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Leasingfahrzeug – Verkehrunfall und Restwertbestimmung

Amtsgericht Hamm

Az: 17 C 112/07

Urteil vom 15.06.2007


Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Streitwert: für den Rechtsstreit 2.294,95 Euro, für die mündliche Verhandlung 1.780,85 Euro

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Leasinggesellschaft. Bei einem Unfall vom 23.01.06 auf der BAB A 2 im Bereich I wurde eines ihrer Fahrzeuge durch einen Lkw mit Anhänger der Beklagten zu 2) beschädigt. Der Lkw war bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversichert und wurde von dem Beklagten zu 1) gesteuert. Die vollständige Haftung der Beklagten aus diesem Unfall ist unstreitig.

Unter dem 08.02.06 erstattete ein Sachverständiger ein Gutachten, in welchem er zu dem Ergebnis kam, dass ein vergleichbares Fahrzeug einen Wiederbeschaffungswert von 7.850,00 Euro (einschl. Mehrwertsteuer) hatte und das beschädigte Fahrzeug einen Restwert von 800,00 Euro. Am 22.03.06 verkaufte die Klägerin das Fahrzeug an ein zum Markenkonzern gehörendes Autohaus für 799,99 Euro. Mit Schreiben vom 27.03.06, bei der Beklagten zu 3) eingegangen am 30.03.06, übersandte die Klägerin das Sachverständigengutachten und rechnete den Schaden mit einem Restwert von 800,00 Euro ab. Die Beklagte zu 3) holte Restwertangebote über eine Internet-Restwertbörse ein. Sie zahlte aufgrund einer Abrechnung vom 19.04.06 an die Klägerin 6.767,24 Euro (Nettowiederbeschaffungswert) abzüglich Nettorestwert von 2.465,51 Euro (gemäß Restwertbörse) = 4.301,73 Euro. Wegen der vorgerichtlich geleisteten Zahlung der Beklagten zu 3) in Höhe der Sachverständigenkosten von 489,10 Euro und einer Auslagenpauschale von 25,00 Euro hat die Klägerin die Klage zurückgenommen.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie müsse sich nur den Restwert von 800,00 Euro gemäß Sachverständigengutachten abziehen lassen, weil sie zum Zeitpunkt des Verkaufs noch keine Kenntnis vom Restwertangebot der Beklagten zu 3) gehabt habe.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.780,85 e nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 11.04.2006 sowie 96,45 Euro vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin müsse sich den Betrag gemäß dem Angebot der Restwertbörse anrechnen lassen, weil sie als Leasinggesellschaft ebenso wie das eingeschaltete Autohaus beste Kenntnisse von dem Sondermarkt der Restwertaufkäufer im Internet gehabt habe und auf diese Verwertungsmöglichkeit hätte zugreifen können.

Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist auch nach der teilweisen Klagerücknahme unbegründet.

Der Klägerin steht bezüglich der Abrechnung auf Totalschadensbasis abzüglich eines Restwertes ein weiterer Schadensersatzanspruch nicht zu.

Der Schadensersatzanspruch des Geschädigten besteht auch im Falle der Ersatzbeschaffung als Variante der Naturalrestitution unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Dies gilt auch für die Frage, in welcher Höhe der Restwert bei der Schadensabwicklung berücksichtigt werden muss. Das bedeutet, dass der Geschädigte im Rahmen des ihm Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten den wirtschaftlichsten Weg zu wählen hat- sog. „subjektbezogene Schadensbetrachtung“ (vgl. BGH NJW 05, 3134; BGH, Urt. vom 06.03.07, VI ZR 120/06). In der Regel verstößt ein Geschädigter nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn er sein unfallgeschädigtes Fahrzeug zu demjenigen Preis veräußert, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

Im vorliegenden Fall gilt hingegen auch unter Beachtung enger Grenzen eine Ausnahme. Bei der Klägerin handelt es sich um eine Leasinggesellschaft, die ihre Fahrzeuge unter Einschaltung der Autohäuser des zur Fahrzeugmarke gehörenden Konzerns verleast. Der Unfall war am 23.01.06 eingetreten, das Sachverständigengutachten unter dem 08.02.06 erstellt worden, das geschädigte Fahrzeug ist am 22.03.06 an ein zum Konzern gehörendes Autohaus veräußert worden, bevor der Beklagten zu 3) mit einem am 30.03.06 zugegangenen Schreiben das Gutachten erstmals zugänglich gemacht worden ist. Ein besonderes Eilbedürfnis für die Veräußerung des Unfallfahrzeugs hat danach nicht bestanden. Die Klägerin als Leasinggesellschaft hätte selbst oder über die im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit eingeschalteten Autohäuser Zugriff auf den Sondermarkt der Restwertaufkäufer im Internet nehmen können. Unter Berücksichtigung ihrer individuellen Möglichkeiten wäre es der Klägerin daher ohne irgendeine Anstrengung möglich gewesen, dieselben Restwertangebote zu ermitteln wie die Beklagte zu 3). Ein objektiv denkender Geschädigter in der Position der Klägerin hätte daher diesen wirtschaftlich günstigsten Weg gewählt, um das unfallgeschädigte Fahrzeug zu verwerten.

Der Klägerin war auch bekannt, dass jedenfalls die Versicherungsgesellschaften auf diesen Sondermarkt zugreifen, wenn sie einem Geschädigten wesentlich günstigere Angebote gegenüber den Restwertangeboten auf dem regionalen Markt machen. Jedenfalls insofern hätte die Klägerin im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse und Möglichkeiten, welche die Erkenntnisse eines „normalen“ Unfallgeschädigten bei weitem übersteigen, der Beklagten zu 3) vor der erst nach Monaten erfolgten Veräußerung des unfallgeschädigten Fahrzeugs das Gutachten, auf dessen Restwertbasis sie die Abrechnung vornehmen wollte, zur Verfügung stellen müssen, damit diese entsprechende Restwertangebote hätte machen können.

Da die Klägerin sich somit auf den Nettowiederbeschaffungswert von 6.767,24 Euro den Nettorestwert, den ein Restwertaufkäufer auf eine Anfrage der Klägerin geboten hätte und auf eine Anfrage nach Erhalt des Gutachtens gegenüber der Beklagten zu 3) geboten hat, anrechnen lassen muss, ist der Schaden er Klägerin durch die Zahlung von 4.301,73 Euro diesbezüglich ausgeglichen.

Auch eine weitergehende Auslagenpauschale kann die Klägerin nicht verlangen, weil die Beklagte zu 3) eine angemessene Auslagenpauschale von 25,00 Euro bereits gezahlt hat.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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