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Löschungsanspruch Pächter gegen Baulast für Pachtgrundstück

OVG Lüneburg – Az.: 1 LA 142/15 – Beschluss vom 10.10.2016

Gründe

Der Kläger beansprucht unter Hinweis auf die Besonderheiten des Kleingartenrechts eine öffentlich-rechtliche Abwehrbefugnis gegen eine Baulast, welche die Eigentümerin des Areals (und damit seine Verpächterin) zur Sicherung der Erschließung einer von Kleingärten umschlossenen allgemeinen Wohnnutzung für einen Weg bestellt hatte, der zum Kleingartenpachtgelände gehört.

Das fragliche, vom Kläger im April 1970 auf Dauer gepachtete Gelände (Vorgängervertrag: September 1952) liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 168 der Beklagten, der es als Dauerkleingartenanlage festsetzt. Diese wird im Süden von der Sch.-straße , im Westen von der Weberstraße und im Osten von der Goldkampstraße umschlossen. Im Norden reicht es etwa bis zur Südseite der Grundstücke, die überwiegend (wohl) mit Wohngebäuden bestanden sind und deren Nordseiten an die im Wesentlichen westöstlich verlaufende F. Straße in A-Stadt angrenzen. Am Nordrand des Kleingartengeländes liegt das Wohnhaus F. Straße G., dessen Erschließung die streitige Baulast dienen soll. Während des Zweiten Weltkriegs stand dort ein Flakbehelfsstand. Zur Linderung der Wohnungsnot entstand dort nach Kriegsende ein Behelfsheim. Dieses wurde unter dem 9. Januar 1951 jederzeit widerruflich bauaufsichtsbehördlich genehmigt. 2006 bestellte die im Jahr 2014 und damit während des Klageverfahrens verstorbene Eigentümerin des Geländes (ehemalige Beigeladene) für das Wohnhaus – 795 m² großer Bereich mit der jetzigen Flurstücksnummer H., Flur 6 der Gemarkung I. – ein Erbbaurecht. Außerdem verpachtete sie die 2.170 m² große Restfläche des früheren Flurstücks an die 1931 geborene Mieterin des Gebäudes, eine Frau  S . Schließlich bewilligte die verstorbene Beigeladene die Eintragung der hier attackierten Zuwegungsbaulast. Diese wurde am 2. März 2007 mit folgendem Inhalt eingetragen:

Die jeweiligen Eigentümer und Erbbauberechtigten sind verpflichtet zu dulden, dass auf ihrem Grundstück F. Straße o. Nr. – Gemarkung I., Flur 6, Flurstück(e) 13/2, 13/4, 13/8 – eine Fläche, die auf dem anliegenden Lageplan rot dargestellt ist, als Zufahrt und Zugang zu dem Nachbargrundstück A-Stadt, F. Straße G., – Gemarkung I., Flur 6, Flurstück H. – angelegt, unterhalten und benutzt wird.

Diese Zuwegung beginnt an der Sch.-straße  im Süden, durchquert Richtung Norden fast das gesamte Kleingartengebiet und knickt etwa in Höhe des Wohnhauses F. Straße G. nach Osten ab.

Die mit dem Antrag, die Baulasteintragung der Beklagten vom 02.03.2007 und den Widerspruchsbescheid vom 03.09.2010 aufzuheben, geführte Klage hat das Verwaltungsgericht mit der angegriffenen Entscheidung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, und im Wesentlichen folgender Begründung abgewiesen:

