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Mängelrüge – AGB-Klausel mit 14Tagesfrist unwirksam

AG Erfurt

Az: 5 C 3126/05

Teilurteil vom 21.03.2007


Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.225,00 € Zug um Zug gegen Übergabe der Couchgarnitur, bestehend aus einem Sofa dreisitzig, einem Sofa zweisitzig, einem Sessel und einem Hocker gemäß Vertrag vom 15.11.2003, Vertragsnummer ……., bezeichnet als Ledergarnitur ……, zu bezahlen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und zwar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin beansprucht von der Beklagten die Rückabwicklung und Schadenersatz bezüglich eines Kaufvertrages über die im Tenor näher bezeichnete Couchgarnitur.

Mit Vertrag vom 15.11.2003 erwarb die Klägerin die Couchgarnitur zu einem Preis von brutto 2.225,00 €. Dieser vertraglichen Abrede lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zugrunde, die in Ziffer VII.2. folgende Klausel enthalten:

„Offensichtliche Mängel werden nur anerkannt, wenn sie spätestens 14 Tage nach Lieferung dem Verkäufer gegenüber schriftlich angezeigt werden.“

Die Lieferung der Ledergarnitur erfolgt am 16.02.2004, wobei die Klägerin den Kaufpreis in bar entrichtete. Einige Zeit nach Ingebrauchnahme stellte die Klägerin fest, dass die Füße der Couchgarnitur schief montiert worden waren. Dies rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten, woraufhin für den 01.04.2004 ein Ortstermin vereinbart wurde. In der Folge kam es zu weiteren Terminen seitens der Beklagten bzw. des Kundendienstes zwecks Behebung der klägerseits gerügten Probleme. Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Ein letzter vom Zeugen … wahrgenommener Termin am 04.09.2004 führte nicht zur Abhilfe des Problems. Mit Schreiben vom 16.09. und 20.10.2004 forderte die Klägerin – nunmehr anwaltlich vertreten – die Beklagte auf, bis spätestens 15. bzw. sodann 29.10.2004 eine mangelfreie Garnitur zu liefern sowie Schadenersatz für den ihrer Auffassung nach beschädigten Fußboden zu leisten; nach Ablauf der Frist werde die Klägerin vom Kaufvertrag zurücktreten. Am 26.10.2004 erstellte das Schadensbüro … GmbH ein Gutachten über das beschädigte Korkfertigparkett, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Anlage K20). Fristsetzung erfolgte klägerseits letztmalig mit Schreiben vom 08.12.2004 zum 17.12.2004; diese Frist verstrich erfolglos.

Die Klägerin behauptet, ein offensichtlicher Mangel habe nicht vorgelegen. Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch stehe der Klägerin über den vom Schadenbüro … GmbH festgestellten Betrag von 989,67 € hinausgehend zu, da sich das Schadengutachten darauf stütze, dass eine partielle Korkerneuerung möglich sei. Dies entspreche jedoch nicht den Tatsachen; vielmehr müsse das Korkfertigparkett insgesamt in dem Wohnzimmer ausgetauscht werden.

Die Beklagte hat sich nach vorsorglichem Hinweis des Gerichtes wegen der örtlichen Zuständigkeit rügelos zur Sache eingelassen. Sie hat den nach dem Gutachten festgestellten Betrag von 989,67 € (nebst Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.10.2005) anerkannt. Auf Antrag der Klägerin ist entsprechendes Teilanerkenntnisurteil ergangen.

Die Klägerin beantragt darüber hinausgehend, wie zu Ziffer 1. erkannt sowie die Beklagte zur Zahlung eines weiteren Betrages von 1.712,55 € nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01.04.2004 und den ihr außergerichtlichen entstandenen Teil der Geschäftsgebühr (250,15 €) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt im Hinblick auf das noch nicht durch Teilanerkenntnisurteil erledigten Klagebegehren, die Klage abzuweisen.

Sie ist zum einen der Auffassung, die Klägerin sei bereits deswegen mit der Geltendmachung von Mängelgewährleistungsrechten ausgeschlossen, weil sie den ihrer Behauptung nach offensichtlichen Mangel nicht innerhalb von 14 Tagen angezeigt habe. Im übrigen habe es am 27.04.2004 nicht den zweiten, sondern den ersten Versuch zur Mangelbeseitigung gegeben. Bei einer weiteren Inaugenscheinnahme der Couchgarnitur durch den Mitarbeiter der Firma … GmbH (Zeuge …) am 04.09.2004 habe die Klägerin im übrigen mit dem vorbenannten Zeugen eine Absprache getroffen, wonach seitens der vorbezeichneten Firma komplett neue Füße für die streitgegenständliche Ledergarnitur hätten bestellt und umgehend nach Lieferung montiert werden sollen. Damit habe sich die Klägerin ausdrücklich einverstanden erklärt. Ein Termin zum Austausch sei dementsprechend auch für den 19.10.2004 vereinbart worden. Insbesondere habe der Zeuge … bei der Besichtigung am 04.09.2004 nicht geäußert, dass nach erfolgter Mängelbeseitigung „keine Rede mehr von einem neuwertigen Möbelstück sein könne“.

Hilfsweise rechnet die Beklagte gegenüber den noch anhängigen Ansprüchen der Klägerin mit einem Nutzungsentschädigungsanspruch in Höhe von 1.001,25 € gemäß Ziff. XI.2 a und b) ihrer Geschäftsbedingungen auf.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen … Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 24.01.2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und in dem hier entscheidungsreifen Umfang (Antrag zu Ziff. 1 der Klageschrift) auch in der Sache erfolgreich.

Der Klägerin steht der insoweit geltend gemachte Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß §§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB, 437 Nr. 2, 440, 323 Abs. 1, 326 Abs. 5 BGB zu.

