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Lebensversicherung: Abänderung Bezugsrecht aufgrund sexueller Dienste

Landgericht Köln

Az: 23 O 223/03

Urteil vom 25.02.2004


Das Landgericht Köln hat auf die mündliche Verhandlung vom XX für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin, werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist für die Beklagte und die Streithelferin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 3000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Tochter und Alleinerbin des am 22.03.1927 geborenen und am 10.03.2002 verstorbenen Dr. G. Der Verstorbene unterhielt bei der Beklagten eine Rentenversicherung, die im wesentlichen vorsah, daß die versicherten Rentenleistungen nach Ableben des Herrn Dr. G an seine Tochter, die Klägerin, zu einem bestimmten Prozentsatz erfolgen sollten. Wegen der weiteren Einzelheiten der von dem Verstorbenen unterhaltenen Rentenversicherung wird auf den Inhalt des Versicherungsscheins vom 21. April 1987 (Bl. 5 d. A.) Bezug genommen. § 12 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Versicherung von Leibrenten sah vor, daß der Versicherungsnehmer jederzeit – auch nach Beginn der Rentenzahlung – anstelle der im Versicherungsschein bezeichneten Empfänger der Leistungen aus der Versicherung einen Dritten als Bezugsrechtigen bezeichnen konnte. Der Bezugsberechtigte sollte das Recht auf die Leistungen der Gesellschaft erst bei deren Fälligkeit erwerben. Bis dahin konnte der Versicherungsnehmer die Bezugsberechtigung widerrufen. Ein sofortiges und unwiderrufliches Bezugsrecht sollte der Bezugsberechtigten nach § 12 Abs. 2 der vorerwähnten Bedingungen nur erwerben, wenn die Gesellschaft den dahingehenden Antrag des Versicherungsnehmers angenommen und ihm schriftlich bestätigt hatte, daß der Widerruf ausgeschlossen sei.

Durch ein Schreiben vom 16.09.2000 setzte der Verstorbene die Streithelferin Frau S, seine frühere Pflegerin, die dem vorliegenden Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist, als Begünstigte aus dem in Rede stehenden Versicherungsvertrag ein. Aufgrund dieses Schreibens, das bei der Beklagten am 20.09.2000 einging, policierte die Beklagte die Vertragsänderung unter dem Datum des 10.11.2000. Auf den Inhalt dieses Ersatzversicherungsscheins (Bl. 152 d. A.) wird Bezug genommen.

Nach dem Tode des Herrn Dr. G meldete die Klägerin unter dem Datum des 16.03.2002 Ansprüche bei der Beklagten aus dem Rentenversicherungsvertrag an. Gleiches tat die Streithelferin unter dem Datum des 27.03.2002. Unter dem Datum des 02.04.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie, die Klägerin, nicht mehr bezugsberechtigt sei. Unter dem Datum des 11.06.2002 widerrief die Klägerin ein etwaiges Schenkungsversprechen ihres Vaters an die Streithelferin.

Die Klägerin ist der Ansicht, daß in ihrem Schreiben vom 16.03.2002, durch das sie Ansprüche bei der Beklagten angemeldet habe und auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 6 d. A.), ein konkulenter Widerruf eines Schenkungsversprechens ihres Vaters zu sehen sei. Ferner ist sie der Ansicht, daß die Schenkung ihres Vaters an die Streithelferin sittenwidrig sei. Ihr Vater habe sich durch großzügige Schenkungen sexuelle Dienste seiner damaligen Pflegekraft erkauft. Die Erklärung des Verstorbenen vom 16.09.2000 hat die Klägerin hilfsweise angefochten. Durch das Testament ihres Vaters vom 18.07.2001 (Bl. 67 ff. d. A.) habe ihr Vater sämtliche vorherigen letztwilligen Verfügungen und damit auch die Änderung der Bezugsberechtigung an die Streithelferin aufgehoben. Im übrigen sei diese Bezugsberechtigung unwiderruflich gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird namentlich auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 02.01.2004 (Bl. 185-188 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat zunächst beantragt, die Beklagte zur Auskunft über das monatliche Rentenbezugsrecht aus der in Rede stehenden Versicherung ihres Vaters zu verurteilen. In der mündlichen Verhandlung hat sie diesen Auskunftsanspruch für erledigt erklärt.

