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Laubfall: Anspruch auf Verhinderung und Beseitigung von überstehenden Ästen

Oberlandesgericht Düsseldorf

AZ.: 9 U 10/95

Urteil vom 23.08.1995

Vorinstanz: Landgericht Düsseldorf, AZ.: 13 O 639/93


In dem Rechtsstreit hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 1995 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – Einzelrichter – vom 4. November 1994 – 13 O 639/93 – teilweise abgeändert:

Die Beklagten werden desweiteren verurteilt, die Äste der auf ihrem Grundstück … stehenden Rotfichte zu entfernen, soweit sie über den zwischen den Grundstücken … und … befindlichen Zaun in das Grundstück der Kläger … hineinragen.

Die weitergehende Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden den Klägern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Kläger sind Eigentümer des ca. 3.000 qm großen Hausgrundstückes … . Die Beklagten sind Eigentümer des ca. 2.400 qm großen Nachbargrundstücks … .

Im Garten der Kläger befindet sich ein ganzjährig genutzter offener Swimmingpool. Auf dessen Höhe hat der Rechtsvorgänger der Beklagten in der Mitte des jetzigen Grundstücks der Beklagten vor ca. 20 Jahren zwölf Birken und eine Eiche gepflanzt. Die Bäume sind mittlerweile über 15 m hoch. Im Herbst fällt bzw. weht Laub von den Birken und der Eiche im Garten der Beklagten auf das Grundstück der Kläger und beeinträchtigt insbesondere die Schwimmbadbenutzung.

Im übrigen sind die Grundstücke der Parteien entlang der gemeinsamen Grenze mit Nadelbäumen bepflanzt. Auf dem Grundstück der Beklagten steht u.a. im Abstand von 3 m zur Grenze eine ca. 20 m hohe Rotfichte und eine ca. 15 m hohe Weymutskiefer. Die Zweige beider Bäume ragen über die Grundstücksgrenze. Auf dem Grundstück der Kläger stehen im Bereich der Rotfichte zwei ca. 10 m hohe serbische Fichten im Abstand von ca. 1 m zur Grundstücksgrenze. Diese Fichten weisen einen Schrägwuchs von der Rotfichte auf dem Grundstück der Beklagten weg auf. Auf dem Nachbargrundstück entlang der hinteren Grundstücksgrenze der Parteien, dem sogenannten H…-P… stehen größere Laubbäume, u.a. auch eine große Birke. Auch weitere Nachbargrundstücke weisen alten Baumbestand auf.

Mit ihrer Klage haben die Kläger Beseitigung der überhängenden Äste der Rotfichte und der Weymutskiefer sowie Entfernung der zwölf Birken und der Eiche, hilfsweise Verhinderung des Laubfalls auf ihr Grundstück, und Erstattung von Kosten für Laubbeseitigung 1991 und 1992 begehrt.

Die Kläger haben vorgetragen, der Überhang der Rotfichte und der Weymutskiefer führe zu einer Abschattung ihres Grundstückes. Ihnen seien bereits Pflanzen im Wert von 12.000 DM eingegangen.

Im Herbst falle von den Birken und der Eiche auf dem Grundstück der Beklagten massenhaft Laub in ihren Garten. Der Rasen vergilbe, es bestehe Rutschgefahr, das Baden sei nahezu unmöglich, Leitungen und Filter des Swimmingpools würden verstopft. Der Laubbaumbestand auf dem Grundstück der Beklagten sei nicht ortsüblich, die Grundstücke auch in der Nachbarschaft seien überwiegend mit Nadelbäumen bepflanzt.

Für die Laubbeseitigung seien 1991 ein Stundenaufwand von 88,5 Stunden à 51,30 DM und 1992 von 61,5 Stunden à 55 DM sowie Entsorgungskosten von 255 DM entstanden.

Die Beklagten haben sich für ihren Klageabweisungsantrag darauf berufen, die Abschattung des Grundstückes der Kläger rühre von deren eigenen Bäumen her.

