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Lagerhalterhaftung für Brandschaden bei Auswahl eines ungeeigneten Lagerortes

LG Berlin – Az.: 101 O 82/17 – Urteil vom 30.01.2019

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.600.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Juni 2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die außergerichtlichen Kosten der Streithelfer zu 1. und 2. haben diese selbst zu tragen; die übrigen Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen des Verlustes von zwei Sterilisationsanlagen während der Einlagerung auf dem zuvor von ihr durchgeführten Transport von Frankreich nach Berlin in Anspruch.

Die in Berlin ansässige Bio… … (im Folgenden: Bio…) bestellte im Oktober 2010 bei der in Frankreich ansässigen – inzwischen insolventen – Groupe …– St. (im Folgenden: St.) zwei Sterilisationsanlagen zum Preis von 1.389.551,02 Euro netto. Auf Anlage K 2 wird wegen der Einzelheiten der Bestellung Bezug genommen.

Die Bio… beauftragte mit dem Transport von Frankreich nach Berlin und der Einlagerung die Beklagte. Die Beklagte übernahm die beiden Anlagen in Frankreich und lagerte sie ab dem 2. Februar 2012 in einem vom Streithelfer zu 1. mit Mietvertrag vom 1. Februar 2012 (Anlage B 5 und B 2) angemieteten Lager (der dieses wiederum von der Eigentümerin, der Streithelferin zu 2., angemietet hatte) in der G… Strasse 28 in 13599 Berlin ein. Die Beklagte legte getrennte Rechnungen für Transport und Einlagerung.

Am 26. April 2012 kam es im Lager der Beklagten – in der Halle Ka3NW – zu einem Brand; wegen der Einzelheiten zu den Örtlichkeiten wird auf Anlage STV GvW 2 Bezug genommen.

Die Klägerin teilte dem Versicherungsmakler der Bio… am 18. Dezember 2012 mit, sie leiste eine Gesamtentschädigung in Höhe von 1.500.000,00 Euro (Gesamtschaden inklusive Montagekosten abzüglich Selbstbehalt). Auf Anlage K 19 wird ergänzend Bezug genommen.

Am 20. Februar 2013 erklärte die Bio…, sämtliche ihrer Ansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin abzutreten. Auf Anlage K 1 wird insoweit Bezug genommen.

Die Klägerin forderte die Beklagte am 18. März 2013 (der Beklagten zugegangen am 20. März 2013) auf, bis zum 28. März 2013 1.600.000,00 Euro an sie zu zahlen.

Die Verkehrshaftpflichtversicherin der Beklagten, die … Versicherung AG, erklärte am 25. April 2013 namens der Beklagten, bis zum 31. Juli 2013 auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.

Am 29. Juli 2013 erklärte die Verkehrshaftpflichtversicherin der Beklagten namens der Beklagten, bis zum 31. Oktober 2013 auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.

Am 16. Oktober 2013 erklärte die Verkehrshaftpflichtversicherin der Beklagten namens der Beklagten, bis zum 31. Januar 2014 auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.

Am 28. Januar 2014 erklärte die Verkehrshaftpflichtversicherin der Beklagten namens der Beklagten, bis zum 30. April 2014 auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte hafte für den in ihrem Lagergewahrsam entstandenen Schaden.

Sie sei Versicherin zu 75%, weitere Mitversicherer seien die … Versicherung AG und die … Germany, die die Klägerin ermächtigt hätten, den Regress gegen die Beklagte zu führen.

Ihre Aktivlegitimation ergebe sich bereits aus der Abtretungserklärung vom 20. Februar 2013; bereits zuvor habe die Bio… ihr die Schadensunterlagen zum Zwecke der Regulierung übersandt.

Der Auftrag zur Lagerung sei der Beklagten mit aus den Anlagen K 21/K 22 ersichtlicher Bestellung erteilt worden. Die ADSp kämen nicht zur Anwendung. Ohnehin gälten die dort enthaltenen Haftungsbeschränkungen nicht für den Fall hier vorliegender grober Fahrlässigkeit bzw. Verletzung vertragswesentlicher Pflichtverletzungen aus dem Lagervertrag.

Die Gefahrtragung habe nicht bei der Verkäuferin gelegen.

Die beiden vollständig zerstörten Anlagen, die individuell entwickelt und hergestellt worden seien, seien bereits bezahlt gewesen. Es sei eine Neubestellung bei der Ster… … (im Folgenden: Steri…) erforderlich geworden. Am 5. September 2012 habe die Bio… bei der Ster… zwei neue Anlagen zum Preis von 1.800.000,00 Euro bestellt, was sich aus Anlage K 5 ergebe. Die 1.800.000,00 Euro seien bezahlt; hierin seien 199.979,40 Euro für Montage, Installation und Einweisung enthalten.

Sie habe 1.600.000,00 Euro abzüglich des Selbstbehalts (100.000,00 Euro) reguliert.

Die Beklagte habe die Zerstörung zu vertreten; es liege ein qualifiziertes Verschulden vor.

Die Beklagte habe sich zu entlasten. Die Halle habe weder über Brandschutzmauern noch Löschvorkehrungen noch Brandmeldeanlagen verfügt; der Vermieter (Streithelfer zu 1.) habe über keine Brandschadensversicherung verfügt. Die Halle sei für Dritte leicht zugänglich und mit brennbaren Materialien vollgestellt gewesen, wobei die jeweiligen Mietflächen nicht räumlich voneinander abgetrennt gewesen seien. Die Bio… habe die Lagerfläche vorab nicht gesehen. Weder habe eine behördliche Genehmigung für die Lagerhalle bestanden, noch sei die Einhaltung von brandschutzrechtlichen Vorschriften von der Beklagten bzw. deren Erfüllungsgehilfen überprüft worden. Eine regelmäßige Wachschutzbegehung der Halle habe es nicht gegeben.

