Unter welchen Voraussetzungen kann ein Personalleiter ohne Vorlage einer Originalvollmacht eine Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer wirksam aussprechen, wenn dieser die Kündigung des Personalleiters aufgrund der fehlenden Vorlage einer Originalvollmacht unverzüglich zurückweist? Wann ist davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer die Bevollmächtigung des Personalleiters kennt, sodass er sich nicht auf die mangelnde Vorlage der Originalvollmacht durch den Personalleiter berufen kann?
Bundesarbeitsgericht
Az.: 2 AZR 267/97
Urteil vom 22.01.1998
Tatbestand
Der Kläger war seit 1977 bei der Gemeinschuldnerin, der B -, B – und B (BBB), zuletzt als Technischer Offizier Elektrik im Bereich Baggern und Kiesgewinnung (Dredging) beschäftigt. Er arbeitete auf Seeschiffen. Am 15. September 1992 wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der BBB eröffnet und der Beklagte zum Verwalter bestellt. Dieser führte den Betrieb zunächst unter Aufrechterhaltung der Arbeitsverhältnisse fort und beschäftigte den Personalleiter der BBB F in gleicher Funktion weiter. Am 19. April 1993 verfügte der Beklagte die Stillegung u.a. des Bereichs Dredging. Mit Schreiben vom 20. April 1993 unterrichtete er den Betriebsrat, dem der Stillegungsbeschluß bekannt war, von der beabsichtigten Kündigung des Klägers. Am 26. April 1993 widersprach der Betriebsrat dieser Kündigung. Mit Schreiben vom 28. April 1993 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. Juni 1993. Es steht inzwischen fest, daß diese Kündigung das Arbeitsverhältnis frühestens zum 31. Dezember 1993 beendet hat. Das Kündigungsschreiben ist von dem Personalleiter F mit dem Zusatz „i.V. … Leiter Personalwesen“ unterzeichnet. Mit dem Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 29. April 1993 ein Schreiben des Beklagten vom 27. April 1993 zu, mit dem der Beklagte ihn mit sofortiger Wirkung von der Arbeit freistellte. Am 4. Mai 1993 wies der Kläger die Kündigung und Freistellung mangels beigefügter Vollmacht zurück. Ab 30. April 1993 stellte der Beklagte die Gehaltszahlungen an den Kläger ein. Sämtliche 184 Arbeitnehmer des Bereiches Dredging erhielten zwischen April und August 1993 betriebsbedingte Kündigungen. Lediglich vier Arbeitnehmer wurden zur vorübergehenden Bewachung bereits verkaufter Schiffe befristet wieder eingestellt.
Der Kläger hält die Kündigung bereits mangels beiliegender Vollmacht des Personalleiters F für unwirksam. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden und eine zum Zeitpunkt der Kündigung noch mögliche soziale Auswahl sei ebenfalls nicht vorgenommen worden. Die erforderliche Massenentlassungsanzeige habe § 17 KSchG verletzt. Seine Bezüge ab 30. April 1993 seien als Masseforderung im Rang des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) zu berücksichtigen. Seine Freistellung sei mangels zwingender Beteiligung des Betriebsrats jedenfalls hinsichtlich der mit ihr verknüpften Rechtsfolge der Rangverschlechterung für die Vergütungsansprüche gemäß § 13 GesO unwirksam. Eine Mitbestimmungsfreiheit wäre eine nicht hinzunehmende Rechtslücke. Eine Bezifferung der insoweit geltend gemachten Ansprüche sei nicht erforderlich, weil der Beklagte für den Fall seiner rechtskräftigen Verurteilung eine ordnungsgemäße Erfüllung zugesagt habe.
