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Leasingvertrag: Diebstahl des Leasingfahrzeugs

Oberlandesgericht Düsseldorf

Az.: 1-24 U 13/02

Urteil vom 28.01.2005

Vorinstanz: Landgericht Wuppertal, AZ.: 7 O 194/01


Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 13. Dezember 2001 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger 8.581,94 EUR nebst 10,875 % Zinsen seit dem 13. Januar 2001 zuzahlen.

Die Kosten beider Rechtszüge werden dem Kläger zu 1/5, der Beklagten zu 4/5 auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Das Rechtsmittel des Klägers, mit welchem er die Abweisung seiner Zahlungsklage (20.805,33 DM [10.637,60 EUR] nebst Zinsen) bekämpft, hat im Wesentlichen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht als schon dem Grunde nach unbegründet abgewiesen. Nur zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs bleibt die Berufung teilweise ohne Erfolg.

I.

1. Die Beklagte haftet dem Kläger dem Grunde nach aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Leasingvertrag vom 03. April 2000 in der Fassung der ergänzenden Vereinbarung vom 15. April 2000. Sie schuldet vertraglich (§ 305 BGB a. F.) die Differenz zwischen ihrem Anspruch auf volle Amortisation ihres Finanzierungsaufwands einschließlich des kalkulierten Gewinns und dem Betrag, den sie infolge des Verlustes des verleasten Kraftfahrzeugs durch Diebstahl von der Kaskoversicherung erhalten hat.

a) Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob der Argumentation des Klägers zu folgen ist, die Beklagte hafte ihm auf den in Rede stehenden Differenzbetrag auch nach den ursprünglichen Bedingungen in der Fassung des Vertrags vom 03. April 2000.

aa) Das erscheint jedenfalls nicht unproblematisch mit Blick darauf, dass die Beklagte als Eigentümerin des verleasten Kraftfahrzeugs grundsätzlich das Recht zur Verwertung hat und die Chancen, die sich aus einer Wertsteigerung ergeben, bei ihr bleiben, wenn, wie hier in der ursprünglichen Vertragsfassung, nichts Anderes vereinbart worden ist.

Daran vermag grundsätzlich auch nichts der Umstand zu ändern, dass der Kläger vertragsgemäß (Nr. 10 a Leasingbedingungen, im Folgenden LB) auf eigene Kosten eine Kaskoversicherung abgeschlossen hat. Die Kaskoversicherung dient u. a. der Absicherung des Risikos, dass das verleaste Kraftfahrzeug durch Diebstahl in Verlust gerät (BGH MDR 1985, 670 und 1992,227). Die Sachgefahr, die leasingtypisch gemäß Nr. 12 Abs. 1 LB auf den Kläger als Leasingnehmer wirksam, nämlich gemäß Nr. 10 c LB mit einem außerordentlichen Kündigungsrecht flankiert, abgewälzt worden ist (vgl. dazu BGH MDR 1998, 1274 m.w.N.), ist durch die Kaskoversicherung als reine Sachversicherung nicht (mit-)versichert (BGH MDR 1985, 670 und 1992, 227). Begünstigt aus der Kaskoversicherung ist nicht der Kläger, sondern die Beklagte als Eigentümerin des Kraftfahrzeugs. Als Leasingnehmer hat der Kläger nur das Recht, dass die Versicherungsleistung vom Leasinggeber im Sinne des versicherten Risikos eingesetzt wird (BGH MDR 1985, 670), hier also dafür, dass wegen des Verlustes des Kraftfahrzeugs der kalkulierte Restwert zum vorgesehenen Vertragsende nicht mehr realisiert zu werden vermag.

bb) Für diskussionswürdig hält der Senat allerdings die (soweit ersichtlich für Fälle der hier vorliegenden Art [für den Sonderfall einer unwirksamen Sachgefahrabwälzungsklausel vgl. OLG Düsseldorf -10. Zivilsenat- NJW 1997, 2528] in der Rechtsprechung bisher nicht entschiedene) weitere Frage, ob die vom Kläger zu Vertragsbeginn erbrachte Sonderzahlung mit einem Anteil (etwa pro-rata-temporis im Verhältnis der durch Kündigung nicht mehr beanspruchten Restvertragslaufzeit zu der bis zur Kündigung abgelaufenen Vertragslaufzeit) dem durch den Diebstahl entstandenen Verlustrisiko zuzurechnen ist (vgl. dazu Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, 5. Aufl. Rn. 1191ff). Würde so verfahren, dann müsste die von der Kaskoversicherung erbrachte Leistung von der Klägerin in dem Umfange eingesetzt werden, der dem Anteil der Sonderzahlung für die nicht mehr beanspruchte Vertragslaufzeit entspricht. Die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 1995, 954, 955 und 1146, 1148), nach der im Falle fristloser Kündigung des Leasingvertrags wegen schuldhafter Vertragsverletzung des Leasingnehmers eine anteilige Rückerstattung der Sonderzahlung nicht in Betracht kommt, dürfte einer solchen Rechtsauslegung wegen der hier in Betracht zu ziehenden differenten Fallgestaltung jedenfalls nicht von vorn herein entgegenstehen.

b) Einer abschließenden Beurteilung der vorstehend aufgeworfenen Rechtsfrage bedarf es deshalb nicht, weil die Parteien am 15. April 2000 eine Sondervereinbarung getroffen haben, aus welcher der Kläger forderungsberechtigt ist.