Der Laubbefall stamme nur teilweise von ihren Birken und der Eiche. Auch auf dem Grundstück der Kläger und anderen Nachbargrundstücken stünden Laubbäume. Diese seien daher ortsüblich. Die Birken und die Eiche auf ihrem Grundstück dürften zudem nach der Baumschutzsatzung der Stadt … nicht gefällt werden.

Das Landgericht hat nach Durchführung einer Ortsbesichtigung mit dem angefochtenen Urteil die Beklagten zur Beseitigung der überragenden Äste der Weymutskiefer verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre abgewiesenen Klageanträge weiterverfolgen.

Die Beklagten bitten um Zurückweisung der Berufung, wiederholen ebenfalls ihren erstinstanzlichen Vortrag und berufen sich ergänzend darauf, zwei der Birken seien mittlerweile gefällt worden, die übrigen dürften nach der Baumschutzsatzung nicht beseitigt werden. Zur Entfernung der überhängenden Äste der Rotfichte seien sie, soweit dies die Baumschutzsatzung der Stadt … zulasse, bereit.

Wegen des beiderseitigen Parteivorbringens im übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der überreichten Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Die Beklagten sind aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB lediglich zur Beseitigung der überhängenden Äste der Rotfichte, nicht auch zur Beseitigung der Birken und der Eiche auf ihrem Grundstück bzw. zur Verhinderung des Laubbefalls auf das Grundstück der Kläger oder zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet.

1.

Der Anspruch auf Entfernung der über die Grundstücksgrenze ragenden Äste der Rotfichte auf dem Grundstück der Beklagten ist nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB begründet, da der Überhang eine Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger darstellt. Hiervon kann zwar nicht nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme und des Beweissicherungsgutachtens des Sachverständigen … vom 22.02.1992, wohl aber nach dem von den Beklagten nicht bestrittenen Vorbringen der Kläger in der Berufungsbegründung ausgegangen werden.

a) Nach § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB kann der Nachbar Äste eines Baumes, die über die Grenze in sein Grundstück hineinragen, im Wege der Selbsthilfe nach fruchtloser Aufforderung mit Fristsetzung zur Beseitigung abschneiden. Dieses Recht ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer des anderen Grundstückes beweist, dass die Zweige die Benutzung des Nachbargrundstückes nicht beeinträchtigen (§ 910 Abs. 2 BGB). Geht der Nachbar indessen nicht nach § 910 BGB vor, sondern macht seinen durch § 910 BGB nicht ausgeschlossenen (vgl. 3GHZ 97, 231) auf Beseitigung der Zweige gerichteten Eigentumsfreiheitsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB geltend, muss er die Beeinträchtigung durch die überhängenden Zweige darlegen und beweisen.

b) Die Kläger haben sich erstinstanzlich darauf berufen, die Rotfichte führe durch ihre überhängenden Äste zu einer Beschattung ihres Grundstücks. Einen Beweis für diese Behauptung haben die Kläger erstinstanzlich jedoch nicht erbracht. Sowohl nach dem Beweissicherungsgutachten des Sachverständigen … vom 22.02.1992, als auch nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung des Einzelrichters des Landgerichts Düsseldorf ist die Abschattung im Bereich der Rotfichte nicht (allein) auf die überhängenden Zweige, sondern auf den gesamten hohen Baumbestand auf beiden Grundstücken in diesem Bereich zurückzuführen.

c) In der Berufungsbegründung haben die Kläger neue Umstände geltend gemacht, die nunmehr eine wesentliche Beeinträchtigung ihres Eigentums begründen. Sie haben insbesondere behauptet, die beiden serbischen Fichten auf ihrem Grundstück würden in ihrem Wuchs durch die Rotfichte gehindert und seien bereits zur Hälfte völlig ausgetrocknet und kahl. Auch ein unter der Rotfichte stehender Zwillingsbaum trockne aus, da die überhängenden Zweige der Rotfichte die Zuführung von Regenwasser für diese Bäume behindere. Diesen neuen Vortrag haben die Beklagten nicht substantiiert bestritten, sondern sich lediglich darauf berufen, es läge nur eine unwesentliche Beeinträchtigung vor. Ihr nur pauschaler Vortrag ist indessen unerheblich. Die Beklagten hätten im einzelnen zu den von den Klägern dargelegten Auswirkungen des Überhangs Stellung nehmen müssen. Entsprechender Vortrag fehlt jedoch.