Der Kläger hat – soweit für die Revisionsentscheidung noch von Belang – beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die ihm am 29. April 1993 zugegangene Kündigung des Beklagten zum 31. Dezember 1993 aufgelöst worden ist,
2. festzustellen, daß ihm die tarifliche Vergütung für die Zeit vom 29. April bis 19. Juni 1993 und vom 25. Juni bis 24. September 1993 unter Berücksichtigung des vom Arbeitsamt gezahlten Arbeitslosengeldes zuzüglich Abgeltung des vollen Jahresurlaubs 1993, tarifliches Urlaubsgeld 1993, Jahreszuwendung 1993 sowie vermögenswirksame Leistungen für die Monate Mai bis Dezember 1993 von 52 x 8 = 416,00 DM zusteht und die sich daraus ergebenden Beträge zuzüglich 4 % Zinsen auf die Nettobeträge seit dem 1. Oktober 1993 als Masseforderungen im Range des § 13 Nr. 1 GesO abzurechnen und zu zahlen sind.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat behauptet, am 22. September 1992 habe er als Gesamtvollstreckungsverwalter die dem Zeugen F am 4. Februar 1992 erteilte Vollmacht als Leiter des Personalwesens bestätigt. Dies sei durch Aushang am 28. April 1993 vor Ausspruch der Kündigung nochmals im Betrieb bekanntgemacht worden. Auch ohne diese Bekanntmachung habe der Zeuge F als Personalleiter ohne Vollmachtsvorlage wirksam kündigen können. Die Kündigung sei wegen dringender betrieblicher Erfordernisse durch Wegfall des Bedarfs an Technischen Offizieren Elektrik sozial gerechtfertigt. Der Betriebsrat sei bei vollständiger Unterrichtung ordnungsgemäß angehört worden. Eine Massenentlassungsanzeige sei bei Besatzungen von Seeschiffen nicht erforderlich. Da der Kläger am 29. April 1993 wirksam freigestellt worden sei, seien seine Vergütungsforderungen nur im Rang des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GesO zu befriedigen.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß durch die Kündigung des Beklagten das Arbeitsverhältnis erst zum 31. Dezember 1993 aufgelöst worden ist. Der Beklagte hat insoweit Berufung eingelegt, diese aber später zurückgenommen. Im übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Anschlußberufung des Klägers nach den oben zitierten Anträgen erkannt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung sei rechtsunwirksam, weil der Kläger sie wegen Nichtvorliegens einer Vollmachtsurkunde unverzüglich zurückgewiesen habe. Zwar habe der Beklagte durch Bestätigung der Personalleiterstellung die Vertretungsmacht des Zeugen F wiederhergestellt. Es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger bei Erhalt des Kündigungsschreibens die Vertretungsberechtigung des Zeugen F gekannt habe. Daß die entsprechende Bekanntmachung noch am 28. April 1993 am Schwarzen Brett ausgehängt worden sei, sei nicht bewiesen. Die Bezüge des Klägers seien auch nicht wegen der erfolgten Freistellung als im Range von § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO befindlich zu behandeln. Die Freistellung sei nicht infolge einer Kündigung erfolgt, weil die Kündigung unwirksam sei. Eine Rückstufung der Vergütungsansprüche des Klägers sei deshalb nicht gerechtfertigt. Im übrigen sei zu erwägen, ob die Wirksamkeit der Freistellung bereits an der fehlenden Mitwirkung des Betriebsrats scheitere.
II. Dem folgt der Senat nicht.
1. Die Kündigung des Beklagten hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 1993 aufgelöst. Wie die Revision zu Recht rügt, war die Zurückweisung der Kündigung durch den Kläger gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil der Kläger von der Bevollmächtigung des Personalleiters F zur Kündigung Kenntnis im Sinne dieser Vorschrift hatte.
a) Der Kündigungsempfänger soll nach § 174 BGB nur dann zur Zurückweisung der Kündigungserklärung befugt sein, wenn er keine Gewißheit hat, ob der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und der Vertretene die Erklärung gegen sich gelten lassen muß (Senatsurteile vom 29. Oktober 1992 – 2 AZR 460/92 – AP Nr. 10 zu § 174 BGB und vom 6. Februar 1997 – 2 AZR 128/96 – AP Nr. 10 zu § 620 BGB Kündigungserklärung). Dies ergibt sich aus den Motiven zum BGB (Motive zum BGB I, S. 240, zu § 122 Entwurf des BGB). Darin wird zur Begründung der Regelung ausgeführt, wenn jemand ein einseitiges Rechtsgeschäft, z.B. eine Kündigung gegenüber einem Beteiligten als Bevollmächtigter im Namen eines anderen vornehme, ohne sich über die erteilte Vollmacht auszuweisen, gerate der Beteiligte insofern in eine ungünstige Lage, als er keine Gewißheit darüber habe, ob das Rechtsgeschäft von einem wirklich Bevollmächtigten ausgehe und der Vertretene dasselbe gegen bzw. für sich gelten lassen müsse.