Abweichend von Nr. 19 f LB, wonach der Leasingnehmer kein Erwerbsrecht am Leasinggegenstand hat, haben die Parteien individuell vereinbart, dass „das Leasingobjekt nach ordnungsgemäßer Beendigung des Leasingvertrages zum vertraglich vereinbarten Restwert von DM 21.551,75 … zuzüglich der gesetzlich geltenden Mehrwertsteuer [vom Kläger] erworben werden kann“. Diese (wegen der damit verbundenen steuerlichen Risiken eher leasinguntypische) Vereinbarung verlagert die grundsätzlich beim Leasinggeber liegenden Verwertungschancen nach Vertragsablauf vollständig auf den Leasingnehmer. Die Beklagte hat damit zum Ausdruck gebracht, dass ihr Interesse allein auf die volle Amortisation des Finanzierungsaufwands einschließlich des kalkulierten Gewinns gerichtet ist. Übersteigt der Verkehrswert des Leasingguts den kalkulierten Restwert, der zur Deckung der Vollamortisation ausreicht, steht der Differenz betrag deshalb dem Kläger als Leasingnehmer zu.

Das ist nach Auffassung des Senats nicht deshalb anders zu beurteilen, weil der Leasingvertrag infolge der außerordentlichen Kündigung sein vorzeitiges Ende gefunden hat. Weil der Kläger (unstreitig) für den Diebstahl des Kraftfahrzeugs nicht verantwortlich ist, führt auch die Ausübung des vertraglich für diesen Fall vereinbarten Kündigungsrechts zu einer „ordnungsgemäßen Beendigung des Leasingvertrages“ im Sinne der hier in Rede stehenden Sondervereinbarung. Wegen des Fahrzeugverlustes kann der Kläger sein Erwerbsrecht zwar nicht mehr ausüben. Daraus darf der Beklagten aber kein Vorteil erwachsen. Die Versicherungsleistung ist das Surrogat, das gleichsam an die Stelle des Leasinggutstritt (vgl. dazu BGH NJW 1995, 1541, 1544 sub Nr. III.1). Darauf hat die Beklagte nur insoweit Anspruch, als die Versicherungsleistung zur Deckung des Vollamortisationsanspruchs notwendig ist. In Höhe des darüber hinaus gehenden Betrags repräsentiert die Versicherungsleistung den Fahrzeugwert, der dem Kläger optional zugewiesen ist. Der Bundesgerichtshof hat mit Blick auf die allgemeinen Grundsätze des Schadensrechts (vgl. dazu BGH MDR 1970, 834) selbst für die Fälle fristloser Kündigung eines Leasingvertrags aus dem Verschulden des Leasingnehmers entschieden, dass der Leasinggeber bei der Schadensabrechnung nicht besser gestellt werden darf, als wenn der Leasingvertrag planmäßig erfüllt worden wäre (stand. Rspr., zuletzt BGHReport 2002, 805 m.w.N.). Könnte die Beklagte die Versicherungsleistung über die Deckung der vollen Amortisation hinaus für sich behalten, stünde sie aber bei der hier eingetretenen vorzeitigen, zudem vereinbarungsgemäßen Vertragsbeendigung besser, als sie stehen würde, wenn der Vertrag planmäßig durchgeführt worden wäre.

2. Zur Höhe des Amortisationsanspruchs (55.156,56 DM) folgt der Senat der Berechnung der Beklagten, die den Grundsätzen der Rechtsprechung des Senats in Fällen vorzeitiger Vertragsbeendigung entspricht. Dagegen hat der Kläger auch keine durchgreifenden Einwendungen erhoben.

a) Die Abrechnung der Beklagten im vorgerichtlichen Schreiben vom 05. Dezember 2000 (51.136,05 DM) ist aus zwei Gründen falsch: Zum einen lässt sie (zu Lasten des Klägers) bei der Berechnung der ausgefallenen Leasingraten und des Restwerts den Vorteil unberücksichtigt, der ihr durch vorzeitige Inanspruchnahme der vertraglich vereinbarten Leistungen zukommt (Abzinsung).

Zum ändern bleibt (zu ihren Lasten) die Berechnung der gesetzlichen Mehrwertsteuer unberücksichtigt. Die hier von der Beklagten infolge der Kündigung zu beanspruchende Vollamortisation ist ein Umsatzgeschäft und deshalb mehrwertsteuerpflichtig, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 9 UStG (ebenso Engel/Paul, Handbuch Kraftfahrzeug-Leasing S. 291 m.w.N.). Es geht hier im Verhältnis der Parteien nämlich nicht um Schadensersatz, der allerdings mangels eines Leistungsaustauschs nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliegt (vgl. BGH NJW 1987, 1690). Der Kläger hat keine vertraglichen Pflichten verletzt. Vielmehr schuldet er infolge der auf ihn wirksam überwälzten Sachgefahr die Leasingraten, obwohl er die Leasingsache infolge ihres Verlustes nicht mehr nutzen kann. Diese Schuld steht unverändert im Austauschverhältnis zur Nutzungsüberlassung. Dabei ist maßgeblich, dass der Kläger die Nutzungsmöglichkeit nicht durch eine Maßnahme der Beklagten verloren hat, sondern durch den Verlust des Fahrzeugs, der zum Risikobereich des Klägers gehört.

b) Dies führt zu folgender Abrechnung: Versicherungsleistung 71.941,38 DM Amortisationsanspruch restliche Leasingraten, abgezinst 28.719,03 DM Kfz-Restwert, abgezinst 18.829,73 DM Restamortisation, netto 47.548,76 DM 16 % MWSt 7.607,80 DM Restamortisation, brutto -55.156,56 DM Klageforderung 16.784,82 DM 8.581,94 EUR

3.

Der Zinsanspruch, den der Kläger belegt und den die Beklagte der Höhe nach nicht bestritten hat, folgt aus §§ 284 Abs. 1,286, 288 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Es besteht kein hinreichender Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO n.F.

Berufungsstreitwert: 10.637,60 EUR (20.805,33 DM)

 

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