Im einzelnen: Dass ein Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Nr. 1 BGB vorlag, wird auch beklagtenseits nicht in Frage gestellt.

Es kann im weiteren dahingestellt bleiben, ob zwei oder mehrere Nachbesserungsversuche durchgeführt worden sind, denn die Klägerin hat der Beklagten mehrfach, zuletzt mit Schreiben vom 08.12.2004 Frist zur Beseitigung der Mängel gesetzt und in der Folge Rücktritt vom Vertrag bei fruchtlosem Fristablauf angedroht. Hiermit hat sie die Voraussetzungen des § 323 Abs. 1 BGB gewahrt. § 440 BGB tritt insoweit lediglich ergänzend für den Fall hinzu, dass eine Fristsetzung bei zweimaliger Nachbesserung (neben den in § 281 Abs. 2 und § 323 Abs. 2 BGB geregelten Fällen) entbehrlich ist, wenn diese Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen ist (vgl. hierzu Palandt-Putzo, 65. Aufl., Rdnr. 2 zu § 440 BGB).

Soweit die Beklagte sich auf die bereits im Tatbestand bezeichnete AGB-Klausel beruft, nach der im Falle offensichtlicher Mängel Gewährleistungsrechte nicht mehr durchsetzbar sind, falls diese nicht binnen 14-tägiger Frist gerügt worden sein sollten, greift diese Klausel bereits aus Rechtsgründen nicht ein.

Sie verstößt nach Auffassung des Gerichtes nämlich im Lichte der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates zum Verbrauchsgüterkauf und den Garantien für Verbrauchsgüter gegen § 475 Abs. 1 BGB und darüber hinaus gegen § 307 Abs. 1 BGB. Der Gesetzgeber hat diese Richtlinie des Europäischen Parlamentes, der die Aspekte eines verstärkten Verbraucherschutzes zugrunde liegen, mit der Schuldrechtsreform in nationales Recht umgesetzt (vgl. insbesondere § 475 Abs. 1 BGB). Aus diesem Grunde hält das erkennende Gericht eine solche AGB-Klausel nicht für wirksam, da sie die Rechte der Klägerin als Verbraucher unzumutbar nach den genannten Normen einschränkt (vgl. auch LG Hamburg, CR 2004, S. 136 sowie LG Frankfurt, CR 2006, S. 210).

Im übrigen weist das Gericht darauf hin, dass eine Berufung auf diese Klausel nach dem Gesamtverhalten der Beklagten auch treuwidrig im Sinne des § 242 BGB erscheint: Die Beklagte beruft sich erstmalig im Prozess auf den Ausschluss der Mängelgewährleistungsrechte wegen Verabsäumung der 14-tätigen Rügefrist und setzt sich dadurch zu ihrem gesamten vorprozessualen und prozessualen Verhalten in Widerspruch (venire contra factum proprium). Die Beklagte hat nämlich mehrere Termine und Nachbesserungsversuche durchgeführt. Sie hat sogar einen Teil der Schadenersatzforderung anerkannt. Bei der Klägerin durfte danach der Eindruck entstehen, die Beklagte gehe davon aus, eine 14-tägige Rügeobliegenheit besteht nicht bzw. die Beklagte werde sich hierauf nicht weiter berufen.

Die Geltendmachung von Rücktritts- und Schadenersatzforderungen ist auch nicht gemäß § 242 BGB bzw. Ziff. VII.4. der AGB ausgeschlossen, weil sich die Klägerin mit der Beklagten am 04.09.2004 über den Zeugen S. dahingehend geeinigt hätte, es solle ein weiterer Nachbesserungsversuch durch Lieferung komplett neuer Füße und Montage erfolgen.

Insoweit steht nämlich nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht zur hinreichenden Überzeugung des Gerichtes der Vortrag der insoweit beweispflichtigen Beklagten fest, dass sich die Klägerin auf einen solchen weiteren Nachbesserungsversuch geeinigt und diesen in der Folge treuwidrig vereitelt hätte.

Der beklagtenseits benannte und einvernommene Zeuge … hat im Gegenteil den Vortrag der Klägerin bestätigt, wonach eine solche Einigung nicht ansatzweise erzielt worden ist. Die Klägerin habe vielmehr diesen Vorschlag nicht akzeptiert, weil ohnehin schon dreimal von seiten der Beklagten etwas hätte nachgebessert werden sollen und nichts wirklich passiert sei. Dies wird letztendlich so auch bestätigt durch die Niederschrift des Zeugen in der privatschriftlichen Urkunde (Besichtigungsprotokoll vom 04.09.2004).

Der Zeuge bekundet im weiteren, dass er selber die sodann erfolgte Lieferung der Ersatzfüße im Oktober 2004 nicht veranlasst habe; dazu könne er nichts aussagen.

Damit aber steht in rechtlicher Hinsicht auch fest, dass die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten hinreichend nachgekommen ist und keine diesbezüglichen Vereinbarungen getroffen hat.

Nur vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass Ziff. VII.4. der beklagtenseitigen AGB ohnehin nicht mit § 475 BGB vereinbar wäre, da es sich auch insoweit um eine vor Mitteilung des Mangels getroffene einschränkende Vereinbarung handelt (so dass hier allein der fruchtlose Fristablauf nach § 323 Abs. 1 BGB entscheidend bleibt). Jedenfalls stünde nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ohnehin nicht der Vortrag der Beklagten fest, dass die Klägerin sich noch auf weitergehende Nachbesserungsversuche hätte einlassen müssen.

Über die Kostenentscheidung – ebenso wie über die noch offene Schadenersatz- und die demgegenüber beklagtenseits zur Aufrechnung gestellte Forderung – wird im Endurteil zu entscheiden sein.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage im § 709 Satz 1 ZPO.

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