Eine eventuell nach der Baumschutzsatzung der Stadt … für die Beseitigung der überhängenden Äste erforderliche Genehmigung haben die Kläger nicht beizubringen. Vielmehr wäre es im Hinblick auf eine insofern gegebenenfalls bestehende Duldungspflicht der Kläger aus § 1004 Abs. 2 BGB Sache der Beklagten, substantiiert darzulegen, dass überhaupt eine solche Genehmigung für die Beseitigung der überhängenden Äste erforderlich ist. Tatsachenvortrag dazu, dass die Rotfichte den Voraussetzungen der Baumschutzsatzung unterfällt, haben die Beklagten indessen nicht unterbreitet.

2.

Die Kläger haben hingegen keinen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Entfernung der Birken und der Eiche auf dem Grundstück der Beklagten oder auf Maßnahmen zur Verhinderung des Laubbefalls von diesen Bäumen auf ihr Grundstück.

Ob und in welchem Umfang von den Bäumen auf dem Grundstück der Beklagten herbstlicher Laubfall auf das Grundstück der Kläger ausgeht, braucht im vorliegenden Streitfall nicht festgestellt zu werden. Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl. insofern auch zu den nachfolgenden Ausführungen die im NJW-RR 1990, 144 ff.; OLGZ 1993, 451 ff. veröffentlich- ten Entscheidungen), stellt Laubbefall vom Nachbargrundstück als Folge gesetzlicher Nutzung des Eigentums keine nach §§ 906, 1004 BGB abwehrfähige Eigentumsbeeinträchtigung dar.

a) Dass Laub, Blüten oder kleinere Zweige von Bäumen auf einem Nachbargrundstück überhaupt zu den „Beeinträchtigungen“ zählen, deren Beseitigung der Eigentümer nach §§ 906, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen kann, ist im Allgemeinen kaum anzunehmen. Solche rein tatsächlichen Auswirkungen eines Grundstückes, die ausschließlich durch das Wirken von Naturkräften ausgelöst werden, begründen einen Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 BGB nur dann, wenn die Einwirkung auf das Nachbargrundstück wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers zurückgeht, der als Störer in Anspruch genommen wird. Ihm sind daher Einwirkungen, die auf Naturereignissen beruhen, nur dann zuzurechnen, wenn er sie durch eigene Handlungen ermöglicht oder durch pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt hat (vgl. BGHZ 90, 255 = NJW 1984, 2207 unter II 2). Zwar geht der von einem Grundstückseigentümer gepflanzte oder geduldete Bewuchs seines Grundstückes auf seinen Willen zurück. Daraus folgt indessen noch nicht, dass ihm auch die natürlichen Einwirkungen des Bewuchses auf das Nachbargrundstück als Störungen zuzurechnen sind.

Die Vorschrift des § 906 verfolgt als Gesetzgebungsziel (Nachweise bei BGHZ 90, 255 = NJW 1984, 2207 unter I. 1) die Regelung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Handlung des Grundeigentümers, die dazu führt, dass Stoffe, Zustände oder Erscheinungen im Sinne dieser Vorschrift entstehen und dann auf natürlichem Wege über die Grundstücksgrenzen hinauswirken, sich als rechtswidrig darstellt. Aus diesem Regelungszweck folgt, dass ein Verhalten des Grundstückseigentümers nicht bereits deshalb als rechtswidrig anzusehen ist, weil von seinem Grundstück Immissionen die Grenze zum Nachbargrundstück überschreiten. Vielmehr lässt sich die Frage der Rechtswidrigkeit des Handelns eines Grundstückeigentümers nur bei einer wertenden Betrachtung seines Verhaltens und der darauf beruhenden Auswirkungen beantworten.