Der Kläger sei nur Pächter der von der Baulast erfassten Fläche und als solcher nicht befugt, die Eintragung der Baulast anzufechten. Nachbarrechtsbehelfe könnten nur von Eigentümern und dinglich Berechtigten geführt werden. Vom hier nicht gegebenen Fall abgesehen, dass ein Bebauungsplan auch ihnen öffentlich-rechtliche Befugnisse vermittele, seien nur obligatorisch Berechtigte wie namentlich Mieter und Pächter nicht berechtigt, Abwehransprüche zu stellen. Rechte des Klägers schmälere die streitige Baulast nicht. Der Fall sei dem zu vergleichen, in dem die straßenrechtliche Widmung von Drittgrundstücken in Rede stehe. Diese entziehe keine privatrechtlichen Rechtspositionen. Die Baulast erlege dem Kläger keine Duldungspflichten auf. Soweit dieser eine uneingeschränkte Nutzung der mitgepachteten Wege durchsetzen wolle, müsse er sich auf zivilrechtlicher Grundlage an die Beigeladene halten. Tatsächlich belaste ihn die Baulast nicht; denn das Wegestück sei schon zuvor als Zufahrt zum Wohnhaus F. Straße G. genutzt worden. Ohne dass es noch darauf ankomme, sei anzufügen, dass der Bewohnerin dieses Gebäudes ohnedies ein Notwegerecht über das Kleingartengelände zustehe.

Hiergegen richtet sich der auf § 124 Abs. 2 Nrn. 1 – 3 VwGO gestützte Zulassungsantrag, dem die Beklagte entgegentritt.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn es dem Zulassungsantragsteller gelingt, einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage zu stellen (BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458, 1459 = NVwZ 2000, 1163 = NdsVBl. 2000, 244), dass sich hierdurch etwas am Ergebnis der angegriffenen Entscheidung ändert; dieses entscheidet. Der Erfolg des Rechtsmittels muss nicht wahrscheinlicher sein als der Misserfolg (BVerfG, B. v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77 = UPR 2004, 305 = NJW 2004, 2510). Das Zulassungsverfahren soll nicht das Berufungsverfahren vorwegnehmen (BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, B. v. 21.1.2009 – 1 BvR 2524/06 -, NVwZ 2009, 515 = UPR 2009, 182 = JZ 2009, 850).

Das darzutun ist dem Kläger nicht gelungen. Sein Versuch darzulegen, entgegen den im Allgemeinen geltenden Regeln sei er kraft Sonderbehandlung im Bundeskleingartengesetz (BKleingG) ausnahmsweise doch als Pächter zur Abwehr befugt, überzeugt nicht. Das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis hat die weitaus besseren Gründe für sich.

Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass schon im Außen-, d. h. Verhältnis zu Drittgrundstücken grundsätzlich nur der Eigentümer (unter Umständen auch ihm dinglich Gleichgestellte), nicht aber Mieter und Pächter zu öffentlich-rechtlich begründeten Abwehrmaßnahmen befugt sind. Denn das öffentliche Baurecht ist grundstücksbezogen und regelt die Rechte und Pflichten, welche die Grundstücke untereinander betreffen. Nach außen vertritt allein der Eigentümer, nicht der Mieter/Pächter das Grundstück (vgl. dazu etwa OVG Münster, B. v. 8.7.2013 – 2 A 2046/12 -, BauR 2014, 91 = BRS 81 Nr. 199 mwN.).

Erst recht und vollständig aber scheiden auf öffentlich-rechtliche Vorschriften gegründete Abwehransprüche aus, wenn sie – wie hier – Maßnahmen auf ein und demselben Grundstück betreffen. Der Vermieter kann eine Baugenehmigung, die sich der Mieter für das Mietgrundstück erteilen lässt, nicht in zulässiger Weise unter Hinweis auf öffentlich-rechtliche Abwehrpositionen attackieren (vgl. BayVGH, B. v. 6.6.2005 – 25 ZB 04.924 -, BauR 2005, 1901 = BRS 69 Nr. 180; OVG Weimar, B. v. 2.2.1995 – 1 EO 411/94 -, BRS 57 Nr. 208). Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über die Nutzung ein und desselben Grundstücks kann umgekehrt aber auch der Mieter nicht in zulässiger Weise führen, der eine dem Eigentümer, d. h. seinem Vermieter erteilte Baugenehmigung angreifen will (OVG Magdeburg, B. v. 2.7.20156 – 2 O 22/15 -, BauR 2015, 1650, JURIS-Rdnr. 2 ff.).