Der Vermieter der Halle (Streithelfer zu 1.) sei Erfüllungsgehilfe der Beklagten.

Der Haftungsumfang richte sich nach §§ 249ff BGB.

Ein Mitverschulden sei der Bio… nicht anzulasten. Sie habe der Beklagten gegenüber den Kaufpreis der Anlagen angegeben. Einer zusätzlichen Versicherung habe es nicht bedurft.

Die Versicherung der Beklagten habe namens und in Vollmacht der Beklagten auf die Einrede der Verjährung bis zum 30. April 2014 verzichtet. Es gelte ohnehin eine Verjährungsfrist von 36 Monaten.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.600.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. März 2013 zu zahlen.

Die Beklagte und die Streithelfer beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat zunächst alle Ausführungen der Klägerin der Klageschrift mit Ausnahme des ihr erteilten Auftrages und des Brandes am 26. April 2012 (überwiegend mit Nichtwissen) bestritten.

Gefahrübergang habe nach den Vertragsunterlagen erst nach Ablieferung im Werk der Bio… eintreten sollen; die Gefahr habe während des Transportes also noch bei der Verkäuferin gelegen. Die Bio… habe sich wegen etwaiger Rückzahlungs– oder Schadensersatzforderungen an die Verkäuferin zu wenden gehabt.

Der Auftrag sei ihr auf Grundlage des aus Anlage B 1 ersichtlichen Angebots erteilt worden. Es sei ein einheitlicher Vertrag für Transport und Lagerung geschlossen worden.

Die Beklagte hafte allenfalls nach den ADSp. Diese seien durch die Allgemeinen Einkaufsbedingungen der Bio… nicht abbedungen worden. Die Lagerung sei nur Teil der von der Beklagten geschuldeten Leistungen gewesen. Die ADSp seien in den Vertrag einbezogen worden, was auch branchenüblich sei.

Der Schaden sei aufgrund höherer Gewalt entstanden. Sie habe den Brand mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht vermeiden können. Sie beiden Anlagen seien in einem angemieteten umzäunten Teil einer Lagerhalle eingelagert und die Lagerflächen von ihr täglich überprüft worden. Auf brandschutzrelevante Vorkehrungen habe sie sich verlassen dürfen. Die Einhaltung der vorhandenen Brandschutzordnung sei von der Streithelferin zu 2. als Eigentümerin überwacht worden. Es seien Wachmänner beider Streithelfer eingesetzt gewesen. Die Halle sei ohne Einsatz von Sprinkleranlagen genehmigt worden.

Der Bio… sei ein Mitverschulden anzulasten, weil sie die Beklagte nicht über den besonderen Wert der Anlage aufgeklärt, sondern nur einen Betrag in Höhe von 1,21 Mio. Euro angegeben und eine zusätzliche Versicherung abgelehnt habe, was sich aus Anlagen B 3 und B 4 ergebe; im Übrigen hätten Mitarbeiter der Bio… die Lagerhalle vorab besichtigt und keine Einwände gehabt.

Ein Verschulden habe die Klägerin zu beweisen.

Soweit der Beklagten überhaupt ein Verschulden Dritter zuzurechnen sei, habe ein solches Verschulden aus den genannten Gründen nicht bestanden.

Im Übrigen sei die Kausalität zwischen einem etwaigen Verschulden und dem Schaden fraglich.

Allenfalls sei Wert- und Kostenersatz nach §§ 429, 430 HGB zu leisten.

Es sei kein wirtschaftlicher Totalschaden entstanden; es sei keine Neubestellung der Anlagen erforderlich gewesen, da es sich bei den bestellten und zum symbolischen Preis von 1,00 Euro abgenommenen Anlagen lediglich um einen Prototyp ohne bezifferbaren Wert gehandelt habe, der der Bio… als Ersatzteillager habe dienen sollen.

Die bei der Ster… bestellten Anlagen seien nicht gleichartig bzw. gleichwertig mit den zerstörten Anlagen. Die vom Sachverständigen zugrundegelegten Anlagen K 44 und K 45 könnten den Anlagen der Steri… bzw. Ster… nicht zugeordnet werden und reichten im Übrigen nicht für die Beurteilung der Gleichartigkeit aus. Sie hält dem Sachverständigengutachten das von ihr eingeholte Gutachten des Dipl.Ing. H. (Anlagen B 9 und B 10) entgegen.

Mit Nichtwissen bestreitet sie die Zahlung an Ster….

Die Haftung der Beklagten sei jedenfalls auf 5,00 Euro je kg Rohgewicht bzw. auf 5.000,00 Euro je Schadenfall begrenzt.

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Es gelte eine einjährige Verjährungsfrist. Bei Abgabe der Verjährungsverzichtserklärungen sei weder ihr noch ihrer Verkehrshaftpflichtversicherung bekannt gewesen, dass die Klägerin führender Versicherer neben anderen Mitversicherern ist und von den beteiligten Versicherungen zur Anspruchsstellung ermächtigt wurde.