Ein Grundstück als Teil der Erdoberfläche unterliegt stets dem Wirken der Naturkräfte. Diese sind wert-neutral und werden allgemein hingenommen und sogar als erwünscht angesehen, solange sie nicht verändernd oder zerstörend auftreten. Eine sich auf den Ablauf oder Kreislauf der Natur beschränkende Auswirkung einer Grundstücksnutzung kann deshalb nur dann als Beeinträchtigung anderer Grundstücke angesehen werden, wenn sie dort schädliche Veränderungen oder gar Zerstörungen hervorruft.

Der Gesetzgeber hat für bestimmte Fälle des Wirkens von Naturkräften Regelungen im Interesse des Nachbarn getroffen. So verbietet § 115 Abs. 1 Satz 1 Landeswassergesetz NW die künstliche Veränderung des Ablaufes wild abfließenden Wassers, wenn dadurch tiefer gelegene Grundstücke belästigt werden. Herüberragende Zweige oder eingedrungene Wurzeln braucht der Nachbar nicht zu dulden; er kann sie gemäß § 910 BGB selbst entfernen oder gemäß § 1004 Abs. 1 BGB deren Beseitigung von Eigentümer des anderen Grundstückes verlangen (vgl. BGHZ 97, 231). Schließlich sind im Interesse des Nachbarn mit Pflanzen und Bäumen außerhalb des Waldes nach §§ 40 bis 46 NachbG NW im einzelnen vorgeschriebene Abstände von den Nachbargrundstücken einzuhalten, bei deren Verletzung dem Nachbarn gemäß § 50 NachbG NW ebenfalls ein Abwehranspruch aus § 1004 BGB zusteht.

b) Soweit der Gesetzgeber keine Regelung im Interesse des Nachbarn oder zum Wohle der Allgemeinheit (Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG) getroffen hat, steht die Nutzung des Rechtes Eigentums nach § 903 BGB im Belieben des Eigentümers. Er darf insbesondere beliebig hohe und dichte Bäume über der Oberfläche seines Grundstückes haben (vgl. Dehner, Nachbargesetz, 6. Auflage, § 22). Eine solche Nutzung ist nicht nur sein Recht, sondern allgemein erwünscht und, wie § 45 Nordrhein-Westfälisches Landschaftsgesetz und auch die vorliegende Baumschutzsatzung der Stadt … zeigen, ein erklärtes Ziel der Gestaltung im Zusammenhang bebauter oder geplanter Ortsteile.

Wenn aber die Nutzung selbst erlaubt und erwünscht ist und durch die Baumschutzsatzung Eingriffe in die Natur verboten sind, können auch deren Auswirkungen auf die Nachbarschaft nicht rechtswidrig sein, weil es dann an den Voraussetzungen fehlt, unter denen das Verhalten des Grundstückseigentümers sich als rechtswidrig darstellt. Natürliche Immissionen solcher Pflanzen, die die nach dem Nachbarrechtsgesetz vorgeschriebenen Grenzabstände einhalten, sind deshalb keine Eigentumsbeeinträchtigung, die nach § 1004 BGB abgewehrt werden könnte. Eine im Einzelfall vorliegende Belästigung des Nachbarn hat dieser hinzunehmen, denn sie ist der „Preis“, den jeder Eigentümer dafür zahlen muss, dass sein Grundstück nicht von der Umwelt losgelöst, sondern m die Natur eingebunden und deren Wirken ausgesetzt ist.