Ebenso wenig schließlich kann ein Sondereigentümer gegenüber einem anderen oder der Wohnungseigentümergemeinschaft gestützt auf Vorschriften des öffentlichen Baurechts Rechtsschutz beanspruchen (vgl. unveröff. Senatsb. 24.4.2013 – 1 LA 135/12 -; VG München, Urt. v. 10.1.2011 – M 8 K 10.3187 -, ZMR 2011, 1001, JURIS-rdnr. 27 mwN). Das Rechtsverhältnis der Sondereigentümer untereinander richtet sich ausschließlich nach den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes.

Dementsprechend kann der Kläger auch nur im Verhältnis zur Beigeladenenseite, d. h. gestützt auf das Pacht- und das dieses modifizierende Kleingartenrecht die behaupteten Belange wahren. Auf die von der Klägerseite aufgestellte Behauptung, das angegriffene Vorhaben stehe mit dem öffentlichen Baurecht, namentlich dem hier noch anzuwendenden § 92 NBauO 2003 oder dem Bauplanungsrecht (Bebauungsplan der Beklagten Nr. 168 – Dauerkleingärten -) nicht im Einklang, kommt es daher nicht an. Selbst wenn das so wäre, folgte daraus eine Anfechtungsbefugnis des Klägers nicht. Denn aus dem Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Normen kann nicht gefolgert werden, jeder dürfe das zulässigerweise vor Gericht tragen, der sich hierdurch beeinträchtigt sieht. Es ist vielmehr umgekehrt so: Zunächst muss die Befugnis bejaht werden, gegen eine auf öffentliches Baurecht gestützte Maßnahme vorgehen zu können. Danach erst stellt sich die Frage, ob diese rechtswidrig ist.

Dementsprechend braucht die sich erst auf der Begründetheitsebene (möglicherweise) stellende Frage nicht entschieden zu werden, ob die Wohnnutzung auf dem Grundstück F. Straße G. dem Planungsrecht widerspricht.

Ebenfalls irrelevant ist mithin die weitere vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die Baulast wegen der Widerruflichkeit der dadurch begünstigten Wohnnutzung nicht ebenfalls auf Widerruf hätte bestellt werden müssen. Nur ergänzend ist daher darauf hinzuweisen, dass dies Darlegungen dazu erfordert haben würde, ob nach § 92 NBauO 2003 überhaupt eine widerrufliche Baulast hätte eingetragen werden können oder ob § 92 Abs. 3 Satz 1 NBauO dies gerade ausschließt.

Der vom Kläger angeführte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Mai 1993 (- 1 BvR 208/93 -, BVerfGE 89, 1 = NJW 1993, 2035) stützt die von ihm daraus gezogenen Folgerungen nicht. Das OVG Münster hatte dazu in seinem oben zitierten Beschluss vom 8. Juli 2013 (- 2 A 2046/12 -, BauR 2014, 91 = BRS 81 Nr. 199, JURIS-Rdnrn. 11 f.) das Folgende ausgeführt:

Aus dem von dem Zulassungsantrag angeführten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Mai 1993 – 1 BvR 208/93 -, BVerfGE 89, 1 = NJW 1993, 2035 = juris, folgt nichts anderes. Dass Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG auch das Besitzrecht des Mieters schützt (siehe dort juris Rn. 19 ff.) und in das zivilrechtliche Mieter-Vermieter-Verhältnis ausstrahlt (siehe dort juris Rn. 28 ff.), hat für die baunachbarrechtliche Klagebefugnis des Jagdpächters nicht die in der Zulassungsbegründung auf S. 9 f. behauptete Aussagekraft. Für die Verneinung dieser Klagebefugnis bleibt nach wie vor ausschlaggebend – und im Einklang mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG systemgerecht -, dass der Pächter seine Rechte zivilgerichtlich gegen den Verpächter bzw. Grundstückseigentümer verfolgen kann. Öffentlich- rechtlich gesehen vertritt der Eigentümer oder eigentumsähnlich Berechtigte das Grundstück nach außen.

Vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 1989 – 4 B 33.89 -, BRS 49 Nr. 185 =  juris Rn. 4 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 8. Januar 2008 – 7 B 1775/07 -, juris Rn. 7; Nds. OVG, Urteil vom 14. April 1993 – 1 L 33/91 -, BRS 55 Nr. 157 = juris Rn. 9;

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Das gilt auch dann, wenn es um Nutzungskonflikte an dem Grundstück geht, das dem einen gehört und an den anderen vermietet/verpachtet ist. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Mai 1993 betraf zwar auch einen Nutzungskonflikt, der sich auf ein und dasselbe Eigentumsobjekt bezog. Mit ihm wollte das Bundesverfassungsgericht lediglich der Asymmetrie abhelfen, dass sich der eine Vertragspartner (Vermieter und Eigentümer) im Rahmen einer Urteils-Verfassungsbeschwerde auf die verfassungsrechtliche Verbürgung aus Art. 14 GG berufen konnte, dem Mieter (wie bis dahin der Fall) hingegen im Wesentlichen nur die Rügemöglichkeiten blieben, im abgeschlossenen mietrechtlichen Verfahren seien grundgesetzliche Verfahrensgarantien (Art. 101 und 103 GG) verletzt bzw. die Normen des Mietrechts gleichheitssatzwidrig, d. h. willkürlich angewandt worden. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Mai 1993 kann der Mieter weitergehende verfassungsrechtlich begründete Rügen gegen ein als ungerechtfertigt angesehenes Kündigungs- und Räumungsverlangen erheben.

Dem genannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Mai 1993 ist hingegen nicht zu entnehmen, dem Mieter sollten nunmehr alle öffentlich-rechtlichen, d. h. nicht nur verfassungsrechtlich begründete Abwehrbefugnisse gegen alle Dispositionen zustehen, welche der Vermieter/Verpächter für sein Eigentum trifft. Zu so weitgehender Aussage bestand für das Bundesverfassungsgericht kein Anlass – und möglicherweise auch gar nicht die Befugnis. Die Entscheidung erging zu einer zivilrechtlichen Streitigkeit. Ihr kann daher gar nicht die vom Kläger favorisierte Aussage entnommen werden, mit der Zuerkennung einer Eigentümerposition im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG würden dem Mieter/Pächter zugleich all die öffentlich-rechtlichen Befugnisse verliehen, welche die Rechtsordnung dem („Grundbuch“-) Eigentümer zuordnet. Den Umfang der Rechtsmacht, die einem Pächter/Mieter zukommt, bestimmt – wie beim Grundbuch-Eigentümer auch – vielmehr der Gesetzgeber in Erfüllung des Auftrags aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Gerade dann also, wenn man dem Rechten- und Pflichtenkreis von Pächtern und Mietern den Rang von Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG beimisst, folgt daraus nicht, dass dieser gestützt auf Normen des öffentlichen Baurechts gegen seinen Vermieter/Verpächter vorgehen kann. Vielmehr hat der Gesetzgeber bestimmt, dass das öffentliche Baurecht nur grundstücksbezogen ist, d. h. sich nur an Eigentümer, Erbbauberechtigten und andere dinglich Berechtigte richtet, außerdem, dass der Pächter lediglich im Rahmen des – hier durch das Bundeskleingartengesetz modifizierten – Pachtrechts seine Belange wahren darf. Allein auf diesem zivilrechtlichen Wege kann der Kläger daher versuchen, seine behaupteten Belange durchzusetzen (vgl. BVerwG, B. v. 11.7.1989 – 4 B 33.89 -, UPR 1989, 389 = BRS 49 Nr. 185; Senatsurteil vom14.4.1993 – 1 L 33/91 -, NVwZ-RR 1994, 238 = BRS 55 Nr. 157).

Diese Rechtsschutzmöglichkeit reicht – auch verfassungsrechtlich – vollkommen aus. Einen Anspruch auf einen bestimmten Rechtsweg hat der Kläger nicht.