Der Streithelfer zu 1. behauptet, sämtliche Brandschutzvorschriften seien beachtet worden. Feuerlöscher seien Anfang 2012 erneuert worden. Die Halle sei nicht frei zugänglich gewesen; außerhalb der Geschäftszeiten seien alle Türen und Tore verschlossen gewesen. Zugang sei nur über ihn möglich gewesen. Das Abstellen von Fahrzeugen mit brennbaren Stoffen sei verboten gewesen. Die Einhaltung der Hausordnung mit Brandschutzordnung sei von ihm regelmäßig kontrolliert worden

Die Streithelferin zu 2. behauptet, die Halle sei als Lagerhalle genehmigt und nicht für Dritte zugänglich gewesen, sondern umfriedet und von mehreren Wachschutzunternehmen bewacht worden. Es sei ein Wächterkontrollsystem installiert gewesen. Sie habe selbst die Einhaltung der Brandschutzordnung mehrmals in der Woche kontrolliert. Die Zufahrtstrasse sei kontrolliert und videoüberwacht sowie außerhalb der Geschäftszeiten verschlossen gewesen. Die Hallenzugänge seien mehrmals nachts kontrolliert worden. Zutritt zur Halle habe nur über den Streithelfer zu 1. bestanden. Trenn – und Brandschutzwände seien bauordnungsrechtlich nicht erforderlich gewesen. Die einzelnen Lagerflächen innerhalb der Halle seien (mit Bauzäunen) parzelliert und mit einer von Nord nach Süd verlaufenden Trennwand geteilt gewesen wie aus Anlage STV GvW4 ersichtlich. Es seien keine Fahrzeuge mit Treibstofftanks abgestellt gewesen. Der Streithelfer zu 1. habe sich an die aus Anlage STV GvW 5 ersichtliche Brandschutzordnung gehalten. Es hätten sich Feuerlöscher an den aus Anlage STV GvW 6 ersichtlichen Stellen befunden.

In der Ermittlungsakte aufgestellte Behauptungen zum Zustand der Halle, zu den Zugangswegen und zur angeblich leichten Zugänglichkeit der Halle seien unzutreffend.

Die Streithelferin zu 2. meint, die Abtretungen an die Klägerin seien wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz nichtig, weil die Klägerin Inkassodienstleistungen erbringe, für die sie keine Erlaubnis besitze. Nichtigkeit ergebe sich auch, wenn ein eigenständiges (Inkasso)Geschäft zu verneinen sei, da die Inkassotätigkeit keine zulässige Nebenleistung zum Versicherungsgeschäft darstelle.

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Die Beklagte hafte weder nach ADSp, noch nach § 475 HGB, da weder sie noch die Streithelfer ein Verschulden treffe.

Die am 28. April 2014 anhängige Klage wurde am 3. Juni 2014 zugestellt.

Die Akte der Staatsanwaltschaft Berlin 222 UJs 1558/12 lag vor.

Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 23. September 2015 zu Ziffer I.1. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.Ing. P.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten vom 27. August 2016 nebst Ergänzung vom 18. Januar 2018 und auf das Verhandlungsprotokoll vom 30. Januar 2019.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach – und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorgetragenen Schriftsätze und den zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist bis auf einen Teil der Nebenforderung begründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz aus abgetretenem Recht gemäß § 475 HGB i.V.m § 398 BGB in Höhe von 1.600.000,00 Euro zu.

Lagerhalterhaftung für Brandschaden bei Auswahl eines ungeeigneten Lagerortes
(Symbolfoto: Engineer studio/Shutterstock.com)

Die Klägerin ist für den von ihr geltend gemachten (lager)vertraglichen Schadensersatzanspruch aktivlegitimiert. Die ergibt sich bereits aus der als Anlage K 1 eingereichten Abtretungserklärung, welcher § 2 RDG nicht gemäß § 134 BGB entgegensteht. Die gerichtliche Geltendmachung abgetretener Ansprüche von Versicherungsnehmern durch den Transportversicherer stellte nach Art. 1 § 5 RBerG eine erlaubnisfreie Hilfs– bzw. Nebentätigkeit i.S.v. Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG dar, weil die Rechtsbesorgung mit dem Versicherungsgeschäft in unmittelbarem Zusammenhang steht und eine untergeordnete Hilfstätigkeit zwecks sachgerechter und beschleunigter Abwicklung des Versicherungsgeschäftes und Regulierung des Schadens darstellt (vgl. OLG Köln OLGR Köln 2004, 282; OLG Oldenburg TranspR 2003, 76). § 5 RDG erlaubt Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs – oder Tätigkeitsbild gehören. Dabei lassen sich die der zitierten Rechtsprechung zugrundeliegenden Überlegungen zur sogenannten Annexkompetenz in Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG ohne Weiteres auf das Regelungskonzept des § 2 i.V.m. § 5 RDG übertragen, wobei letztgenannte Norm sogar weiter auszulegen ist (vgl. Hirtz in BeckOK RDG 7. Edition, § 5 Rn. 6; Deckenbrock/Henssler, RDG, 4. Aufl., § 5 Rn. 3f.; zur Fortgeltung der zu Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG entwickelten Rechtsprechung: Koller, Transportrecht, 9. Aufl., § 425 Rn. 84 und § 475 Rn. 5).

Auf den Streit zwischen Klägerin und Beklagter über die Mitversicherung bzw. weitere Ermächtigungen kommt es nicht an; die Beklagte ist nach Hinweis der Kammer vom 21. Januar 2015 auch nicht mehr hierauf zurückgekommen.

Der Lagervertrag ist auf Grundlage der Bestellung vom 30. Januar 2012 (Anlage K 21) zustandegekommen.

Das eingelagerte Gut wurde durch den Brand vollständig zerstört. Soweit die Beklagte die vollständige Zerstörung zunächst bestritten hatte, ist sie nach Vorlage der email vom 26. April 2012 (Anlage K 38) auf das Bestreiten nicht mehr zurückgekommen.