Eine solche Ungewißheit, ob der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und der Vertretene die Erklärung gegen sich gelten lassen muß, kann bei Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung dann nicht bestehen, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmer allgemein darüber in Kenntnis gesetzt hat, daß ein bestimmter Mitarbeiter zu derartigen Erklärungen wie einer Kündigung bevollmächtigt ist. Dies kann etwa dadurch geschehen, daß der betreffende Mitarbeiter in eine Stellung berufen wird, mit der das Kündigungsrecht regelmäßig verbunden ist. Nach ständiger Senatsrechtsprechung (Senatsurteile vom 30. Mai 1972 – 2 AZR 298/71 – BAGE 24, 273, 277 = AP Nr. 1 zu § 174 BGB, zu II 2 der Gründe und vom 18. Mai 1994 – 2 AZR 920/93 – BAGE 77, 13, 22 = AP Nr. 64 zu § 102 BetrVG 1972, zu III 1 der Gründe; Urteil vom 20. August 1997 – 2 AZR 518/96 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) bedeutet die Berufung eines Mitarbeiters in die Stellung z.B. als Leiter der Personalabteilung, als Prokurist oder als Generalbevollmächtigter in der Regel, daß die Arbeitnehmer des Betriebes auch i.S. des § 174 Satz 2 BGB davon in Kenntnis gesetzt sind, daß der Betreffende zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen berechtigt ist. Unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung ist dabei allerdings stets auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls festzustellen, wie sich die Position des Erklärenden für einen objektiven Betrachter darstellt, ob also mit einer derartigen Stellung die Kündigungsbefugnis verbunden zu sein pflegt.
b) Überträgt man diese Grundsätze auf die Kündigung eines Personalleiters, der vom Konkursverwalter bzw. Gesamtvollstreckungsverwalter in dieser Funktion weiterbeschäftigt worden ist, so ist zwar allgemein anerkannt, daß mit der Eröffnung des Konkurses durch den Gemeinschuldner erteilte Vollmachten erlöschen (BGH Urteil vom 4. Dezember 1957 – V ZR 251/56 – WM 1958, 430, 431; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 23 Rz 7; Jaeger, KO, § 23 Rz 48; Karsten Schmidt, BB 1989, 229, m.w.N.). Flume (Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl., S. 855) leitet dies wohl zutreffend schon daraus her, daß mit der Eröffnung des Konkursverfahrens der Gemeinschuldner die Befugnis verliert, sein zur Masse gehöriges Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen (§ 6 KO) und das Verwaltungs- und Verfügungsrecht auf den Konkursverwalter übergeht. Ob dies auch im Gesamtvollstreckungsverfahren gilt (a.A. unter Hinweis auf das Fehlen einer § 23 KO entsprechenden Vorschrift in der GesO: Berscheid, Konkurs-Gesamtvollstreckung, Sanierung, „Gesamtvollstreckung“ Rz 64; Hess/Binz/Wienberg, GesO, 3. Aufl., § 8 Rz 20 d, 20 e), kann hier allerdings dahinstehen.
c) Der Beklagte war jedenfalls als Gesamtvollstreckungsverwalter, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, berechtigt, den Zeugen F in dem zunächst fortgeführten Betrieb als Personalleiter weiterzubeschäftigen und ihm selbst die dafür erforderliche Vollmacht zu erteilen. Zwar ist das Amt des Gesamtvollstreckungsverwalters höchstpersönlich und er kann sich diesem Amt z.B. nicht durch die Erteilung einer Generalvollmacht entziehen. Gerade bei einer größeren Firmeninsolvenz, erst recht bei einer längerfristigen Fortführung des Betriebes, ist es jedoch schon rein praktisch nicht durchführbar, daß der Gesamtvollstreckungsverwalter alle Aufgaben in Person wahrnimmt. Es ist deshalb allgemein anerkannt, daß der Konkurs- bzw. Gesamtvollstreckungsverwalter zumindest in beschränktem Umfang Vollmachten erteilen und sich z.B. beim Ausspruch von Kündigungen durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen kann (Senatsurteil vom 21. Juli 1988 – 2 AZR 75/88 – AP Nr. 17 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; Berscheid, aaO, „Gesamtvollstreckung“ Rz 71; Karsten Schmidt, BB 1989 229, 234; Eickmann, KTS 1986, 197, 202; Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO, 3. Aufl., § 9 Rz 35; Kilger/Karsten Schmidt, KO/VglO/GesO, 17. Aufl., § 6 KO, Anm. 1; Hess, Konkursordnung, 5. Aufl., § 6 Rz 35). Bei den im Rahmen der Betriebsfortführung anfallenden Geschäften, z.B. bei auszusprechenden Kündigungen, handelt es sich nicht um typische Verwaltergeschäfte, die nur deshalb wirken, weil sie ein Konkurs- oder Gesamtvollstreckungsverwalter vornimmt. Bei Kündigungen vertritt der Verwalter lediglich den Gemeinschuldner, der ohne die Insolvenz dieses Rechtsgeschäft vornehmen könnte. Es ist kein Grund ersichtlich, der einer Bevollmächtigung eines Personalleiters durch den Gesamtvollstreckungsverwalter zur Abgabe der in seinem Aufgabenbereich bei der Betriebsfortführung anfallenden Erklärungen, (z.B. Kündigungen) entgegenstehen könnte.
