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Kündigungsschutzklage gegen GmbH & Co. KG

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Az: 2 Sa 463/09

Urteil vom 02.03.2010


In dem Rechtsstreit hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 02.03.2010 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 21.10.2009 – 3 Ca 1095 d/09 – abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.07.2009, zugegangen am 29.07.2009, nicht aufgelöst worden ist.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Kündigung.

Der Kläger ist 37 Jahre alt und Meister für das Handwerk des Gas- und Wasserinstallateurs. Er schloss mit Datum vom 18.05.2009 einen schriftlichen Arbeitsvertrag (Blatt 5 ff. d.A.) mit der Firma „R.“. Danach sollte er die technische Leitung übernehmen, als Meister bei der zuständigen Handwerkskammer eingetragen werden und als Ausbilder fungieren. Mit Schreiben vom 22.07.2009 sprach der Kläger eine Eigenkündigung aus unter Einhaltung der arbeitsvertraglich für die 6-monatige Probefrist vereinbarten Kündigungsfrist von 2 Wochen. Am 28.07.2009 rief der Kläger bei seiner Arbeitgeberin an und teilte dort mit, er sei arbeitsunfähig erkrankt und werde einen Arzt aufsuchen. Der behandelnde Hausarzt stellte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den 28.07.2009 aus (Bl. 11 d.A.) und überwies den Kläger zu einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt, wo weitere Untersuchungen stattfanden. Am 29.07.2009 ging dem Kläger eine fristlose Kündigung zu (Bl. 10 d.A.), die damit begründet wurde, der Kläger sei wie angekündigt am 28.07.2009 krank geworden und der Arbeit fern geblieben. Das Kündigungsschreiben ist auf einem Firmenbogen der Firma R. verfasst. Mit der am 04.08.2009 beim Arbeitsgericht Neumünster eingegangenen Klage, der eine Ablichtung des Kündigungsschreibens beigefügt war, hat der Kläger die fristlose Kündigung angegriffen. Dabei hat er die Beklagte wie folgt bezeichnet: „Firma R., endvertreten durch den Geschäftsführer Herrn O. G., G.-Str., ….. N.“ Auf Hinweis der Beklagten mit Schriftsatz vom 21.08.2009 (Bl. 19 d.A.), die Beklagtenbezeichnung sei falsch, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27.08.2009 (Bl. 23, 24 d.A.) beantragt, das Rubrum dahingehend zu berichtigten, dass beklagt sein soll „Firma R., vertreten d. d. Firma p., diese vertr. d. d. Geschäftsführerin Frau B. H., G.-Str., ….. N.“. Er hat hierzu vorgetragen, er habe allenfalls den endvertretenden Geschäftsführer falsch bezeichnet. Jedoch habe sich Herr O. G. stets als Geschäftsführer gegenüber dem Kläger geriert und auch als solcher bezeichnet. Der Kläger bestreitet im Übrigen, seine Erkrankung ab dem 28.07.2009 vorab angekündigt zu haben.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.07.2009, zugegangen am 29.07.2009, nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Klage für unzulässig gehalten, da die Beklagte falsch bezeichnet worden sei. Herr O. G. sei zu keinem Zeitpunkt Geschäftsführer der Beklagten gewesen; so sei nicht die Beklagte falsch bezeichnet, sondern die Vertretungsverhältnisse seien falsch dargestellt worden. Für eine Auslegung sei kein Raum. Der Kläger hätte die zutreffenden Vertretungsverhältnisse dem Kündigungsschreiben entnehmen können. Dem Rubrumsberichtigungsantrag hat sie widersprochen. Zu den Kündigungsgründen hat sie vorsorglich vorgetragen, der Kläger habe am 27.07. 2009 bei einem Telefonat gegenüber dem weiteren Mitarbeiter Herrn R. M. angekündigt, am nächsten Tag nicht zur Arbeit zu kommen. Auf Nachfrage habe der Kläger sinngemäß angekündigt, er werde zum Arzt gehen und sich krankschreiben lassen (Beweis: Zeugnis M.). Darüber hinaus habe der Kläger ohne Absprach und Erlaubnis der Beklagten bei einem Großhändler der Beklagten Ware bestellt und diese zum Eigengebrauch mitgenommen; der Kläger habe die Ware erst bezahlt, nachdem er bei der Beklagten ausgeschieden sei. Der Kläger hat bestritten, eine Erkrankung für den kommenden Tag angekündigt zu haben. Auch habe er nicht ohne Absprache und Erlaubnis der Beklagten bei einem Großhändler Ware bestellt und zum Eigengebrauch mitgenommen. Vielmehr habe Herr G. allen Mitarbeitern gestattet, den zu Privatzwecken benötigten Sanitärbedarf auf den Namen des Unternehmens beziehen und jeweils nur den Einkaufspreis zu erstatten (Zeugnis des Herrn G.). Er, der Kläger, habe über eine Kundenkarte verfügt und eine Duschstange zum privaten Gebrauch erworben. Danach habe er wie üblich den Einkaufspreis erstattet. Als einziger Mitarbeiter habe er dann später die schriftliche Aufforderung erhalten, auch die Differenz zum Verkaufspreis und somit die Gewinnspanne des Unternehmens zu tragen. Diesem Verlangen sei er ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage nachgekommen.