Die Beklagte hat für den Schaden einzustehen.

Die Ausführungen der Beklagten zum Gefahrübergang aufgrund des zwischen der Bio… und der Steri… abgeschlossenen Vertrages sind unerheblich. Mit Übergabe der beiden Sterilisationsanlagen an die Beklagte zwecks Durchführung des (unstreitig vereinbarten und durchgeführten) Transportes ging die Gefahr auf sie über, erst Recht oblag ihr die Gefahrtragung im Zeitpunkt der Einlagerung.

Sie hat nicht ausreichend dazu vorgetragen, dass der Schaden durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht hätte abgewendet werden können. Da es sich um eine Haftung für vermutetes Verschulden handelt, hatte sich die Beklagte als Lagerhalterin zu entlasten (vgl. Koller a.a.O. § 475 HGB Rn. 5; OLG Schleswig TranspR 2013, 310). Dabei muss sie in vollem Umfang nachweisen, dass sie die Zerstörung nicht zu verantworten hat. Dazu gehört Vortrag und Nachweis dazu, wie die Lagerräume beschaffen waren, dass Schäden angemessen vermieden und sie und ihre Erfüllungsgehilfen (zu denen insbesondere der Vermieter des Gebäudes, das der Einlagerung des Gutes dient, hier also der Streithelfer zu 1. zählt, vgl. Koller a.a.O. § 475 Rn. 3a)) kein Schuldvorwurf trifft, wobei sie sich nicht einfach darauf berufen kann, dass der Schaden durch von außen kommende Umstände verursacht worden ist; eine Unaufklärbarkeit der Schadensursache geht zu ihren Lasten (vgl. OLG Hamburg TranspR 1989, 189; Koller a.a.O. § 475 HGB Rn. 5; Heublein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 475 Rn. 8).

Zu den (Sorgfalts)Pflichten des ordentlichen kaufmännischen Lagerhalters gehört, das Gut so zu lagern, dass keine mit zumutbarem Aufwand erkennbaren oder vermeidbaren Gefahren von Substanzveränderungen entstehen. Zwar kann vom Lagerhalter nicht das volle Wissen um die Eigenschaften des Lagergutes erwartet werden und ist absoluter Schutz nicht geschuldet; grundsätzlich ist aber der ihm erkennbare Wert und eine ggf. spezifische Schadensanfälligkeit des Gutes von ihm bereits bei der Auswahl des Lagerplatzes zu berücksichtigen. Zudem hat er den Lagerort laufend zu kontrollieren und zu bewachen, insbesondere für Brandvermeidung und Brandschutz zu sorgen (vgl. Koller a.a.O. § 467 HGB Rn. 6ff; OLG Schleswig TranspR 2013, 310).

Vorliegend ist unstreitig, dass die Halle außer der in nordsüdlicher Richtung verlaufenden Wand keinerlei Trennwände geschweige denn Brandschutzwände aufwies, insbesondere die einzelnen Mietflächen Abtrennungen lediglich durch Bauzäune aufwiesen. Unstreitig ist ferner geblieben, dass keine Sprinkleranlage installiert war. Schließlich ist auch unstreitig, dass in der Halle Kraftfahrzeuge untergebracht waren. Soweit bestritten wird, dass diese mit gefüllten Tanks abgestellt waren, ist dies lediglich eine Behauptung ins Blaue hinein. Denn es ist nicht lebensnah anzunehmen, dass die Tanks sämtlicher Fahrzeuge nach deren Abstellen in der Halle geleert wurden; zudem ist der Ermittlungsakte zu entnehmen, dass die von der Feuerwehr wahrgenommenen Knallgeräusche mit hoher Wahrscheinlichkeit von berstenden Reifen und Kraftstofftanks zurückzuführen sind. Dass in der Halle eine Vielzahl von brennbaren Gegenständen lagerte, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass einzelne Flächen an unterschiedliche Mieter vermietet waren, die sich aus den von der Streithelferin zu 2 eingereichten Unterlagen (Anlage StV GvW 4, die sich mit der Liste auf Seite 42 der Ermittlungsakte im wesentlichen deckt) ergeben; zudem sind der Ermittlungsakte diverse Schadensanzeigen anderer Mieter zu entnehmen.

Die genannten objektiv vorhandenen Merkmale der Halle waren der Beklagten bekannt bzw. mussten ihr im Rahmen der Auswahl der Halle erkennbar gewesen sein. Unstreitig wusste die Beklagte (aus dem vorangegangenen Transport), um was es sich bei dem einzulagernden Gut handelte und kannte die Beklagte auch den Wert des Gutes zumindest in Höhe von 1,1 Mio Euro.

Unter diesen Umständen war bereits die Auswahl des Lagerortes verfehlt.

Denn angesichts des bedeutsamen Wertes der beiden Sterilisationsanlagen war bereits die Auswahl einer nicht mit einer Sprinkleranlage versehenen Halle, in der – nur mit Bauzäunen abgetrennte – weitere Mietflächen angrenzten, die mit unterschiedlichem (brennbaren) Lagergut bestückt waren, wozu auch Kraftfahrzeuge gehörten (die regelmäßig Kraftstofftanks enthalten) pflichtwidrig, da der (sich später auch verwirklichenden, für den Schaden ursächlichen) Brandgefahr nicht ausreichend Rechnung getragen wurde.

