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Leasingvertrag – Schriftformerfordernis nach dem Verbraucherkreditgesetz

Oberlandesgericht Rostock

Az.: 3 U 191/04

Urteil vom 05.07.2005

Vorinstanz: LG Rostock, Az.: 3 O 163/04


In dem Rechtsstreit hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock durch aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2005 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 17.09.2004 – Az.: 3 O 163/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten des Rechtsstreits gegen Sicherheitsleistung in Höhe 110% abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 16.533,- €.

Gründe:

I.

Die Klägerin, Rechtsnachfolgerin der F. L. GmbH, nimmt den Beklagten auf Ausgleichszahlung nach vorzeitiger Beendigung eines Leasingvertrages in Anspruch.

Der Beklagte zu 1) unterzeichnete am 07.06.2001 als Leasingnehmer einen von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gestellten Formularleasingantrag bezüglich eines gebrauchten Kraftfahrzeugs Marke Fiat Ducato. In diesem Antrag heißt es u.a., dass der Leasinggegenstand für die Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit bestimmt ist und dass der Beklagte seit April 2001 selbstständig (Transporte) tätig ist. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (Leasinggeberin) unterzeichnete den Leasingantrag am 25.07.2001.

Die Autohaus C. GmbH übergab das Leasingfahrzeug am 07.06.2001 dem Zeugen K., dem der Beklagte mit Zustimmung der Leasinggeberin eine Benutzungsgenehmigung erteilt hatte.

Der Beklagte zu 1) entrichtete die ab Juli 2001 per Lastschrift von seinem Konto einzuziehenden monatlichen Leasingraten nicht. Die Leasinggeberin kündigte daraufhin mit Schreiben vom 12.10.2001 den Vertrag und nahm das Leasingfahrzeug zurück. Ihren Zahlungsanspruch beziffert sie mit 16.533,00 €.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung.

Das Landgericht Rostock wies mit Urteil vom 17.09.2004 die Klage mit der Begründung ab, der Leasingvertrag sei nichtig, weil er nicht die gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 VerbrKG erforderliche Schriftform wahre.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, die sie wie folgt begründet: Das Landgericht übersehe, dass es einer schriftlichen Gegenzeichnung des Vertrages nicht mehr bedurft habe. Das von der Leasinggeberin gegengezeichnete Exemplar, das – so das Landgericht – als neues Angebot zu werten sei, sei dem Beklagten frühestens am 26.07.2001 zugegangen. Zu diesem Zeitpunkt sei er aber nicht mehr Existenzgründer gewesen; er habe daher dieses Angebot durch konkludentes Handeln annehmen können. Dies sei geschehen, denn der Beklagte habe das Fahrzeug nicht zurückgegeben, sondern weitergenutzt. Die Klägerin ist weiter der Ansicht, dass das Verbraucherkreditgesetz auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden sei, da ein Unternehmerhandeln bereits dann vorliege, wenn das betreffende Geschäft im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit geschlossen werde.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts Rostock vom 17.09.2004 abzuändern und dem Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 16.533,00 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2002 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Auch am 26.07.2001 habe eine Annahme des Vertragsangebotes durch schlüssiges Handeln nicht erfolgen können. Er, der Beklagte, habe zwar Anfang Juli 2001 seinen ersten Auftrag erhalten; durchgeführt habe er ihn aber nicht. Auch stelle die Nichtrückgabe des Fahrzeuges keine Annahme des (neuen) Angebotes dar, denn er habe einen Vertragsabschluss mit der Leasinggeberin nicht gewollt. Ein konkludenter Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung sei gemäß der Leasingbedingungen ausgeschlossen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Ihr steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu, da der mit dem Beklagten geschlossene Leasingvertrag wegen Verfehlung der nach § 4 Abs. 1 VerbrKG erforderlichen Schriftform gem. § 125 BGB nichtig ist.

1.