Eine Abwehrbefugnis des Klägers folgt des Weiteren nicht aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Kleingartenrecht, welche der Kläger für seine Auffassung fruchtbar zu machen sucht (BVerfG, B. v. 23.9.1992 – 1 BvL15/85 und 36/87 -, BVerfGE 87, 114 = DWW 1993, 133; B. der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9.4.1998 – 1 BvR 44/92 -, RdL 1998, 184 = NJW 1998, 3559). Es mag zwar sein, dass dem Kleingartenwesen danach für sozial Schwächere eine besondere Bedeutung zukommt, weil Kleingärten gerade Familien mit kleinen Kindern einen Ausgleich für die Beengtheit und Mängel von Wohnungen aus dem unteren Preissegment bieten können (BVerfG, B. v. 23.9.1992, aaO, JURIS-Rdnr. 115). Das rechtfertigt es, die Möglichkeiten zur Kündigung von Kleingartenpachtverträgen an die Regeln des Wohnraummietrechts anzulehnen und die Höhe des geschuldeten Pachtzinses (wenngleich nicht grenzenlos, d. h. ohne Rücksicht auf die finanziellen Interessen des Eigentümers) zu reglementieren. Aus dieser sozialen Funktion des Kleingartenwesens folgt freilich nicht, dass die Stellung des Kleingärtners oder des Kleingartenvereins damit – wie dies der Kläger ohne überzeugenden dogmatischen Ableitungsversuch der sozialen Funktion des Kleingartenwesens entnimmt – dem eines dinglich Berechtigten gleichkommt, der einer Erklärung des Eigentümers nach dem hier noch anzuwendenden § 92 NBauO 2003 zuzustimmen hätte. Das mögen Miteigentümer, Erbbauberechtigte, Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker, unter Umständen auch Nießbraucher sein. Nicht einmal der dinglich Wohnberechtigte (zu letzteren vgl. Senatsb. v. 20.4.1999 – 1 L 1374/99 -, JURIS) hat einer Baulastbestellung zuzustimmen. Der Kommentierung von Große-Suchsdorf/Schmaltz (NBauO, 8. Aufl. 2006, § 92 Rdnrn. 31 ff.) ist anderes gerade nicht zu entnehmen. Dort wird im Gegenteil – zu Recht – betont, nur das Einverständnis dinglich Berechtigter könne zur wirksamen Bestellung einer Baulast erforderlich sein.

Entgegen der Annahme des Klägers besteht der Sinn des Bundeskleingartengesetzes nicht darin, „den Eigentümer allein auf einen ‚Mindestnutzen‘ seines Eigentums zu beschränken“ (Seite 5 Mitte der Antragsbegründungsschrift vom 22.9.2015). Das ist eine bemerkenswerte Verkennung des Gesetzeszwecks. Dieser besteht vielmehr darin, die grundgesetzlich verbürgten Eigentümerbefugnisse (Disposition über den Eigentumsgegenstand und Möglichkeit, die mit seiner Bewirtschaftung verbundenen Erträgnisse zur Grundlage einer selbstbestimmten Lebensführung zu machen) in Einklang zu bringen mit den oben beschriebenen Interessen, welche der typische Nutzer eines Kleingartens verfolgt. Dass dies nicht mit dem Ziel geschieht, den Eigentümer auf einen Mindestnutzen festzulegen, verdeutlichen gerade die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts vom 23. September 1992 (- 1 BvL 18/85 und 36/87 -, JURIS-Rdnrn. 112) zur Pachtzinshöhe. Dem Eigentümer eines Dauerkleingartengeländes wird lediglich – wie im Übrigen wohl auch jedem anderen Eigentümer von Drittseite genutzter Sachen – zugemutet, nicht den größtmöglichen finanziellen Nutzen aus seinem Eigentum ziehen zu können (aaO, JURIS-Rdnrn. 98 f.).

Im Übrigen ist auch mit diesem Gesichtspunkt nicht einmal annähernd dargetan, dass der Kleingartenverein im Zusammenhang mit der Baulastbestellung dem Eigentümer nach Art eines dinglich Gleichberechtigten gegenübertritt. Als unverändert nur obligatorisch Berechtigter ist er darauf verwiesen, seine behaupteten Rechte in dem Rechtsverhältnis geltend zu machen, aus dem er sein Besitzrecht ableiten. Das ist allein das – durch das BKleingG modifizierte – Pachtrecht. Ansprüche daraus sind allein auf dem Zivilrechtsweg inter partes, d. h. ohne Einschaltung der Bauaufsichtsbehörde zu verfolgen.