Auf die von der Beklagten und den Streithelfern vorgetragenen (überwiegend bestrittenen) Umstände bzw. Maßnahmen kommt es nicht an:

Eine tägliche Prüfung auf einen Verschluss der Lagerfläche innerhalb der Halle war im Hinblick auf brandspezifische Gefahren nutzlos, da – wie von Beklagter und Streithelfern selbst vorgetragen – die vermieteten Lagerflächen innerhalb der Halle lediglich mit Bauzäunen abgeteilt waren. Soweit die Beklagte behauptet, es habe eine Trennung von brennbaren Gegenständen und Fahrzeugen gegeben, ist dies nicht in Einklang zu bringen mit der Abtrennung durch (lediglich) Bauzäune, die naturgemäß ein Übergreifen von Feuer nicht zu verhindern geeignet sind.

Das Vorhalten einer Brandschutzordnung ist – bei unstreitig fehlender Sprinkleranlage, einer nur durch Bauzäune abgegrenzten Fläche mit in derselben Halle lagernden Kraftfahrzeugen – nicht geeignet, Brandgefahren abzuwenden, zumal die Beklagte und Streithelfer nur unsubstantiiert vortragen, wie und wann deren Einhaltung konkret überprüft wurde.

Das tatsächliche Vorhalten von Brandmeldeanlagen wie Rauchmeldern behaupten die Beklagte und die Streithelfer nicht einmal.

Zwar behauptet die Streithelferin zu 2., Feuerlöscher seien wie aus Anlage StV GvW 6/StV GvW 11 installiert gewesen, und trägt der Streithelfer zu 1. vor, diese seien Anfang 2012 erneuert worden. Ohne (unstreitig nicht existierende) Brandmeldeanlage bzw. Rauchmelder konnten die Feuerlöscher ihren Zweck nicht sinnvoll erfüllen.

Auf die konstruktive Sicherheit der Halle kommt es genausowenig an wie auf die Frage, ob und für welche Zwecke die Halle bauordnungsrechtlich genehmigt war bzw. welche Auflagen ggf. öffentlich – rechtlich bestanden, denn die aus dem Lagervertrag geschuldeten Pflichten und die dem Lagerhalter obliegende Nachweis fehlenden Verschuldens richten sich nicht nach den Maßstäben des öffentlichen Rechts.

Dass das Gelände und die Halle von Wachschutzunternehmen bewacht wurde, mag als wahr unterstellt werden, genauso wie der Umstand, dass das eingesetzte Personal Kontrollgänge machte. Dass dies – mangels Brandmeldeanlage – nicht ausreichend war, ein Übergreifen des Feuers auf die komplette Halle zu unterbinden, hat sich am 26. April 2012 gezeigt. Zudem erfolgte unstreitig lediglich eine Kontrolle auf dem Gelände, nicht aber bezüglich der konkret betroffenen Halle (innen und außen) selbst.

Dass die Halle einbruchssicher für Dritte unzugänglich war, behaupten Beklagte und Streithelfer nicht einmal selbst. So ist unstreitig, dass teilweise Fenster nur provisorisch abgedichtet waren bzw. an einer Stelle fehlten.

Im übrigen ergeben sich aus der Ermittlungsakte – insoweit konkret aus den von der Klägerin in ihren Schriftsätzen zitierten Ermittlungsergebnissen – weitere Umstände, die – auch aus Sicht der Beklagten – die Halle ungeeignet machten, so die Vielzahl von dort abgestellten brennbaren Gegenstände und Materialien. Dass die von der Feuerwehr bzw. Polizei vor Ort festgestellte Situation bzw. die von den (auf Veranlassung der Polizei) hinzugezogenen Brandsachverständigen erfolgte Beurteilung unzutreffend war, stellen die Beklagte und die Streithelfer nicht substantiiert in Abrede.

Ein Mitverschulden ist der Bio… nicht anzulasten.

Unstreitig hatte Bio… der Beklagten gegenüber den Wert des Lagergutes mit „ca. 1,1 Mio. EUR“ angegeben. Es macht keinen erheblichen Unterschied, dass das Lagergut tatsächlich einen Wert von rund 1,3 Mio. Euro hatte. Auch liegt kein Mitverschulden in dem Umstand, dass Bio…x eine weitergehende Versicherung ablehnte.

Soweit die Beklagte vorträgt, Bio… habe die Halle vor Einlagerung besichtigt und keine Einwände gehabt, ist dieser – von der Klägerin bestrittene Vortrag – unerheblich. Denn die Beklagte trägt vor, die Begehung der Halle habe „in den ersten vier Wochen nach der Einlagerung“ stattgefunden. Aus der nach Beginn des vertraglichen Einlagerungszeitraumes erfolgten (bestrittenen) Begehung kann sich die Beklagte nicht für die (zeitlich vorausgehende) Auswahl des Lagerortes entlasten.

Ein Haftungsausschluss– oder -beschränkung ergibt sich auch nicht aus Ziffer 28 ADSp i.V.m. § 438 HGB, da die Anzeigeobliegenheit schon nicht auf Lagerverträge anwendbar ist; im Übrigen hatte die Beklagte der Bio… am 26. April 2014 per email selbst die vollständige Zerstörung angezeigt.

Auf Haftungsbeschränkungen kann sich die Beklagte nicht berufen.

Zwar liegen dem Vertrag die ADSp zugrunde; jedoch gelten die Haftungsbegrenzungen, zu denen Ziffern 22ff ADSp zählen, nicht bei qualifiziertem Verschulden (vgl. Kollatz in Knorre/Demuth/Schmid, Handbuch des Transportrechts, 2. Aufl. C. II. Rn. 327).

