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Lieferfristüberschreitungsanzeige durch den Absender bei Frachtvertrag

AG Aalen, Az.: 12 C 116/17, Urteil vom 14.06.2017

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 379,61 € nebst bis 26.04.2017 ausgerechneter Zinsen hieraus in Höhe von 25,57 €, sowie weitere Zinsen aus 379,61 € in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.04.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 70,20 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.03.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf bis 500,00 € festgesetzt.

Gründe

Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

I. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der restlichen Vergütung i. H. v. 379,61 € aus § 420 HGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Frachtvertrag.

1. Unstreitig bestand zwischen den Parteien ein Frachtvertrag. Entgegen der Vereinbarungen wurde der Transport zu einem der Empfänger nicht am 26. November 2015, sondern erst am 15. Dezember 2015 ausgeführt.

2. Unstreitig wurde die Verspätung durch die Beklagte mit Schreiben vom 04. Februar 2016 gerügt. Soweit die Beklagtenseite angibt, dass bereits zuvor auf den Mangel hingewiesen worden sei, so stellt dies keinen substantiierten Vortrag dar. Weder wird dargelegt wann, noch durch wen oder an wen diese Mitteilung gemacht wurde. Von einer Rüge vor dem 04. Februar 2016 kann daher nicht ausgegangen werden.

Lieferfristüberschreitungsanzeige durch den Absender bei Frachtvertrag
Symbolfoto: Gosphotodesign/Bigstock

a) Das Berufen auf die Frist nach § 438 Abs. 3 HGB ist für die Klägerin auch nicht ausgeschlossen. Zwar hätte sie bei gebotener Sorgfalt wohl wissen können, dass an den dritten Kunden der Transport durch sie nicht rechtzeitig durchgeführt worden ist. Hierauf kommt es jedoch – anders als bei den Anzeigen hinsichtlich des Vorliegens eines Güterschadens gemäß § 438 Abs. 1 und 2 HGB – nicht an. Die Anzeigepflicht hinsichtlich von Lieferfristüberschreitungen ist nicht vom Absender, sondern vom Empfänger vorzunehmen. Zeigt der Absender die Überschreitung der Lieferfrist an, so kann zwar gemäß § 164 Abs. 1 S. 2 BGB meist gefolgert werden, dass dies im Namen des Empfängers geschah, doch ist Sinn und Zweck der Anzeigepflicht durch den Empfänger, dass der Frachtführer Klarheit darüber bekommen soll, ob der Empfänger die Verzögerung der Ablieferung auf sich beruhen lässt oder nicht. Diese Klarheit, die auf einer Entscheidung des Empfängers beruht, kann nicht durch Kenntnis des Frachtführers oder eines Erfüllungsgehilfen ersetzt werden. Die Anzeige ist daher auch dann nicht verzichtbar, wenn der Frachtführer von der Lieferfristüberschreitung bereits Kenntnis hat (Schaffert, HGB, 3. Aufl., 2015, § 438, Rn. 22). Soweit von der Beklagtenseite hier das Urteil des OLG München (16. März 2011, Az. 7 O 1807/09) herangezogen wird, ist darauf hinzuweisen, dass in jenem Urteil lediglich die Schadensanzeige nach § 438 Abs. 1 HGB behandelt wird.

b) Auch andere Gründe, die ein Berufen auf die verspätete Rüge unzulässig erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Der beauftragte Frachtführer wird üblicherweise wissen, wenn eine verspätete Lieferung vorliegt und wird sie oft auch selbst verursacht haben. Würde man bereits aus diesem Grund ein Berufen auf § 438 Abs. 3 HGB für rechtsmissbräuchlich oder unbillig erachten, würde der Anwendungsbereich der Norm erheblich eingeschränkt.

c) Damit sind Ansprüche wegen Überschreitens der Lieferfrist, die die Beklagte gegenüber der Klägerin haben könnte, erloschen. Dies erfasst auch die hier von Beklagtenseite „verrechneten“ Forderungen der (bestrittenen) Konventionalstrafe i. H. v. 269,00 € zzgl. MwSt und der Unkosten für die erneute Beschaffung der Lieferscheine in Höhe von 50,00 € zzgl. MwSt. Beide Rechnungsposten beruhen nach dem Vortrag der Beklagtenseite und den vorgelegten Anlagen mit dem Schriftsatz vom 23. Mai 2017 auf der verspäteten Lieferung durch die Klägerin.

3. Da der Beklagten die Ansprüche nicht zustehen, braucht über ein mögliches Aufrechnungsverbot nicht entschieden zu werden, wobei ein solches gemäß Ziff. 19 der ADSp, die unstreitig in den Vertrag einbezogen wurden, bestehen dürfte, ebenso wie eine dort üblicherweise ebenfalls geregelter Beschränkung eines Zurückbehaltungsrechts auf fällige Ansprüche, denen kein Einwand entgegensteht.

II. Die Rechtsanwaltskosten sind als Kosten der Rechtsverfolgung zu ersetzen, allerdings ist nicht ersichtlich, weshalb ein höherer Betrag als in der Klagebegründung angegeben (70,20 €) eingeklagt wird. Die Klage war daher insoweit abzuweisen. Die Verurteilung zur Zahlung der Zinsen gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288, 291 BGB.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO bzw. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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