d) Führt der Gesamtvollstreckungsverwalter den Betrieb fort und bedient sich dabei in gleicher Weise wie zuvor der Gemeinschuldner eines Personalleiters, so gelten für die Anwendung des § 174 Satz 2 BGB keine Besonderheiten. Allein die Berufung des betreffenden Mitarbeiters in die Stellung als Personalleiter, mit der das Kündigungsrecht regelmäßig verbunden ist, setzt die Arbeitnehmer des Betriebes allgemein darüber in Kenntnis, daß der betreffende Mitarbeiter zu derartigen Erklärungen wie einer Kündigung bevollmächtigt ist. Dies gilt erst recht, wenn der bisherige Personalleiter, dessen Stellung und Vollmacht im Betrieb bekannt war, durch den Gesamtvollstreckungsverwalter in der gleichen Funktion über einen längeren Zeitraum hin weiterbeschäftigt wird.
e) Die Revision rügt danach zu Recht, das Berufungsgericht habe § 174 Satz 2 BGB fehlerhaft angewendet, indem es allein auf die tatsächliche Kenntnis des Klägers von dem Aushang am Schwarzen Brett abgestellt und eine Kenntnis des Klägers von der Bevollmächtigung des Zeugen F abgelehnt habe. Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt hatte der Beklagte die Betriebsangehörigen und damit auch den Kläger hinreichend von der Bevollmächtigung des Zeugen F in Kenntnis gesetzt, so daß die Zurückweisung der Kündigung mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen war.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Beklagte habe den Personalleiter F nach der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens in gleicher Funktion weiterbeschäftigt. An diese Feststellung ist der Senat nach § 561 Abs. 2 ZPO gebunden, da der Kläger insoweit keine Gegenrüge erhoben hat. Damit war der Kläger unabhängig von dem Versuch des Beklagten, die Vollmacht des Zeugen F nochmals am Schwarzen Brett öffentlich bekannt zu machen, ausreichend von dessen Vollmacht in Kenntnis gesetzt. Nach der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens ist der Betrieb bis zum Ausspruch der Kündigung noch mehr als sieben Monate durch den Beklagten fortgeführt worden und durch die Fortbeschäftigung des Personalleiters F in seiner alten Funktion war seitens des Beklagten ausreichend dokumentiert, daß auch hinsichtlich dessen Vollmacht alles „beim alten“ bleiben sollte. In welch erheblichem Umfang der Beklagte von der Möglichkeit Gebrauch machte, Aufgaben an den Personalleiter F als Bevollmächtigten zu delegieren, zeigt sich schon daran, daß er sich in einer Verhandlung vor der Einigungsstelle durch den Personalleiter F hat vertreten lassen.
f) Folgt man der in der Literatur zur GesO vertretenen Ansicht, durch die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens seien Vollmachten des Gemeinschuldners nicht erloschen, so ging die Zurückweisung der Kündigung mangels vorgelegter Vollmachtsurkunde erst recht ins Leere. Dem Kläger war dann die fortbestehende Vollmacht des Personalleiters aus seinem langjährigen Arbeitsverhältnis mit der Gemeinschuldnerin jedenfalls hinreichend bekannt.
