 275 Abs. 1, 326 Abs.1, 4 BGB.

Danach wäre Voraussetzung, dass die Beklagte nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zu leisten bräuchte. Es lag jedoch keine Unmöglichkeit der Leistungserbringung gem. § 275 Abs. 1 BGB vor. Dies hat der Kläger zumindest nicht beweisen können (s.o.). Es wurde vom Kläger auch nicht vorgetragen, dass die Beklagte die Jacht aufgrund einer Betriebsuntersagung o.ä. nicht hätte vermieten dürfen.

4. Es besteht auch kein Anspruch auf Rückzahlung aus §§ 346 Abs. 1, 313 Abs. 3 Satz 1 BGB. Ein Rücktritt nach § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB kommt vorliegend nicht in Betracht. Die Wertung des § 537 BGB zeigt, dass die Zahlungspflicht des Gastes aufrechterhalten bleibt, wenn dieser aus einem in seiner Person liegenden Grund die Leistung nicht in Anspruch nimmt, sodass es unerheblich ist, ob der Gast den Grund der Nichtanreise zu vertreten hat (Schmidt/ Staudinger/Achilles-Pujol , COVID-19, 3. Auflage 2021, Rn. 155). Wenn der Gast sich aufgrund der Reisewarnung entschließt, nicht anzureisen, so ist dies ein in seiner Person liegender Grund i.S.d. § 537 Abs. 1 BGB und die Zahlungspflicht bleibt bestehen (Schmidt/Staudinger/Achilles-Pujol , COVID-19, 3. Auflage 2021, Rn. 155).

So liegt der Fall auch hier. Der Kläger wollte nicht anreisen. Seine Flüge wurden vom Reiseveranstalter TUI gekündigt und der Kläger hat schlicht keine neuen Flüge buchen wollen, da er nicht beabsichtigte, den Schiffsmietvertrag durchzuführen. Dies begründete er mit einer möglichen Ansteckungsgefahr, da eine Reisewarnung durch das Auswärtige Amt erklärt wurde. Allerdings oblag die Entscheidung dennoch beim Kläger, ob er den Vertrag durchführen möchte oder nicht. Somit hat der Kläger aus einem in seiner Person liegenden Grund die Leistung nicht in Anspruch genommen.

Eine Anwendung des § 313 BGB kommt daher nicht in Betracht, da ansonsten die Wertung des § 537 BGB unterlaufen werden würde (Schmidt/Staudinger/Achilles-Pujol , COVID-19, 3. Auflage 2021, Rn. 144).

5. Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus § 812 S. 2 Alt. 1 BGB, indem er den Schiffsmietvertrag ordentlich oder außerordentlich kündigte.

a. Eine ordentliche Kündigung des Schiffsmietvertrages ist bereits wegen § 542 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, da der Schiffsmietvertrag für eine bestimmte Zeit geschlossen wurde.

b. Auch eine außerordentliche Kündigung ist mangels eines wichtigen Grundes, welcher ein Festhalten des Klägers am Vertrag unzumutbar macht, ausgeschlossen. Vom Kläger wird als wichtiger Grund eine mögliche Gesundheitsgefährdung vorgetragen.

Eine solche außerordentliche Kündigung käme allenfalls gem. §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 1, 578 Abs. 2 S. 2, 3 BGB, ggf. in entsprechender Anwendung, in Betracht. Allerdings setzen diese Vorschriften eine konkrete Gesundheitsgefährdung gerade durch die Beschaffenheit der überlassenen Räumlichkeiten oder deren unmittelbarer Umgebung voraus (MüKoBGB/Häublein , 8. Aufl. 2020, BGB § 569 Rn. 9; Schmidt/Staudinger/Achilles-Pujol , COVID-19, 3. Auflage 2021, Rn. 142). Vorliegend handelt es sich um eine Jacht. Auf dieser Jacht sind der Kläger und seine Mitreisenden alleine. Die Reisenden haben es hier selbst in der Hand, welche weiteren Kontakte sie haben. Anders als in einer Hotelanlage sind der Kläger und seine Mitreisenden hier abgeschieden von der Öffentlichkeit. Eine konkrete Ansteckungsgefahr auf dem Schiff ist hier nicht ersichtlich.