Sie beantragt nunmehr,

1. festzustellen, daß der Klageantrag zu 1. aus der Klageschrift vom 27.11.2002 erledigt ist.

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie ab dem 30.06.2002 vierteljährlich und nachschüssig eine Rente zu zahlen in Höhe von 1.400,65 EUR zzgl. der jeweiligen Gewinnrenten, die sich aus der Überschußbeteiligung ergibt.

Die Beklagte und die Streithelferin, die der Erledigungserklärung der Klägerin widersprochen haben, beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte und die Streithelferin sind der Ansicht, daß der Widerruf der Schenkung durch die Klägerin zu spät erfolgt sei. Das Schreiben der Klägerin vom 16.03.2002 enthalte keinen Widerruf. Die Schenkung des Verstorbenen an die Streithelferin sei wirksam. Sie, die Streithelferin, sei Bezugsberechtigte aus dem Rentenversicherungsvertrag geworden. Der Auskunftsanspruch sei bereits vor Anhängigmachung des Rechtsstreits aufgrund eines vorprozessualen Schreibens der Beklagten vom 08.05.2002, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 37 d. A.), erfüllt gewesen.

Die Kammer hat in Form ihres Beschlusses vom 12.11.2003 (Bl. 173 d. A.), einen Hinweis erteilt. Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen versicherungsrechtlichen Anspruch auf Auszahlung der in Rede stehenden Rentenversicherungsleistungen. Infolge dessen bestand auch zu keinem Zeitpunkt ein entsprechender Auskunftsanspruch der Klägerin, so daß auch der auf einseitige Feststellung gerichtete Antrag, der in diesem Sinne auszulegen war, unbegründet ist. Im einzelnen gilt folgendes:

Im Rahmen der Beurteilung der rechtlichen Beziehungen der Parteien und der Streithelferin ist zwischen dem Deckungs- und dem Valutaverhältnis zu unterscheiden. Das Deckungsverhältnis betrifft die Rechtsbeziehungen zwischen dem Versprechenden, das ist vorliegend die Versicherung und Beklagte, und dem Versprechensempfänger, das ist vorliegend der Verstorbene Herr Dr. G bzw. die Klägerin als seine Alleinerbin. Das Valutaverhältnis betrifft die Rechtsbeziehungen zwischen dem Versprechensempfänger (siehe oben) und dem Dritten, das ist hier die Streithelferin Frau S.

Maßgebend ist im vorliegenden Rechtsstreit das Deckungsverhältnis. In diesem Verhältnis hat der Verstorbene noch zu Lebzeiten, nämlich mit Schreiben vom 16.09.2000, das der Beklagten unwidersprochen am 20.09.2000 zugegangen ist, daß Bezugsrecht aus der Rentenversicherung abgeändert und der Streithelferin zugewandt. Anhaltspunkte dafür, daß es sich bei diesem Schreiben nur um einen Entwurf gehandelt habe, wie die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit behauptet, bestehen nicht. Die Beklagte hat das Schreiben auch mit Recht gemäß den §§ 133, 157 BGB als Antrag auf Abänderung des Bezugsrechtes angesehen und aufgrund dieses Schreibens unter dem Datum des 10.11.2000 die Vertragsänderung policiert.