2. Die Kündigung ist, wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend dargelegt hat, auch nicht sozial ungerechtfertigt, § 1 Abs. 2 KSchG, da sie durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegengestanden, bedingt war. Der Beklagte hat unstreitig die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Naßbaggerei stillzulegen. Diese Maßnahme war auch ersichtlich weder unvernünftig, noch unsachlich oder gar willkürlich. Durch die Stillegung entfiel der Bedarf an Technischen Offizieren Elektrik und damit der Beschäftigungsbedarf für den Kläger. Da auch ein anderer freier Arbeitsplatz, auf dem der Kläger zu geänderten Arbeitsbedingungen hätte eingesetzt werden können, nicht zur Verfügung stand, bestand ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung des Klägers.
3. Die ursprünglich erhobene Rüge der fehlerhaften Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG hat der Kläger in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht fallengelassen. Soweit er in der Berufungsinstanz wieder pauschal darauf hingewiesen hat, die Beklagte hätte „zumindest die Grundsätze der sozialen Auswahl berücksichtigen müssen“, ist dies unbeachtlich. Nach § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG hat der Arbeitnehmer die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt in diesem Sinne erscheinen lassen. Der Arbeitnehmer hat danach zumindest darzulegen, welcher Arbeitnehmer an seiner Stelle hätte entlassen werden sollen. Dies ist nicht erfolgt. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, ob überhaupt Raum für eine Sozialauswahl zwischen mehreren Arbeitnehmern bestand oder der Beklagte nicht vielmehr lediglich gestaffelt nach den Kündigungsfristen alle vergleichbaren Arbeitnehmer entlassen hat.
4. Auch die Rüge der mangelhaften Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG ist unsubstantiiert. Der Beklagte hat schon in erster Instanz das detaillierte Anhörungsschreiben vom 20. April 1993 vorgelegt und im einzelnen dargelegt, daß der Betriebsrat über die maßgeblichen Sozialdaten des Klägers und den Kündigungsgrund (Stillegung des Bereichs Dredging und Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für Technische Offiziere Elektrik) im einzelnen informiert war. Wenn der Kläger demgegenüber in der Berufungsinstanz gerügt hat, der Beklagte habe die Grundsätze der sozialen Auswahl nicht berücksichtigt und insofern den Betriebsrat nicht ausreichend angehört, so verkennt er den Umfang der Anhörungsverpflichtung des Arbeitgebers. Auswahlüberlegungen, die der Arbeitgeber selbst nicht angestellt hat, braucht er auch dem Betriebsrat nach § 102 BetrVG nicht mitzuteilen.
5. Soweit sich der Kläger in den Vorinstanzen darauf berufen hat, die Wirksamkeit der Kündigung scheitere daran, daß der Beklagte seinen Verpflichtungen aus §§ 17 ff. KSchG nicht hinreichend nachgekommen sei, trifft dies nicht zu. Schon in erster Instanz war zwischen den Parteien unstreitig und ist vom Kläger im Lauf des Verfahrens nie bestritten worden, daß der Kläger auf einem Seeschiff gearbeitet hat. Nach § 24 Abs. 1 KSchG finden aber auf die Besatzung von Seeschiffen nur die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes, also nicht die §§ 17 ff. KSchG Anwendung (KR-Weigand, 4. Aufl., § 24 KSchG Rz 35; zur Bindungswirkung der Entscheidung der Arbeitsverwaltung vgl. im übrigen Senatsurteil vom 24. Oktober 1996 – 2 AZR 895/95 – EzA § 17 KSchG Nr. 6, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
III. Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, daß seine Vergütungsansprüche für die Zeit der Freistellung als Masseforderungen im Range des § 13 Abs. 1 Nr. 1 GesO abzurechnen und zu zahlen sind, ist seine Klage unbegründet.
1. Das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO) liegt vor. Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, daß der Kläger seine Ansprüche nicht beziffert hat. Die Parteien streiten lediglich über den Rang der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche. Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Beklagte erklärt hat, im Fall seiner rechtskräftigen Verurteilung werde er von sich aus alle Ansprüche des Klägers ordnungsgemäß abrechnen und – soweit es die Masse zulasse – befriedigen, ist angesichts der Stellung des Beklagten als Partei kraft Amtes davon auszugehen, daß der Streit der Parteien durch den Feststellungsantrag in der vorliegenden Form endgültig beigelegt wird.