Auf den Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages sind die Bestimmungen des Verbraucherkreditgesetzes anwendbar (Art. 229 § 5 EGBGB, § 1 Abs. 1 und 2 VerbrKrG)

Mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, geht das Landgericht davon aus, dass der Beklagte zum Zeitpunkt seines Vertragsangebotes am 07.06.2001 Existenzgründer im Sinne von § 1 Abs. 1 VerbrKG war. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen diese Bewertung nicht.

Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 24.02.2005 (NJW 2005, 1273) darauf verweist, dass bereits dann Unternehmerhandeln i. S. v. § 14 BGB und nicht Verbraucherhandeln i. S. v. § 13 BGB vorliege, wenn das betreffende Geschäft im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit geschlossen wird, scheitert hieran die Anwendbarkeit des Verbraucherkreditgesetzes nicht. Der Begriff des Verbrauchers ist in § 1 Abs. 1 S. 2 VerbrKrG durch eine Fiktion für Existenzgründer erweitert. Nach der zum 01.01.2002 in Kraft getretenen Schuldrechtmodernisierung bestimmt nunmehr § 507 BGB ausdrücklich, dass die Vorschriften über Verbraucherdarlehen auch für entsprechende Geschäfte zum Zwecke der Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit gelten, allerdings nur bis zur Höhe von 50.000,- EUR. Damit werden die Existenzgründer im Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes Verbrauchern gleichgestellt.

2.

Der mit dem Beklagten geschlossene Leasingvertrag wahrt die gem. § 4 Abs. 1 VerbrKrG erforderliche Schriftform nicht.

2.1.

Die Leasinggeberin unterschrieb das auf den Abschluss des Leasingvertrages gerichtete Angebot des Beklagten vom 07.06.2001 erst am 25.07.2001. Damit ist die schriftliche Annahme des Vertragsangebotes nicht innerhalb der Bindungsfrist von vier bzw. sechs Wochen gem. Ziff. I Abs. 1 der allgemeinen Leasingbedingungen erfolgt. Nach Satz 2 dieser Regelung ist der Leasingvertrag mit Gegenzeichnung durch den Leasinggeber innerhalb dieser Frist zustandegekommen.

Die verspätete Gegenzeichnung des Vertragsangebotes des Beklagten durch die Leasinggeberin hat das Landgericht zutreffend als neues Angebot i. S. v. § 150 Abs. 1 BGB gewertet, welches zur Wahrung der Schriftform einer erneuten Gegenzeichnung durch den Beklagten bedurft hätte.

2.2.

Die Klägerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, der Beklagte habe ihr „neues“ Angebot vom 25.07.2001 konkludent angenommen, da er das Fahrzeug nicht zurückgegeben habe und auf diesen – späteren – Vertragsabschluss sei das Verbraucherkreditgesetz nicht anzuwenden, weil der Beklagte nach eigener Darstellung seit Anfang Juli 2001 gewerblich tätig sei. Die Nichtrückgabe des Leasingfahrzeuges durch den Beklagten nach Erhalt des von der Klägerin gegengezeichneten Vertragsexemplars hatte weder einen Erklärungswert dahin, dass er nunmehr den Vertrag abschließen wolle, noch, dass er den zunächst wegen Verfehlung der nach § 4 VerbrKrG erforderlichen Schriftform nichtigen Leasingvertrages nach Beendigung seiner Existenzgründerphase bestätigen (§ 141 BGB) wolle. Die Übergabe des Fahrzeugs am 07.06.2001 konnte der Beklagte als Annahme seines Vertragsangebotes durch die Leasinggeberin werten. Das Erfordernis der Gegenzeichnung des Vertragsangebotes gem. Ziff. I Abs. S 2 der allgemeinen Leasingbedingungen schließt dies nicht aus, denn Satz 3 dieser Regelung beinhaltet einen Verzicht des Leasingnehmers auf den Zugang der Annahmeerklärung. Mangels anderlautender Mitteilung der Leasinggeberin konnte der Beklagte folglich davon ausgehen, dass der Vertrag entsprechend dem von ihm am 07.06.2001 unterbreiteten Vertragsangebot schon zustandegekommen war.