Dass die Birken und die Eiche auf dem Grundstück der Beklagten die Grenzabstände des Nachbarrechtsgesetzes NW nicht einhalten, behaupten die Kläger nicht.

c) Das Beseitigungsverlangen der Kläger wäre selbst dann nicht berechtigt, wenn die Immissionen der Birken und der Eiche als „Einwirkungen“ im Sinne des § 906 BGB angesehen würden; denn bei Anwendung dieser Vorschrift wird Laub- oder Blütenbefall entweder als unwesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB oder als ortsüblich und nicht zu verhindern im Sinne von § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB angesehen (vgl. Münch. Kommentar – Säcker, BGB, § 906 Rdn. 73; Palandt/Bassenge, BGB, 54. Aufl., § 906 Rdn. 13; Müller NJW 1988, 2587; jeweils mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Ob Tatbestandsmerkmale die „unwesentlich“, „ortsüblich“ und „nicht zu verhindern“ geeignet sind, Abläufe in der Natur zu werten, erscheint aus dem vorstehend ausgeführten Gründen zweifelhaft. Im Ergebnis ist jedenfalls, soweit ersichtlich, einhellige Meinung, dass Bäume, mit denen die vorgeschriebenen Abstände eingehalten werden, stehen bleiben dürfen.

Eine andere Entscheidung wäre nur bei außergewöhnlicher, extensiver Nutzung mit einer jedes in der Natur vorkommende Maß übersteigenden Auswirkung auf das Grundstück der Kläger angezeigt. Ein solcher Fall liegt indessen auch unter Zugrundelegung des tatsächlichen Vorbringens der Kläger nicht vor. Die Besonderheit der über die normale Auswirkung eines herbstlichen Laubbefalls hinausgehenden Beeinträchtigung der Schwimmbadbenutzung ändert an der vorstehenden Wertung nichts. Außenschwimmbäder werden in unseren Breitengraden üblicherweise nicht mehr im Herbst genutzt. Wenn der Kläger gleichwohl, sei es auch aus medizinisch indizierten Gründen, sein Außenschwimmbecken ganzjährig nutzen will, hat er auch die naturgegebenen Nachteile in Kauf zu nehmen. Diese liegen nun einmal darin, dass im Herbst von Bäumen fallendes Laub das Schwimmbecken und seine technischen Anlagen verschmutzen und sogar verstopfen kann und auch die Annehmlichkeit des Schwimmens beeinträchtigt ist.

d) Technische Schutzvorrichtungen zur Verhinderung des Laubbefalls entsprechend dem Hilfsantrag der Kläger sind nicht denkbar. Es lassen sich bereits angesichts der Größe der Birken und der Eiche kein Zaun und keine sonstige Schutzvorrichtung vorstellen, die ein Hinüberwehen der Blätter vom Grundstück der Beklagten auf das Grundstück der Kläger verhindern könnte.

Ein den Laubfall verhinderndes Ausästen der Bäume hat nur dann nennenswerten Erfolg, wenn es in einem großflächigen Absägen der Äste bestünde, was zu einer Gefährdung der Bäume führen würde und einer völligen Beseitigung der Bäume, die gerade nicht verlangt werden kann, gleichkäme. Es kann auch nicht mit der notwendigen Gewissheit davon ausgegangen werden, dass ein begrenztes Ausästen auch nur annähernd den von den Klägern angestrebten Erfolg hätte. Dies geht zu Lasten der Kläger, denen es obliegt, die Möglichkeit einer Verhinderung der Beeinträchtigung darzutun und zu beweisen.

3.

Schließlich steht den Klägern auch kein nachbarrechtlicher Ersatzanspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf Erstattung der Aufwendungen für die Beseitigung des Laubes von den Bäumen der Beklagten zu. Sieht man Laub, Blüten und Zweige nicht als Einwirkungen oder jedenfalls nicht als Beeinträchtigungen im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB an, so fehlt es schon an den Anspruchsvoraussetzungen.