2. Der geltend gemachte Anspruch nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 GesO kann auch gegen den Beklagten unmittelbar geltend gemacht werden. Der Massegläubiger steht grundsätzlich außerhalb des Insolvenzverfahrens und ist befugt, seine Forderungen einzeln gegen den Gesamtvollstreckungsverwalter geltend zu machen (Smid, GesO, 3. Aufl., § 13 Rz 10; Kilger/Karsten Schmidt, KO/VglO/GesO, 17. Aufl., § 13 GesO, Anm. 1 b; Haarmeyer/Wutzke/Förster, GesO, 3. Aufl., § 13 Rz 8, 9).
3. Der Anspruch ist jedoch unbegründet, die Vergütungsansprüche des Klägers für den geltend gemachten Zeitraum sind nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 GesO zu begleichen, sondern durch die Freistellung wirksam nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO zurückgestuft. Danach sind Lohn- und Gehaltsforderungen von Arbeitnehmern, die im Unternehmen des Schuldners beschäftigt waren, für den Zeitraum, für den sie von ihrer Beschäftigung infolge einer Kündigung durch den Verwalter freigestellt sind, lediglich im Rang nach den in § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GesO aufgeführten Ansprüchen zu befriedigen. Der Beklagte hat den Kläger infolge einer wirksamen Kündigung freigestellt, so daß die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO vorliegen.
4. Der im Interesse der Massegläubiger gesetzlich vorgesehene Rangrücktritt der Vergütungsansprüche während der Freistellung nach Kündigung scheitert auch nicht, wie der Kläger geltend macht und das Berufungsgericht zumindest erwogen hat, an der fehlenden Beteiligung des Betriebsrats bei der Freistellung des Klägers. Stellt der Gesamtvollstreckungsverwalter einen Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist mit der Folge des Rangrücktritts nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 a GesO von der Arbeit frei, so ist zu der Freistellung weder nach § 102 BetrVG der Betriebsrat zu hören, noch bedarf die Freistellung nach § 99 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats.
a) Nach § 102 BetrVG ist der Betriebsrat lediglich vor jeder Kündigung zu hören. Freistellungen im Rahmen der GesO werden hiervon nicht erfaßt. Die Anhörungspflicht vor Ausspruch der Kündigung hindert im Gegenteil den Arbeitgeber grundsätzlich nicht einmal, den Arbeitnehmer vor Abschluß des Anhörungsverfahrens zur beabsichtigten Kündigung von der Arbeit freizustellen (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 102 Rz 13; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 5. Aufl., § 102 Rz 16; KR-Etzel, 4. Aufl., § 102 BetrVG Rz 119). Auch eine vereinzelt in der Literatur befürwortete analoge Anwendung des § 102 BetrVG (KR-Wolf, 3. Aufl., Grunds. Rz 248) kommt nicht in Betracht. Die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen sind, worauf schon das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, in §§ 99 bis 102 BetrVG erschöpfend aufgezählt (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 99 Rz 1). Auch die Erwägung (Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 5. Aufl., § 102 Rz 20), in einer Freistellung des Arbeitnehmers könne eine zeitlich befristete Teilkündigung gesehen werden, trifft jedenfalls auf den Fall einer durch den Gesamtvollstreckungsverwalter ausgesprochenen Freistellung für die Dauer der Kündigungsfrist nicht zu; in einem solchen Fall ist die Kündigung bereits erfolgt und die Freistellung für die Dauer der Kündigungsfrist ist nicht als – im übrigen unzulässige – Teilkündigung anzusehen.
b) Auch § 99 BetrVG ist nicht anwendbar. Die Freistellung für die Dauer der Kündigungsfrist stellt insbesondere keine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG dar. Dem Arbeitnehmer wird gerade kein anderer Arbeitsbereich zugewiesen, sondern lediglich sein bisheriger Arbeitsbereichs mangels Beschäftigungsmöglichkeit für die Dauer der Kündigungsfrist entzogen. Eine analoge Anwendung des § 99 BetrVG auf solche Fälle scheitert ebenfalls daran, daß die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen im Gesetz erschöpfend aufgezählt sind.
IV. Ansprüche auf Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG macht der Kläger im Revisionsverfahren nicht mehr geltend.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97, 269 Abs. 3 ZPO.