Die ADSp sind zwar nicht qua Handelsbrauch in den Lagervertrag einbezogen worden (vgl. Merkt in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., Einl ADSp Rn. 2). Es ist auch zweifelhaft, ob angesichts auf dem Markt heutzutage verbreiteter Klauselwerke die Einbeziehung gerade der ADSp stets stillschweigend anzunehmen ist, wenn jemand in vertraglich Beziehungen zum Spediteur tritt (vgl. Koller a.a.O., vor Ziff. 1 ADSp 2003 Rn. 11).

Allerdings hat die Beklagte in ihrem Angebot, auf das die Bestellung vom 30. Januar 2012 Bezug nimmt, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Speditionsaufträge und damit zusammenhängende Geschäfte nur nach den ADSp durchgeführt werden. Zu den zusammenhängenden Geschäften gehört ohne Weiteres auch das Lagergeschäft.

Zwar hat die Bio… in ihrer Bestellung ihrerseits auf ihre „Einkaufsbedingungen“ hingewiesen. Diese sind für den streitgegenständlichen Lagervertrag indes ohne Relevanz, da sie ausweislich Ziffer 2. nur Kaufverträge erfassen sollen, bei denen die Bio…x als Käuferin auftritt.

Gelten die ADSp, muss sich die Beklagte darauf verweisen lassen, dass eine sich aus einzelnen Klauseln ergebende Beschränkung ihrer Haftung ausscheidet, wenn ihr qualifiziertes Verschulden vorzuwerfen ist, Ziffer 27.1 ADSp. Dies ist vorliegend der Fall, weil sie – wie ausgeführt – bereits keinen geeigneten Lagerort ausgesucht hatte; dies stellt eine Verletzung von Kardinalpflichten dar (vgl. BGH MDR 1979, 908; OLG Schleswig TranspR 2013, 310 vgl. Heublein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 467 Rn. 27). Die Klageforderung bezieht sich auch auf vorhersehbare typische Schäden im Sinne von Ziffer 27.1 ADSp.

Der Schaden besteht in dem Verlust des Lagergutes. Im Falle eines – wie hier vorliegenden qualifizierten Verschuldens – ist es Sache des Lagerhalters, die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Rechtsgutsverletzung (haftungsbegründende Kausalität) zu widerlegen. Dass eine mit Brandmeldeanlagen, Sprinkleranlage etc. ausgestattete umfassend gesicherte Halle, die über Brandschutzabtrennungen verfügte und keine Brandlasten in unmittelbarer Umgebung enthielt, das Übergreifen des Brandes auf die gesamte Halle verhindert hätte, ist zumindest so naheliegend, dass die Beklagte zu gegen diese Ursächlichkeit sprechenden Umstände hätte näher vortragen müssen. Zur haftungsausfüllenden Kausalität kommt der Klägerin die Beweiserleichterung gemäß § 287 ZPO zugute.

Als Schaden zu ersetzen ist gemäß § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB der Geldbetrag, der erforderlich ist, um den Zustand wiederherzustellen, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Der Wiederbeschaffungsaufwand für eine gleichwertige Ersatzsache bemisst sich nach den Kosten, die für eine gleichartige oder wirtschaftlich gleichwertige Ersatzsache aufgewendet werden (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Aufl., § 249 Rn. 15).

Die Ersatzsache ist vorliegend die bei Ster… bestellte Anlage. Dass diese tatsächlich bestellt wurde, ergibt sich aus Anlage K 13. Was genau die Beklagte trotz der dort enthaltenen Anlage C und der als Anlage K 46j eingereichten Schlussrechnung bezüglich des Vortrages der Klägerin bestreiten will, bleibt unklar. Die bei Ster… bestellte Anlage ist im o.g. Sinne gleichartig. Dies steht zur Überzeugung der Kammer als Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Dabei hält die Kammer den Ausgangspunkt der gutachterlichen Feststellungen, die Analyse der Anlagen K 44 und K 45, für zutreffend. Zwar hat die Beklagte (mit Nichtwissen) bestritten, dass die Unterlagen sich auf die Sterilisationsanlage der Steri… bzw. Ster… beziehen. Indes ergibt sich aus der Zusammenschau der Anlagen K 44 und K 45 mit den Anlagen K 50 bis K 53, dass K 44 und K 45 den streitgegenständlichen Sterilisationsanlagen zuzuordnen sind. Anlage K 50 stellt einen Auszug aus dem Genehmigungsantrag vom 20. Januar 2012 für die Sterilisationsanlage von Steri… dar, was sich inzident aus Anlage K 52 ergibt. Denn der zeitliche Zusammenhang zu der in Frankreich erworbenen und am 2. Februar 2012 eingelagerten Sterilisationsanlage der Steri… lässt es ausgeschlossen sein, dass hier noch andere (weitere) Sterilisationsanlagen beantragt worden sein könnten. Da Anlage K 50 Teil des ersten Genehmigungsantrages ist, muss sich auch Anlage K 44 auf die Anlage von Steri… beziehen. Erst Recht wird durch Anlage K 51 deutlich, dass sich Anlagen K 44 und K 45 auf die hier streitgegenständlichen Anlagen der Steri… bzw. Ster… beziehen, da dort die Insolvenz des ursprünglichen Anlagenherstellers und der Verlust der bereits hergestellten Anlage erwähnt wird.

Auf Grundlage der Anlagen K 44 und K 45 hat der Sachverständige – was die Kammer für korrekt hält – zunächst die Merkmale der Steri… – Anlage denen der Ster… – Anlage gegenübergestellt und ist auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis gekommen, dass beide Anlagen trotz kleiner technischer Varianten und Unterschieden bei der Bauform, der Bausauführung und der technischen Realisierung vom Wirkprinzip her und auch bezüglich der geplanten Durchlaufmenge, Dimensionierung und bezüglich des Sterilisationsergebnisses absolut gleichartig seien.