2.3.

Die schriftliche Annahme des Angebots des Beklagten durch die Leasinggeberin war nicht entbehrlich.

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.04.2004, wonach § 4 VerbrKrG einem konkludenten Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung gem. § 151 BGB nicht entgegensteht (NJW-RR 2004, 1683 f.), stellt sich die – in der genannten Entscheidung ausdrücklich offengelassene – Frage, ob der mit § 4 VerbrKrG verfolgten Zweck die schriftliche Manifestation des Annahmewillens durch den Leasinggeber erforderte oder nicht. Gegen ein solches Erfordernis spricht, dass bei einem Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung die Annahme des Angebotes des Leasingnehmers durch den Leasinggeber intern erfolgt und nach außen – auch für den Leasingnehmer – keine sichtbare Wirkung entfaltet. Das Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 1 VerbrKrG hat Informations- und Warnfunktion für den Verbraucher (BGH NJW 1999, 2664; NJW 2000, 3496; NJW-RR 2004, 1683, 1684). Ihr ist ausreichend Rechnung getragen, wenn der vom Verbraucher unterzeichnete Antrag auf Abschluss des Leasingvertrages alle gem. § 4 Abs. 1 S. 5 VerbrKrG erforderlichen Angaben enthält. Das ist hier der Fall.

Dennoch ist nach Ansicht des Senats das Schriftformerfordernis nur bei einer schriftlichen Annahme des Angebots durch den Leasinggeber gewahrt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes, das zur Wahrung der Schriftform eine schriftliche Erklärung beider Vertragspartner verlangt (§ 4 Abs. 1 VerbrKrG). Der Gesetzgeber hat auch im Zuge der Schuldrechtmodernisierung an diesem Erfordernis festgehalten, wie § 492 Abs. 1 BGB zeigt. Zwar kann die Vertragserklärung des Leasinggebers auch ohne eigenhändige Unterschrift wirksam werden, wenn sie durch eine automatische Einrichtung abgegeben wird (§ 4 Abs. 1 S. 4 VerbrKrG). Eine solche Erklärung liegt hier aber nicht vor. Eine schriftliche Annahme des Angebots des Beklagten war aber auch auf Grund der von der Leasinggeberin verwendeten Vertragsformulare erforderlich. In dem Formular-Leasingantrag ist unmittelbar über der vom Leasingnehmer zu leistenden Unterschrift bestimmt, dass die Annahme des Leasingantrages durch Gegenzeichnung seitens des Leasinggebers erfolgt. Zudem macht Ziff. I Abs. 1 der allgemeinen Leasingbedingungen das Zustandekommen des Vertrages von der Gegenzeichnung durch den Leasinggeber abhängig.

3.

Der Verstoß gegen das Schriftformerfordernis hat die Nichtigkeit des Leasingvertrages nach § 125 BGB zur Folge (vgl. BGH NJW 1997, 3169 für den Schuldbeitritt eines Verbrauchers; BGH NJW 1999, 2664, 2666 für den Fall der Vertragsübernahme durch einen Verbraucher). Eine Heilung des formnichtigen Vertrages entsprechend § 6 Abs. 2 VerbrKrG ist nicht möglich, denn diese Vorschrift findet gem. § 3 Abs. 2 Nr. 1 VerbrKrG auf Finanzierungsleasingverträge keine Anwendung. Nur ausnahmsweise kann der Verstoß gegen das Schriftformerfordernis nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) unbeachtlich sein, wenn eine Vertragspartei sich unter Berufung auf den Formmangel ihrer Verpflichtung entziehen will, obwohl sie für längere Zeit aus dem formnichtigen Vertrag Vorteile gezogen hat (BGH NJW 1997, 3169). Das ist hier nicht der Fall.

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III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen. Die Frage, ob angesichts des Schutzzweckes des § 4 VerbrKG eine schriftliche Manifestation des Annahmewillens durch den Leasinggeber erforderlich ist oder nicht, ist höchstrichterlich bisher nicht entschieden.

 

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