Jedenfalls wäre ein Ersatzanspruch aber auch nicht begründet wenn die Anwendbarkeit des § 906 Abs. 1 BGB für Fälle dieser Art grundsätzlich bejaht würde. Selbst eine wesentliche Beeinträchtigung würde nach dem tatsächlichen Vorbringen der Kläger noch keinen Anspruch auf Ausgleich in Geld begründen, weil die Einwirkung die ortsübliche Benutzung ihres betroffenen Grundstückes nicht über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Frage der Zumutbarkeit einer wesentlichen Nutzungsbeeinträchtigung bemisst sich entscheidend danach, was in einem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis als sozialadäquat hingenommen werden muss. Die Belange des betroffenen Grundstückseigentümers sind somit nicht nur mit denen des Störers, sondern auch mit denen der übrigen Nachbarschaft, somit der Allgemeinheit gegeneinander abzuwägen.

Der erhöhte Arbeitsaufwand der Kläger für das Entfernen des Laubes sowie die Reinigung des Schwimmbads und seiner technischen Einrichtungen stellt angesichts der vorgetragenen, sich auf zwei Monate im Jahr beschränkenden Belastungen im Verhältnis zu den Vorteilen des Wohnens in einer begrünten Umgebung und des im Allgemeinwohl liegenden Umwelt- und Naturschutzes nur eine Beschwernis dar, die über das für einen verständigen Nachbarn hinzunehmende Maß einer Belästigung nicht hinausgeht. Die Parteien genießen den Vorzug, auf Grundstücken mit – im Verhältnis zur heute üblichen Einfamilienhausbebauung – parkähnlich großem Zuschnitt zu leben. Sowohl ihre eigenen, als auch die Nachbargrundstücke sind geprägt durch ausgedehnte Begrünung, insbesondere alten und hohen Baumbestand. Diese Bepflanzung kennzeichnet Art und Ausmaß der Benutzbarkeit der Grundstücke und gewährt ein gehobenes Maß an Wohn- und Lebensqualität. Der herbstliche Laubfall ist nur die auch von den Klägern als Mitglieder der Allgemeinheit hinzunehmende Kehrseite der Annehmlichkeit und Nützlichkeit, die ein begrüntes Wohngebiet bietet. Solche Immissionen sind in einer Wohngegend mit Baumbestand nichts Besonderes. Durch sie verursachte Beeinträchtigungen werden daher regelmäßig, auch wenn ihre Beseitigung Geld und Zeit kostet, angesichts der überragenden Nützlichkeit von Bäumen für die Gesellschaft entschädigungslos hinzunehmen sein. Dies gilt um so mehr, als gerade Laubbäume bekanntermaßen in unserer belasteten Umwelt als Sauerstofflieferanten, Luftbefeuchter und Entgaser erforderlich sind. Unter diesem Blickwinkel hat der Laubbaum eine im eigentlichen Sinne soziale, nämlich das Leben der Gemeinschaft fördernde Funktion. Ihr gegenüber muss den Beschwerlichkeiten, die mit der Beseitigung des jahreszeitlich bedingten Laubfalls verbunden sind, grundsätzlich eine untergeordnete Bedeutung beigemessen werden. Keinesfalls dürfen die Beschwerlichkeiten dazu Anlass geben, zur Vermeidung der naturgegebenen Beeinträchtigung Monokulturen durch ausschließliche Anpflanzung von Nadelbäumen entstehen zu lassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 2 ZPO. Die Kläger haben, auch soweit sie mit ihrem Rechtsmittel obsiegen, die Kosten des Rechtstreites erster Instanz und ihrer Berufung zu tragen. Im Verhältnis zu dem mit ihrer gesamten Klage verfolgten Interesse haben die Kläger nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil obsiegt, der auch keine besonderen Kosten veranlasst hat. Ihre Berufung war auch nur aufgrund neuen Vorbringens in der Berufungsbegründung erfolgreich, das sie bereits im ersten Rechtszug geltend zu machen imstande waren.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert: 23.677,50 DM

(Klageantrag zu 1: 500,00 DM

Klageantrag zu 2: 15.000,00 DM

Klageantrag zu 3: 8.177,50 DM)

Beschwer für die Kläger: unter 60.000,00 DM.

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