LG Lüneburg
Az.: 5 S 60/01
Verkündet am: 11.12.2001
Vorinstanz: Amtsgericht Uelzen – Az.: 16 C 9050/01
Kurz notiert:
Ein Vater von zwei kleinen Kindern hatte protokolliert, dass in den letzten fünf Monaten 65 mal Autotüren und Heckklappen auf dem Parkplatz vor seinem Haus nach 20.00 Uhr zugeschlagen wurden. Er wollte eine gerichtlich verordnete Ruhezeit von 20.00 bis 7.00 Uhr in einem Radius von 25 Metern um sein Haus durchsetzen. Das Gericht sah aber keine wesentliche Belästigung oder Schikane und wies die Klage ab.
Landgericht Lüneburg Az.: 5 S 60/01
In dem Rechtsstreit hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg auf die mündliche Verhandlung vom 27.11.2001 für R e c h t erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Uelzen vom 25.7.2001 – 16 C 9050/01 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen. Zu Recht hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen, weil dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen. Anspruchsgrundlage des Klägers ist § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach bei der Beeinträchtigung des Eigentums in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes Unterlassung verlangt werden kann, wenn weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind. Das Maß der Beeinträchtigung, die der Eigentümer zu dulden hat, bestimmt sich nach § 906 BGB. Gemäß § 906 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Eigentümer unwesentliche Beeinträchtigungen nicht verbieten.
Für die Frage, ob eine Beeinträchtigung wesentlich ist, ist Maßstab das Empfinden eines verständigen Durchschnittsbenutzers des betroffenen Grundstückes in seiner durch Natur, Gestaltung und Zweckbestimmung geprägten konkreten Beschaffenheit und nicht das subjektive Empfinden des Gestörten (BGHZ 120,239, 259). Eine einmalige Einwirkung ist oft unwesentlich. Bei Geräuschen entscheidet die Lästigkeit, für die die Lautstärke nur eine Komponente ist. Unter Berücksichtigung aller hier vorgetragenen Einzelheiten liegt eine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstückes nicht vor.
Dies ergibt sich zunächst aus der örtlichen Situation. Zunächst war den Klägern bei Erwerb ihres Grundstückes bekannt, daß sich die Stellplätze der Nachbarn in unmittelbarer nähe derjenigen Gebäudeteile befanden, welche zu Schlafzwecken genutzt werden sollten. Ihnen war auch bekannt bzw. hätte bekannt sein müssen, daß infolge der örtlichen Situation und dem Fehlen eines öffentlichen Verkehrsnetzes die Nachbarn über Kraftfahrzeuge verfügen, welche den Parkraum beanspruchen würden.
Eine unwesentliche Beeinträchtigung ergibt sich auch aus der Art der Geräuschimmissionen selbst. Das Zuschlagen von Autotüren verursacht kein Dauergeräusch, sondern verklingt sofort. Es handelt sich um ein einheitliches, nicht um ein frequenzmoduliertes Geräusch. Auch die Anzahl der Türgeräusche ist für sich genommen nicht so zahlreich, daß ein verständiger Durchschnittsbenutzer des betroffenen Grundstückes sich wesentlich beeinträchtigt fühlen darf, weil diese Geräusche innerhalb kürzester Zeit wieder aufhören und kein „stundenlanges“ Türschlagen zu beklagen ist.
Schließlich ist auch der dargelegte Zeitraum der Beeinträchtigungen nicht geeignet, eine Wesentlichkeit derselben zu begründen. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers wurden im von ihm protokollierten Zeitraum lediglich dreimal Türenzuschlagen nach 22.00 Uhr bemerkt.
Dem Kläger steht ein Anspruch nicht zu, wonach der Beklagte mit seinem Fahrzeug innerhalb eines bestimmten Bereiches die Türen nicht zuschlagen darf. Denn dies käme einem Benutzungsverbot für das Grundstück in dieser Hinsicht gleich, weil die Beklagten dann zwar auf dem von ihnen gemieteten Grundstück fahren, nicht jedoch die Fahrzeugtüren verschließen dürften. Die Beklagten können jedoch durchaus ein Interesse daran haben, ihre Kraftfahrzeuge auf dem Grundstück selbst zu parken, um etwa Ladevorgänge auszuführen. Für eine örtliche Begrenzung des Türenschließens besteht keine Rechtsgrundlage.
Auch das oftmalige Türenschließen begründet für sich allein keinen Unterlassungsanspruch, weil dies etwa durch das Vergessen eines auszuladenen Gegenstandes bzw. wegen Kontrolltätigkeiten verursacht werden kann.
Etwas anderes würde nur gelten, wenn das Türenschlagen absichtlich mit dem Zweck durchgeführt wird, den Kläger zu schikanieren. Dafür bestehen jedoch entgegen der Auffassung des Klägers keine Anhaltspunkte, weil nach seinem eigenen Vortrag die Fahrzeuge oftmals auch ohne störendes Türenschlagen geparkt werden. Auch hält sich das Türenschlagen hinsichtlich der jeweiligen Anzahl in Grenzen, welche mit einer Schikaneabsicht nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Denn dann würden die Beklagten noch spätere Zeiten wählen und in einem wesentlich größeren Umfang Türen zuschlagen und die Türen nicht so schließen, daß sich der Kläger teilweise nicht gestört fühlt. Da nur zwei Vorgänge behauptet werden, in denen die Türen wesentlich mehr als üblich geschlossen wurden, liegt die Annahme schikanösen Verhaltens deshalb fern.
Dem gefundenen Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Beklagten sich im nachbarlichen Interesse rücksichtsvoll verhalten sollten.
Die Berufung ist daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.