Diese Änderung des Bezugsrechtes war nach den einschlägigen Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten, die im Tatbestand zitiert worden sind, namentlich nach § 12 Abs. 1 Satz 3 dieser Bedingungen, und auch nach der Gesetzeslage, §§ 328 Abs. 2, 331 Abs. 1 BGB, entgegen der Ansicht der Klägerin eindeutig wirksam. Die Unwiderruflichkeit des zuvor bestehenden Bezugsrechtes der Klägerin war nämlich gerade nicht im Sinne von § 12 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen vereinbart. Allein auf die Beurteilung dieser Bedingungen kommt es jedoch an, wenn die Rechtsfrage zu klären ist, wem das Bezugsrecht zusteht (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BGH vom 30.11.1994, BGHZ 128, 125 ff., Leitsatz 2). Wenn dem so ist, hat die Streithelferin in dem Zeitpunkt des Todes des Herrn Dr. G den Anspruch auf die Versicherungsleistung erworben. Dies ergibt sich aus dem Inhalt des Ersatzversicherungsscheins und aus § 331 Abs. 1 BGB. Damit war der Rechtserwerb vollzogen, und zwar auch für den Fall, daß im Valutaverhältnis eine Schenkung vorlag, § 518 Abs. 2 BGB. Auch diese rechtliche Einschätzung entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. nur Urteil vom 26.11.1975 (BGHZ 66, 9, 13):

„Der Kläger hat im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin gem. §§ 328, 331 BGB unmittelbar einen Anspruch auf Auszahlung des Sparguthabens erlangt. Die Zuwendung war damit vollzogen.“ (Hervorhebungen durch die Kammer)

Dies bedeutet: Von dem Zeitpunkt des Todes des Herrn Dr. G konnte das Bezugsrecht von der Klägerin nicht mehr wirksam widerrufen werden, und die Beklagte war zur Auszahlung der Versicherungsleistungen an die Streithelferin „aus ihrem Rechtsverhältnis zum Versprechensempfänger (Deckungsverhältnis)“ verpflichtet (so ausdrücklich und prägnant in einem insoweit vergleichbaren Fall BGH vom 29.01.1964, BGHZ 41, 95, 97 oben). Auf die Reichweite der Erklärung der Klägerin vom 16.03.2002 kommt es mithin nicht an.

Eine andere Frage ist es, ob dem Rechtserwerb der Streithelferin im Valutaverhältnis eine wirksame causa zugrunde lag. Mit dieser Frage muß sich die Kammer im vorliegenden Rechtsstreit nicht auseinandersetzen. Sie betrifft allein das Valutaverhältnis zwischen der Klägerin als Erbin ihres Vaters und der Streithelferin. In diesem Verhältnis können Bereichungsansprüche bestehen, wenn die Beklagte bei Unwirksamkeit der causa im Valutaverhältnis eine Leistung an die Streithelferin als Nichtberechtigte erbracht hätte, die die Berechtigte, die Klägerin, gegen sich gelten lassen müßte, § 816 Abs. 2 BGB. Ein solcher Rechtsgrund kann in einem vom Empfänger angenommenen Schenkungsversprechen bestehen, wobei es freilich vorliegend angesichts der Nähe des Erblassers zur Streithelferin nahe liegt, dass ein solcher Vertrag bereits zu Lebzeiten zustande gekommen wäre. Im übrigen gibt die Kammer zu bedenken, daß nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Valutaverhältnis eine Schenkung gerade nicht vorliegt. Denn die Streithelferin soll das Bezugsrecht als Gegenleistung für sexuelle Dienste erhalten haben. Auch ein solches Rechtsgeschäft wäre als entgeltlich zu bewerten, dann allerdings am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB zu messen. Da jedoch solche Einwendungen, wie oben dargestellt, auf das Deckungsverhältnis nicht durchschlagen können, muß die Kammer jene Rechtsfrage im vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheiden. Die Klage unterlag vielmehr ohne weiteres der Abweisung.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 101 Abs. 1 und 74 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 709 und 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

a) aufgelaufene Rentenleistungen bis zur Antragsänderung

in der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2004:

7 x 1.400,65 EUR = 9.804,55 EUR

b) danach gem. § 9 ZPO: 42 x 1.400,65 EUR = 58.827,30 EUR

insgesamt: 68.631,85 EUR.

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