Die von der Beklagten eingereichte Anlage B 9 stellt im Wesentlichen (auf Seiten 1 bis 7) die vom Sachverständigen zugrundegelegten Unterlagen (Anlagen K 44 und K 45) bezüglich ihrer Urheberschaft und Zuordnung zu den konkret in Rede stehenden Sterilisationsanlagen in Frage, des Weiteren wird dort die fehlende Detailliertheit bemängelt. Dies alles kann dahinstehen. Bezüglich der Zugrundelegung der Anlagen K 44 und K 45 wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Dass eine sachverständige Beantwortung der Beweisfrage wegen fehlender Details nicht möglich ist, hat der Sachverständige P. nicht zu erkennen gegeben.

Soweit in Anlage B 9 auf Seiten 7 bis 9 Unterschiede herausgestellt werden, so steht dies dem Sachverständigengutachten P. nicht entgegen. Auch dieser hat Unterschiede durchaus eingeräumt. Dass aus den in Anlage B 9 aufgezeigten Unterschieden in Bezug auf das Wirkprinzip, geplante Durchlaufmenge, Dimensionierung und das Sterilisationsergebnis so gravierende Unterschiede abzuleiten sein sollen, dass eine Gleichartigkeit auszuschließen ist, wird aus Anlage B 9 nicht hinreichend klar.

Den auf die Einwendungen der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 10. November 2016 nebst Anlage B 9 im einzelnen eingehenden Erwiderungen der Klägerin im Schriftsatz vom 27. März 2017, aus denen sich plausibel ergibt, dass die (unstreitigen) Unterschiede nicht die Gleichartigkeit im Ganzen in Frage stellen, sind die Beklagte bzw. die Streithelfer ihrerseits nicht mehr substantiiert entgegengetreten, vielmehr trägt die Beklagte in ihrer Stellungnahme im Schriftsatz vom 13. Juni 2017 lediglich vor, sie halte die Einwendungen aus dem Schriftsatz vom 10. November 2016 aufrecht.

Zu Recht weist die Beklagte zwar darauf hin, dass die von dem Sachverständigen P. im Gutachten vom 27. August 2016 im Vorwort erwähnte „funktionale“ Gleichartigkeit nicht dem Wortlaut des Beweisbeschlusses entspricht. Dies ist aber – wie nachfolgend auszuführen ist – unschädlich.

Soweit die Beklagte gegen das genannte Sachverständigengutachten weitere Einwendungen erhoben hat, sind die sich aus ihrer Sicht daraus ergebenden Fragen dem Sachverständigen zu schriftlicher Beantwortung vorgelegt worden und ergibt sich aus den ergänzenden sachverständigen Feststellungen vom 18. Januar 2018, bei deren Beantwortung dem Sachverständigen auch die Anlage B 9 sowie die Anlagen K 50 bis K 54 vorgelegen haben, insoweit Folgendes:

Zu Recht hat der Sachverständige die ihm mit Beauftragung übersandten Unterlagen seinem Gutachten zugrundegelegt. Dabei handelte es sich um die Anlagen K 44 und K 45, wozu bereits vorstehend ausgeführt wurde. Zu Recht erfolgte keine Ortsbesichtigung, da die Steri… – Anlage zerstört ist und ein Vergleich der Anlagen durch Inaugenscheinnahme mithin ausscheidet. Die Präzisierung auf „funktionale“ Gleichartigkeit“ begegnet insoweit keinen Bedenken, als die Ersatzsache, deren Kosten gemäß § 249 BGB zu ersetzen sind, diejenige Sache ist, die notwendig ist, um einen gleichartigen (oder gleichwertigen) Zustand vorzunehmen, dies unter Berücksichtigung, dass der „schadenfreie“ Zustand möglichst zu erreichen ist; dabei ist eine großzügige Handhabung veranlasst (vgl. Schiemann in Staudinger, BGB (2017), § 249 Rn. 182ff und Rn. 218). Aus (der maßgeblichen) Sicht der geschädigten Bio… bestand das Interesse an der Naturalrestitution bzw. diese ersetzende Herstellung der Ersatzsache maßgeblich darin, Sterilisationsanlagen zu erhalten, die die Funktion der zerstörten Anlagen übernehmen. Dabei ist der Vortrag der Beklagten, ihr sei bekannt geworden, dass die Anlagen der Steri… nur als Ersatzteillager hätten diesen sollen, unerheblich. Zum einen steht der Behauptung der Wortlaut der Bestellung (Anlage K 21) entgegen („bis zur Einbringung in den Neubau“), zum anderen sollten die Anlagen unstreitig dem Zweck dienen, sterile Medizinprodukte zu erzeugen. Dass – wie die Beklagte zudem behauptet – die zerstörte Anlage nicht funktionsfähig gewesen sein soll, stellt eine Behauptung ins Blaue hinein dar. Woher sie diese Erkenntnis haben will, wird nicht vorgetragen. In diesem Zusammenhang ist es auch unerheblich, ob Bio… die Anlagen aus der Insolvenz günstig erworben hat. Ihr Vortrag zu der Steri… – Anlage steht auch im Gegensatz zu den als Anlagen K 2, K30 und K 31 eingereichten Unterlagen.

Da – wie ausgeführt – eine Untersuchung der zerstörten Anlage mit Gegenüberstellung mit der Ersatzanlage nicht möglich ist, hatte es bei einer Gegenüberstellung anhand der Planungslage – wie vom Sachverständigen anhand der Anlagen K 44 und K 45 durchgeführt – zu verbleiben, wobei nur die Parameter zu prüfen waren, die sich aus den vorhandenen Angaben ergaben.