Der vom Kläger zitierte Aufsatz von Wolff (BauR 2002, 1643) stützt die klägerische Rechtsauffassung nicht. Der Verfasser leitet vielmehr allein aus dem Pachtrecht ab, nicht hinnehmen zu müssen, dass die Gemeinde über das Kleingartengelände/Teile davon Sachherrschaft gewinnt, indem sie Wege öffentlich widmet. Darum geht es hier indes nicht.

Auf die Parallele, welche das Verwaltungsgericht aus dem Recht straßenrechtlicher Widmung zog, kommt es damit nicht mehr an. Ebenso wenig ist von Belang, ob die Parallele zu einem anderenfalls begründeten Notwegerecht die Einräumung der Zuwegungsbaulast rechtfertigt. Zu klären, ob die Einräumung der Baulast die Interessen des Klägers unzumutbar hintanstellt ist allein Sache der Zivilgerichte.

Nur nebenbei ist darauf hinzuweisen, dass an der Richtigkeit des vom Kläger eingenommenen Standpunkts beträchtliche Zweifel bestehen dürften. Denn die Wohnnutzung, der die Baulast dient, war „nun einmal“ bei Begründung des ersten Pachtverhältnisses schon ein Jahr lang vorhanden. Der Kläger hat das Gelände mit einer kleingartenfremden Wohnnutzung als Enklave gepachtet. Nun dürfte er auch die – sehr bescheidenen – Folgen tragen müssen.

Besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, welche nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO die Berufungszulassung rechtfertigten, bestehen damit nicht. Denn die vom Kläger aufgeworfenen Fragen lassen sich bereits im Zulassungsverfahren klären (vgl. Senatsb. v. 31.8.1998 – 1 L 3914/98 -, NdsRpfl. 1999, 44 = NdsVBl. 1999, 95 = ZfBR 1999, 56 <LS>).

§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO rechtfertigt die Berufungszulassung gleichfalls nicht. Auf Seite 11 oben der Antragsbegründungsschrift vom 22. September 2015 wird lediglich eine Frage formuliert, auf die es nach den vorstehenden Ausführungen nicht ankommt. Der Kläger kann nach den vorstehenden Ausführungen allein aus der objektiven Rechtswidrigkeit der Baulastbestellung keine ihm günstige Folgen ableiten. Zudem leidet der Zulassungsantrag insoweit an fehlender Substantiierung. Die Zulässigkeit einer Grundsatzrüge setzt voraus, dass der Zulassungsantragsteller neben der genauen Bezeichnung der für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Frage angibt, weshalb die Klärung der Frage über den Einzelfall hinaus der Fortentwicklung des Rechts oder der einheitlichen Rechtsanwendung dient. Er hat weiterhin darzulegen, dass diese Frage in dem angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und –fähig ist. Liegen bereits Entscheidungen des Ober- oder des Bundesverwaltungsgerichts vor, muss er außerdem ausführen, weshalb neue Umstände eine erneute Befassung und Entscheidung erfordern (Bader/Stuhlfauth, VwGO Komm., 6. Aufl. 2014, § 124a Rdnr. 85 mwN).

Daran fehlt es. Der Kläger formuliert schlicht die von ihm für fallentscheidend gehaltenen Fragen und reklamiert ohne weitere Darlegungen ihre grundsätzliche Bedeutsamkeit. Diese wird nicht schon dadurch dargetan, dass die weite Verbreitung des Kleingartenwesens illustriert wird. Vielmehr hätte ins Einzelne gehend die vorstehend gewürdigte Rechtsprechung sondiert und daraufhin erörtert werden müssen, weshalb und in welcher Hinsicht sich – unter Umständen: neuerlich – grundsätzlich bedeutsame Fragen stellen.

Weitere Ausführungen zum Zulassungsantrag sind nicht veranlasst.

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