OLG Koblenz
Az.: 5 U 279/01
Urteil vom 04.09.2003
Leitsatz vom Verfasser (nicht amtlich!):
Eine Lärmbelästigung durch einen Nachbarn ist immer dann unzumutbar, wenn diese die für das jeweilige Gebiet geltenden Grenzwerte der „Technischen Anleitung Lärm“ (sog. „TA-Lärm“) überschreitet. Solche Lärmbelästigungen muss der Nachbar unterlassen. Eine Überschreitung der Grenzwerte der TA-Lärm müssen Nachbarn nur unter ganz bestimmten Umständen tolerieren.
Sachverhalt:
Die Kläger sind Eigentümer eines Einfamilienhauses; in 15 Meter Entfernung befindet sich ein Dorfgemeinschaftshaus. In dessen Festsaal finden an Wochenenden private Feiern, Vereinsfeste und Musikveranstaltungen statt. Aufgrund des von den Veranstaltungen ausgehenden Lärms fühlen sich die Kläger belästigt. Ein Sachverständiger stellte bei einer unangekündigten Messung fest, dass die Grenzwerte der TA-Lärm für allgemeine Wohngebiete überschritten wurden. Die Kläger verlangten daher von der Ortsgemeinde, keine Veranstaltungen mehr abzuhalten, bei denen die TA-Lärm Werte überschritten werden.
Entscheidungsgründe:
Der Klage wurde stattgegeben, die Kläger haben gegenüber der Ortsgemeinde aus § 1004 Abs.1 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Unterlassung solcher Veranstaltungen. Zwar können Eigentümer nach § 906 Abs.1 Satz 1 BGB nur solche Lärmbelästigungen unterbinden, die die Grundstücksnutzung wesentlich beeinträchtigen. Jedoch liegt gem. § 906 Abs.1 Satz 2 und Satz 3 BGB eine wesentliche Immission vor, wenn die in Gesetzen, Rechtsverordnungen oder bestimmten Verwaltungsvorschriften festgelegten Grenz- oder Richtwerte überschritten werden. Aufgrund der Überschreitung der Höchstwerte der TA-Lärm im vorliegenden Fall hatten die Kläger mithin einen Unterlassungsanspruch. Eine Pflicht zur Tolerierung käme nur dann in Betracht, wenn ganz besondere Umstände die Notwendigkeit einer Überschreitung der Grenz- und Richtwerte begründen würden. Solche lagen jedoch im vorliegenden Fall nicht vor.