Das Arbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 21.10.2009 die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe die ihm am 29.07.2009 zugegangene fristlose Kündigung nicht fristgerecht im Sinne von § 4 KSchG angegriffen. Er habe seinen Arbeitgeber hinsichtlich der Vertretungsverhältnisse falsch bezeichnet. Eine Rubrumsberichtigung sei hier nicht in Betracht gekommen. Gegen dieses am 09.11.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.12.2009 Berufung eingelegt und diese am 03.12.2009 begründet. Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt er vor, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klage nicht fristgerecht erhoben worden sei. Zwar seien nicht die richtige persönlich haftende Gesellschafterin und der falsche Geschäftsführer genannt worden. Dies sei aber unschädlich, da die Beklagte habe erkennen können, dass sich die Klage gegen sie richtete. Immerhin habe die Beklagte einen Rechtsanwalt beauftragt und sich gegen die Klage verteidigt. Die Kündigung der Beklagten stelle eine unzulässige Reaktion auf eine Eigenkündigung des Klägers dar. Der Kläger habe die Arbeit nicht verweigert. Er habe auch nicht angekündigt, am 28.07.2009 nicht wieder zur Arbeit zu erscheinen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat auf die Berufung nicht erwidert. Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist statthaft, § 64 Abs. 2 c ArbGG, da die Rechtsstreitigkeit das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses betrifft. Das Gesetz unterscheidet dabei nicht nach der Dauer der angestrebten Fortführung des Arbeitsverhältnisses.

Auch ist der Berufungsantrag zulässig. Zwar hatte der Kläger selbst fristgemäß gekündigt, so dass sein Rechtsschutzinteresse sich lediglich auf die Zeit bis zum Ablauf dieser Kündigungsfrist erstreckt, mithin auf den Zeitraum bis 05.08.2009. Dies hat er in diesem Rechtsstreit hinreichend deutlich gemacht, so dass sein Antrag dementsprechend zu verstehen ist. Die Berufung ist auch begründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger die außerordentliche Kündigung der Beklagten rechtzeitig angegriffen, § 4 KSchG. Die Kündigung gilt daher nicht schon deshalb als von Anfang an rechtswirksam, § 7 KSchG. Die Beklagte war vom Kläger ausreichend deutlich bezeichnet worden, § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Beklagte als solche war richtig angegeben, nicht jedoch die persönlich haftende Gesellschafterin und deren Geschäftsführerin. Jedoch lag die angefochtene Kündigung der Klage bei. Aus dieser Kündigung konnten das Gericht und die Beklagte ohne Weiteres ersehen, wer die Kündigung ausgesprochen hatte und gegen wen sich die Klage richtete. Eine Berichtigung, die nunmehr im Berufungsverfahren erfolgt ist, hätte damit bereits vor dem Arbeitsgericht erfolgen können und müssen (BAG Urteil vom 28.08.2008 – 2 AZR 279/07 – DB 2009,128; BAG Urteil vom 12.02.2004 – 2 AZR 136/03 – FA 2004,176).

Die fristlose Kündigung ist auch unwirksam. Gründe, die eine fristlose Kündigung nach § 626 BGB rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Zwar ist die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Äußerung noch nicht bestehenden Erkrankung durch den Arbeitnehmer für den Fall, dass der Arbeitgeber einem Verlangen des Arbeitnehmers nicht entsprechen sollte, ist ohne Rücksicht auf die später tatsächlich auftretende Krankheit an sich als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung geeignet (BAG Urteil 17.6.2003 – 2 AZR 123/02 – DB 2004,322 = NZA 2004, 564 für den Fall, dass ein verlangter Urlaub nicht gewährt werde). Ein solcher Fall liegt hier allerdings nicht vor. Nach dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten hatte der Kläger gegenüber Herrn M. erklärt, er werde am nächsten Tag nicht zur Arbeit kommen. Dieses Verhalten, als wahr unterstellt, kann aber nicht als Drohung in dem Sinn verstanden werden, dass der Kläger ein bestimmtes Verhalten der Beklagten erzwingen wollte. Vielmehr soll es sich nach dem erstinstanzlichen Vorbringen um eine Unmutsäußerung des Klägers wegen eines bestimmten Arbeitseinsatzes gehandelt haben. In Betracht kommt zwar der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung, wenn der Arbeitnehmer bewusst eine Arbeitsunfähigkeit wegen Erkrankung vortäuscht. Eine derartige Vortäuschung ist an sich geeignet, als wichtiger Grund i.S. des § 626 Abs. 1 BGB herangezogen zu werden (LAG Hamm Urteil vom 10.9.2003 – 18 Sa 721/03 – NZA-RR 2004,292). Die Beklagte hat sich insoweit aber in erster Instanz nicht damit auseinander gesetzt, dass der Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt und seinen Vortrag zur ärztlichen Untersuchung und Behandlung u.a. durch Vorlage eines Allergietestbogens vertieft hatte. Wieso dennoch der Anscheinsbeweis der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sein soll, ist nicht dargelegt. Hinzu kommt, dass die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen zum Inhalt des Telefongesprächs in der Berufung nicht wiederholt hat. Sie hat es überhaupt nicht für erforderlich gehalten, auf die Berufung zu erwidern. Damit gilt das tatsächliche Vorbringen des Berufungsführers gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (LAG Nürnberg Urteil vom 13.05.2004 – 5 Sa 1051/01, LAGE § 66 ArbGG 1979 Nr. 21). Das gilt auch für das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten zum Einkauf des Klägers. Auf die Berufung des Klägers ist daher das angefochtene Urteil abzuändern und nach dem Berufungsantrag zu erkennen. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

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