Der Sachverständige P. hat in seiner schriftlichen Ergänzung vom 18. Januar 2018 nochmals eingehend dargestellt, dass die wesentlichen Parameter gleichartig sind, dass nämlich die verglichenen Sterilisationsanlagen der Produktion von sterilen Medizinprodukten dienten, das Fassungsvermögen, das Material und das Verfahren gleich waren. Er hat – für die Kammer nachvollziehbar – und zu Recht auf die Funktion abstellend ausgeführt, dass die verglichenen Sterilisationsanlagen das gleiche Ergebnis (qualitativ und quantitativ) produzieren. Ob der Weg der Produktion in einzelnen Komponenten unterschiedlich ausgestaltet war, hält die Kammer für unerheblich, zumal – wie ausgeführt – zu Lasten der Beklagten als Schuldnerin zu gehen hat, wenn sich dem „schadensfreien“ Zustand nur angenähert werden kann.

Zu den seiner ergänzenden Stellungnahme von der Beklagten unter Bezugnahme auf Anlage 10 entgegengehaltenen Einwendungen hat der Beklagte in seiner Anhörung Stellung genommen und keine Zweifel daran gelassen, dass die Anlagen in Bezug auf Umfang und Qualität des mit der Sterilisationsanlage zu erzeugenden Ergebnisses gleichartig sind. Darauf, ob unterschiedliche Stromverbräuche und sonstige Folgekosten bei den zu vergleichenden Anlagen zu verzeichnen sind, was der sachverständige nicht geprüft hat, kommt es zur Überzeugung der Kamer für die Funktionalität nicht an.

Die Höhe des Schadens beträgt (mindestens) 1.600.000,00 Euro.

Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf die tatsächlich aufgewendeten Kosten. Dass diese Kosten aufgewendet wurden, bestreitet die Beklagte und hatte die Klägerin dies nachzuweisen.

Der Beweis ist der Klägerin mit Urkunden gelungen.

Die Bestellung in Anlage K 5 erfolgte zur Nr. 858240 über insgesamt 1.800.000,00 Euro. Dieser Nr. sind die Rechnungen in Anlagen K 46a (270.000,00 Euro), K 46b (90.000,00 Euro), K 46c (90.000,00 Euro), K 46d (90.000,00 Euro), K 46e (90.000,00 Euro), K 46f (405.000,00 Euro), K 46g (180.000,00 Euro), K 46h (270.000,00 Euro), K 46i (180.000,00 Euro) sowie die Schlussrechnung in Anlage K 46j (90.000,00 Euro) zuzuordnen. Anlagekonvolut K 59 enthält Zahlungsbelege zu, die sich gemäß Text im „Verwendungszweck“ den Rechnungen in Anlagen K 46a, 46b, 46c, 46d, 46e, 46f, 46h und 46i zuordnen lassen (zusammen 1.530.000,00 Euro).

Bezüglich der Rechnungen in Anlagen K 46g und 46 j liegen Buchhaltungsunterlagen (Anlage K 60 und K 61), aus deren Buchungstext sich die jeweilige Rechnungsnummer – abgesehen von einer ersichtlich auf einem Schreibfehler beruhenden Abweichung – ergibt. Zudem hat die Klägerin weitere Belege als Anlage K 62 eingereicht.

Die Beklagte und die Streithelfer haben nach Vorlage der Zahlungsbelege ihr Bestreiten im Übrigen nicht aufrechterhalten.

Von einer Einvernahme von Zeugen konnte abgesehen werden; der Beweisbeschluss vom 23. September 2015 war zu Ziffer I.2. nicht mehr durchzuführen.

Die Einrede der Verjährung greift nicht. Die Verkehrshaftpflichtversicherin der Beklagten hatte bereits am 25. April 2013 – noch während des Laufs der Verjährungsfrist – namens der Beklagten erklärt, bis zum 31. Juli 2013 auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Sodann wiederholte sie die Verzichtserklärungen jeweils im Namen der Beklagten, zuletzt bis zum 30. April 2014. Auf eine von der Beklagten behauptete Unkenntnis der Verkehrshaftpflichtversicherin von der Existenz von Mitversicherern kommt es nicht an, zumal es sich bei der Verkehrshaftpflichtversicherin um die … Versicherung AG handelte, die zugleich Mitversicherin war.

Die am 3. Juni 2014 erfolgte Zustellung der Klage hat den Lauf der Frist erneut gehemmt, § 204 Nr. 1 BGB. Denn gemäß § 167 ZPO trat die verjährungshemmende Wirkung der Zustellung bereits mit Eingang der Klageschrift am 28. April 2014 ein, da die Zustellung „demnächst“ erfolgte. Verzögerungen hatte die Klägerin nicht zu vertreten. Sie durfte zunächst die Vorschussanforderung abwarten, die am 13. Mai 2014 versandt wurde. Die Einzahlung folgte eine Woche später, was als unverzüglich anzusehen ist. Auf die erst am 27. Mai 2014 erfolgte richterliche Verfügung zur Zustellung der Klage hatte sie keinen Einfluss.

Im Übrigen gilt ohnehin § 475a i.V.m. § 439 Absatz 1 Satz 2 HGB.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Absatz 1. Die erstmalige Zahlungsaufforderung vom 18. März 2013 löste noch keinen Verzug aus, so dass der Zinsanspruch erst ab Rechtshängigkeit besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Absatz 2, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

 

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