6. Der Kläger konnte den Vertrag auch nicht wirksam nach §§ 355 Abs. 1 Satz 1, 312g Abs. 1, 312c BGB widerrufen, weil der Chartervertrag unter § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB fällt und daher kein Widerrufsrecht besteht.

a. Vom Widerrufsrecht ausgenommen sind nach § 312 g Abs. 2 Nr. 9 BGB auch Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen. Der Grund für den Ausschluss des Widerrufsrechts liegt in diesen Fällen darin, dass der Unternehmer für einen bestimmten Termin Kapazitäten bereithält, die er im Falle eines Widerrufs typischerweise nicht mehr anderweitig nutzen kann (BeckOGK/Busch , 1.6.2021, BGB § 312g Rn. 52; BeckOK BGB/Martens, 58. Ed. 1.5.2021, BGB § 312g Rn. 38). Der Verbraucher muss also die Dienstleistung buchen oder reservieren, sodass der Unternehmer seine begrenzten Ressourcen für den vertraglich vereinbarten Termin oder Zeitraum exklusiv für den Verbraucher bereithält und ggf. andere Interessenten abweisen muss. Bei einem (kurzfristigen) Widerruf könnte der Unternehmer dann nicht mehr auf die bereits abgewiesenen Interessenten zurückgreifen und seine Ressourcen häufig nicht mehr gewinnbringend nutzen. Die Leistungszeit muss daher konkretisiert und eingrenzbar sein, sodass der Unternehmer seine Ressourcen tatsächlich für den Verbraucher reservieren, bzw. Vorkehrungen treffen muss, um zu gegebener Zeit leistungsfähig zu sein (OLG Frankfurt a. M., MDR 2010, 1039, 1040; BeckOK BGB/Martens , 58. Ed. 1.5.2021, BGB § 312g Rn. 38).

b. Vorliegend ist der streitgegenständliche Schiffsmietvertrag eine Dienstleistung im Bereich der Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken als auch eine weitere Dienstleistung im Zusammenhang mit Freizeitbeschäftigungen. Unter den Ausschluss des Widerrufsrechts fallen unter anderem die Bestellung von Hotelzimmern, die Miete einer Ferienwohnung und Automietverträge (Palandt/Grüneberg , 80. Auflage, § 312g Rn. 12). Auch wenn, wie der Klägervertreter meint, der Schiffsmietvertrag bzw. die Miete einer Motor- oder Segelyacht nicht ausdrücklich in der Kommentierung des Palandt zu § 312 g Rn. 12 zu finden ist, spricht dies nicht dafür, dass dies nicht unter § 312 g Abs. 2 Nr. 9 BGB fällt. Es kommt hier nicht auf die Kommentierung an, insbesondere nicht darauf, dass der hier streitgegenständliche Vertrag keine Erwähnung findet. Stattdessen ist das Gesetz auszulegen. Der Begriff der Dienstleistungen ist europarechtlich und daher weit auszulegen (Palandt/Grüneberg , 80. Auflage, § 312g Rn. 12).

Unter Beherbergung ist jede nur vorübergehende typischerweise touristische Unterbringung zu verstehen. Nicht erfasst sind dagegen langfristig angelegte Wohnraummietverträge (BeckOK BGB/Martens , 58. Ed. 1.5.2021, BGB § 312g Rn. 40). Der Kläger mietete die Jacht als Unterkunft für sich und seine Familie für den Zeitraum von 1 Woche. Dies diente der touristischen Unterbringung und es handelt sich offensichtlich nicht um einen langfristig angelegten Wohnraummietvertrag.

Des Weiteren handelt es sich auch um eine Dienstleistung im Zusammenhang mit Freizeitbeschäftigungen. Die Jacht diente sowohl der Beherbergung als auch der Freizeitbeschäftigung, nämlich dem Segeln über das Mittelmeer.

Vorliegend hat die Beklagte die streitgegenständliche Jacht auch zum gebuchten Termin exklusiv für den Kläger reserviert.

III. Der Antrag auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten teilt als Nebenforderung das Schicksal der Hauptforderung und unterliegt insoweit ebenfalls der Klageabweisung.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

D.

Für die Bemessung des Streitwerts war der klägerische Zahlungsantrag maßgebend.

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